In Diensten

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cecil

Mitglied
In Diensten

I
Das ist der Bauer in der Früh
der die Schweine füttert
sie sind sein Rotzen gewöhnt
und stören sich nicht an dem
was er in die Tröge spuckt

Das ist die Bäuerin in der Früh
sie rührt den Brei für die Kinder
und für das Gesinde

Der Knecht fasst der Magd ans Knie
sie verschüttet heißen Tee

Alle halten inne
als die Sonne aufgeht
sogar die Schweine
stehen mit offenem Maul

II
Das ist der Bauer am Vormittag
er pflügt die Magd im Stroh
jetzt rotzt er nicht
er grunzt

Das ist die Bäuerin am Vormittag
sie schickt die Kinder in die Schule
sie zählt Vorräte in der Speisekammer
sie kehrt die Stube aus
sie schreit nach der Magd

Das ist der Knecht am Vormittag
er wartet vorm Stall
und pflügt die Magd
nachdem der Bauer gegangen ist

III
Das ist die Familie am Mittagstisch
das Gesinde sitzt weit von den dampfenden Schüsseln
die Bäuerin verteilt Kartoffeln und Kohl und Schweinebauch
der Bauer kneift ihr ins Hinterteil
sie quiekt und alle lachen

IV
Das ist der Bauer am Nachmittag
er fährt mit dem Traktor zur Aussaat aufs Feld
die großen Räder treiben Furchen in die Scholle
tief genug um Kätzchen zu ertränken
sollte es endlich wieder regnen
auf dem Heimweg schrotet er einen Hasen

Das ist die Bäuerin am Nachmittag
sie sitzt beim Ofen und stopft Strümpfe
bis die Magd vom Spülen kommt
dann gibt es wieder Hiebe

Das ist der Knecht am Nachmittag
er liegt im Stroh und träumt
von einem Hof auf dem er Bauer ist

V
Das ist die Familie beim Abendbrot
die Bäuerin schneidet krustige Stücke vom Laib
auf dem Tisch stehen Schmalz und Zwiebeln
die Magd verteilt den Salat
der Knecht kneift ihr ins Hinterteil
nur der Bauer grollt als alle lachen

Alle halten inne
als die Sonne untergeht
nur die Kinder schmatzen weiter
mit offenem Mund

VI
Das ist die Magd in der Nacht
in ihrer verriegelten Kammer
sie wäscht sich zwischen den Beinen rein
sie schmiert sich Salbe auf den wunden Arsch
dann spricht sie ein Gebet voller blutiger Details
und schläft durch bis zum ersten Hahnenschrei
 
Zuletzt bearbeitet:

rainer Genuss

Mitglied
Hallo Cecil
Das ist harte Kost für mich, den Gänsehüter. Ich kann außer der Beschreibung des schändlichen und primitiven Treibens von Bauer, Bäuerin und Knecht keinen Sinn erkennen. Da hab ich mehr erwartet, bei der Hinführung mit den etlichen Wiederholungen.
Ich lese den Tagesablauf einer bäuerlichen Gemeinschaft und verstehe nicht, warum der Text durch den Tag strukturiert wird.
Du schreibst absichtlich in einfacher Sprache, benutzt dann in der vorletzten Zeile die Wörter "blutiger Details". Das Wort "Detail "erscheint mir hier absolut fehl im Kuhstall. Ich trau mich gar nicht, dir "ein Gebet voll blutiger Flüche" vorzuschlagen.
Ja, ja, die debile, triebgesteuerte Landbevölkerung, die geschundenen Mägde, streng riechendes Melkfett und die inzüchtig gezeugten Bälge, sag ich jetzt mal ironisierend. Es soll auch liebevoll agierende und naturliebende Bäuer/innen geben. Blieb mir eine Metaebene verschlossen ?
....ich sollte mal wieder "Farm der Tiere" von Georg Orwell lesen....

LG Rainer
 
Zuletzt bearbeitet:

cecil

Mitglied
Hallo, Rainer,

das mit den Flüchen überlege ich mir, konterkariert das Gebet so schön. Natürlich wollte ich nicht das Landvolk als solches diffamieren, aber es gibt eben überall solche und solche. Beim Schreiben habe ich an ein Bilderbuch gedacht. Deshalb die einfache Sprache. Man kann sich schön die Bilder dazu vorstellen, meine ich.

LG, Cecil
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
großartig! eine geschichte aus verschiedenen positionen heraus erzählt, alle irgendwie bedrückend, aber besten kommt wahrscheinlich der knecht weg. rine winzigkeit nur; in iii. in der letzten zeile, fehlt dem un ein d.

lg
patrick
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Es soll auch liebevoll agierende und naturliebende Bäuer/innen gebe
In der Gegenwart. Aber dieser Text zielt in die Vergangenheit: Gesinde mit Knechten und Mägden usw. Wobei die hier, die aus Märchenzeiten, ihre eigene Art von liebevoller Aktion haben. In der Gegenwart sind wir positioniert, von der aus wir einen Blick in die drastischen Bilder werfen, aus einer selbstgefällig überlegenen Perspektive. Natürlich selbstironisch, wenn wir uns in den handelnden Personen der Tageszeitenstrophen wiederfinden.

es gibt eben überall solche und solche
In der Gegenwart. Aber dieser Text zielt in die Vergangenheit, oder in Märchenzeiten. Da gab es andere solche.

grusz, hansz
 

Tula

Mitglied
Hallo
Um Hansz zu zitieren:

Natürlich selbstironisch, wenn wir uns in den handelnden Personen der Tageszeitenstrophen wiederfinden.
Genau darauf kommt es (denke ich) bei diesem Text an, sich gedanklich in diese Ebene zu wagen. Mehr als nur #metoo, irgendwer ist ja immer die Magd.

Zuerst stutzte ich, dann überlegte ich, ob es nicht doch in die allgemein sittenlose Richtung ginge. Doch nein, niemand nimmt sich der alten Bäuerin an, warum auch ... Die Charaktere sind wunderbar herausgearbeitet. Fasziniert hat mich der Abschluss. Das Gebet der geheimen, blutigen Rache, die auch am nächsten Tag aufs Weitere verschoben werden muss.

LG
Tula
 

Mimi

Mitglied
Beim Schreiben habe ich an ein Bilderbuch gedacht. Deshalb die einfache Sprache. Man kann sich schön die Bilder dazu vorstellen, meine ich.
Ich finde, das merkt man beim Lesen dieser kleinen, lyrischen Historie...diese Bilder, die Du erwähnst, übertragen sich beim Lesen Deiner Zeilen.
Der Sprachstil gefällt mir hier ausgesprochen gut, er ergänzt den Inhalt positiv.

Sicherlich lässt sich Dein Gedicht auch auf einige gesellschaftliche Aspekte in der Gegenwart adaptieren.
Aber meine Vermutung ist, dass dies nicht unbedingt vordergründig beim Schreiben war.

Mir hat es jedenfalls sehr gefallen ...

Gruß
Mimi
 

James Blond

Mitglied
Der Hinweis mit den herausgearbeiteten Charakteren ist natürlich Unsinn. Nein, ganz im Gegenteil: Es sind holzschnittartige Figuren, wie aus einer Schulbuchparodie des 19. Jahrhunderts. Ein originelles, ironisches, aber keineswegs unfreundliches Spiel mit Klischees der Landbevölkerung. Gut gereift und rund.

Grüße
JB
 



 
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