In eigener Mission auf See 5. Teil

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Sonja59

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In eigener Mission auf See
5. Teil
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„Bussard hier. Ich habe sie gefunden!“
„Wo ist sie?“, rief Ralf besorgt und völlig aufgeregt.
„Sie liegt im Bug, in der Tauwerkkammer. Ich brauche hier schnell Hilfe“, antwortete Jens über Funk und leuchtete mit seiner Lampe durch die offenstehende Luke in den Innenraum, in dem Taue, kleine und größere rostige Enterhaken, Bootshaken und ein alter, verrosteter Ersatzanker aufbewahrt wurden.
Jens kletterte eilig nach unten und leuchtete in die Spitze des Bugs, wo er, von schweren Seilen und alten Trossen bedeckt, nur den Arm ihrer Freundin sehen konnte. Geduckt versuchte er in der niedrigen Kammer, vorsichtig die Taue von ihrem Körper herunterzuheben. Er überlegte, wohin damit. Schließlich konnte er den ganzen Krempel nicht einfach hinter sich auftürmen. Damit würde er sich den einzigen Ausgang versperren und es bestand die Gefahr, dass das gesamte Tauwerk erneut umkippte und sie wieder begrub.
Doch schon waren seine Freunde zur Stelle, nahmen ihm die ersten Seile, Taue und Trossen ab, die er ihnen nacheinander aus der engen, quadratischen Öffnung hochreichte. Sie legten alles erst einmal an Deck um die Luke herum ab. So befreite Jens allmählich Romana von dem ganzen Zeug. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder, als er sah, dass sie sich an einem in der äußersten Bugspitze liegendem Enterhaken schwer verletzt hatte. Denn dieser steckte in ihrem Oberarm, wobei die Spitze auf der anderen Seite wieder ausgetreten war. Gesicht und Haar waren blutverschmiert. Eine Platzwunde klaffte auf ihrer Stirn, die sie sich beim Sturz zugefügt haben musste.
Er suchte nach dem Ende des Hanfseils am Enterhaken und band damit ihren Arm, oberhalb der Verletzung, fest ab. „Jungs, ich brauche ein Messer, schnell! Sonst bekommen wir Romy hier nicht raus“, rief er nach oben. Dann über sein Headset: „Steffen, lass dich am Ruder ablösen, wir brauchen dich als Sani und am besten Pitt zum Halten mit dazu. Romy hat es schwer erwischt. Eine passive penetrierende Pfählung des Oberarms. Sie ist bewusstlos“, informierte er.
„Hier, das Messer“, rief Rainer und reichte es Jens durch die enge Luke nach unten. „Ich gehe hoch und löse Steffen ab.“
Vorsichtig, um zusätzliche Verletzungen zu vermeiden, schnitt er das Seil zuerst am Enterhaken, dann vor dem festgezogenen Knoten am Arm durch.
„Thomas, du bist klein und passt hier mit rein. Komm runter und hilf mir, Romy rauszuheben. Falko und Claus, ihr übernehmt sie an der Luke. Aber Vorsicht mit ihrem Arm“, teilte Jens die Männer ein.
Nach einigen Mühen, die bewusstlose Frau und Freundin in dem niedrigen, engen Raum auf die Arme zu heben, trug Thomas sie gemeinsam mit Jens über die in der Kammer verbliebenen Enterhaken, Tauen und Seile zur Luke. Sacht reichten sie Romana zu zweit nach oben, wo die anderen sie übernahmen und vorsichtig hochzogen.
Pitt trug die zierliche Freundin den schmalen Gang steuerbords an den Aufbauten entlang zum Salon, wo er sie behutsam auf einem der beiden Tische ablegte.
Rainer hatte in der Zwischenzeit das Schiff so zu den Wellen gedreht, dass es möglichst wenig schaukelte.
Uwe steuerte das kleine U-Boot in die von Rainer gewünschte Richtung und flutete die Tanks, sodass es die >El Warda< wie ein Anker auf Position hielt. Ralf hatte bereits Arzttasche und Notfallkoffer aus Romanas Kajüte geholt, geöffnet und die Instrumente zurechtgelegt.
Steffen und Jens wuschen sich gründlich die Hände mit heißem Wasser, das Claus sofort aufgesetzt hatte.
Nachdem Steffen sich die Verletzungen genau angesehen hatte, wandte er sich Pitt und Falko zu. „Jungs, ich brauche euch auch hier. Geht euch die Hände waschen. Es ist noch heißes Wasser da.“ Sie zogen sich Gummihandschuhe über, die Ralf ihnen reichte. Akribisch reinigte und desinfizierte Steffen die Platzwunde über Romanas linker Augenbraue und nähte sie mit wenigen Stichen, um die Blutung zu stoppen, während Jens eine Spritze aufzog und sie in ihre Vene platzierte.
Ralf achtete auf Atmung, Herzschlag und Puls seiner langjährigen Freundin.
„Pitt, halte den Arm von Romy gerade und gut fest. Ich muss sehen, wie ich das Ding rausbekomme, ohne noch mehr Gewebe zu verletzen“, sagte Steffen leise. „Bloß gut, dass das Teil keine Widerhaken hat. Reicht schon, dass es verrostet ist und Romy so viel Blut verloren hat.“
Ihm rannen die ersten Schweißtropfen übers Gesicht, die ihm Thomas sofort abtupfte.
Jens desinfizierte derweil, so gut es möglich war, sowohl den Haken als auch die Ein- und Austrittswunde.
Steffen gab Pitt ein Zeichen, dass er nun den Arm gut festhalten solle, und zog vorsichtig den Enterhaken aus Romanas linkem Oberarm. Flink und ohne Worte arbeiteten Steffen und Jens Hand in Hand, um der Frau zu helfen.
„Ich glaube, Romy hat Schwein gehabt“, meinte Steffen nach einer Weile, als er sich die Wunde erneut betrachtete. „Es scheint keine Sehne und kein wichtiges Gefäß verletzt zu sein. Allerdings weiß ich das noch nicht ganz genau.“ Beide konzentrierten sich darauf, die Arbeit sauber abzuschließen. Nachdem sie ihre Wunden verbunden hatten, trug Pitt Romana vorsichtig nach unten und legte sie auf ihre Koje. Sie hatten alles, was ihnen möglich war, für sie getan. Jetzt mussten sie abwarten.
Steffen kümmerte sich danach gleich noch um Ralf. Entfernte die Pflaster, die ihren Dienst längst getan hatten, und versorgte seine Wunden. „Wenn Romy wieder auf dem Posten ist, kann sie sich das noch einmal ansehen, aber ich würde sagen, es sieht schon gut aus“, meinte er, als er fertig war.
Ralf bedankte sich und lief sofort nach unten, zu Romana, um nach ihr zu sehen und bei ihr zu bleiben.
Die anderen gingen, noch immer um die Freundin besorgt, ihren Aufgaben an Bord nach. Ohne zu vergessen, auch Uwe in der >Neptun 2< vom Ausgang der kleinen OP zu berichten.
Falko setzte sich wieder vor den Radarschirm.
Pitt löste Rainer am Ruder ab.
Jens übernahm wenig später, nachdem er sein Equipment zusammengepackt hatte, die Schicht am Radarschirm.
Claus war gerade mit Aufräumen beschäftigt, als aus dem Lautsprecher des Laptops, den er zur Seite schieben wollte, die weibliche Computerstimme „Sie haben Post“ verkündete.
„Jungs, eine Mail von der Blue Sea“, informierte er die anderen über sein Headset.
Thomas und Steffen waren beinahe zeitgleich zur Stelle und lasen die Nachricht mehrere Male aufmerksam durch. Dann sah Steffen seinen Kameraden fragend an. „Was sollen wir denn mit diesen drei Telefonnummern? Habt ihr wirklich nach ihren Telefonnummern gefragt? Ich glaube ja nicht, dass die bösen Buben dort einfach so zulassen, dass wir mit unseren Leuten plaudern können.“
Thomas schenkte ihm sein schönstes Lächeln. „Ja mein Bester, genau das hat Romy getan. Nur sollten das hier lieber keine Telefonnummern sein. Und wenn dieser Dirk Schöller, sprich der Kapitän der Blue Sea, wirklich so ein schlauer Kopf ist, wie es unser kleiner Habicht meint, wäre das nicht schlecht. Denn dann dürfte er verstanden haben, was wir von ihm wollten, als wir nach den Nummern von drei seiner Bekannten fragten, die seine nicht existierende Schwester angeblich verlegt hatte. Also schauen wir mal, ob er wirklich so pfiffig ist“, sagte er und wandte sich an Jens. „Gibst du uns mal bitte die Seekarten, da, hinter dir … danke.“
„Du meinst, unsere Kleine hat einfach ganz dreist nach den Koordinaten gefragt?“, begann Steffen zu verstehen.
„Nicht nur das, sie war noch raffinierter, als du glaubst“, erwiderte Thomas und rollte die Seekarte auf. „Sie wollte nicht nur die derzeitige Position, sondern auch das nächste Ziel der Blue Sea wissen. Und als würde das nicht reichen, fragte sie auch noch danach, wann das Schiff dieses Ziel erreichen würde. Natürlich alles schön in einer lieben Mail von der Schwester des Kapitäns versteckt. Wenn wir nun die Vorwahlnummern weglassen und eventuell ... die Zahlenfolgen hier ... umkehren, dürften wir sie haben“, erklärte er weiter.
Sie beugten sich über die Seekarte und arbeiteten mit Lineal, Zeichendreieck, Zirkel und Stift, um die Position des Forschungsschiffs nach den Angaben des Kapitäns zu ermitteln. Wenig später sahen sie sich grinsend an.
„Bingo, gib mir fünf“, sagte Thomas. Beide Männer klatschten kräftig ihre Handflächen aneinander.
„Romy ist wirklich ein Fuchs“, stellte Steffen fest. „Hier Steinadler. Waldkauz, stell unsere Nussschale in den Wind und stopp die Maschinen. Mauersegler, es wäre gut, wenn du hier an Steuerbord auftauchen könntest. Aber klinke dich vorher von der Nabelschnur los. Wir holen sie gleich ein. Rotmilan und Nachtfalke, macht euch zum Bug. Wir ankern. Und dieses Mal meine ich auch richtig ankern, denn wir sind außerhalb des Naturschutzgebietes und weit ab vom normalen Tauchtourismus“, sagte er zufrieden lächelnd in das Mikrofon seines Headsets.
Wenig später hatte Pitt die >El Warda< gewendet und so in Strömung und Welle gestellt, dass das Boot nur sacht schaukelte und der Anker fiel.
Die Männer versammelten sich am Heck und holten gemeinsam die Nabelschnüre der >Neptun 2< ein, die Uwe automatisch ausgeklinkt hatte. Nur die Zugtaue verbanden weiterhin das kleine U-Boot mit dem Schiff.

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Alle Augenpaare richteten sich nach Steuerbord, wo die >Neptun 2< gleich auftauchen sollte. Sie waren gespannt, wie das Tauchboot aussehen würde. Denn selbst die Männer, die danach getaucht waren, um Ralf dorthin zu bringen und es dann in Schlepp zunehmen, hatten es nur teilweise im Schein ihrer Unterwasserlampen gesehen.
Langsam schob sich das kleine Unterseeboot neben die >El Warda<. Die Männer konnten schon die unscharfen Konturen des vierzehn Meter langen Rumpfes mit der Glashalbkuppel, die den Bug bildete, ausmachen, die allmählich schärfer wurden, je näher das Boot der Oberfläche kam. Wie ein majestätischer Wal zum Luftholen tauchte die >Neptun 2< mit ihrem grauen Anstrich aus dem Meer auf und zeigte sich den staunenden Männern an Bord.
Fender wurden schnell an Steuerbord über die Reling geworfen und befestigt, um beide Bootsrümpfe vor Schäden zu schützen. Behände sprangen Thomas und Claus auf den Rumpf des U-Bootes, um es sicher an der >El Warda< zu vertäuen und die Schlepptaue zu lösen, als sich die obere Luke öffnete.
„Hi Jungs! Das ist wirklich ein Hightech-Teil vom Feinsten, was unser Ralf da zusammengebastelt hat“, rief Uwe begeistert und schlängelte sich aus der engen Ausstiegsluke des U-Bootes. Suchend schaute er zu den Freunden an der Reling hoch. „Wo ist er denn überhaupt? Und wie geht es Romy?“
„Ralf sitzt unten bei ihr. Aber komm erst mal rüber“, antwortete Steffen und reichte ihm helfend die Hand.
Leichtfüßig sprang Uwe an Bord. „Wie konnte das mit unserer Schönheit überhaupt passieren?“
„Wir vermuten, dass sie bei einer stärkeren Welle über ein Tau gestolpert ist, das Gleichgewicht verlor und so durch die offene Luke fiel und unsanft in der Tauwerkkammer landete. Vielleicht sind dann die Taue und Trossen nachgerutscht, auf sie gefallen und haben sie quasi unter sich begraben“, antwortete Claus, während er zurück an Deck kletterte, nachdem er Uwes Tauchzeug aus dem U-Boot geholt und seinen Freunden an Bord zugereicht hatte.
„Kann ich zu ihr?“, fragte Uwe besorgt.
„Klar doch“, gab Steffen zurück. „Wir treffen uns in einer Stunde im Salon. Es gibt was Neues.“
„Okay, dann kümmere ich mich jetzt ums Mittagessen“, meinte Claus und verschwand in der kleinen Kombüse, um der Mannschaft etwas Warmes zum Essen vorsetzen zu können.

Leise klopfte es an Romanas Kabinentür. Bevor Ralf etwas zu sagen vermochte, schob sich Uwes Kopf durch den schmalen Spalt der nur angelehnten Tür.
„Kann ich reinkommen?“, war sein Flüstern zu hören.
„Klar, warum nicht“, gab Ralf zurück.
„Wie geht es unserer reizvollen Schönen?“
„Ich weiß nicht genau. Noch schläft sie. Sie hat viel Blut verloren und wir wissen noch nicht, ob es im Arm auch ein paar Nervenbahnen erwischt hat“, erklärte Ralf besorgt.
Uwe legte seinem Freund die Hand auf die Schulter und versuchte, ihm Mut zu machen. „Das wird schon wieder. Romy ist eine sehr starke Frau. So was haut sie bestimmt nicht um.“ Während er sich zum Gehen umdrehte, sagte er: „Die Neptun ist dir übrigens gut gelungen. Fährt und steuert sich leicht wie ne edle Luxuskarosse. Oh, und noch was. Wir treffen uns in einer Stunde zum Mittag. Steffen hat was Neues zu verkünden. Du kommst doch dann mit hoch, oder?“
„Wenn es Romy bis dahin etwas besser geht, komme ich natürlich mit hoch. Ansonsten kann ich ja hier auch per Headset alles mithören“, gab Ralf zurück, ohne die Freundin dabei aus den Augen zu lassen.
Uwe schloss leise die Tür hinter sich und ging in die benachbarte Kajüte, um sich ein frisches Shirt überzuziehen. Dann stieg er aufs Hauptdeck, kümmerte sich um seinen Tauchanzug und brachte sein Equipment in Ordnung, damit es sofort wieder einsatzbereit war.
Nach dem Essen setzten sich die Männer zusammen. Steffen erklärte ihnen, dass sie von der Blue Sea eine Nachricht mit genauen Koordinaten erhalten hatten, und wann sie wo sein würde.
Ralf fügte ergänzend hinzu, dass sie voraussichtlich die Basis anlaufen werden, um sich mit Trinkwasser und Lebensmitteln zu versorgen. Was die Behörden nicht stutzig machen würde, weil sie auch bei normalem Forschungsbetrieb deswegen regelmäßig dort vor Anker gingen. Im Gegenteil, es auffallen würde, wenn sie das nicht täten.
Dann übernahm Steffen wieder. „Der Kapitän der Blue Sea hat uns dahingehend informiert, dass sie morgen am frühen Abend, wenn es dunkel wird, eintreffen. Das heißt für uns, dass wir hier morgen Abend und die Nacht etwas Action haben werden.“ Grinsend schaute er in die Runde seiner Freunde.
„Und wie kommen wir an die Burschen ran, ohne dass sie Verdacht schöpfen und ganz schnell wieder die Kurve kratzen? Oder noch schlimmer, das Schiff hochgehen lassen, noch bevor wir die Sprengsätze gefunden, geschweige denn entschärft haben und zuschlagen können?“, fragte Pitt. „Zumal wir in Unterzahl noch dazu gänzlich unbewaffnet sind und deshalb da nicht wie ein Überfallkommando reinplatzen können.“
„Genau diesen Plan werden wir jetzt gemeinsam aushecken“, gab Steffen zurück. „Und denkt daran, Jungs, der Plan muss niet- und nagelfest sein. Ich glaube, mehr als diese eine Chance werden wir nicht bekommen“, fügte er mit Nachdruck hinzu.
Alle nickten ernst. In diesem Moment kam Romana, noch etwas wacklig auf den Beinen, den Arm in einer Schlaufe, die Stufen nach oben in den Salon.
„Ist das hier ein konspiratives Treffen nur für Männer oder darf ich auch mitspielen?“, fragte sie mit schmerzverzerrtem Lächeln. Ralf und Jens sprangen ihr sofort helfend zur Seite, stützten und begleiteten sie zum Tisch, wo alle zusammen rutschten, um ihr auf der Sitzbank Platz zu machen. „Eh, danke, aber ich bin kein greises Mütterchen. Ich schaffe die paar Schritte schon alleine. Bin ja schon groß“, protestierte sie gegen die angebotene Hilfe. Doch die Männer ließen sich nicht davon abhalten. „Wer von euch hat mich hier so zusammengeflickt?“ Sie deutete auf ihre Stirn.
Steffen setzte ein schelmisches Lächeln auf und fragte: „Gefällt es dir etwa nicht? Eigentlich wollte ich erst statt der Knoten noch schöne Schleifchen binden, nur dazu hatte der Faden nicht ganz gereicht.“
„Untersteh dich!“, gab sie mit gespielter Empörung zurück, dann wurde sie wieder ernst. „Ich danke dir. Ich hätte es nicht besser hinbekommen. Aber was ist überhaupt passiert?“
„Eigentlich wollten wir das von dir wissen. Als wir dich fanden, hattest du es dir in der Tauwerkkammer, ganz vorn in der Spitze, gemütlich gemacht und eindringlich mit einem Enterhaken gekuschelt“, sagte Jens und wies auf ihren Verband am Arm.
„Ich weiß nur noch, dass ich vor zum Bug gegangen war, um mir etwas den Wind um die Nase wehen zu lassen. Ich hatte mich da auf den Poller gesetzt. Als mir kühl wurde, wollte ich zurück. Mehr weiß ich nicht mehr … danke für eure Hilfe, Jungs.“
„Du hast uns einen ziemlichen Schrecken eingejagt. Aber wenigstens kennen wir nun wirklich jeden noch so kleinen und versteckten Winkel auf diesem Kahn“, meinte Claus und stellte vor Romana einen Teller Spaghetti mit Tomatensoße und Reibekäse auf den Tisch. „Hier, iss erst einmal was. Wir haben schon gegessen. Aber ich dachte mir, dass du Hunger haben wirst, wenn du aus deinem Dornröschenschlaf aufwachst.“
Romana bedankte sich mit einem Lächeln.
„Und wie geht es dir?“, erkundigte sich Ralf, noch immer um die Freundin besorgt.
„Irgendwie… als hätte ich eins mit der Bratpfanne übergezogen bekommen. Ich hatte mich schon gewundert, dass ich mit dem Schädel überhaupt noch durch die Tür gepasst habe. Na ja und die Knie sind wohl auch noch etwas weich.“
„Und was macht dein Arm?“, wollte Steffen wissen. „Kannst du die Finger bewegen und hast du auch noch Gefühl in den Fingerspitzen?“
Romana wackelte mit den Fingern der linken Hand und betastete dann die Fingerspitzen. „Ja, geht alles, siehst du? Tut nur weh. Aber nichts, was ich nicht aushalten könnte“, antwortete sie ehrlich.
„Ich will dich ja nicht enttäuschen, aber du bist Ärztin und weißt selbst, dass die Betäubung noch wirkt. Ist also besser, wenn du dann gleich eine Schmerztablette nimmst“, riet Jens.
„Stimmt, ich weiß“, gab sie zurück. „Trotzdem könnt ihr nichts falsch gemacht haben, wenn ich sogar den Arm bewegen kann, auch wenn ich den nun ja noch etwas ruhig halten sollte. In der Hinsicht geben Ralf und ich jetzt ein gutes Paar ab“, meinte sie und zeigte dabei auf seinen Arm.
Alle waren sichtlich erleichtert, dass es ihrer Freundin besser ging. Sie klopften Steffen und Jens anerkennend auf die Schultern und wünschten Romana einen guten Appetit. Was sie sich nicht zweimal sagen ließ. Die Männer sahen es mit Freude. Noch während sie aß, informierte Steffen sie in Kurzfassung, worüber sie gerade gesprochen hatten.
Dann trat Ruhe im Salon ein. Nur das Schlagen der Wellen am Bootsrumpf war zu hören. Jeder dachte über eine Strategie nach, um sich so unauffällig wie möglich der Blue Sea nähern zu können.
Und wieder war es Romana, die zuerst das Wort ergriff. „Haltet mich für verrückt. Aber wie wäre es, wenn wir als ganz normale, vielleicht auch etwas durchgeknallte Tauchtouristen direkt vor ihrer Nase, für alle sichtbar, lägen?“
„Wie meinst du das?“, wollte Jens wissen.
„In der Nähe der Basis, wo das Forschungsschiff auch sonst immer vor Anker geht, ist ein Erg. Das war wirklich mal schön, bis die Dornenkronen darüber hergefallen sind. Seitdem wird es nicht mehr oder wirklich nur selten betaucht. Sogar die Ankertauleinen sind dort noch vorhanden. Und ich glaube nicht, dass unsere ganz persönlichen Freunde wissen, dass dieses Riff kaputt ist. Sie sehen die Bojen der Ankertauleinen und müssen deshalb auch annehmen, dass dies ein normales Tauchziel ist.“
„Romy hat recht“, warf Ralf ein. „Das Erg hat sich noch lange nicht wieder von den Dornenkronen erholt. Wir haben dort selten mal ein Safaritauchboot gesehen. Und die sind für gewöhnlich auch gleich wieder abgehauen. Wahrscheinlich hatten sie nur für eine kleine Badepause haltgemacht. Denn die Tauchguides führen die Touristen für gewöhnlich nur zu intakten Riffs und Ergs.“
„Nur mal so für den Laien … was bitteschön sind Dornenkronen?“, wollte Falko wissen.
„Das sind große Seesterne, die, wenn es die Laune der Natur will, rudelweise, mit einem Mal auftauchen und in verhältnismäßig kurzer Zeit über ein größeres Gebiet herziehen, die Korallen aussaugen und sie damit töten. Ebenso schnell wie sie gekommen sind, verschwinden sie auch wieder. Alles, was sie zurücklassen, ist ein zerstörtes Riff, welches dann sehr viele Jahre benötigt, um sich davon zu erholen“, erklärte Romana.
„Wo befindet sich dieses Erg?“. Sofort rollte Jens die entsprechende Seekarte auf dem Tisch aus.
Ralf orientierte sich kurz und wies dann mit dem Finger auf die Karte. „Unsere Basis befindet sich etwa hier, das Erg ist hier und dort befindet sich der eigentliche Ankerplatz der Blue Sea“, erklärte er und zeigte auf die besagten Stellen.
„Das dürfte funktionieren“, stellte Rainer fest. „Die Stelle ist geradezu ideal für uns und die Idee als Tauchtouristen dort vor Anker zu gehen, gefällt mir. Eine bessere Tarnung gibt es nicht, um so nahe wie möglich an die Brüder ranzukommen.“
„Wir können sowohl die Basis als auch das Schiff schnell und unbemerkt erreichen, um dort die ungebetenen Besucher auszuschalten. Sozusagen für alle sichtbar versteckt. Bleibt nur noch das Begleitboot dieser Gesellen, eine unbekannte Größe“, gab Steffen zu bedenken.
Bis zum Abend saßen die zehn Freunde zusammen und überlegten sich einen Plan, der nicht schiefgehen durfte. Gerade, als die Sonne hinter den fernen Bergen der Wüste verschwand, hatten sie sich auf eine Vorgehensweise geeinigt und dazu einen ungefähren Zeitablauf erstellt.
Rainer überraschte die Freunde mit einigen Flaschen Bier. Sie stießen auf ein gutes Gelingen ihres gefährlichen Planes an und saßen noch eine Stunde gemütlich beisammen.
„Okay, meine Damen“, verkündete Steffen schließlich. „Zapfenstreich. Wir müssen früh raus und der Tag wird verdammt lang und anstrengend für uns alle.“ Damit löste er die Versammlung auf. „Romy, du bleibst aber bitte noch kurz“, wandte er sich an sie. „Ich will mir noch mal mein Werk betrachten und den Verband am Arm erneuern. Du kannst mir dabei sogar dein fachkundiges Lob aussprechen“, meinte er noch schelmisch grinsend.
„Ja klar, gerne. Ich bin ohnehin gespannt, wie die Wunde aussieht und was du gemacht hast. Nicht böse sein. Ich möchte dich damit wirklich nicht kontrollieren oder so.“
„Schon gut. Sorry wegen des Rollentauschs, aber ich wollte schon immer mal Onkel Doktor spielen“, entschuldigte er sich lächelnd. Während er den frischen Verband anbrachte, sagte er leise: „Du wärst uns fast von der Schippe gesprungen, weißt du das? Du hast viel Blut verloren. Es ist erstaunlich, wie schnell du dich wieder davon erholt hast.“
Romana lächelte dankbar. „Ja, Herr Doktor, Unkraut vergeht eben nicht. Viel zu trinken hat da auch geholfen. Außerdem werde ich doch hier noch gebraucht. Oder?“, gab sie frech von sich.
Steffen nickte. „Stimmt. Du hast morgen einen wichtigen Job und ich hoffe, du wirst stark genug dafür sein. Wir können nicht auf dich verzichten.“
„Ich weiß“, gab Romana ernst und knapp zurück.
„Also ruhe dich gut aus und sammle noch etwas Kraft. Gute Nacht, kleiner Habicht.“ Er gab ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange und legte sich dann im Salon auf die freie Bank. Auch Rainer, Claus und Thomas, die ebenfalls im Salon ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten, wünschten ihr eine gute Nacht, als sie bereits die Stufen nach unten stieg.

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Noch bevor der neue Morgen graute, wurde der Anker gelichtet und es herrschte geschäftiges Treiben auf der >El Warda<.
Nur Romana durfte länger schlafen, um weiter zu Kräften zu kommen und schnell wieder einsatzfähig zu sein.
Die Männer luden die sieben gefüllten Kreislaufgeräte, dazu die Morgan-Vollgesichtsmasken in die >Neptun 2< und zusätzlich, für den Notfall, drei volle Pressluftflaschen. Uwe kletterte mit seiner Tauchausrüstung auf das kleine U-Boot und verschwand mit erhobenem Daumen in der Einstiegsluke, die er von innen fest verschloss. Nachdem die Taue gelöst waren, sank das Unterseeboot in die Tiefe. Die >El Warda< drehte bei und nahm direkten Kurs auf ihr Ziel. Die >Neptun 2< folgte, für neugierige Augen unsichtbar, in einiger Entfernung Unterwasser nach.
Zum Glück und zur Freude der Männer legte sich der Wind über Nacht. Die Wellenberge waren nicht mehr so hoch wie die beiden Tage zuvor.
„Ich hoffe, das Wetter ist gnädig und lässt die See nicht zum Spiegel werden“, sagte Ralf, als er zu Steffen ans Ruder trat und ihm einen Becher heißen Kaffee reichte.
„Stimmt, das könnten wir gar nicht gebrauchen“, gab er dem Freund recht. „Dann könnte man uns auch unter Wasser so gut sehen, als würden wir einfach zum Schiff rüber schwimmen und ganz laut brüllen, dass wir kommen. Aber mit etwas Glück ist die See da unten noch aufgewühlt und das Wasser noch nicht wieder so klar. Trotzdem bin ich aber ganz froh, dass es nicht mehr so stürmisch ist. Wenn die See jedoch noch ruhiger wird, dann verschieben wir unsere Operation lieber in die Nachtzeit.“
Eine ganze Weile sah Ralf besorgt auf die ruhiger gewordene See. „Okay, ich gehe jetzt Romy wecken. Mal sehen, wie es ihr heute geht“, sagte er und riss sich von dem Anblick los. Im Gehen drehte er sich noch einmal um. „Ich löse dich dann ab, wenn wir gegessen haben, damit du auch was frühstücken kannst.“
Als er an Romanas Kajütentür klopfte und eintrat, war sie schon wach und flocht ihr langes, rotes Haar, wegen der Verletzung am Arm, etwas umständlich, zu zwei dicken Zöpfen. Sie setzte ihr Headset auf, wünschte ihm einen guten Morgen und wollte wissen, wie es ihm geht.
„Das wollte ich dich eigentlich fragen“, konterte er und sah sie forschend an.
Romana lächelte, gab ihm einen Kuss auf die Wange und drängelte sich an ihm vorbei aus der Kabine. „Danke, mir geht es gut. Ich habe auch keine Kopfschmerzen mehr … Okay, zugegeben, ich habe auch was dagegen genommen“, gestand sie.
Die anderen saßen bereits beim Frühstück, als sie den Salon betraten. Fröhlich wurde Romana von allen begrüßt.
„Danke, Jungs. Und eh ihr erst fragt … danke, mir geht es gut.“
„Prima Mädchen, dann haue ordentlich rein“, antwortete Jens, schob ihr einen Teller mit belegten Brötchen zu und schenkte ihr heißen Kaffee in den Becher, der vor ihr stand. „Wir können alle den Energieschub brauchen.“
Ralf beeilte sich beim Essen, um Steffen so schnell wie möglich am Ruder ablösen zu können.
In diesem Moment meldete sich Uwe aus der >Neptun 2<: „Hey Kinder, schaut mal auf euer Sonar oder geht an Deck. Wir haben Begleitung bekommen.“
Sofort schossen die Männer, an nichts Gutes denkend, in die Höhe, ließen alles stehen und liegen, liefen nach draußen und schauten übers Wasser.
Graue Körper mit runden Rücken und stolz in die Höhe gereckten Finnen tauchten aus dem Meer auf und verschwanden wieder, bis sie an anderer Stelle erneut auftauchten und das Schiff überholten, um sich in dessen Bugwelle zu tummeln.
Eine Schule Delfine begleitete das Boot. Ein Anblick, der sie erleichtert aufatmen ließ und sie sich kaum daran sattsehen konnten.
„Es sind Tümmler“, hörten sie Ralf über Funk sagen, der auf dem Oberdeck neben Steffen stand, um das Ruder zu übernehmen.
In der Zwischenzeit hatten sich alle am Bug des Bootes eingefunden und sahen den Tieren zu. Unbeschwert und zutraulich spielten sie in der Bugwelle, sprangen übermütig aus dem Wasser, was die Mannschaft mit Beifall, Zurufen und lauten Pfiffen honorierte. Das schien diese friedvollen Wesen zusätzlich anzustacheln, ihre Kunststücke zu zeigen.
Am liebsten wäre Romana in ihren Neoprenanzug geschlüpft, um mit ihnen zu schwimmen, zu schnorcheln und ihnen ein Stück in die Tiefe zu folgen. Doch sie wusste so wie die anderen, dass dafür keine Zeit blieb. Sie mussten ihr Ziel, das zerstörte Erg nahe der Basis, schnellstmöglich erreichen, um den Leuten auf dem Forschungsschiff helfen zu können.
Eine Weile begleiteten die Tümmler die >El Warda<, bis sie des Spieles überdrüssig wurden und in die Tiefe des Meeres ebenso schnell wieder verschwanden, wie sie daraus unverhofft aufgetaucht waren.
Nach dieser unvorhergesehenen Begegnung mit den Meeressäugern konzentrierte sich jeder wieder auf seine Aufgaben.
„Hier Seeadler“, meldete sich Ralf. „Wir erreichen in wenigen Minuten unser Zielgebiet. Mauersegler, setz dich vor uns und such dir eine geeignete Stelle im Sand, wo du die >Neptun< parken kannst. Achte dabei auf die Ankertaue, dass du da nicht zu dicht dran bist und wir beim Festmachen auf dich drauf rutschen. Wir brauchen das Baby noch.“
„Roger“, kam Uwes knappe Antwort.
Claus schaltete seinen MP3-Player an, verband ihn mit dem Bordlautsprecher und drehte die Musik voll auf, um den Eindruck einer unbeschwerten Tauchergesellschaft zu erwecken, die ausgelassen feierten.
Falko, der Computerspezialist der Truppe, setzte sich an Romanas Laptop. Er verband ihn erneut mit dem Satellitentelefon und stellte über seinen Zugangscode eine Satellitenverbindung her, um aktuelle Bilder der Basisstation auf dem Monitor zu empfangen. „Sperber hier. Ich habe da gerade paar interessante Nacktfotos gefunden“, gab er durch.
Jens und Claus eilten in den Salon und setzten sich mit vor den Laptop, der ein gestochen scharfes, vergrößertes Bild der Station zeigte.
„Wie alt ist diese Aufnahme?“, fragte Claus.
„Sozusagen fast noch jungfräulich. Ist gerade mal dreißig Minuten alt“, antwortete Falko mit einem zufriedenen Grinsen.
„Das ist gut“, gab Jens zurück.
„Kannst du noch etwas näher ran gehen? Ich will mir gern diesen Ausschnitt hier genauer ansehen.“ Dabei tippte Claus auf eine Stelle des Monitors.
Falko huschte mit seinen Fingern sicher über die Tastatur und zoomte den gewünschten Bildausschnitt heran. Die drei Freunde betrachteten die Aufnahme genau, dann nickten sie sich zu.
„Danke, Falko, wir haben gesehen, was wir sehen wollten“, meinte Claus zufrieden.
„Ich denke, das sieht gut aus. Wir werden ihnen einen Besuch abstatten und sie überraschen, noch bevor die Blue Sea hier vor Anker geht. Dann können wir wieder zurück sein, wenn hier der Bär tanzt und noch etwas mitmischen“, meinte Jens und bat seinen Freund, sich bevor sie aufbrechen, erneut um ein aktuelles Satellitenbild von der Basis zu bemühen, damit sie ausschließen konnten, dass eine ungute Überraschung auf sie wartete.
„Okay Jungs, das mache ich doch gern“, sagte Falko locker. „Nur denkt dran, ich kann nicht so oft, und wenn überhaupt, dann nur kurz auf den Satelliten zugreifen, denn offiziell habe ich Urlaub und damit keine Berechtigung dafür.“
In der Zwischenzeit hatte das Boot die Ankertauleinen erreicht. Ralf manövrierte die >El Warda< auf Position, um sie an den beiden Leinen an Bug und Heck festzumachen.
Durch seinen Feldstecher beobachtete Steffen aus sicherer Deckung heraus die Forschungsstation, als Jens und Claus zu ihm traten. „Und wie sieht es aus?“, fragte er, ohne das Glas von den Augen zu nehmen.
„Wir denken, wir können nach unserem Plan vorgehen. Aber vorsichtshalber wird uns Falko vor unserer Reise noch ein Bildchen anfordern“, antwortete Claus.
In dem Moment tauchte Uwe am uferabgewandten Heck des Bootes auf. Sofort ließen seine Freunde die Leiter nach unten, halfen ihm an Bord und nahmen ihm die Pressluftflasche ab.
„Okay, ich habe das Baby vorschriftsmäßig geparkt. Liegt, für einen bequemen und schnellen Einstieg durch die seitliche Schleuse, direkt zehn Meter hinter unserem Heck auf fünfzehn Metern.“
„Perfekt“, lobte Steffen. „Dann lasst uns jetzt mal etwas ausgelassen feiernde Urlauber spielen.“
Thomas warf den Kompressor an und füllte die leeren Pressluftflaschen wieder auf. Dann zogen er, Steffen und Pitt ihre sieben Millimeter-Halbtrockenanzüge an und machten sich für den bevorstehenden Tauchgang fertig.
Ralf und Rainer ließen vorsichtig über die landabgewandte Seite der Reling drei mit Nitrox gefüllte Stahlflaschen an Seilen zu Wasser.
„Steffen, ich habe die Flaschen für euch schon geprüft“, informierte Rainer, während er das Ende des Seils an der Laufstange befestigte, damit die Nitroxflaschen nicht zu tief ins Wasser abtauchten.
„Und wie sieht es aus?“
„Sie haben alle, auch die, die ihr extra mitnehmt, 35 % Sauerstoff drauf. Ist also ideal für euch.“
„Okay, danke. Dann brauchen sie unsere lieben Froschmännlein nur noch an die besprochene Stelle zu verfrachten und wir haben ausreichend Luft, zur Blue Sea zu kommen, um dort ordentlich mitmischen zu können“, gab Falko zurück.
Nacheinander sprangen die drei Freunde mit lautem Platschen, sodass es selbst von der Basis aus, am Ufer, beobachtet werden konnte, ins Wasser und tauchten nach kurzem Okay-Zeichen ab. Außer Sicht der Basisstation, auf der anderen Seite ihres Bootes, befreiten sie zuerst die von der Bordwand im Wasser hängenden Flaschen von den Seilen und machten sie mit einer speziell dafür vorgesehenen Halterung an ihren Jacketts fest. Steffen nahm mit dem Kompass die genaue Peilung, und die drei tauchten gemeinsam ab. Sie tarierten sich so aus, dass sie mit dem zusätzlichen Gewicht der mitgeführten Nitroxflaschen wie schwerelos in einer Tiefe von zehn Metern schwebten und machten sich auf den Weg zu ihrem Ziel, mitten im Meer. Sie tauchten mit der Strömung, was ihnen die Arbeit wesentlich erleichterte. Als beim ersten der Männer das Finimeter nur noch 100 bar anzeigte, gaben sie sich ein kurzes Zeichen, ließen Luft aus ihren Jacketts und sanken auf den Meeresgrund, wo sie die Flaschen auf dem sandigen Boden ablegten.
Steffen befestigte an einer davon einen kleinen Sender mit nur geringer Reichweite. Kurz darauf begaben sie sich auf den Rückweg. Dieses Mal aber gegen die Strömung, was ihnen zusätzlich Kraft kostete. Nach einhundertzehn Minuten erreichten sie das Boot mit nur noch 10 bar Luft in ihren Tanks. Sie machten in aller Ruhe ihren dreiminütigen Sicherheitsstopp in fünf Metern Tiefe, bevor sie direkt am Heck der >El Warda< wieder auftauchten.
„Okay, Jungs, eure Bullen sind platziert. Ich glaube, so langsam werde ich alt. Meine Flasche war sonst nie als erste leer“, sagte Pitt außer Puste, als er die kleine Leiter zum Deck hochkletterte.
„Nö, das hat nichts mit deinem Alter zu tun. Ich denke mal eher, du bist aus dem Training und hast zu lange träge in der Sonne rumgelegen“, frotzelte Steffen und wartete an der Wasseroberfläche, um als Nächster die Leiter zu erklimmen.
Zuletzt kletterte Thomas an Bord. „Steffen hat den Flaschen einen Minisender verpasst. Damit dürftet ihr sie nicht verfehlen“, informierte er, vom langen Tauchgang etwas außer Atem, an Jens, Falko und Claus gewandt. „Nun können wir nur noch beten, dass die Idioten sich nicht überlegen, ganz woanders vor Anker zu gehen.“
„Und gibt es hier etwas Neues?“, wollte Steffen wissen, während er sich schon den Neoprenanzug abstreifte.
„Ja, Falko hat noch etwas mit dem Bordfunk herumgespielt und dabei zufällig die Frequenz unserer besonders lieben Freunde gefunden“, antwortete Uwe mit breitem Grinsen.
„Wie kommt ihr darauf, dass die es sind?“, fragte Steffen skeptisch, aber hellhörig geworden.
„Ganz einfach. Da wurde ein weiß-rotes Boot mit ziemlich verrückten Tauchtouristen beschrieben, was genau auf unsere >El Warda< zutreffen dürfte. Denn wir haben hier in der Zwischenzeit, als ihr nicht da wart, wie geplant die Sau rausgelassen und lautstark dafür gesorgt, dass die uns bemerken.“ Dabei grinste Uwe noch mehr und meinte: „Hast du schon gewusst, dass Romy super tanzen kann?“ Etwas leiser fügte er hinzu: „Sogar Bauchtanz beherrscht sie perfekt. Einfach nur zum Dahinschmelzen, kann ich dir sagen.“
Nun huschte auch über Steffens Gesicht ein Lächeln, wobei er Romana von oben bis unten betrachtete. „Das ist doch nicht wahr, oder?“, meinte er und schaute ungläubig.
Die Männer aber nickten nur, wobei ihre Ohren von den Mundwinkeln Besuch bekamen, so grinsten sie.
„Wenn ich schon mal nett bin und für andere die Milch breit fahre, verpasse ich hier auch prompt noch das Beste“, beschwerte er sich, mit verzogenem Mund und trauriger Miene.
Die anderen mussten über die Grimasse herzlichst lachen.
Jens übertönte sie mit lauter Stimme. „Okay, Jungs, wie sieht es aus? Habt ihr auch schon wieder solchen Hunger, wie ich?“ Er schwieg einen Moment, dann verkündete er: „Heute speisen wir auf dem Balkon, damit die netten Burschen da drüben was zu sehen bekommen.“
Einer nach dem anderen holten sie sich ihre gefüllten Teller und suchten auf dem Boot ein bequemes Plätzchen auf dem Oberdeck, um in Ruhe essen zu können. Gelegentlich schwenkten sie mit ihren leeren Bierflaschen vom Vorabend hin und her und taten so, als würden sie sich ordentlich betrinken.
Thomas saß derweil am Bordfunk und belauschte den Funkverkehr von der Basis. Dann meldete er sich aus dem Salon. „Hier Turmfalke. Ihr gebt eine gute Vorstellung, Kinder. Ohne dass ich euch an Deck sehe, weiß ich genau, dass ihr mächtig am Saufen seid. Pfui, schämt euch, was seid ihr nur für eine verwahrloste Bande von Urlaubstauchern.“
Daraufhin grölten alle an Deck noch lauter los, als hätte jemand einen dreckigen Witz gerissen.
„Die Rechnung scheint aufzugehen“, sagte Steffen ins Mikro seines Headsets. „Es wird nicht mehr lange dauern, dann verlieren sie das Interesse an uns und werden uns nicht mehr durchgehend so genau beobachten. Sie werden uns abkaufen, dass wir ziemlich schnell und vor allem vollkommen besoffen in die Kojen verschwinden und tief und fest schlafen werden.“
„Hoffentlich kaufen die es uns auch wirklich ab und kommen nicht auf die blöde Idee, uns in der Nacht besuchen zu wollen. Ich hasse es nämlich, von Fremden geweckt zu werden“, fügte Pitt hinzu und alle wussten, was er damit meinte.
Nach einer Weile trafen sich Steffen, Jens, Claus und Falko im Salon. Schnell klinkte sich der Computerspezialist wieder in das Satellitenprogramm ein und rief die Daten ab, die er benötigte. Es dauerte einen Moment, bis sich das gewünschte Bild aufbaute.
„Von wann ist nun diese Aufnahme?“, wollte Claus wissen.
„Ist mal gerade zehn Minuten alt. Wir haben also Glück“, antwortete Falko und vergrößerte den Bildausschnitt des Satellitenfotos, damit die Freunde genauere Details erkennen konnten.
„Sieh mal, da sitzt der Spanner, der uns so ungeniert bei unserer Orgie beobachtet und noch nicht einmal einen roten Kopf dabei bekommt“, sagte Steffen und wies auf einen kleinen Punkt.
„Und da“, zeigte Jens auf den Monitor. „Scheint der andere zu sein.“
„Ist die Frage, wo sie unsere Freunde gefangen halten“, überlegte Claus. „Ich hoffe ja, dass es die beiden einzigen von dem Gesindel sind, die sich im vorderen Gebäude aufhalten, sonst könntet ihr leicht ein Problem bekommen. Ich kümmere mich um die drei anderen im hinteren Bereich, während ihr mir den Rücken frei haltet“, fügte er hinzu.
„Da werden wir uns mal überraschen lassen“, sagte Steffen nachdenklich. „Ihr wisst, dass wir in der ersten Phase des Planes keinen Kontakt zu euch haben werden. Aber ich versuche, euch so gut es geht im Auge zu behalten.“ Er schwieg eine Weile, bevor er weiter sprach: „Wenn ich merke, dass was schiefläuft, kommen wir als Verstärkung dazu. Nur leider bräuchten wir einige Zeit, bis wir bei euch sein könnten. Ihr müsst also durchhalten. Jungs, ihr wisst, dass das ziemlich brenzlig werden könnte.“ Er sah seine Kameraden ernst an und sprach weiter: „Aber es geht leider nicht anders. Da darf nichts schiefgehen.“
„Hey, lass mal großer Bruder“, antwortete Jens und grinste dabei übers ganze Gesicht. „Du weißt doch, dass wir kleine Adrenalinjunkies sind. Also lass uns doch den Spaß.“
„Ja eben, genau das ist ja meine größte Sorge“, gab Steffen zurück.
In diesem Moment kam Romana von ihrer Kabine unter Deck die Treppe herauf. Ihr leicht gewelltes Haar umspielte feuerrot glänzend Schultern und Oberkörper. Den Verband am Oberarm umschlang ein feiner Seidenschal, dessen lange Enden bei jeder Bewegung, beim kleinsten Lufthauch, schwebten. Ihre Figur, die nichts zu wünschen übrigließ, steckte in einem knappen schwarzen Bikini.
Die Blicke der vier blieben regelrecht an ihr kleben. Was Romana nicht entging. Ebenso wenig die Münder der Männer, die sich vor Staunen öffneten.
„Was denn? … Jetzt kriegt euch wieder ein, Jungs“, sagte sie, aber genoss sichtlich die Situation. „Ich denke, ich soll die Fratzen da drüben etwas von euch ablenken? Also, was liegt näher?“
Die Männer brachten kein Wort heraus, sondern nickten nur stumm.
Als Romana den Salon verlassen hatte, kamen sie langsam wieder zu sich.
„Chef, ich glaube, ich habe es mir gerade anders überlegt“, meinte Jens und grinste Steffen frech an. „Hätte ich gewusst, was in der Zwischenzeit hier weiter ablaufen wird, hätte ich mich nie im Leben freiwillig für diesen Einsatz gemeldet. Das ist doch unfair, ihr habt den Spaß und ich muss schuften.“
Das brachte ihm je eine Kopfnuss von Falko und Claus ein.
„Okay Jungs, Ralf und Pitt haben für euch die zusätzlichen Flaschen unter dem Boot deponiert. Ich weiß nicht genau, was ihr da wieder ausgeheckt habt, um die Basis einzunehmen. Aber ich wünsche euch viel Erfolg dabei. Und seid verdammt vorsichtig“, riet Steffen nachdrücklich.
„Sind wir doch immer, Papi“, konterte Falko herausfordernd.
Dann gingen sie gemeinsam an Deck und legten mit Steffens und Pitts Hilfe ihre Tauchausrüstungen an. In den Taschen ihrer Jacketts verstauten sie kleine, wasserdichte Päckchen. Akribisch überprüften sie gegenseitig ihre Ausrüstungen, gingen weiter zur Plattform, von der aus sie mit einem langen Schritt ins Leere nacheinander verschwanden.
„Okay, unsere verrückten Vögel sind abgeflogen“, informierte Steffen per Headset und sah eine Weile den aufsteigenden Luftblasen der drei Taucher besorgt nach. „Dann lasst uns mal den bösen Jungs da drüben eine ordentliche Show bieten.“ In Gedanken versunken, gesellte er sich langsam zu den anderen aufs Oberdeck.
„Wie lange werden die drei bis zum Ufer brauchen?“, wollte Romana von Ralf wissen.
Er überlegte kurz. „Mit den zusätzlichen Flaschen vor dem Bauch und der Entfernung, denke ich mal so fünfzig bis sechzig Minuten. Sie sind alle drei ausgezeichnete Taucher.“
Als es an der Zeit war, verzogen sich Steffen und Ralf in den Salon. Sie drehten die Lautstärke des MP3-Players wieder hoch, bis die Melodie arabischer Musik über das Wasser schallte. Romana bewegte sich mit Pitt und Rainer nach den orientalischen Klängen, während die anderen im Rhythmus klatschten und die Tänzer immer wieder lautstark anfeuerten und im Takt auf Eimern und Töpfen schlugen.
Ralf setzte sich an den Bordfunk, um die Gespräche zwischen der Basis und dem Schiff abzuhören.
Steffen nahm das Fernglas und beobachtete, aus sicherer Deckung, aufmerksam den Küstenstreifen. Er war gespannt, wie seine drei Kameraden dort unbemerkt an Land kommen wollten. Er vergegenwärtigte sich Ralfs Erklärungen. Denen zufolge der Basisstation ein kleines Riff vorgelagert sei, wo lediglich ein schmaler Steg mit Leiter vom Wasser ans Ufer führe, der obendrein von jedem Winkel der Station aus einsehbar war.
„Hier Steinadler. Leute, legt noch einen Zahn zu, ich sehe sie gerade auftauchen“, vermeldete Steffen an alle. „Was machen die Idioten denn da?“, schrie er kurz darauf bestürzt auf. „Sind die jetzt ganz übergeschnappt und des Wahnsinns fette Beute?“
Er sah zwei Taucher, die wild gestikulierend nacheinander die Leiter hoch zum Steg kletterten, ohne sich jegliche Deckung zu suchen. Vom dritten Mann der Gruppe war nichts zu sehen. Steffen stockte fast der Atem, doch ihm blieb keine andere Wahl, als weiter zu beobachten und abzuwarten.
Was war geschehen?
Waren es am Ende nicht seine Kameraden, sondern andere Taucher, die zufällig dort waren und aus dem Wasser stiegen?

39
Die drei Freunde waren kurz vor ihrem Ziel angelangt. Zwei von ihnen hatten schon auf halber Strecke damit begonnen, kontinuierlich Luft aus ihren Flaschen abzulassen, sodass ihre Atemluft nur bis knapp vor die Leiter des Stegs reichte. Sie schnallten ihre zusätzlich mitgebrachten Pressluftflaschen ab und verbargen sie, in einer Tiefe von fünf Metern, unter einem kleinen Vorsprung in Stegnähe am Riff. Dort absolvierten sie auch gleich ihren Sicherheitsstopp. Dieser war notwendig, um den Stickstoff in Lunge und Blutbahn abzubauen, welcher sich nach langem und strömungsbedingt etwas tieferem Tauchgang im Körper angesammelt hatte. Da aber der Luftvorrat der beiden Taucher gänzlich erschöpft war, atmete einer die Luft durch den Oktopus, der andere in Wechselatmung mit vom Mundstück des dritten Kameraden, der bisher nicht mit auftauchen sollte. Sie übergaben ihm ihre wasserdicht verpackten Headsets und nach drei Minuten gaben sie sich ein Zeichen und die beiden mit den leeren Pressluftflaschen tauchten direkt an der Leiter auf.
Schon während sie diese hochstiegen, begannen sie lautstark zu streiten.
„Sag ma du blöder Vollpfosten, wo haste deinen Tauchschein gemacht?“, wetterte der Eine. „Kommt mir so vor, als hättste den im Lotto gewonnen. Oder gibt’s den bei euch als Werbegeschenk beim Lutscherkauf dazu?“
„Ja klar doch, du verkalkter Trottel, und wer war der Meinung, dass mein Kompass falsch geht, ihn mir vom Arm jerissen und dann de andre Richtung einjeschlagen hat? Navigation is och nich gerade deine Stärke, wa?“, gab der Andere beleidigt, lautstark und gestikulierend zurück. „Sieht det hier etwa wie unser Boot aus? Oder haste Tomaten of de Ogen! Und wie solln wir jetzt zurückkomm, du Klugscheißer? Keen Arsch of dem Äppelkahn kriegt dort noch mit, wo wir sind, so zugedröhnt, wie die schon alle sind. Wat für ne hirnrissische Idee von dir, noch ma Tauchenjehen zu wollen?“
„Wieso menste, dass ich alleene ran schuld bin? Du selten doofer Lolli musstest ja och unbedingt dem blöden Fisch im Zickzack hinterher paddeln wie blöd. An wat bitte schön hätt ich mich da noch orientieren solln?“, maulte Falko zurück, rempelte Jens wütend an und holte mit der Faust zum Schlag aus.
Unbemerkt trat ein Mann auf sie zu.
„Hallo, die Herren. Entschuldigen Sie, wenn ich mich einmische. Aber kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?“, fragte der laut.
Die beiden Zankhähne verstummten gleichzeitig, ließen ihre Fäuste sinken und drehten sich verwirrt um.
„Ähhh … ja klar doch“, brachte Jens etwas verlegen und erstaunt hervor. „Se sprechen deutsch? … Dat trifft sch gutt. Diese Knalltüte hier neben mir is zu doof zum Tauchen und noch blöder zum Navigieren.“
Falko verpasste Jens einen gewaltigen Rippenstoß. „Eh ja, so nich Kumpel. Wenn überhaupt, dann biste ebenso blöd“, verteidigte er sich.
„Na egal, wie ouch immer!“ Jens drehte sich aufgebracht zu Falko um, schrie ihm direkt ins Gesicht. „Ouf jeden Fall is nu de Flasche von der schleimscheißenden Bambuskröte hier jenau so leer wie meine und wir wissen nich, wie wir zurück of unser Boot kommen solln. Zum hinschwimmen wärs of jeden Fall zu anstrengend und zu weit weg in de Montur, in der wir stecken.“ Dabei sah er sich verlegen um, wandte sich dann dem Fremden wieder zu und sprach in einem gemäßigten Ton weiter: „Ham Se hier vielleicht nen kleenen Kahn, mit dem wir übersetzen könn? Wir bringen ihn och bestimmt zurück.“
„Oder vielleicht nen Kompressor, dass wir unsere Flaschen wieder offüllen könn?“, fragte Falko verlegen. „Det is doch hier ene Tauchbasis, oder?“ Dabei betrachtete er unauffällig den Mann genauer und erkannte deutlich die Wölbung von einer Waffe unter seinem locker fallenden Hemd.
Jens fuhr Falko erneut an. „Du hirnamputierte Aushilfsamöbe, globst doch nich wirklich, dass de dich zum Boot zurückfindst, wenn de noch nich mal in der Lage warst, rechte Schulter um a stinknormales Riff zu tauchen.“
Gerade, als Falko wütend auf seinen Freund losgehen wollte, erschien ein weiterer Mann auf dem Steg.
„Was ist denn hier los?“, brüllte dieser lauthals und zog seine Waffe.
Wie versteinert blieben die beiden Taucher stehen und ihre Hände schnellten, vor Angst zitternd, in die Höhe.
„Los Jan, bring die Galgenvögel rein“, befahl er, machte kehrt und schlurfte zurück zum Gebäude.
Der Mann, der soeben Jan genannt worden war, zog ebenfalls seine Waffe und forderte die beiden Taucher auf, keine Mätzchen zu versuchen und ihn an Land zu begleiten.
Eingeschüchtert sahen sich die Freunde an und gehorchten ohne Widerspruch.

40
Steffen nahm das Fernglas von den Augen. „Was machen wir jetzt?“, wandte er sich an Ralf, der ebenfalls das Geschehen durch seinen Feldstecher beobachtete. „Schicken wir Pitt, Uwe und Thomas als Verstärkung hinterher? Ich bin mir nicht sicher.“
„Nicht so eilig. Warten wir erst mal ab. Bis jetzt haben wir nur Jens und Falko gesehen. Claus fehlt noch. Ich denke, die haben sich da was Raffiniertes ausgedacht, um an die ranzukommen. Ich sagte doch, unbemerkt dort reinzukommen ist, noch dazu am Tag, unmöglich.“
„Ja, aber diese hirnverbrannten Pfeifen hätten uns wirklich vorher in ihre Pläne einweihen können“, meinte Steffen verärgert.
„Lass gut sein, du weißt doch, dass die Drei ein eingespieltes Team und immer für eine Überraschung gut waren“, gab Ralf zuversichtlich zurück. „Los komm. Wir müssen uns oben wieder sehen lassen, im Falle, dass sie uns noch beobachten und unsere Nasen zählen. Uwe soll uns hier ablösen und auch ein Ohr auf den Funkverkehr der Brüder halten. Was meinst du?“
„Hast ja recht.“ Steffen informierte Uwe per Headset, dass er die Wache übernehmen und sie über jede Kleinigkeit auf dem Laufenden halten solle.
Gerade, als sie wieder aufs Oberdeck kamen, legte Romana einen verführerischen Bauchtanz auf das nicht vorhandene Parkett, und alle klatschten begeistert im Rhythmus der Musik. Die anderen bemerkten sehr wohl die besorgten Mienen der beiden Freunde, die sich aber blitzartig zu einem gespielten Lächeln verzogen, sobald sie vom Land aus gesehen werden konnten.
„Ralf, wenn ich nicht genau wüsste, dass diese Frau deine Freundin ist und ihr mehr füreinander empfindet, als ihr einander eingestehen wollt, würde ich jedes mir verfügbare Register ziehen und sie nach allen Regeln der Kunst anbaggern“, gestand Steffen seinem Freund.
Ralf sah ihn mit großen Augen an. „Wie meinst du das?“
„Na genauso, wie ich es gesagt habe“, antwortete Steffen, grinste den Freund an und ging auf Romana zu, um mit ihr zu tanzen.
Ralf setzte sich, noch immer etwas verwirrt, neben Pitt.
„Hey, Ralfi. Nur mal so eine Frage. Romy ist doch nur eine gute Freundin für dich und nicht mehr, richtig?“
Ralf verstand sofort, worauf Pitt anspielte. „Unterstehe dich!“, konterte er. „Lass bloß deine Pfoten von ihr.“ Voller Bewunderung, Erstaunen und Sorge zugleich beobachtete er Romana. Woher nahm diese Frau, so kurz nach ihrem Unfall, nur all die Kraft, fragte er sich.

41
„So, meine Herren“, sagte der beleibte Mann und ein abstoßendes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. „Willkommen auf der Basisstation des Meeresforschungsschiffes Blue Sea.“ Er wandte den Blick zur Seite. „Prüf die Flaschen nach, Jan. Ich will wissen, ob da wirklich keine Luft mehr drin ist, oder ob uns die Vögel hier verarschen wollen.“ Dabei fuchtelte er wild mit seiner Pistole vor den beiden Tauchern herum, die verschreckt, in voller Montur, mit erhobenen Händen in einem großen Raum standen. Offenbar eingeschüchtert sahen sie sich um.
„Karl, die haben nicht gelogen“, sagte der Kleinere, der die beiden auf dem Steg zuerst so nett begrüßt hatte, und zur Sicherheit erneut die Finimeter der fremden Männer ablas. „Der hier hat noch ganze drei bar drauf und der andere gleich null.“ Jan trat neben seinen Kumpel zurück.
Jens und Falko hatten außer den beiden pistolenschwingenden, eklig und dreckig aussehenden Subjekten zwei weitere Personen im Raum entdeckt. Diese saßen reglos an ihren Stühlen gekettet in einer Ecke.
Jens drehte sehr langsam und unauffällig den linken Arm, um einen Blick auf seine Armbanduhr zu erhaschen.
Da er nichts weiter sagte, wusste Falko, dass sie noch etwas Zeit für Claus herausschinden mussten.
„Ähhhm … Jungs. Ick möcht ja nicht unhöflich erscheinen, oder euch gar den Spaß verderben. Abar wir sin nur harmlose Leute, die of ner Tauchsafari bissel Spaß ham wollen. Wat soll det da, mit den Dingern hier vor unsrer Nase?“, fragte Falko, scheinbar noch immer vollkommen ängstlich und eingeschüchtert, mit zittriger Stimme.
„Diese Pusterohre machen dann gleich ein großes Loch in eure eh schon hohlen und vertrockneten Birnen, wenn wir mit euch fertig sind“, fauchte der Dicke namens Karl, drohend.
„A … ab … aber mir ham doch gar nischts gemacht“, stammelte Jens. Seine Knie schienen vor Angst zu schlottern.
„Sieh mal Karl, der da macht sich gleich vor Schiss in den Anzug“, feixte Jan und zeigte auf Jens. „Solch ein Weichei, und der andere scheint auch ein echter Waschlappen zu sein.“
Die beiden Kerle begannen laut zu lachen.
In dem Moment, als Jens erneut auf seine Uhr schauen wollte, hörte er den leisen, ihm bekannten, Schrei eines Vogels.
Das war das Zeichen von Claus, dass er seine Aufgabe erledigt hatte.
Die Freunde sahen sich nur kurz an, dann huschte ihnen ein Lächeln übers Gesicht. Noch bevor die Männer mit den Pistolen wussten, wie ihnen geschah, zückten sie die unter ihren Tarierwesten verborgenen Messer, stürmten auf die Kerle zu, warfen sie zu Boden und hielten ihnen die Klingen an die Kehlen. Sie nahmen ihnen ihre Waffen ab und richtete sie gegen sie.
„Keiner nennt uns ungestraft Weicheier oder Waschlappen“, zischte Jens, gespielt wütend zwischen gefletschten Zähnen hervor.
„Das vertragen wir nämlich ganz und gar nicht“, fügte Falko hinzu und zwinkerte dabei seinem Freund frech zu. „Außerdem haben wir etwas gegen Bleivergiftung und Verunstaltung unserer Körper.“
Mit Seilen, die sie in ihren Jacketttaschen dabeihatten, verschnürten sie die beiden schmierigen Kerle zu handlichen Paketen. Sie verpassten ihnen, mit überall zerknüllt umher liegendem Papier Mundknebel, zerrten sie hoch und schubsten sie auf zwei freie Stühle an der Wand, worauf sie sie vorsichtshalber zusätzlich festbanden. Im Anschluss entledigten sie sich ihrer Tauchausrüstung und kümmerten sich dann um die beiden in Ketten gelegten Wissenschaftler, als sich quietschend die Tür öffnete.
Jens wirbelte, sofort schussbereit, herum.
„Langsam, du ungestümer Wildfang“, rief Claus übertrieben theatralisch, nachdem er das Entsichern der Waffe gehört hatte, und steckte erst nur den Kopf durch den Türspalt. „Ich habe euch schon eine Weile durch den Spalt beobachtet. Das habt ihr aber fein gemacht“, lobte er frech grinsend. Trat lässig ein und leckte sich dabei seine blutende Unterlippe ab.
„Hast dir aber verdammt viel Zeit gelassen. Mit meiner Schauspielkunst war ich nämlich schon fast an meine Grenzen gestoßen. In die Hose wollte ich mir dann wirklich nicht auch noch machen müssen, um zu beweisen, was für Schiss ich habe“, meinte Jens, was Claus auflachen ließ.
„Oh schade, hätte ich das gewusst, hätte ich noch etwas gewartet. Solch ein Schauspiel sollte man sich doch keinesfalls entgehen lassen. Vielleicht klappt es ja das nächste Mal.“
„Und wie sah es bei dir aus?“, wollte Falko von Claus wissen.
„Oh, die Babys schlummern süß in ihren Wiegen. Ich glaube, es waren Drillinge, hatten alle den gleichen, miesen Charakter. Dazu waren sie auch noch so behäbig und dumm wie Bohnenstroh, dass es ein Leichtes für mich war, sie schlafen zu schicken“, gab sich Claus lässig. „Und wie ging es hier?“
„Tja, die Milchreisbubis haben sich so sehr gefreut, dass wir uns vor Angst bald in die Hosen gemacht hätten, dass sie den Fehler begingen, uns zu beleidigen“, antwortete Falko ebenso lax.
„Oh ja, ich verstehe … niemand darf euch ungestraft beleidigen“, gab Claus grinsend zurück. „Komisch, warum das manche immer noch nicht wissen. Ich dachte eigentlich, das hätte sich im Laufe der Jahre schon herumgesprochen.“ Er legte den Kopf leicht schräg. „Seltsam.“
„Was ist seltsam?“, fragte Jens nach.
„Na ja, aus einem unbekannten Grund erinnert mich das doch immer wieder … so ganz entfernt …“, Claus machte eine undefinierbare Handbewegung. „An den Film Zurück in die Zukunft. Liege ich da richtig?“ Dabei grinste er seine Freunde vielsagend an. „Euer seltsamer Slang, der wohl etliche Dialekte beinhaltete, war auch recht komisch. Musste mir ganz schön das Lachen verkneifen. Das solltet ihr noch etwas üben.“
„Ja, toll, ganz toll. Schön, dass wir dich so gut unterhalten konnten“, meinte Jens. Er wollte gerade das Schloss der Eisenkette, mit der die Wissenschaftler an ihren Stühlen gefesselt waren, mit einem gezielten Schuss sprengen, als Falko vergnügt mit einem kleinen Schlüsselbund, den er dem fetten Karl abgenommen hatte, vor seiner Nase herumwedelte. „Hier, mein Freund, wie wäre es damit? Du weißt doch, ich mag das fürchterlich laute Geknalle nicht so“, und verzog das Gesicht.
„Oh ja, ich vergaß. Entschuldige bitte“, gab Jens gespielt höflich zurück, griff nach dem Schlüssel und befreite die beiden Männer von ihren Fesseln.
„Wer seid ihr? Wer schickt euch?“, fragten diese unisono.
„Oh, wir sind sozusagen, in eigener Mission auf See und hörten, dass unsere Hilfe gebraucht wird“, antwortete Jens und grinste zuerst die beiden Wissenschaftler, dann seine Kameraden schelmisch an.
„Wir sind gute Freunde von Ralf Richter und Dr. Romana Veit“, beantwortete Claus daraufhin die Frage ernsthaft.
„Aber …“, begann einer der befreiten Männer, senkte den Kopf und schwieg.
Der andere fuhr an seiner Stelle fort. „Ralf ist doch tot. Beim Fluchtversuch erschossen, sagte man uns. Und Romy, Romy weiß von dem hier doch nichts. Zumindest war es die letzte Information, die wir von den Kerlen hier bekamen, bevor sie uns vom Schiff wieder hierher verfrachtet haben.“
„Oh, das muss dann wohl schon eine Weile her sein. Ich weiß nicht, was ihr unter tot versteht. Doch ich dachte eigentlich, dass ich beide vor knapp zwei Stunden putzmunter und noch dazu zusammen gesehen habe. Aber wer weiß, vielleicht ist es auch nur meine Fantasie, die mit mir durchgeht“, gab Falko zurück. „Seit wann sind Sie denn schon auf dieser Basis?“
„Seit knapp vier Wochen“, antworteten die beiden Männer wieder gleichzeitig und stellten sich als Dr. John Mitchell und Mitarbeiter Clive Anderson vor.
„Na dann, guten Tag, meine Herren. Ich hoffe, wir kommen nicht ungelegen“, sagte Falko höflich und reichte ihnen zur Begrüßung die Hand. „Wenn ich vorstellen darf, zu meiner Rechten Claus Mertens, zu meiner Linken Jens Arend und meine Wenigkeit, Falko Meissner.“
Claus ging zu seinem Jackett, holte einen kleinen wasserdichten Beutel hervor, öffnete ihn, reichte seinen Kameraden ihre Headsets und setzte seines ebenfalls auf.

42
„Hier Bussard, hier Bussard“, hörten alle an Bord die Stimme von Jens in ihren Ohren erklingen. Thomas, der im Salon mit dem Feldstecher erst die Überwachung der Basis und des Funks übernommen hatte, stellte sofort den MP3-Player ab und alle lauschten gespannt Jens‘ Worten.
„Wir sind im Horst gelandet und haben hier einen Mister Mitchell und einen Mister Anderson gesund vorgefunden, die nett grüßen lassen. Drei Babys schlafen, frisch gewindelt und zwei weitere haben hier gerade den Schnuller von uns in den Mund gestopft bekommen. Es wäre schön, wenn ihr mit der Party wieder aufhört, es ist so schon Strafe genug, hier sein zu müssen, während ihr euch amüsiert.“
Erleichtert aufatmend meldete sich Steffen. „Gute Arbeit. Ihr habt euch aber viel Zeit gelassen. Und tut mir das nächste Mal den Gefallen und weiht mich vorher in eure verrückten Pläne ein.“
„Ach, Papi“, gab Claus zurück. „Lass uns doch das Vergnügen, auch deinen Adrenalinspiegel etwas hoch zu putschen. Hat doch echt Spaß gemacht, oder?“
„Okay, ihr habt mich durchschaut. Dann erzieht euch mal die bösen Jungs ein wenig, damit sie sich artig melden, wenn sie ihre Mama rufen sollte. Wir sind froh, hier unsere Party beenden zu können, das könnt ihr mir glauben. Einige von uns haben schon einen Sonnenbrand und Romy scheint geschafft zu sein, vom vielen Getanze. Versucht euch etwas auszuruhen, die Nacht wird lang und hart genug. Seeadler Ende.“
Zufrieden mit dem Ergebnis der ersten Teiletappe zogen sich die Freunde vom Oberdeck zurück und verschwanden in den kühleren Schatten. Steffen sah noch einmal nach Romanas Wunde, wonach sie sich um Ralfs gut heilende Verletzungen kümmerte. Dann fanden auch sie Ruhe und versuchten, ein wenig zu schlafen.

43
Die drei Freunde in der Basisstation hatten derweil einiges zu erledigen, bevor sie die Beine hochlegen konnten.
„Meine Herren“, wandte sich Falko an die beiden Wissenschaftler. „Sie müssen uns jetzt etwas behilflich sein, damit wir auch ihren Kollegen und Freunden auf dem Forschungsschiff helfen können.“
„Wer von diesen jämmerlichen Gestalten hier ist für den Funkverkehr mit der Blue Sea zuständig?“, fragte Claus sie.
Beide deuteten auf den kleineren Mann.
Gerade als er sich ihm zuwenden wollte, trat Jens dazwischen. „Oh, verzeih, mein Großer. Aber den süßen Jan übernehme ich. Ich habe sozusagen noch eine kleine, private Rechnung mit ihm offen“, dabei fixierte er den Kerl mit grimmigen Augen, dass diesem ein kalter Schauder über den Rücken jagte.
„Okay, Ladies first.“ Claus setzte sich gemütlich auf einen Bürostuhl, legte die Füße auf den Schreibtisch und ließ den coolen Typen heraushängen, der sich mit seinem großen Tauchermesser die Fingernägel säuberte und sich dabei bequem zurücklehnte. Er schloss wenig später die Augen und schien zu schlafen.
Falko unterhielt sich in der Zwischenzeit weiter mit den beiden Wissenschaftlern und holte Informationen ein, wie sich der Aufenthalt auf der Blue Sea gestalten würde, wenn sie hier vor Anker ging. Leider konnten ihm die Männer nichts zu dem zweiten Boot sagen. Sie wurden permanent eingesperrt gehalten und nur dann kurzzeitig von ihren Fesseln befreit, wenn ägyptische Kollegen oder gute Freunde vom Meereskundemuseum sich anmeldeten und auf einen Tee vorbeikamen. Dabei wurden sie die ganze Zeit über von den Kerlen beobachtet, abgehört und mit Waffen bedroht, welche aus einem Versteck heraus auf sie gerichtet waren.
Als Jens das mithörte, fuhr er den kleinen Mann an. „Sag mal, was für miese Schweine seid ihr eigentlich? Vergeht euch an wehrlosen Frauen und tötet sie bestialisch, nachdem ihr euren Spaß mit ihnen hattet? Ihr benutzt Menschen und behandelt sie wie Vieh. Ich glaube, es wird Zeit, dass ich dir zeige, wie sich diese Leute dabei fühlten.“ Er sah dem sichtlich verängstigten Mann genau ins Gesicht und seine Augen schienen dabei vor Wut Funken zu sprühen. „Solche wie dich verspeise ich für gewöhnlich zum Frühstück!“, schrie er ihn an, dass der Kerl vor Schreck zusammenzuckte.
„Sorry, eigentlich will ich dich ja nicht unterbrechen. Aber, weil du es gerade erwähnst. Hat hier noch einer von euch solchen Hunger wie ich?“, fragte Claus mit noch immer geschlossenen Lidern. Ein Zeichen dafür, dass er nicht eine Sekunde geschlafen, sondern alles aufmerksam verfolgt hatte. „Ich hab da draußen ein paar Kisten mit leckeren Sachen entdeckt. Ich denke, mit dem Zeug können die Kerle auf der Blue Sea ohnehin nichts mehr anfangen, nachdem wir ihnen einen Besuch abgestattet haben. Also, was sagt ihr?“
„Klar, ich kann einen Kalorienschub vertragen“, meinte Falko und machte sich zusammen mit Claus auf den Weg.
„Ich denke, du kommst mit den Trotteln mal kurz allein zurecht. Wir bringen dir auch was mit“, versprach Claus, an Jens gerichtet.
„Aber beeilt euch, sonst verarbeite ich diese netten Typen hier zu Frikassee, noch bevor ihr wiederkommt“, rief Jens seinen Freunden nach und zeigte mit seinem Messer auf die beiden gefesselten Männer.
Die Wissenschaftler, die so lange Zeit gefangengehalten wurden, trauten sich nicht aus ihrer Ecke. Sie waren noch immer eingeschüchtert von dem Terror dieser Männer, die jetzt an ihrer Stelle fest verzurrt auf den Stühlen hockten.
„Ihr zwei da hinten“, wandte sich Jens, der die vorhandene Furcht bemerkte, an die beiden Männer. „Ihr seid frei. Keiner richtet mehr eine Waffe auf euch. Also bewegt euch etwas und geht mit raus zu meinen Kumpels. Seht zu, dass ihr etwas von dem guten Zeug abbekommt, was sie da gerade aus den Kisten holen. Ihr seht aus, als hättet ihr es bitternötig.“
Nur langsam wagten sich die beiden endlich aus ihrer Ecke.
„Jungs, unsere Wissenschaftler kommen zu euch raus“, informierte er seine Freunde übers Headset. „Baut die beiden mal etwas auf, schließlich müssen sie, wenn wir weg sind, auf unsere Babys hier aufpassen. Derzeit sieht es nämlich eher so aus, als würden sie sich lieber wieder in ihre Ecke verkriechen.“
„Haben verstanden“, gab Falko kurz zurück. Er wusste, dass Jens die Zeit jetzt benötigte, um etwas aus den beiden Gefangenen herauszubekommen.

44
Auf der >El Warda< hatten sich alle zurückgezogen, um eine Mütze Schlaf zu bekommen. Dafür hatten sie ihre Headsets abgelegt. Nur der jeweils zum Schutz eingeteilte Mann an Bord hörte die Gespräche seiner Kameraden auf der Forschungsstation mit und amüsierte sich köstlich darüber.
Abgesehen von rot und grün leuchtenden Positionslichtern war es dunkel an Bord der >El Warda<. Nur die Sterne leuchteten am Firmament, als Pitt das Deck betrat. Er liebte es, in den nächtlichen Sternenhimmel zu schauen, der auf dem Meer, ohne den Lichtsmog der Städte, viel gewaltiger und tiefer zu sein schien. Dann schaute er mit dem Feldstecher zum Horizont.
Er stutzte, setzte das Fernglas kurz ab und versuchte, seinen Blick zu schärfen.
Dann sah er wieder durch das Glas.
Nein, er hatte sich nicht getäuscht, es waren eindeutig die Positionslichter eines großen Schiffes im Osten zu erkennen. Er lief zurück in den Salon und schaute auf den Radarschirm. Langsam tauchte ein kleiner Punkt auf dem Monitor auf. Er schloss die Tür, verdunkelte die Fenster und meldete sich über sein Headset: „Hier Waldkauz an den Horst.“
„Hier Sperber im Horst. Was gibt’s?“, kam sofort von Falko zurück.
„Ich glaube, der Tanz geht los. Wenn mich nicht alles täuscht, sind unsere besonderen Freunde im Anmarsch. Also seid auf alles vorbereitet. Waldkauz Ende.“
Pitt weckte als Nächstes die Männer, die es sich auf den Sitzbänken und im Durchgang des Salons bequem gemacht hatten.
„Jungs, werdet langsam wach, unsere Gäste treffen ein“, sagte er und rüttelte einen nach dem anderen wach. „Geht runter, die anderen wecken. Das Konzert beginnt mit unserer kleinen Ouvertüre.“
Es dauerte keine Minute, bis sich alle bei mattem Kerzenschein im Salon versammelt hatten. Steffen wollte soeben nochmals erklären, worauf es bei diesem Einsatz ankam und den Plan durchsprechen, als sich knackend eine blecherne Stimme aus dem Lautsprecher des Bordfunks meldete. Alle sahen auf das Gerät, als könnten sie darin etwas erkennen und lauschten angespannt dem Gespräch.

45
„Hier Blue Sea, Jan kommen“, tönten die ersten Worte aus dem Funkgerät der Basisstation.
Die drei Freunde reagierten sofort.
Jens rollte den Bürostuhl mit samt dem darauf gefesselten kleineren Mann Richtung Standmikrofon und entfernte dem Gefangenen den Knebel aus dem Mund. „Los, melde dich, du Hornochse, aber keine faulen Tricks“, fauchte er und drückte den Pistolenlauf an dessen Schläfe.
„Hier Blue Sea, pennt ihr Kerle etwa? Meldet euch gefälligst“, forderte die Stimme aus dem Funkgerät erneut, aber dieses Mal eindringlicher.
Als Jens bemerkte, dass der Typ vorzog zu schweigen, legte er die Pistole zur Seite, zog sein Tauchermesser aus der Scheide an seiner Wade und drückte es ihm in den Schritt, wobei er drohend zischte: „Entweder, du antwortest jetzt fein artig und sagst, was wir gern hören wollen, oder aber …“, dabei verstärkte er den Druck des Messers gegen die empfindlichen Weichteile, „du wirst von mir zum Mädchen gemacht. Und nachdem ich dir deine Eier ins Maul gestopft habe, schlitze ich dich ganz langsam von unten nach oben auf, so wie ihr es mit unserer Freundin getan habt“, dabei begann er schon, mit scharfer Klinge, den Stoff der Hose zu zerschneiden.
Der Mann wurde starr vor Schreck und nickte eingeschüchtert. Ohne dass Jens die Stellung noch den Druck des Messers veränderte, drückte er mit der freien Hand auf den Sendeknopf.
Unvermittelt begann der Dicke auf seinem Stuhl zu toben und gab erstickte Laute von sich. Claus reagierte in Sekundenbruchteilen. Er trat an die linke Seite des Kerls und als hätte er nur ein leichtes, unkontrolliertes Zucken im Arm, traf sein Ellbogen den Fetten am Hals und verpasste ihm ein sauberes Knock-out. Jens bedankte sich mit einem angedeuteten Kopfnicken.
„Ja, hier ist Jan. Entschuldigen Sie, Boss, ich war eingenickt“, sagte der Kerl verängstigt ins Mikrofon. Jens ließ den Sendeknopf danach sofort los. „Gut gemacht, mein Kleiner. Ich hoffe, das bleibt auch so, denn ich bin noch immer verdammt sauer, musst du wissen.“
Wieder nickte der Mann eingeschüchtert.
„Was machen die Leute auf dem verrückten Taucherboot?“, ertönte erneut die Stimme aus den Lautsprechern. Jens funkelte den Mann an und drehte das Messer noch ein Stück, um ihn an seine missliche Lage zu erinnern. Dann drückte er den Sendeknopf.
„Die haben den ganzen Nachmittag gesoffen und werden eine Weile brauchen, um ihren Rausch auszuschlafen. Da ist schon seit einer Stunde alles dunkel auf dem Boot. Von denen geht keinerlei Gefahr aus“, sagte Jan wie aufgetragen, dabei rannen ihm dicke Schweißperlen übers Gesicht.
„Gut gemacht, du kleine Ratte“, lobte Jens zischend und streichelte dem Kerl, der dabei vor Angst zusammenzuckte, über den Kopf.
„Okay, ich komme mit zwei Mann zu euch rüber, wenn wir vor Anker gegangen sind. Brauchst die anderen nicht extra zu wecken. Es reicht zu, wenn du uns am Steg empfängst. Ich brauche mal wieder festen Boden unter den Füßen.“
„Roger“, meldete sich nun Jens mit verstellter Stimme. Dabei steckte er dem vor Furcht Zitternden wieder den Papierknebel in den Mund und ließ von ihm ab. „Nee, ist das eklig. Das kann doch jetzt nicht wahr sein.“ Jens verzog das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse. „Dieses Schwein hat sich gerade in die Hose gepisst und mir ist was davon auf meinen guten Tauchstiefel getropft.“ Er wandte sich mit vor Ekel verzerrter Miene Hilfe suchend seinen Freunden zu, die sich vor Lachen kaum halten konnten.
„Selbst schuld. Hättest ja auch etwas netter fragen können, ob dir der liebe Herr beim Funkverkehr hilft“, meinte Claus, noch immer grinsend.
„Könnt ihr mal nachsehen, ob ihr irgendwo so ein schickes, buntes Hemd findet, wie es unsere beiden Süßen hier tragen? Schließlich möchten wir die Kerle ja im passenden Outfit empfangen. Ich denke, Falko sieht diesem Abschaum hier am ähnlichsten und wird den guten Jan spielen“, schlug Jens vor.
Falko bedankte sich mit gespielter Höflichkeit recht herzlich für das Kompliment, Ähnlichkeit mit dem Kerl zu haben. „Oh klasse, ich wollte schon immer mal einer von den bösen Jungs sein“, sagte er und verzog das Gesicht angewidert.
„Aber verrate dich nicht mit deiner Stimme, das Beste, du täuschst einen Hustenanfall vor. Mache dich auch klein und halte dein Beauty Face bedeckt, damit sie nicht Lunte riechen, bevor wir an sie ran kommen“, fügte Claus hinzu.
„Mache ich so was etwa zum ersten Mal? Aber gut, euer Wunsch ist mir Befehl“, meinte Falko und gab sich gelangweilt.

46
Die Freunde auf der >El Warda< hatten das Funkgespräch mitgehört und erleichtert aufgeatmet, als klar wurde, dass auf der Blue Sea noch niemand Verdacht geschöpft hatte. Dann knackte es leise in ihren Kopfhörern und Jens meldete sich übers Headset.
„Hier Bussard. Ich denke, ihr habt mitgehört. Wir werden den drei Hanseln einen würdigen Empfang bereiten. Nur schade, dass wir dann nicht ihr Boot nehmen können, um zu euch zu stoßen, weil die Idioten ja wohl den Rest der Nacht hier verbringen wollen. Das würde auffallen, wenn sie doch so schnell zurückkämen. Also wird es etwas dauern. Aber rechnet auf jeden Fall mit uns, denn wir kommen bestimmt, um euch zu unterstützen.“
„Danke Bussard. Wir haben verstanden. Passt weiter auf euch auf. Gute Arbeit Jungs“, lobte Steffen und wandte sich wieder der Gruppe seiner Freunde auf der >El Warda< zu. „Okay Kinder, hier also noch einmal grob unser Plan. Wir lassen die >Neptun< vorsichtshalber nicht auftauchen, um umzusteigen, denn wir wissen nicht genau, ob sie unser Boot vielleicht noch beobachten. Also gehen wir, von den Aufbauten geschützt, leise über die Reling ins Wasser und tauchen, mit Pressluftflaschen, die wir dann im U-Boot lassen, nacheinander zur >Neptun<. Den Anfang macht Ralf, dann Romy. Achtet darauf, dass ihr gleich die Zeit nach dem Einstieg nutzt, um euer Equipment zu tauschen. Die Kreislaufgeräte und Morgans liegen für jeden in der Reihenfolge, wie wir runterkommen, bereit. Wir haben sie schon auf die Ansprüche jedes Einzelnen von uns mit zusätzlichem Blei austariert“, erklärte er, sah in die Runde und fuhr dann fort: „Wie ihr wisst, ist die >Neptun 2< eigentlich nur für sechs Personen plus Equipment gedacht, also werden wir zusammenrutschen müssen.
Ralf wird dafür etwas mehr Luft für den Auftrieb benötigen und uns dann so nahe wie möglich an die Blue Sea ran bringen. Das wird in etwa hier sein“, sagte er und deutete auf die Karte. „Die Blue Sea verfügt zu unserem Glück nur über ein schwaches Sonar, wenn sie es überhaupt aktiviert haben. Aber Vorsicht ist besser als Nachsicht“, erklärte Steffen weiter. „Wir haben dort eine Tiefe von fünfundzwanzig Metern. Also kein Problem für unsere Geräte. Sicherheitshalber werden wir etwa eintausendfünfhundert Meter von unserem Ziel, der Blue Sea, entfernt sein. Immer vorausgesetzt, sie wird an ihrem angestammten Platz vor Anker gehen. Wir sehen als Erstes nach, ob sie die >Neptun 1< noch Huckepack haben, sonst muss unser Ausweichplan in Kraft treten, den wir zugegeben noch nicht haben. Sprich, wir werden in dem Fall improvisieren müssen. Ralf wird das U-Boot so platzieren, dass die Ausstiegsschleuse Richtung Ziel zeigt, was uns die erste Navigation erleichtert. Da die Schalen der CCR 100 ST anthrazitfarben sind, können wir es auch wagen, etwas höher zu tauchen, ohne von Wachen auf dem Schiff gleich entdeckt zu werden. Ich denke, wir gehen so auf zehn oder acht Meter.“ An der Stelle machte er eine kurze Pause, trank einen Schluck Wasser und sprach schließlich weiter. „Selbst, wenn wir jetzt im Sonar auftauchen, würden wir in unserer Anordnung zueinander, die wir ständig wechseln, locker als kleine Delfinschule durchgehen und keinen Verdacht erwecken. Da wir Halbmond haben, wird uns sein Licht reichen und bei der weiteren Orientierung helfen. Und mit etwas Glück, was wir eh gut brauchen können, lassen unsere besonders geliebten Freunde das Fallreep, aus Bequemlichkeit, gleich unten. In dem Falle könnten wir den Plan, über die Ankerkette unbemerkt aufs Schiff zu gelangen, abändern und den leichteren Weg über die Strickleiter nehmen. Wichtig bei dieser Aktion wäre, dass wir zusammenbleiben. Alles andere müssen wir dann der jeweiligen Situation angepasst operativ entscheiden.“ Erneut sah Steffen nacheinander jedem Einzelnen ins Gesicht und wartete das zustimmende Kopfnicken ab. „Noch was“, fügte er hinzu. „Vergesst nicht, die Headsets wasserdicht zu verpacken und am Körper zu tragen. Sobald wir auf dem Trockenen sind, setzt sie sofort auf, damit wir untereinander verbunden sind. Ich hoffe, keiner hat die Handzeichen vergessen, die wir uns ausgemacht haben, um uns unter Wasser zu verständigen. Denn unsere drei Nachzügler werden ja ohne die Morgans und damit ohne Unterwasserfunkverbindung zu uns aufschließen. Wir werden zwar die Unterwasserlampen mitnehmen, aber keiner macht sie an, ohne dass ich das Zeichen dafür gebe. Ist das klar?“
„Alles klar“, kam es von allen wie aus der Pistole geschossen.
Jeder trank noch seine Flasche Wasser leer, dann löschten sie das Licht der Kerze, um keinen Verdacht zu erregen, sobald sie die Salontür öffneten. Geduckt schlichen die Männer nach draußen und bildeten eine Kette, um die Tauchgeräte in den Salon zu bringen.
Romana holte gemeinsam mit Ralf die Neoprenanzüge wieder hoch, die sie schon am Nachmittag vom Deck geholt, im engen Kajütengang verstaut hatten.
In aller Ruhe streiften sie ihre eng anliegenden Tauchanzüge über und setzten sich wieder auf die Bänke, wo sie geduldig darauf warteten, dass die Blue Sea vor Anker ging.
Steffen und Ralf hatten sich erneut mit ihren Feldstechern auf die Lauer gelegt. Als das Forschungsschiff nah genug war, erkannte Ralf sofort, dass die >Neptun 1< sicher an Bord der Blue Sea vertäut war, und gab Steffen und den anderen im Salon das Okay-Zeichen. Damit hatten sie eine Sorge weniger, entdeckt zu werden. Denn sollte einer mit dem kleinen U-Boot das Schiff unter Wasser zusätzlich sichern, wäre es komplizierter, unbemerkt an Bord zu gelangen.
Wie geplant steuerte die Blue Sea, zur Zufriedenheit aller, den gewünschten Liegeplatz vor der Bucht an, drehte den Bug langsam Richtung Norden in die Strömung und ließ unter lautem Kettenrasseln die beiden Anker fallen.
Bereits kurze Zeit später konnten sie beobachten, wie ein kleines Beiboot von einem der seitlichen Ausleger zu Wasser gelassen wurde. Drei Gestalten kletterten über eine eilig ausgerollte Strickleiter am Bootsrumpf herunter. Dann hörten sie den Außenborder anspringen und sahen das Zodiac Richtung Ufer davon rasen.
Wieder schaute Steffen durch seinen Feldstecher. „Wie es aussieht, fühlt sich die Bagage ziemlich sicher. Sie ziehen das Fallreep nicht wieder hoch. Eine bessere Einladungskarte konnten sie uns gar nicht schicken“, flüsterte er den anderen zu.
„Okay“, sagte Ralf, als er in den Salon zurückkam. „Machen wir uns langsam fertig. Wir warten nur noch kurz ab, bis die Wachen etwas unvorsichtiger werden, weil ihr Boss vom Schiff runter ist. Ich hoffe, die Jungs im Horst kommen mit ihrem neuen Besuch gut klar, ohne dass auf der Blue Sea einer drauf aufmerksam wird.“

47
Falko hatte sich in „Räuberzivil“ gekleidet, wie er selbst den Look aus kurzer Safarihose und buntem Hawaiihemd nannte, da ihm dieser Aufzug nicht sonderlich gefiel und absolut nicht seinem Stil entsprach. Langsam schlenderte er Richtung Steg. Er wusste genau, dass seine Gefährten ihn beobachteten und die erbeuteten Waffen schussbereit hielten. Er selbst trug die Pistole, ebenso wie zuvor dieser Jan, unter seinem Hemd. Sein Headset hatte er auf Senden gestellt und so in der Hosentasche positioniert, dass nur das Mikro, kaum sichtbar für Uneingeweihte, etwas herauslugte. So konnten seine Freunde jedes Wort mithören und blitzschnell reagieren, sollte es brenzlig werden.
Verhalten winkte Falko zum Gruß, als das kleine Boot näher kam. Betont langsam lief er auf den Steg zu.
„Na los, du Trottel“, rief ihm eine Stimme entgegen, „vielleicht bewegst du dich mal etwas und hilfst beim Festmachen.“
Falko beschleunigte aber nur wenig seine Schritte.
„Das habe ich auch schon mal schneller gesehen. Mach hin, du Pfeife, ich will endlich hier aus dem schaukelnden Kahn raus!“, polterte der Mann, der in der Mitte des Bootes saß.
„Ja, ic …“ Weiter kam Falko mit seiner Antwort nicht, sondern begann laut zu husten, während er das Seil am Poller befestigte und sich immer wieder, wie in Krämpfen, vornüberbeugte.
„Was ist los mit dir?“, wollte der Mann im Boot wissen.
Unter heftigen Hustenanfällen brachte Falko nur bruchstückweise heraus, dass er sich gerade verschluckt habe.
Vorsichtig stiegen die drei Männer die Leiter zum Steg nach oben und erreichten den nach vorn gebeugten, wie ein armer Hund keuchend und bellenden Mann, den sie für ihren Kumpel Jan hielten.
„Mach dich ins Haus, Jan, und trink was, damit das aufhört. Ist ja nicht mit anzuhören“, donnerte die Stimme des Bosses. „Wir finden auch selbst den Weg. Aber lass die Tür offen, damit wir wenigstens sehen, wo wir hintreten. Hier ist es ja dunkel wie im Bärenarsch. Hättest ruhig die Stegbeleuchtung anmachen können.“
Falko huschte ein zufriedenes, listiges Lächeln übers Gesicht. Schwer hustend machte er sich auf den Rückweg zum Haus. Dort angekommen hustete er fleißig weiter, grinste dabei aber seine beiden Kampfgefährten freudestrahlend an und postierte sich neben ihnen an der Tür so, dass sie keinen Schatten nach draußen warfen. Dann verstummte er, um sich nur noch gelegentlich zu räuspern.
„Na also, geht ja wieder.“
Nun war die Stimme des Kerls schon ganz nah. Die drei Freunde hörten, dass jener, der sich Boss nannte, sich mit den anderen beiden köstlich über den Hustenanfall des vermeintlichen Jan amüsierte.
Doch als sie eintraten, verging ihnen das Lachen. Sie wurden von drei Fremden mit einem gezielten Schlag aufs Kinn unsanft zu Boden geschickt. Zwei von ihnen erholten sich überraschend schnell, noch bevor sie gefesselt werden konnten.
Jens und Claus reagierten in Sekundenschnelle. Sie stürzten sich auf die beiden Hünen, noch ehe diese in der Lage waren, aufzustehen und ihre Waffen zu ziehen. Falko kümmerte sich in der Zwischenzeit um den Kleineren, der vermutlich der Boss war. Er zog ihn unsanft mit sich zur Seite, damit seine Kameraden mehr Platz für ihren Kampf hatten, und fesselte ihn fest an Händen und Füßen. Dann setzte er sich auf das Hinterteil seines Gefangenen und sah den Kämpfen interessiert zu. Mit gestrafftem Körper war er aber jederzeit bereit, um eingreifen zu können, sollte dies erforderlich werden. Nach einer Weile meinte er gelangweilt: „Jungs, könntet ihr euch mal etwas beeilen und mit euren blöden Spielchen zum Ende kommen. Ich habe heute nämlich noch ein Date, was ich um nichts in der Welt verpassen will.“
„Ja, dann geh doch, wenn dir langweilig ist“, antwortete Claus, leicht außer Puste. Im selben Augenblick wurde der Körper des Mannes, der auf ihm lag und gerade noch zuschlagen wollte, schlaff.
Falko sah, wie sein Freund sich mühte, den Kerl von sich herunterzurollen.
„Sorry Kumpel.“ Claus erhob sich, zog sein Messer aus dem Bauch des Widersachers, dessen Blick sich, in dem Moment noch immer erstaunt über seine Sterblichkeit, brach. „Du hast mir leider keine andere Wahl gelassen.“ Er schob das Messer des Gegners weit weg, sodass es keine Gefahr mehr darstellte, und putzte seine eigene Klinge an der Hose des Toten ab, dann setzte er sich zu seinem Freund. Beide beobachteten nun gespannt den Kampf zwischen dem anderen Hünen, der hätte den Namen Goliath tragen können, und Jens, der trotz seiner Größe von 1,89 m neben ihm eher klein und schmächtig wie David wirkte.
„Mensch, Junge, jetzt beeile dich doch endlich mal“, drängte Claus.
„Bräuchtet mir ja bloß zu helfen“, stöhnte Jens unter dem erneuten Schlag, den er in seine Rippen bekam.
„Nö, lass mal, ich habe gerade gewerkschaftliche Pause“, gab Claus ungerührt zurück. „Ist ein gutes Training für dich. Das schaffst du schon allein.“
Nach einer Minute war auch dieser Kampf zu Ende und der muskelbepackte Goliath blieb reglos am Boden liegen.
„Na also, geht doch“, stellte Falko trocken fest, „wir wussten, dass du allein damit klarkommst. So was stärkt das Selbstwertgefühl und den Charakter.“ Er reichte dem Freund die Hand und half ihm auf die Beine.
„Blöde Kerle! Könnte es vielleicht sein, dass ich ein paar Jährchen älter bin als ihr Hosenscheißer. Da hättet ihr einem alten Mann ruhig mal etwas unter die Arme greifen können“, gab Jens als Kommentar von sich.
„Ja klar. Das habe ich doch gerade. Schließlich habe ich dir alten Mann beim Aufstehen geholfen. Oder etwa nicht“, meinte Falko hämisch grinsend.
Claus überzeugte sich ein letztes Mal, dass dieser Hüne auch wirklich absolut sicher gefesselt war und keine Gefahr mehr von ihm ausging.
„Okay, unsere zwei Wissenschaftler wissen, was sie zu tun haben. Wir haben uns gerade optimal aufgewärmt, also lasst uns unseren Freunden helfen“, sagte Falko, wieder ernst geworden.
Die Männer packten ihre Headsets wieder in die Beutel, holten sich draußen aus einer der Kisten noch einige Pistolen und volle Magazine. Diese verpackten sie ebenfalls mit in die wasserdichten Beutel, schlüpften eilig in ihre Neoprenanzüge und befestigten die Waffen an den Gürteln, die sie direkt über ihrer Tauchmontur trugen. Sie lösten die leeren Druckluftflaschen von ihren Jacketts und verabschiedeten sich von den beiden Wissenschaftlern. Dabei drückten sie ihnen für den Notfall je eine Pistole in die Hand und warnten sie eindringlich davor, irgendwelchen Funkkontakt aufzunehmen, da das die ganze weitere Aktion und ihre Freunde gefährden könnte. Zum Abschied versprachen sie den beiden Männern, sich bald wieder zu melden. Dann verließen sie das Gebäude und gingen schnellen Schrittes zum Steg, unter dem Claus sein Jackett aus dem Versteck hervorholte und überzog. Gemeinsam sprangen sie ins Wasser und tauchten ab. Dabei teilten sie sich die Atemluft aus der Pressluftflasche ihres Freundes und halfen einander, die zuvor auf dem Grund deponierten, vollen Stahlflaschen anzuschließen und die Jacketts wieder anzuziehen. Danach tauschte auch Claus seine fast leere Flasche gegen die mitgebrachte volle aus. Sie tauchten noch einmal kurz auf, um genaue Peilung zum Forschungsschiff zu nehmen, das weit draußen vor Anker lag, und verschwanden wieder unter Wasser.

48
Nacheinander stiegen die sieben Freunde über die Reling von Bord der >El Warda< und tauchten nur langsam und vorsichtig ins Wasser ein, um keinen Lärm zu machen, der bei der nächtlichen Stille weit hörbar gewesen wäre. Geduldig warteten sie vor der Schleuse der >Neptun 2<, bis Ralf ihnen ein Klopfzeichen gab, damit der Nächste durch die Luftschleuse einsteigen konnte. Als alle, ihr Equipment gewechselt, dicht zusammengedrängt, an Bord auf den Bänken saßen, nahm Ralf langsame Fahrt auf und steuerte das kleine U-Boot Richtung Südosten, wo die Blue Sea vor Anker lag. Mit jeder Sekunde kamen sie ihrem Ziel schnell näher.
Bereits nach fünfzehn Minuten drehte Ralf bei und stellte die >Neptun 2< sanft und gekonnt auf dem sandigen Meeresgrund ab. Er fuhr die mechanischen Arme zu beiden Seiten aus, die sich in den Boden krallten und dem Unterseeboot damit festen Halt boten.
„Sehr geehrte Dame, meine Herren“, sagte er, mit dem Charme und der Freundlichkeit eines Passagierflugzeugpiloten an seine Freunde gewandt, „wir haben unseren Zielhafen soeben erreicht und sind sicher gelandet. Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie mit >Neptun 2< getaucht sind. Bitte begeben Sie sich einzeln und geordnet zu dem gekennzeichneten Ausgang. Danke.“
„Okay Leute, dann gehen wir eben ab jetzt zu Fuß weiter“, meinte Steffen und ging als Erster zur Luftschleuse. „Wir treffen uns draußen.“
Während jeder von ihnen einzeln in die Luftschleuse musste, die so konstruiert war, dass nur eine Person darin Platz fand, wurde der Druck im Inneren der Schleuse dem Außendruck angepasst und mit Meerwasser geflutet. Dies war notwendig, um den Druckausgleich vornehmen zu können. Sie warteten in einem Halbkreis im Sand kniend, bis Ralf als Letzter das U-Boot verließ.
Wie zuvor abgesprochen nahmen sie ihre Formation ein, die sie während des Tauchgangs aus Sicherheitsgründen immer wieder wechseln wollten, für den Fall, dass sie doch vom Sonar erfasst und beobachtet würden. Denn eine feste Formation wäre sofort bemerkt worden.
Sie peilten ihr Ziel an und stiegen auf ihrem Weg langsam aber stetig auf, bis ihr Tiefenmesser nur noch acht Meter anzeigte, und hielten sich dann konstant in diesem Tiefenbereich auf. Der Mond spendete genügend Licht, dass sie ihre Tauchcomputer und den Kompass in dieser Tiefe zwar mit einigen Mühen, aber dennoch korrekt ablesen konnten. Das erleichterte ihnen wesentlich die Orientierung.
Gerade als Steffen wieder an der Reihe war, die Führung zu übernehmen, tauchte vor ihnen der runde Schiffsbug, der wie eine Nase dem Rumpf der Blue Sea vorgelagert war, aus dem Nichts auf. Steffen entschied sich, auf fünf Meter hochzugehen und an der rechten Seite, Steuerbord, dem Schiffsrumpf zu folgen, um zum Fallreep zu gelangen.
Nach einer Weile hörte er in seiner Morgan-Maske die Stimme von Pitt, der ihn damit stoppte. Er drehte sich fragend zu ihm um. „Was ist los?“
„Na sieh doch mal genauer hin“, antwortete Pitt und deutete immer wieder in Richtung des Rumpfes. Doch Steffen konnte dort nichts erkennen. Also packte der Freund ihn einfach beim Arm und zog ihn an der, von Seepocken und Algen bedeckten, Schiffswand entlang, und dann noch ein Stück Richtung Kiel der Blue Sea hinunter. Wieder schob er seinen Arm nach vorn und zeigte Steffen einen kleinen unscheinbaren Kasten, der mit einer winzigen, kaum wahrnehmbaren Leuchtdiode ausgestattet war. „Und, was sagst du dazu? Ich denke mal, das könnte Krach machen.“
Eine neuartige oder selbst zusammengebastelte Haftmine schoss es Steffen durch den Kopf. Deshalb konnte die Mannschaft des Forschungsschiffs keine Auskunft darüber geben, wo sich die Sprengladungen befanden. Sie konnten sie gar nicht finden, dachte er, denn sie waren hier unter Wasser, an der Außenhülle der Blue Sea angebracht worden. Er nickte Pitt zu, bedeutete ihm, dass er verstanden hatte, und gab das Zeichen, zu den anderen zurückzukehren, um sich mit ihnen zu beraten. Steffen hatte sich dazu entschieden, das Schiff nicht eher zu betreten, bevor die Sprengladungen nicht entschärft waren, um niemanden auf der Blue Sea unnötig in Gefahr zu bringen. Also erklärte er seinen Leuten die Situation und zeigte dann auf jeden Einzelnen seiner Gruppe, um sicherzugehen, dass sie ihn verstanden hatten.
Von jedem bekam er das Okay-Zeichen.
Nur Romana sah ihn fragend an.
Geduldig versuchte er, es ihr auf eine andere Weise verständlicher zu machen, ohne dass sie dabei aber in Panik geriet. Denn bisher hatte er nicht direkt von Haftminen oder Bomben, sondern wie bei ihnen üblich erst einmal nur vage von „Kletten“ gesprochen. Was seine Kameraden verstanden hatten.
„Na ja, was wir Kletten nennen, sind für uns kleine Dinger unbekannter Bauart, die durchaus das Potenzial von bösen Knallfröschen haben könnten“, erklärte er vorsichtig. Dann sah er, wie sie ihre Augen hinter der Maske vor Schreck weit aufriss. Damit wusste er, dass sie es nun auch verstanden hatte. Sie beschlossen, sich paarweise aufzuteilen und systematisch den gesamten, unter Wasser liegenden Schiffsrumpf nach solchen Sprengladungen abzusuchen.
Die Gruppe, die eine solche entdeckte, sollte ein kleines Knicklicht, wie auch Angler es verwenden, aktivieren und vorsichtig daran anbringen, damit die Haftminen schneller wiederzufinden seien. Da das Schiff obenhin um vieles breiter wurde, konnten eventuelle Wachen diese grünen Lichtpünktchen, am unteren Schiffsrumpf, mit Sicherheit nicht sehen. Nach der gründlichen Suche sollten sich alle wieder am Bug, an der linken Ankerkette, vorsichtshalber in zehn Metern Tiefe einfinden. Dort hatten sie eine Weile zuvor die drei zusätzlich mitgebrachten grauen Pressluftflaschen befestigt, die für ihre nachkommenden Freunde bestimmt waren.
Und genau dort sollten sie warten, bis die Gruppe wieder vollständig sei.
Er gab das Zeichen zum Ausschwärmen und die Kameraden arbeiteten sich paarweise, angefangen von der Bugspitze, den Kiel entlang und tauchten auf ihrer Rücktour vom Heck aus etwas höher zurück. So suchten sie Zentimeter für Zentimeter den gesamten, 120 Meter langen Rumpf, mit einem Tiefgang von sechseinhalb Metern, vom Kiel bis knapp unterhalb der Wasserlinie, ab.
Romana war Ralf und Rainer zugeteilt, die zweite Gruppe bestand aus Thomas und Uwe, das dritte Paar bildeten Steffen und Pitt.
Steffen bedauerte, dass Jens, Claus und Falko noch nicht da waren. Um schneller mit der Suche fertig zu werden und wertvolle Zeit zu sparen, hätten sie deren Hilfe dringend benötigt. Aber er wusste, dass sie eine sehr lange Strecke zurückzulegen hatten und sicher bereits zu ihnen unterwegs waren. Er hoffte, dass sie schnell ihre Wechselflaschen mitten auf dem Meeresboden fänden, bevor den drei Freunden im wahrsten Sinne des Wortes die Luft ausging.

Fortsetzung folgt
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Sonja,

ich habe grad ein bisschen Zeit ...:)

Kapitel 36:
dass sie sich an einem,kein Komma in der äußersten Bugspitze liegendem,kein Komma Enterhaken schwer verletzt hatte.
trug Thomas sie gemeinsam mit Jens,kein Komma über die in der Kammer verbliebenen Enterhaken,
Steffen kümmerte sich dann nach danach gleich noch um Ralf.

Kapitel 37:
dann wurde sie wieder ernst,Punkt „Ich danke dir.
„Stimmt, ich weiß“, gab sie zurück,Punkt „Trotzdem könnt ihr
„Wo befindet sich dieses Erg?“,kein Komma sSofort rollte Jens die entsprechende Seekarte auf dem Tisch aus.

Kapitel 38:
leeren Bierflaschen vom Vorabend hin und her und taten so, als würden sie fleißig am Saufen sein. Uahh! Gruselig. Vorschlag: 'als würden sie sich fleißig die Kante geben'.
In diesem Moment kam Romana von ihrer Kabine unter Deck,kein Komma die Treppe herauf.
während die anderen im Rhythmus klatschten und die Tänzer immer wieder lautstarkKomma den Takt auf Eimern und Töpfen mit schlagend könnte es sein, dass es 'mitschlagend' heißen müsste? Komma anfeuerten.

Kapitel 39:
ihn mir vom Arm je rissen jerissen und dann de andre Richtung einjeschlagen hat?
de Flasche von der Sschleimscheißenden Bambuskröte hier,kein Komma jenau so leer wie meine :D

Kapitel 40:
nix

Kapitel 41:
auch nix

Kapitel 42:
ach, wie langweilig, auch keine Fehler ...;)

Kapitel 43:
Nur langsam eingeschüchtert geduckt ist ein bisschen viel, finde ich wagten sich die beiden endlich aus ihrer Ecke.

Kapitel 44:
wieder nix

Kapitel 45:
alles super

Kapitel 46:
Nur schade, dass wir dann nicht den ihr Boot nehmen können, um zu euch zu stoßen,

Kapitel 47:
während er das Seil am Poller befestigte und sich immer wieder, wie in KrämpfenKomma vornüberbeugte.
„Sorry KumpelPunkt
und Jens, der trotz seiner Größe von 1,89 m,kein Komma neben ihm,kein Komma eher klein und schmächtig,kein Komma wie David wirkte.

Kapitel 48:
tja, auch da nix

Das war sehr überschaubar. Super!

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,

wieder im Lande, alles geschafft und zugegeben etwas müde, möchte ich Dir wieder für die Arbeit danken, die Du Dir hier wieder gemacht hast. Natürlich habe ich all Deine Vorschläge auch wieder so übernommen. Recht herzlichen Dank dafür.
So, nun kümmere ich mich auch gleich noch um Teil 12 von Unterbeobachtung. Alles andere wäre unfair, wenn Du schon dafür so viel Zeit in die Korrektur gesteckt hast.

Viele liebe Grüße
 
Hallo Sonja,

wenn es nicht nebenbei auch Spaß machen würde, dann würde ich es nicht so konsequent machen. Eine gute Geschichte macht es halt auch erstrebenswert, sie damit noch ein bisschen besser zu machen.

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,

es freut mich, dass es nebenbei auch Spaß macht, den Text zu lesen.
Ich bin gerade dabei, nach Deinem Hinweis schon im 6. Teil einiges um oder dazuzuschreiben. Es könnte also noch ein paar Tage dauern, bis es hier weitergeht.

Viele liebe Grüße
 

marcm200

Mitglied
- Bootsnamen: Blue Sea, >Neptun 2<, >El Warda<.
Gibt es einen speziellen Grund, "Blue Sea" im Fließtext zu verwenden?
Die ><-Darstellung finde ich schon passend.

- Sie überlegen,wie sie an die BLUE SEA rankommen - und Romana hat die zündende Idee. Wie wäre es, wenn diese Idee einer der Kampfschwimmer hat? Diese sind doch genau dafür ausgebildet, sich anzuschleichen, nicht die Ärztin. Ich finde es immer passend, wenn Hauptfiguren auch Begrenzungen haben, selbst wenn sie Heldinnen darstellen.

Informationsdopplungen innerhalb weniger Zeilen:

* ' "Steffen hat den Flaschen einen Minisender verpasst. ...“, informierte er an Jens, Falko und Claus gewandt.' Dies würde ich streichen. Die Info über den Sender hat der Leser zwei Abschnitte darüber live erhalten.
Die Idee einer Art Seebodenversorgungsbasis mit Sauerstoffflaschen gefällt mir.

* "Uwe soll uns hier abloesen und auch ein Ohr auf den Funkverkehr der Brüder halten..."
"Hast ja recht."
Steffen informierte Uwe per Headset, dass er die Wache übernehmen und sie über jede Kleinigkeit auf dem Laufenden halten solle. (Diesen Satz könnte man streichen)

* die Sache mit der wechselnden Formation und dem Sonar kommt zweimal

- Sicherheitsstopp: Du erklärst beim zweiten Auftreten des Begriffes, warum dieser beim Tauchen nötig ist. Ich würde es vorziehen hin zur ersten Erwähnung "ihren dreiminütigen Sicherheitsstopp in fünf Metern Tiefe". Dort, in der Vorbereitung auf die Erstürmung der Blue Sea, fände ich es passender.

- Für die Spannung der Geschichte natürlich zuträglich, aber das Überraschungsmanöver der Dialekt-sprechenden Taucher finde ich für ein eingespieltes Team im Kommandoeinsatz, sehr bedenklich. Ob man sich auf Jens/Falko wirklich verlassen kann, wenn sie einfach so eigene Dinge in einen fertigen Plan einbauen? Das macht sie mir unsympathischer.

- der Titel des Buches fällt bei der Befreiung der Wissenschaftler in der Basis. Nett eingebaut.

- Jens' Drohung (45) - harter Tobak.

- das Erstürmen der Blue Sea: "Jungs, könntet ihr euch mal etwas beeilen und mit euren blöden Spielchen zum Ende kommen. Ich habe heute nämlich noch ein Date"
Nach dieser Bemerkung fiel die Spannung der Szene für mich leider in sich zusammen, denn die Bedrohungslage war nun ins Comedyhafte gezogen. Es klang, wie später gesagt, nach "Training".

Insgesamt bin ich aber gespannt, wie sie nach und nach die Verbrecher in Bruce-Willis-Manier nun ausschalten werden.
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Marc,

- Bootsnamen: Blue Sea, >Neptun 2<, >El Warda<.
Gibt es einen speziellen Grund, "Blue Sea" im Fließtext zu verwenden?
Die ><-Darstellung finde ich schon passend.
Du hast recht. Das ist mir wohl entgangen. Eigentlich sollte auch die Blue Sea in >< stehen. Muss ich also noch einmal, wahrscheinlich im gesamten Text ändern. Danke für den Hinweis.

- Sie überlegen,wie sie an die BLUE SEA rankommen - und Romana hat die zündende Idee. Wie wäre es, wenn diese Idee einer der Kampfschwimmer hat? Diese sind doch genau dafür ausgebildet, sich anzuschleichen, nicht die Ärztin. Ich finde es immer passend, wenn Hauptfiguren auch Begrenzungen haben, selbst wenn sie Heldinnen darstellen.
Ja, hatte ich ursprünglich auch so gedacht, aber dann verworfen. Klar haben Kampfschwimmer auch eine supergute Ausbildung, um Boote oder große Schiffe zu entern. Haben sie mir sogar gezeigt, nur war hier die Situation eine völlig andere. Sie hatten weder ihre sonst dafür zur Verfügung stehende Ausrüstung, noch Waffen oder einen Plan des Schiffes. Außerdem war es ja so etwas wie ein Brainstorming. Also, warum sollte nicht sie auf diese Idee kommen? Ich bin es doch auch.;) Und die ehem. Kampfschwimmer fanden sie gut und machbar. :D

Die Idee einer Art Seebodenversorgungsbasis mit Sauerstoffflaschen gefällt mir.
Oh, der Satz tut mir weh. Vor allem dieses eine Wort: Sauerstoffflaschen. Genau das ist der Grund, weshalb ich überhaupt mit dem Schreiben angefangen habe, um mit eben solchen Fehlern, die ich immer wieder in anderen Romanen über das Tauchen lese, aufzuräumen. Sauerstoff wird unter Druck, der nun mal beim Tauchen je nach Tiefe immer stärker wird, toxisch. Man taucht mit Pressluft oder mit einem der Tauchtiefe und dem Druck angepassten Gemisch, wie Nitrox oder beim Techtauchen Trimix bei dem eine der Komponenten unter anderem Helium ist.

- Sicherheitsstopp: Du erklärst beim zweiten Auftreten des Begriffes, warum dieser beim Tauchen nötig ist. Ich würde es vorziehen hin zur ersten Erwähnung "ihren dreiminütigen Sicherheitsstopp in fünf Metern Tiefe". Dort, in der Vorbereitung auf die Erstürmung der Blue Sea, fände ich es passender.
Muss ich noch einmal nachschauen, ob es dorthin besser passt. Ich fand es hier gerade passend. Wobei es sowieso schwierig war, unterzubringen, da man das einem Taucher ja eigentlich nicht extra erklären muss, es aber für Nichttaucher schon auch interessant wäre, zu wissen. Zumal es in späteren Texten über diese Gruppe bei Tauchunfällen schon wieder wichtig ist zu wissen. Aber so weit möchte ich nicht vorgreifen.

Ob man sich auf Jens/Falko wirklich verlassen kann, wenn sie einfach so eigene Dinge in einen fertigen Plan einbauen?
Ist eigentlich nicht unüblich. Und was dann solche kleinen Dialoge angeht, sind die auch bei solchen Truppen, wenn sie unter Stress stehen, ziemlich normal. Man darf auch nicht vergessen, dass nicht mehr alle dieser Gruppe noch bei der kämpfenden Truppe sondern in der Zwischenzeit schon Zivilisten, aber eben noch immer sehr gute Freunde sind. Da läuft vieles etwas legerer. Wurde mir so berichtet.

Jens' Drohung (45) - harter Tobak.
Wie hättest Du den Kerl zum Reden gebracht, wenn es gerade schnell gebraucht wurde, dass er auf den Funkspruch das Richtige antwortet? Ich bin für Vorschläge offen.

Recht herzlichen Dank fürs Lesen und vor allem für die sachdienlichen Anmerkungen. Das hilft mir weiter. Aber wie schon geschrieben, diese Überarbeitung wird noch etwas dauern, aber ich greife gern auf Deine Anmerkungen zurück.

Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Sonja
 

marcm200

Mitglied
"Sauerstoffflaschen": Du hast natürlich recht.
Zu meiner Ehrenrettung: Ich habe in einer meiner Geschichten ebenfalls eine ausführliche Tauchszene beschrieben, und da ist auch die Rede von Trimix :)
 



 
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