Klaus war Autodidakt, Selfmademan, nicht unvermögend, aber doch ziemlich allein auf diesem Planeten. In seiner schicken und bar bezahlten Loftwohnung in einer Münchner Villenkolonie arbeitete er an Werbetexten. Weil er darin einfach nur klasse war, bekam er Aufträge ohne Ende und konnte seine Preise fast frei bestimmen.
Freunde hatte er keine, aber einen weitreichenden Verwandtenkreis. Brüder, Schwestern, Tanten, Kusinen und sonstige Angehörige, die sich aber fern von ihm zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengerottet hatten. Ziel war es ihn zu ignorieren, da der ja irgendwie anders war - und "Anders" sein ließ sich mit ihrem Spießbürgertum einfach nicht vereinbaren. Alle mieden ihn und tauchten auch nur telefonisch aus der Versenkung auf, wenn es darum ging Geld für irgendwelche dringenden Familienangelegenheiten aus ihm rauszuleiern.
Da war aber noch Jochen, sein alter Schulfreund, der ihn regelmäßig besuchte um Trost in schwierigen Zeiten zu spenden und ihn mit Rat und Tat bei anstehenden Entscheidungen zu unterstützen. Das Ganze dann aber völlig uneigennützig und freiwillig.
Klaus hatte seit einem Jahr Probleme mit seiner Gesundheit. Um diese Probleme zu vergessen, rauchte er wie ein Schlot, fing an zu trinken und trieb mit seiner Gesundheit Raubbau ohne Ende.
Dr. Mertes, sein Hausarzt eröffnete Klaus während einer Routineuntersuchung, dass er ihm noch ein paar wenige Jahre gebe, wenn er nicht umgehend seinen Lebensstiel überdenke und nachhaltige Änderungen vornehme.
Klaus hat seinen Lebensstil natürlich beibehalten aber noch intensiviert, vorsorglich jedoch alle notwendigen Vorkehrungen und Verfügungen in einem Testament festgehalten, das notariell bestätigt im Fall der Fälle auf seine Eröffnung wartete. Er hatte darin sogar minutiös eine Feierstunde entworfen, die sein Freund Jochen organisieren und durchführen sollte.
Kurz danach verstarb Klaus – nicht etwa an Suff, Rauch und Völlerei, sondern unter dem Auto einer älteren Lady, die sein Fahrrad beim Rechtsabbiegen übersehen hatte.
Alle waren bei der von Jochen organisierten Feierstunde da. Die ganze bucklige Verwandtschaft, die sich alle eine Erwähnung in seinem Testament erhofften. Klaus hatte Monate zuvor und zu Lebzeiten schon mal die Lokalität ausgesucht. Ein karger Gemeindesaal in einem gottverlassenen Nest in der Münchner Peripherie, mit ungepolsterten Holzstühlen und eisig kaltem Fußboden.
Jochen übernahm den Part des Moderators und richtete tröstende Worte an die tränenreiche Gemeinschaft. Vor der Testamentseröffnung hatte Klaus verfügt, dass sein Lieblingslied aus den Sechzigern zu seinen Ehren gespielt werde:
Die siebzehnminütige Vollversion „In-A-Gadda-Da-Vida“ von Iron Butterfly. Hardrock vom Feinsten, mit Gitarrensoli und genialen Schlagzeugpassagen, mit Orgelmusik in der Mitte und dem zugedröhnten Krächzen von Sänger Doug Ingle am Anfang und Ende des Stücks.
Jochen schmiss die bereitgestellte Stereomaschine an, drehte auf und musterte amüsiert die entsetzten Gesichter der Trauergemeinde. Tante Sophie und Onkel Theo verließen bereits nach zwei Minuten den Trauersaal. Seine Brüder und Schwestern, die nicht mal mehr wussten, wie Klausi eigentlich ausgesehen hatte, folgten. Der Gemeindeseelsorger bekreuzigte sich und las verstört in seiner Bibel. Der Notar verschwand durch den Hinterausgang und gönnte sich, auf diesen Schreck hin, in der Raucherecke mit zitternden Händen gleich zwei Stängel nacheinander. Der Saal leerte sich zusehends. Zum Schluss war da nur noch Jochen an Bord, der den Song sichtlich genoss und beim Schlagzeugsolo den Regler noch mal ganz auf Anschlag drehte.
Siebzehn Minuten sind lang – haben aber auch irgendwann ihr Ende. Nachdem es wieder still geworden war, füllte sich der Saal erneut und der Notar schritt zur Testamentseröffnung.
Ich mache es kurz: Klausi‘s Wille war, dass alles, was er besaß, abzüglich der Beerdigungskosten, gerecht an diejenigen aufgeteilt werde, die das ganze Stück zu seinen Ehren in voller Länge gehört und auch genossen haben.
Jochen hat ganz schön abgesahnt an diesem Tag und legt an Klausi's Todestag in der geerbten Loftwohnung regelmäßig die Kassette von damals in die Stereoanlage ein, dreht den Regler auf und trommelt begeistert mit.
Freunde hatte er keine, aber einen weitreichenden Verwandtenkreis. Brüder, Schwestern, Tanten, Kusinen und sonstige Angehörige, die sich aber fern von ihm zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengerottet hatten. Ziel war es ihn zu ignorieren, da der ja irgendwie anders war - und "Anders" sein ließ sich mit ihrem Spießbürgertum einfach nicht vereinbaren. Alle mieden ihn und tauchten auch nur telefonisch aus der Versenkung auf, wenn es darum ging Geld für irgendwelche dringenden Familienangelegenheiten aus ihm rauszuleiern.
Da war aber noch Jochen, sein alter Schulfreund, der ihn regelmäßig besuchte um Trost in schwierigen Zeiten zu spenden und ihn mit Rat und Tat bei anstehenden Entscheidungen zu unterstützen. Das Ganze dann aber völlig uneigennützig und freiwillig.
Klaus hatte seit einem Jahr Probleme mit seiner Gesundheit. Um diese Probleme zu vergessen, rauchte er wie ein Schlot, fing an zu trinken und trieb mit seiner Gesundheit Raubbau ohne Ende.
Dr. Mertes, sein Hausarzt eröffnete Klaus während einer Routineuntersuchung, dass er ihm noch ein paar wenige Jahre gebe, wenn er nicht umgehend seinen Lebensstiel überdenke und nachhaltige Änderungen vornehme.
Klaus hat seinen Lebensstil natürlich beibehalten aber noch intensiviert, vorsorglich jedoch alle notwendigen Vorkehrungen und Verfügungen in einem Testament festgehalten, das notariell bestätigt im Fall der Fälle auf seine Eröffnung wartete. Er hatte darin sogar minutiös eine Feierstunde entworfen, die sein Freund Jochen organisieren und durchführen sollte.
Kurz danach verstarb Klaus – nicht etwa an Suff, Rauch und Völlerei, sondern unter dem Auto einer älteren Lady, die sein Fahrrad beim Rechtsabbiegen übersehen hatte.
Alle waren bei der von Jochen organisierten Feierstunde da. Die ganze bucklige Verwandtschaft, die sich alle eine Erwähnung in seinem Testament erhofften. Klaus hatte Monate zuvor und zu Lebzeiten schon mal die Lokalität ausgesucht. Ein karger Gemeindesaal in einem gottverlassenen Nest in der Münchner Peripherie, mit ungepolsterten Holzstühlen und eisig kaltem Fußboden.
Jochen übernahm den Part des Moderators und richtete tröstende Worte an die tränenreiche Gemeinschaft. Vor der Testamentseröffnung hatte Klaus verfügt, dass sein Lieblingslied aus den Sechzigern zu seinen Ehren gespielt werde:
Die siebzehnminütige Vollversion „In-A-Gadda-Da-Vida“ von Iron Butterfly. Hardrock vom Feinsten, mit Gitarrensoli und genialen Schlagzeugpassagen, mit Orgelmusik in der Mitte und dem zugedröhnten Krächzen von Sänger Doug Ingle am Anfang und Ende des Stücks.
Jochen schmiss die bereitgestellte Stereomaschine an, drehte auf und musterte amüsiert die entsetzten Gesichter der Trauergemeinde. Tante Sophie und Onkel Theo verließen bereits nach zwei Minuten den Trauersaal. Seine Brüder und Schwestern, die nicht mal mehr wussten, wie Klausi eigentlich ausgesehen hatte, folgten. Der Gemeindeseelsorger bekreuzigte sich und las verstört in seiner Bibel. Der Notar verschwand durch den Hinterausgang und gönnte sich, auf diesen Schreck hin, in der Raucherecke mit zitternden Händen gleich zwei Stängel nacheinander. Der Saal leerte sich zusehends. Zum Schluss war da nur noch Jochen an Bord, der den Song sichtlich genoss und beim Schlagzeugsolo den Regler noch mal ganz auf Anschlag drehte.
Siebzehn Minuten sind lang – haben aber auch irgendwann ihr Ende. Nachdem es wieder still geworden war, füllte sich der Saal erneut und der Notar schritt zur Testamentseröffnung.
Ich mache es kurz: Klausi‘s Wille war, dass alles, was er besaß, abzüglich der Beerdigungskosten, gerecht an diejenigen aufgeteilt werde, die das ganze Stück zu seinen Ehren in voller Länge gehört und auch genossen haben.
Jochen hat ganz schön abgesahnt an diesem Tag und legt an Klausi's Todestag in der geerbten Loftwohnung regelmäßig die Kassette von damals in die Stereoanlage ein, dreht den Regler auf und trommelt begeistert mit.