Inwendig

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Vera-Lena

Mitglied
Inwendig

Die Reiher saßen in den Bäumen.

Ich war mir,
lauschte auf den Brunnen in meinem Innern,
der unentwegt das Schöpfungslied sang,
mich in sein Strömen zog und trunken machte,
von Glanz und Fülle sprach sein Rauschen,
weckte das herzweite Ahnen von seiner Tiefe,
seinem nie Endenmüssen
und seinen heimlichen Verzweigungen
hinein in alles, was ist.

Die Reiher saßen in den Bäumen.
 

Franzi

Mitglied
Vera-Lena, auf der Titelseite hat sich ein kleiner Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen (Inwendin).
Trotzdem nehme ich an, dass die zweite Zeile wirklich heißt: 'ich war mir' ? Ist mir etwas ungeläufig, aber macht nichts ..
LG, Franzi
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Franzi,

Danke für Deine Aufmerksamkeit bezüglich des Tipfehlers auf der Forenseite! Leider kann man da selbst nichts machen. Ich habe aber schon einen Moderator gebeten, das wieder auszubügeln.

Die zweite Zeile heißt in vollem Ernst:

[blue]Ich war mir.[/blue]

Danke auch für Deine Bewertung!

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Inu

Mitglied
Liebe Vera Lena

Sollte das wirklich so stehen bleiben: Ich war mir? Meinst Du: ich war eins mit mir? Oder ich war ich .... oder: ich war mein (Eigen). So was eben ...

Und warum saßen statt der Reiher keine Geier in den Bäumen. Geier klingen doch auch ganz gut. Oder Steinadler. Und sie saßen gleich 2X. Am Anfang und am Ende des Poems. Interessant
Aber passen die Reiher ( ich musste da gleich an reihern = sich übergeben) denken, so recht zu dem erhabenen, von Dir tiefempfundenen, religiösen Text :)

LG
Inu
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Inu,

"Ich war mir" bedeutet, dass ich in meinem Sein war. Ich war also nicht in mir oder mit mir, ich war eher ausschließlich mir selbst zu eigen in diesem Augenblick, was aber sprachlich so ausgedrückt auch nicht das meinen würde, was ich sagen will. "Ich war mir", das trifft es.Ich kann nicht anders, ich muss es so lassen.

Was die Reiher betrifft, so saßen diese dort wirklich in den Bäumen, was ich vorher noch nie gesehen hatte und sie wirkten mit ihren eingezogenen Beinen und ihrem riesigen Körper in den Bämen ganz jenseitig, wie nicht von dieser Welt oder eben wie tief in sich versunken, denn sie saßen dort ganz regungslos.

Ja, es war, wie es war und so habe ich es auch beschrieben.

Danke, dass Du mich darauf aufmerksam gemacht hast, wie man es auch lesen könnte.

Aber momentan sehe ich keinen Anlass zu einer Änderung.

Dir ganz liebe Grüße!
Vera-Lena
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Vera-Lena,

vielleicht würde das deutlicher, wenn Du das "Ich war mir" entweder nach "hinein in alles, was ist." wiederholtest, oder ganz nach da verschöbest und den Satz mit Ich begännest.

Ansonsten bleibt für den Leser dieser nicht auflösbare Stolper.
Oder vielleicht auch "Ich war mein" oder "Mein war ich".

cu
lap
 

Vera-Lena

Mitglied
Inwendig

Die Reiher saßen in den Bäumen.

Lauschend auf den Brunnen in meinem Innern,
der unentwegt das Schöpfungslied sang,
mich in sein Strömen zog und trunken machte,
von Glanz und Fülle sprach sein Rauschen,
weckte das herzweite Ahnen von seiner Tiefe,
seinem nie Endenmüssen
und seinen heimlichen Verzweigungen
hinein in alles, was ist,
so war ich mit mir.

Die Reiher saßen in den Bäumen.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Lapsi,

schweren Herzens habe ich auf Deinen Rat gehört. Manchmal glaubt man eben zu wissen, wie es sein muss.

Danke!

Inu, nimm es mir bitte nicht übel, dass ich erst auf ein zweites Mahnwort gehört habe und nicht gleich auf Dich.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Joh

Mitglied
Hallo Vera Lena

gefällt mir sehr - auch wie Du den nachdenklichen Moment in die Reiher eingebunden hast, es macht den Text noch weiter, weil er die poetische Gedankenwelt in das Bild der Vögel einflicht, als wäre er gedehnte Zeit.

ein Gruß an Dich, Johanna
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Johanna,

solche Dinge, wie im Text beschrieben,erlebt man ja immer nur augenblicksweise, und es gefällt mir, wie Du aus den Zeilen herausliest, dass sich diese Momente doch noch als etwas Verlängertes manifestieren konnten.

Danke für Deine interessante Antwort!

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Papyrus,

zum Stichwort "Romantik".

Also das mit den Reihern war, wie schon oben erwähnt, tatsächlich so. Auf den Text bin ich aber gekommen, als ich vorhin bei Rüdiger Safranski über Rousseau las, dessen "Zurück zur Natur" als ein Zurück in das eigene Innere gemeint war, weil dort alles anzutreffen ist, was es gibt und zwar noch ganz frei und unverzerrt von gesellschaftlichen Zwängen. Das sagte er schon 1749. Für mich ist er ein direkter Vorläufer Fichtes.

Allerdings ist mir jetzt eingefallen, weil ich das nämlich auswendig kann:" Hörst du, wie die Brunnen rauschen..." hat schon Clemens Brentano geschrieben und der zählt ja nun wirklich zu den Romantikern. Aber vorhin, als ich den Text schrieb, war mir diese Zeile nicht gegenwärtig, sondern mein Unterbewusstsein hat da wieder einmal etwas zu Tage gefördert.

Danke für Deine Antworten und Deine Bewertung!

Herzlich grüßt Dich
Vera-Lena
 



 
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