ist das deine zelle?

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L'étranger

Mitglied
Hallo Patrick,

ein anregender Text über die Grenze zwischen Wort und Stille/Schweigen/Unsagbarem -
zuerst in der Erinnerung,
dann im Akt der Entstehung, des Sprechens, des Schweigens ...

Das ist ja auch ein interessantes Thema.

Gruß Lé.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
"Das ist ja auch ein interessantes Thema."

da hast du recht. aber der text ist irgendwie misslungen ... zu vollgepackt, zu wirr auf den leser wirkend. aber danke für das lob ;)

lg
patrick
 

Ralf Langer

Mitglied
Ist das deine zelle

in die jahresringe
des menschen werden
worte geflochten
die an der stille
ihre welken ränder
entzünden in

einer zelle aus
schmetterlingsflügeln hockt er
und schlägt die feuersteine
der nacht aneinander
entfacht

einen brand unter den schläfen
der worte bis ihr schweigen
auf seinen lippen


lautlos zerspringt


Hallo Patrick,

der Titel weist eine Richtung:

Die Zelle, einmal als Ursprung als „Verortung“ von Herkunft und Existenz, und andererseits
als „Verortung“ eines Raums der nicht zu verlassen ist.

Arrest:

Eingeschlossenes Sein, ein Raum ohne freies Entrinnen.

Der Titel als Frage formuliert, gerichtet an das lyrische ich und an den Leser.
Das lyrische ich ist m.E. nach der Dichter, der Wortartistiker...
Hm, die einzelnen Strophen sind schön formuliert, gut ausbalanciert, aber auch sehr kryptisch.
Mir scheint hier werden sehr verschiedene Zusammenhänge ausgelotet. Bin mir aber dessen nicht gewiss!
In Strophe eins würde ich nach „ränder“ ein „sich“ setzen. Meinem Wortverständnis nach ist es reflexiv. Das würde mir bei einer Deutung helfen:

in die jahresringe
des menschen werden
worte geflochten
die an der stille
ihre“r“ welken ränder
„sich“ entzünden in

Dann rutschte „in“ als erstes Wort in die zweite Strophe, was bedeutet das der Zeilensprung nicht mehr funktionierte.

Hm, „des Menschen“, hier also erst einmal weg von der Frage des Titels. Denn der beschäftigt sich ja durch“dein“ mit einem Individuum. Ansonsten schriebe ich, falls es doch ein einzelnes Wesen sein sollte: „dieses Menschen“ (oder ähnliches)

Der Mensch hockt also in einer Zelle aus Schmetterlingsflügeln.

Da denke ich beim Wort Schmetterling direkt an Entelechie, aber ich bin mir nicht sicher ob das hier Sinn macht?

(Raupe zu Schmetterling)

Ich glaube aber, das es hier nicht um diese Form der Selbstentwicklung durch „Metamorphose“ geht.

Aber um den Dualismus von Zelle aufrecht zu erhalten interpretiere ich hier in folgende zwei Richtungen:

A) Die Zelle als Keim der Flügel des Schmetterlings als Ausdruck der Freiheit, des leichthin davon fliegen könnens, auch als Ausdruck des Schönen.

oder

B) die Zelle als Arrest, als Gefängnis auch für Die Freiheit, für das weg fliegen können.

Möglich auch ein drittes als Gemengelage von Keim – Arrest und Schmetterlingsflügel. Das kann ich gar nicht näher erläutern. Das ist bei mir mehr eine Gefühl.

Weiter:
„feuersteine der nacht“

Das finde ich ein sehr gelungenes Bild für den Wunsch Licht ins Dunkel zu bringen.

Am Ende scheint mir „Verhängnis“,“Schicksal“ zu stehen.
Bin mir aber auch hier nicht sicher, denn auch hier sind die Worte die mich als Leser berühren ambivalent.
Ich sehe hier im positiven Sinne so etwas wie die Tucholskische Treppe:

sprechen -schreiben -schweigen...
(Also eine Ent - wicklung)

Hm, ein Gefundenes Wort das nach seiner Findung unaussprechbar bleibt und eben am Ort des Übergangs zur Lautwerdung, an der Lippe , lautlos zerspringt.

Da sehe ich „Scherben“, etwas nicht mehr zusammenfügbares Richtung eines Wortes.
Fatum ?

Hm, ist das der Ort des Ursprungs und der Freiheit, oder ist es die Arrestzelle, bleibt alles ausdruckslos?


“nur was unsagbar : bleibt
türmt sich in Bildern auf
zu einem großen Schweigen

Kein Wort ist mehr Gedich”t


Die Frage bleibt: Ist das meine Zelle?

Lg
Ralf
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
hey ho ralf

"
Der Titel als Frage formuliert, gerichtet an das lyrische ich und an den Leser.
Das lyrische ich ist m.E. nach der Dichter, der Wortartistiker..."

das ist absolut richtig, aber es ist durchaus möglich auch den menschen im allgemeinen zu nehmen. ;)

"das hier geht schon sehr in die richtung meiner intention. ich dachte bei den "zellen aus schmetterlingsflügeln" an die hoffnung.

die ja doch irgendwie so etwas, wie eine schöne zelle ist ...


"
Weiter:
„feuersteine der nacht“

Das finde ich ein sehr gelungenes Bild für den Wunsch Licht ins Dunkel zu bringen."

genau richtig :)


"Hm, ein Gefundenes Wort das nach seiner Findung unaussprechbar bleibt und eben am Ort des Übergangs zur Lautwerdung, an der Lippe , lautlos zerspringt."

ja, ein wort der hoffnung vielleicht? so war es gemeint, die hoffnung die nach den verduchen licht ins dunkel zu bringen als wort, als ganzes zerspringt ...

danke für die tiefe auseinandersetzung mit dem text. ich glaube, das hat er eigentlich gar nicht verdient...

lg dir
patrick
 



 
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