In die Freiheit

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petrasmiles

Mitglied
Liebe Arianne,

vielleicht bin ich einfach aus einer anderen Zeit, aber mir will dieser Stoff nicht gefallen.
Mir erscheint das Dichten als 'eitler Tand' in Gegenwart dieses realen Leben und Sterbens. Und ich meine bestimmt nicht die Auseinandersetzungen der Literaten nach 1945, ob man nach Auschwitz noch Gedichte schreiben könne.
Es gibt vielleicht andere, die das anders sehen und eine neue Botschaft entdecken, die mir verborgen bleibt.
Vielleicht ist es sogar ein Versuch, das historische Grauen sich zu erschließen, dichterisch einzutauchen und wieder 'erfahrbar' zu machen.
Vielleicht hast Du also die Erinnerungskultur aus dem Museum geholt.
Ich weiß es nicht.

Liebe Grüße
Petra
 

sufnus

Mitglied
Liebe Arianne,

für die Dichtung keine Grenzen, weder thematisch noch in der Form... aber... sie muss gut gemacht sein und das heißt für mich auch, dass sie ihrem Thema gerecht wird. Dies tun Deine Zeilen für mich gerade nicht und da die Shoa als Thema eine gewaltige Fallhöhe erzeugt, halte ich persönlich dieses Gericht für ganz und gar misslungen. Das Grauen wird hier mit von einer altväterlich (sic) über dem Geschehen thronenden Erzählstimme mit Pathoskitsch übergossen. Genau diese Form und Sprache auf ein naives (nicht im schlechten Sinn zu verstehen) Liebesgedicht angewendet, ergibt sich ein tragfähiges Stück Lyrik, aber in diesem Kontext empfinde ich das Gedicht als schlecht gemacht, weil schlecht gefühlt, weil schlecht gedacht. Nichts für ungut.

LG!
S.
 

Arianne

Mitglied
Petrasmiles, Danke für Dein direktes Schreiben! Genauso habe ich mir schon oft gedacht, dass Dichten 'eitler Tand' ist.
Außerdem macht es Arbeit und raubt Zeit. So könnten wir über viele unserer Tätigkeiten nachdenken. Ob es Musizieren, Malen
oder eine andere Art der Betätigung ist, ließen sich für alles Gegenargumente finden. Wir könnten es so weit treiben, bis wir nur
auf die Tätigkeit der Selbsterhaltung kämen. Wozu aber diese dann überhaupt nötig wäre???
Das im Gedicht angesprochene Thema ist bestimmt kein schönes und angenehmes, weit entfernt von Wohlgefallen oder Freude.
Doch es ist möglich, wenn sich auch selten jemand antun wird, Qual und Schrecken nachzuempfinden.

Lieben Gruß
Arianne
 
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Arianne

Mitglied
Danke, sufnus, Ich bin auch für klare Worte!
So unterschiedlich können Ansichten sein. Ich finde nicht, dass mit einer altväterlichen Erzählerstimme Pathoskitsch verwendet wurde.
Kritisch ist es zu meinen, es wäre schlecht gedacht oder gefühlt, da diese Eigenschaften niemand vom Schreibenden weiß.
Lieben Gruß
Arianne
 

sufnus

Mitglied
Hey Arianne,
danke, dass Du meine subjektive Kritik nicht zuuu harsch aufnimmst! Und tatsächlich hast Du recht, dass ich bei "schlecht gedacht ff" unglücklich formuliert habe, denn natürlich sieht niemand so recht in Deinen Kopf und Dein Herz (nicht einmal Du selbst) und ganz sicher bin ich nicht in der Position "hinter die Kulisse zu schauen". Da hab ich folglich danebengehauen! Richtigerweise hätte ich schreiben müssen, dass das was hier an Denken und Fühlen transportiert wird, ungut ist - womit auch mein Seelen- und Denkleben an diesem misslungenen Prozess einer Schwingungsgemeinschaft von Text und Leser beteiligt ist. Allerdings möchte ich dies nicht als ästhetischen Solipsismus im Sinne Subjekt-basierter Beliebigkeit missverstanden wissen, vielmehr bin ich von einem (wenn auch dynamischen und unscharf begrenzten) objektiven Korridor des "Gelungenen" überzeugt.
LG!
S.
 

petrasmiles

Mitglied
Genauso habe ich mir schon oft gedacht, dass Dichten 'eitler Tand' ist.
Liebe Arianne,
ich hoffe, wir haben uns verstanden, dass nur in Bezug auf dieses Thema Gedichte als eitler Tand erscheinen.
Es ist eher so, als würde alles nicht Lebensnotwendige neben diesem Grauen anfangen 'zu riechen' und schal zu schmecken.
Und eigentlich finde ich es mutig, mit diesem Gedicht in die Arena zu gehen.

Liebe Grüße
Petra
 



 
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