Irgendwo bin ich?

Das Standardgespräch seit mittlerweile 13 Monaten
(Frei übersetzt aus dem Spanischen)

"Warum gerade Chile?"
"Keine Ahnung, hat keinen Grund."
"Wie hat keinen Grund?"
"Ich hab in google nach Stellenausschreibungen gesucht, irgendwann stand da was von 'Deutscher Schule' und ich hab mich beworben, wurde angenommen und jetzt bin ich hier.“
„Krass. und konntest du vorher spanisch?
„nö.“

Manchmal verändere ich die Geschichte leicht, wie ich das besagte Stellenangebot gefunden habe, aber eigentlich entspricht jede Version der Wahrheit. Wenn ich ehrlich bin: ich weiß es bis heute nicht, warum ich plötzlich in Lateinamerika lebe. Aber der Mensch muss nicht alles wissen, manchmal reicht es, sich mit der Situation abzufinden. Jedenfalls reichen die Reaktionen meiner Gesprächspartner stets von starker Verwunderung bis zur Bewunderung. Da ist immer alles dabei, das ganze Spektrum vertreten. Jedoch stets mit einem positiven Unterton und Lächeln vorgetragen – kritisches, direktes oder ehrliches nachfragen ist hier eher selten, und ebenso ungern gesehen. Diesen Umstand habe ich früh erfahren, meine schwäbische Gosch hab ich mittlerweile zu beherrschen gelernt, wenn der Auslandsaufenthalt also für ebbes gut war, dann immerhin dafür. Auch nicht schlecht, gell? Aber das ist ein anderes Thema.

Das ist hier ist nämlich mein erster Tagebucheintrag, der Einstieg, quasi das Hammerkapitel. Was muss das eigentlich bewirken? Dass ich in der Zukunft, wenn ich nochmals vobeischaue, motiviert werde, in der Vergangenheit nachzulesen?

Keine Ahnung. Jedenfalls möchte ich Dir, mein zukünftigen Ich, und auch Euch, Menschen aus der Leselupe, einen kurzen Einblick in mein Leben gewähren, damit die nachfolgenden Kapitel richtig eingeordnet werden können.

Ich befinde mich mittlerweile dreizehn Monate (welch unheilvolle zahl) in der Fremde, knapp 14.000 Kilometer entfernt von Zuhause, weg von Daheim. Und mittlerweile fange ich an darüber nachzudenken, was ich eigentlich mache. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass mich viele Leute als jung bezeichnen. Aber mit 23? Fühle ich mich ehrlich gesagt nicht mehr ganz so. Aber das ist ja bekanntlich eine Sache der Perspektive.
In Deutschland hat mich mal ein Kind aus meiner Kita-Gruppe nach meinem Alter gefragt. Ich entgegnete, ich wäre 21. Das Kind nickte wissen und erklärte: „Mein Papa ist übrigens viel älter als du. Weißt du warum? Das liegt daran, dass er arbeiten muss. Damit wir nämlich in den Urlaub fahren können.“
Ein anderes Kind behauptete, dass ich ja fast so alt sei wie sein Opa. Wie gesagt; alles eine Sache der Perspektive.

Was ich also nun mache, das ist meine große Frage. ich weiß, dass ich arbeite, dass ich verschiedene Hobbys habe und diversen Tätigkeiten nachgehe. Aber ganz ehrlich: was ist das schon? Was davon wird Bestand haben? Was davon wirkt? Was bringt mich im Leben weiter? Was davon bringt andere Menschen weiter? Mache ich etwas, schaffe ich etwas? Bin ich Teil eines großen und ganzen oder lebe ich nur für mich?

Ich frage mich oft, was ich in meinem Leben vor habe, was das Leben mit mir vor hat, ob ich meine Zukunft beeinflussen kann. Ganz schlicht; ich versteh dieses Leben nicht.
Aber ich möchte diesen Fragen nachgehen, möchte Antworten suchen, möchte meine Erfahrungen reflektieren.
Vielleicht erkenne ich so einen Sinn, erkenne die Idee hinter alldem ganzen. Jedenfalls wird der nächste Eintrag ein Nachtrag, zur Geschichte, wie ich von vier Kampfhunden angegriffen wurde, und was mir das in der Nachbetrachtung (nicht) gebracht hat.

https://www.youtube.com/watch?v=D9GEvPnCD6Y
 



 
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