6, Abschlussfeier
Zwei Wochen später waren wieder alle auf dem Damm, auch Lucys Schulter war dank der Ärzte wieder gut verheilt, und sie musste keine Beeinträchtigungen wegen dieser Verletzung hinnehmen. Das Verhältnis zu Kanthal war gespannt. Sie konnte sich nicht vorstellen, ihm jemals Reikas Tod verzeihen zu können. Wieso hatte er sie damals als Anführer ausgewählt? Wieso nur?
Heute Abend sollte die Abschlußfeier und Vereidigung der Absolventen in die Gemeinschaft erfolgen. Auch sollte bekannt gegeben werden, wer in welche Einheit aufgenommen werden sollte. Lucy stand nun vor dem Spiegel und trug ihre Ausgehuniform. Es war seltsam, sich einmal in einer anderen Farbe als grün und tarn zu sehen, aber der Anzug saß perfekt und verlieh ihr wenigstens augenscheinlich so etwas wie ein feierliches Befinden. Lucy ging langsam zur Tür und setzte sich dabei ihre Mütze auf. Auf dem Gang traf sie Sefren, und sie gingen schweigend zum Fahrstuhl.
Überleben. Du musst hier nur überleben. Lucy musste plötzlich an Kanthals Ausspruch erinnern. Überleben. War das denn alles, auf das es ankam?
Die beiden gingen langsam zur Versammlungshalle, wo die Vereidigung stattfinden sollte. Es war schon eine Menge los, sämtliche Überlebende der Abschlussprüfung, egal wie schwer verletzt, war gekommen. Die anderen Klassen, so erfuhr Lucy, hatte es weitaus schlimmer erwischt. Kanthals Klasse hatte mit nur einem Verlust als Beste abgeschnitten. Sogar dafür sollte es einen Preis geben. Lucy war entsetzt und verachtete mit einem Schlag alles, wofür sie die letzten zwei Jahre gelebt hatte. Sie wollte umdrehen und weglaufen, sich irgendeinen Flieger schnappen und dann zurück zur Erde fliegen, wieder bei ihrem Vater sein und diesen ganzen Wahnsinn hier vergessen. Aber sie tat es nicht, dazu war sie zu sehr Soldat geworden, als dass sie sich vor ihren Aufgaben drückte. Und diese Vereidigung war ihre Aufgabe. Ihre letzte als Soldat auf STAR1. Die Zukunft, das wusste sie, würde heute abend beginnen.
Die Feierlichkeiten begannen pünktlich und es wurde viel geredet, aber nichts gesagt. Lucy wurde ein Orden verliehen wegen ihrer Leistungen bei der Abschlussprüfung, den sie am Liebsten dem Mann, der ihn ihr gab, an den Kopf werfen wollte. Aber sie tat es nicht. Dazu war sie zu sehr Soldat geworden.
Nach etwa einer Stunde wusste sie auch, dass sie wirklich in die Fliegerstaffel kommen würde. Aber nicht die normale Fliegerstaffel, sondern die auf der „IRONSIDE“. Und das war eine ganz besondere, aber wenn sie jemanden fragte, konnte ihr keiner eine Antwort geben. Geheim, hieß es immer wieder. Und Lucy fragte sich, ob überhaupt irgendjemand wusste, worauf sie sich da eingelassen hatte.
Dann trat Kanthal ans Rednerpult. Lucy sah ihn nur kurz an. Aber seine Stimme klang irgendwie verzweifelt, als er dem Komitee und den Gästen mitteilte, dass dies seine letzte Ausbildungsklasse gewesen war. Er wollte als Ausbilder zurücktreten und neue Aufgaben übernehmen. Wo, das sagte er nicht.
Lucy sah ihn mit großen Augen an und dachte erleichtert, dass ihr Anfall nach der Prüfung ihm vielleicht die Augen geöffnet hatte.
Dann begann der inoffizielle Teil der Feier mit Musik und einem herrlichen Buffet. Lucy schlug sich den Magen voll, lehnte etliche Aufforderungen zum Tanzen ab und begnügte sich mit zusehen.
Sie wollte jetzt gehen, entschied sie spontan und stand von ihrem Stuhl auf, als Kanthal plötzlich vor ihr stand. Sie vergaß einen Moment das Atmen, aber erinnerte sich glücklicherweise wieder daran, bevor es problematisch wurde.
Keiner von beiden sagte ein Wort. Sie standen nur da und starrten sich an. Was sollte man auch sagen?
„Willst du tanzen?“ fragte Kanthal vorsichtig und streckte ihr eine Hand hin.
Lucy zögerte und sah auf seine Hand. Sie zitterte, was sie verwirrte. „Ich weiß nicht.“ Sagte sie, ohne ihn anzusehen.
„Einen Tanz.“ Bat er und streckte die Hand weiter aus.
Und Lucy nahm sie. Sie gingen zusammen zur Tanzfläche. Es war seltsam, als er seinen Arm um ihre Taille legte, und er so nah bei ihr war. Sie roch sein After Shave und drohte, sich zufrieden und sicher zu fühlen. Aber Lucy ignorierte das alles, sie wollte das alles nicht wahrhaben, sie wollte nur, dass der Tanz bald vorüber war, und sie endlich gehen konnte. Ihr Wunsch erfüllte sich bald, und so verabschiedete sie sich hastig. Kanthal griff nach ihrer Hand und zog sie zurück.
„Bitte.“ Sagte er. „Ich möchte mich entschuldigen. Ich weiß, Lucy, damit bringe ich Reika nicht zurück, aber ich möchte, dass du weißt, dass es mir leid tut. Das erste Mal in den ganzen Jahren, die ich jetzt Ausbilder bin, tut es mir leid, dass einer meiner Schüler gestorben ist. Glaub mir das bitte.“
Lucy sagte nichts, sie sah ihn auch nicht an. Sie zog ihre Hand zurück und ging, ohne sich noch einmal umzusehen. Aber sie fühlte seinen warmen Blick auf ihrem Rücken, als sie die Versammlungshalle verließ und bald nur noch millimeterdickes Glas sie von der tödlichen Atmosphäre STAR1 bewahrte.
C Rei 07072001
DAS WAR NUN DER LETZTE TEIL DER ERSTEN EPISODE. VIELEN DANK AN ALLE, DIE BISHER WEITERGELESEN HABEN. BITTE SAGT MIR, WAS IHR VON DER GESCHICHTE HALTET. WEITERE TEILE SIND IN ARBEIT.
GRUß REI
Zwei Wochen später waren wieder alle auf dem Damm, auch Lucys Schulter war dank der Ärzte wieder gut verheilt, und sie musste keine Beeinträchtigungen wegen dieser Verletzung hinnehmen. Das Verhältnis zu Kanthal war gespannt. Sie konnte sich nicht vorstellen, ihm jemals Reikas Tod verzeihen zu können. Wieso hatte er sie damals als Anführer ausgewählt? Wieso nur?
Heute Abend sollte die Abschlußfeier und Vereidigung der Absolventen in die Gemeinschaft erfolgen. Auch sollte bekannt gegeben werden, wer in welche Einheit aufgenommen werden sollte. Lucy stand nun vor dem Spiegel und trug ihre Ausgehuniform. Es war seltsam, sich einmal in einer anderen Farbe als grün und tarn zu sehen, aber der Anzug saß perfekt und verlieh ihr wenigstens augenscheinlich so etwas wie ein feierliches Befinden. Lucy ging langsam zur Tür und setzte sich dabei ihre Mütze auf. Auf dem Gang traf sie Sefren, und sie gingen schweigend zum Fahrstuhl.
Überleben. Du musst hier nur überleben. Lucy musste plötzlich an Kanthals Ausspruch erinnern. Überleben. War das denn alles, auf das es ankam?
Die beiden gingen langsam zur Versammlungshalle, wo die Vereidigung stattfinden sollte. Es war schon eine Menge los, sämtliche Überlebende der Abschlussprüfung, egal wie schwer verletzt, war gekommen. Die anderen Klassen, so erfuhr Lucy, hatte es weitaus schlimmer erwischt. Kanthals Klasse hatte mit nur einem Verlust als Beste abgeschnitten. Sogar dafür sollte es einen Preis geben. Lucy war entsetzt und verachtete mit einem Schlag alles, wofür sie die letzten zwei Jahre gelebt hatte. Sie wollte umdrehen und weglaufen, sich irgendeinen Flieger schnappen und dann zurück zur Erde fliegen, wieder bei ihrem Vater sein und diesen ganzen Wahnsinn hier vergessen. Aber sie tat es nicht, dazu war sie zu sehr Soldat geworden, als dass sie sich vor ihren Aufgaben drückte. Und diese Vereidigung war ihre Aufgabe. Ihre letzte als Soldat auf STAR1. Die Zukunft, das wusste sie, würde heute abend beginnen.
Die Feierlichkeiten begannen pünktlich und es wurde viel geredet, aber nichts gesagt. Lucy wurde ein Orden verliehen wegen ihrer Leistungen bei der Abschlussprüfung, den sie am Liebsten dem Mann, der ihn ihr gab, an den Kopf werfen wollte. Aber sie tat es nicht. Dazu war sie zu sehr Soldat geworden.
Nach etwa einer Stunde wusste sie auch, dass sie wirklich in die Fliegerstaffel kommen würde. Aber nicht die normale Fliegerstaffel, sondern die auf der „IRONSIDE“. Und das war eine ganz besondere, aber wenn sie jemanden fragte, konnte ihr keiner eine Antwort geben. Geheim, hieß es immer wieder. Und Lucy fragte sich, ob überhaupt irgendjemand wusste, worauf sie sich da eingelassen hatte.
Dann trat Kanthal ans Rednerpult. Lucy sah ihn nur kurz an. Aber seine Stimme klang irgendwie verzweifelt, als er dem Komitee und den Gästen mitteilte, dass dies seine letzte Ausbildungsklasse gewesen war. Er wollte als Ausbilder zurücktreten und neue Aufgaben übernehmen. Wo, das sagte er nicht.
Lucy sah ihn mit großen Augen an und dachte erleichtert, dass ihr Anfall nach der Prüfung ihm vielleicht die Augen geöffnet hatte.
Dann begann der inoffizielle Teil der Feier mit Musik und einem herrlichen Buffet. Lucy schlug sich den Magen voll, lehnte etliche Aufforderungen zum Tanzen ab und begnügte sich mit zusehen.
Sie wollte jetzt gehen, entschied sie spontan und stand von ihrem Stuhl auf, als Kanthal plötzlich vor ihr stand. Sie vergaß einen Moment das Atmen, aber erinnerte sich glücklicherweise wieder daran, bevor es problematisch wurde.
Keiner von beiden sagte ein Wort. Sie standen nur da und starrten sich an. Was sollte man auch sagen?
„Willst du tanzen?“ fragte Kanthal vorsichtig und streckte ihr eine Hand hin.
Lucy zögerte und sah auf seine Hand. Sie zitterte, was sie verwirrte. „Ich weiß nicht.“ Sagte sie, ohne ihn anzusehen.
„Einen Tanz.“ Bat er und streckte die Hand weiter aus.
Und Lucy nahm sie. Sie gingen zusammen zur Tanzfläche. Es war seltsam, als er seinen Arm um ihre Taille legte, und er so nah bei ihr war. Sie roch sein After Shave und drohte, sich zufrieden und sicher zu fühlen. Aber Lucy ignorierte das alles, sie wollte das alles nicht wahrhaben, sie wollte nur, dass der Tanz bald vorüber war, und sie endlich gehen konnte. Ihr Wunsch erfüllte sich bald, und so verabschiedete sie sich hastig. Kanthal griff nach ihrer Hand und zog sie zurück.
„Bitte.“ Sagte er. „Ich möchte mich entschuldigen. Ich weiß, Lucy, damit bringe ich Reika nicht zurück, aber ich möchte, dass du weißt, dass es mir leid tut. Das erste Mal in den ganzen Jahren, die ich jetzt Ausbilder bin, tut es mir leid, dass einer meiner Schüler gestorben ist. Glaub mir das bitte.“
Lucy sagte nichts, sie sah ihn auch nicht an. Sie zog ihre Hand zurück und ging, ohne sich noch einmal umzusehen. Aber sie fühlte seinen warmen Blick auf ihrem Rücken, als sie die Versammlungshalle verließ und bald nur noch millimeterdickes Glas sie von der tödlichen Atmosphäre STAR1 bewahrte.
C Rei 07072001
DAS WAR NUN DER LETZTE TEIL DER ERSTEN EPISODE. VIELEN DANK AN ALLE, DIE BISHER WEITERGELESEN HABEN. BITTE SAGT MIR, WAS IHR VON DER GESCHICHTE HALTET. WEITERE TEILE SIND IN ARBEIT.
GRUß REI