In einem intimen, flüchtigen Moment

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GerRey

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Seit ich vom Urlaub zurück war, sah ich allabendlich, wenn ich im 6. Stock das Licht löschte und die Seminarräume sperrte, gegen 23 Uhr, immer das gleiche Schauspiel, das mir anfänglich neu und in prickeligen Momenten verführerisch und begehrlich erschien. Im Haus gegenüber - nur getrennt auf die Breite einer engen Gasse -, einem Gemeinde- oder Sozialbau, war ungefähr auf gleicher Höhe, im dortigen obersten Stock, das mittlere Fenster erleuchtet in einer Reihe von 5 Fenstern, die sich nach unten fortsetzend die Symmetrie der schmucklosen Fassade bestimmten, und zeigte in seinem vorhanglosen Ausschnitt eine Küche, in der eine junge Frau, das schwarze, schulterlange Haar keck geschweift, im Raum, den ich nur bis zu ihrer oberen Körperhälfte einsehen konnte, in eindeutigen Tanzbewegungen sich zwischen Tür und Fenster bewegte, als müsste sie sich die Zeit vertreiben, während irgendwas auf dem Herd kochte. Seltsamerweise hatte sie dazwischen hoch rhythmische Schübe, die die Tanzbewegungen kurzzeitig heftig erfassten, so als stünde sie auf einer Bühne und müsste einem imaginären Publikum, das für sie nur in ihrer Vorstellung oder Einbildung existierte und ohne mich im Geringsten zu ahnen, vortanzen. Von Zeit zu Zeit blieb ich stehen, um mich an dieses Geheimnis mit meinen Blicken heranzuschleichen und der geschäftigen Person eine Weile zuzusehen.

Da es auf meiner Seite finster war und ich zum Fenster - vorsichtig die Schatten nutzend - Abstand hielt, konnte sie mich nicht entdecken, was sie auch nicht tat, wie ich es mir anhand ihrer offenkundigen Ungeniertheit erklärte. Und gerade diese war es eben, die mich noch unverschämter machte, sodass ich zu wünschen begann, sie möge sich doch einmal nackt tanzend an ihrem Fenster zeigen. Doch erfüllte sich dieser Wunsch natürlich nicht, sodass ich auch bald von ihrer teilweise übertriebenen, rhythmisch gesteigerten Gelenkigkeit genug bekam. Erst als sie sich diese Woche überhaupt nicht mehr am Fenster zeigte, so als wäre sie durch meine Neugierde beleidigt worden, in einem Moment, der längst abgeflaut war, bekam ich etwas Wehmut, gleichviel wie nach einer verlorengegangenen Sehnsucht. Und als ich heute, um vier Uhr früh, auf meiner Seite das achte Stockwerk vom Stiegenhaus aus betrat, streifte mein Blick durch das bis zum Boden hinab reichende Panoramafenster die unter mir liegende Fassade des gegenüberliegenden Hauses. Und da war schräg drunten dieses mittlere Fenster erleuchtet. Um diese Zeit! Und die junge Frau stand am Fenster und schien vor sich hin zu starren, vielleicht auf die Fassade des Hauses, in dem ich mich befand, vielleicht in ihr eigenes Antlitz, das sich im Fenster spiegeln mochte, vielleicht nach unten auf die Straße, oder vielleicht auch …Konnte das sein, dass sie zu mir hoch schaute? Dann musste sie mich sehen, denn ich stand im Licht der Notbeleuchtung, die in einer Neonröhre ober mir den Vorraum zum Stockwerk erleuchtete. Aber sie stand reglos, schaute wie gedankenverloren vor sich hin.

Das erinnerte mich an eine Frau, die ich am späten Nachmittag gesehen hatte, während ich auf die Bahn wartete. Draußen auf der Straße vor dem Bahnhof stand ein Gelenkbus in der Station. Vor dem hinteren Einstieg wartete eine Frau und machte hastige Züge aus einer Zigarette, wodurch sie mir auffällig geworden war. Sie schien gierig nach dem Rauch, den sie in einem zwanghaften Fort inhalierte, ausstieß und wieder inhalierte, so dass man den Eindruck bekam, sie bräuchte dies unbedingt noch vor der Abfahrt des Buses - vielleicht um die innerstädtische Fahrt durchzuhalten? Während sie vor dem Einstieg stand, ging der Busfahrer am Bus entlang und besah sich die Türen, Reifen und worauf so ein Fahrer sonst noch Augenmerk legt, um sich seiner Fahrt sicher zu sein.

Die Frau schien das in ihrer Hast nicht zu beruhigen. Sie rauchte in ihrem vorgegebenen Tempo weiter, als sich der Busfahrer wieder umwandte, um nach vor zum Fahrbereich des Buses zu gehen. Die Frau wurde nun sogar etwas hektischer, schien zwei Züge auf einmal aus der Zigarette zu nehmen, bis sie so weit aufgeraucht war, dass sie den Zigarettenrest artig, wie es sich Frauen in der Regel zu sein wünschen, um sich von der Derbheit der Männern abzuheben, in einen entsprechenden Sammelbehälter bei einem öffentlichen Müllkorb abdämpfend hinein drückte, der lediglich zwei Schritte von der Einstiegstür des Busses entfernt war. Schon wandte sie sich ab, trat einen Schritt hinzu und wollte den elektrisch beleuchteten Druckknopf des Türöffners berühren, als dieser plötzlich erlosch und der Bus gestartet wurde und zu rollen begann, um sich in den Straßenverkehr einzureihen. Die Frau blieb wie vom Blitz getroffen regungslos stehen, als könnte sie es nicht fassen, was ihr gerade passierte. Sie rief nicht, winkte nicht mit den Armen, um auf sich aufmerksam zu machen - schien lediglich wie erstarrt.

Ich hatte sie nur von hinten gesehen und fragte mich, ob sie vielleicht so ausgesehen hatte wie die junge Frau jetzt unter mir, die ein schwarzes, leichtes Hemdchen trug, das lediglich von Spaghettiträgern auf ihren Schultern gehalten wurde. Und als ich sie so betrachtete, löste sie sich plötzlich aus der Erstarrung, griff in den Ausschnitt ihrer leichten Oberbekleidung und holte mit beiden Händen ihre rechte Brust heraus, deren volle Rundung sie an der Spitze zu massieren begann, als wollte sie sich in erotische Stimmung bringen. Im selben Moment, als hätte mich ein wuchtiger Schlag getroffen, glaubte ich, sie würde nun mich mit ihren Reizen zu locken beginnen, sodass es in mir erquicklich wie in einer vor dem Öffnen geschüttelten Sektflasche aufzuschäumen begann. Also hatte sie doch zu mir nach oben geblickt!

Ich blieb erwartungsvoll, aber regungslos stehen und konnte es kaum fassen, was mir gerade passierte! Da setzte sie - für mich enttäuschend - die entblößte Brust behutsam wieder zurück unter ihr Leibchen, wandte sich nach rechts, wo sie die Bewegungen eines behutsamen Umrührens zu vollführen anfing. War das möglich? Um vier Uhr in der Früh?

Als ich dann wenig später wieder unten im Erdgeschoß war und einen Blick nach dem Fenster hinauf richtete, war es wieder erloschen - so als hätte es dort niemals diesen intimen Moment gegeben.
 
Im Haus gegenüber - nur getrennt auf die Breite einer engen Gasse -, einem Gemeinde- oder Sozialbau, war ungefähr auf gleicher Höhe, im dortigen obersten Stock, das mittlere Fenster erleuchtet in einer Reihe von 5 Fenstern, die sich nach unten fortsetzend die Symmetrie der schmucklosen Fassade bestimmten, und zeigte in seinem vorhanglosen Ausschnitt eine Küche, in der eine junge Frau, das schwarze, schulterlange Haar keck geschweift, im Raum, den ich nur bis zu ihrer oberen Körperhälfte einsehen konnte, in eindeutigen Tanzbewegungen sich zwischen Tür und Fenster bewegte, als müsste sie sich die Zeit vertreiben, während irgendwas auf dem Herd kochte.
Hallo GerRey,

was für ein Satz... Wenn ein Satz so lang ist, kann man als Leser leicht den Faden verlieren, weil man unwillkürlich wieder von vorne anfangen muss, um ihn einigermaßen zu verstehen.

Was ist „keck geschweiftes Haar"?

Das Ganze ist mir ein wenig zu gestelzt geschrieben, obwohl ich blumige Sprache im Prosatext durchaus mag. Ich habe das Gefühl, hier ist von ihr als Stilmittel eine Prise zu viel eingesetzt worden.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 
Zuletzt bearbeitet:

GerRey

Mitglied
Hallo SilberneDelfine!

Schönen Dank für das Lesen des Textes.

Vielleicht hilft betontes Lesen?

freundlichst

GerRey
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo GerRey,

in der Tat wirkt die blumige Sprache mit sehr vielen Adjektiven ein bisschen ausufernd.

Zudem muss man gut aufpassen, um welche Frau es sich in welcher Szene handelt.

Da könntest du mehr Klarheit herstellen.

Gruß DS
 



 
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