Mistralgitter
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Ich nicht.
Grausig die Schlossruine, die drohend mit leeren Augenhöhlen über die Stadt ragt, sie geradezu argwöhnisch bewacht. Unwirtlich die Gassen, abschüssig zum Neckar hin verlaufend, kopfsteingepflastert (für mich als Rollator fahrende Passantin ziemlich hinderlich), übervölkert und trotzdem langweilig. Als ob diese Wege ein Gerippe wären mit einer Hauptachse und zahlreichen, im rechten Winkel säuberlich angeordneten Nebenachsen. Mit Absicht geometrisch angelegt. Keine Winkel oder weitere Verzweigungen, einfach nur stur gerade und daher wenig abwechslungsreich oder phantasieanregend. Wir reihen uns ein in die sich auf der Hauptstraße träge vorwärts bewegende Menschenmasse – rechtsseitig in Richtung Kornmarkt und auf dem Rückweg in der Gegenrichtung zu unserer Bushaltstelle am Bismarckplatz. Es geht nur langsam voran, aber ohne Genuss. Ich sehe viel und doch nichts, bekomme keinen Eindruck von der Atmosphäre der Stadt. Einfach nur Menschen und eine Orts-Bezeichnung im Kopf: Wir sind in Heidelberg.
Ich überrede meine Begleiterin zum Neckarufer zu gehen in der Hoffnung, dort etwas Atmosphäre vom ruhig dahingleitenden Wasser einzufangen. Doch stattdessen erwartet mich die viel befahrene Bundes-Straße mit ihren endlosen Autokolonnen. Sie verhindert einen ruhigen, ausgiebigen oder genussvollen Blick auf den Flusslauf. Man kann sie als Fußgänger nicht einfach überqueren. Es gibt kein Ufergelände, das man zu Fuß erkunden könnte, kein Gehweg, nur die Straße. Sie säumt den Fluss und begrenzt ihn zugleich. Die Altstadt von Heidelberg liegt also unentrinnbar ergeben in das grausam Notwendige, eingezwängt zwischen Neckar und den Erhebungen des Gaisberges. Es gibt nichts, was mich gefesselt hätte. An mir geht selbst die Heilig-Geist-Kirche, das Brückentor und die Universitätskirche vorbei; die sehe ich zwar, aber sie berühren mich nicht.
Die kleinen Kneipen und Restaurants präsentieren sich in meinen Augen als enge, altertümliche Räumlichkeiten. Sie wirken so wenig einladend. Ich habe keine Lust einzukehren, verbeiße mir ein Eis in der Hauptstraße, lande dennoch unverhofft in einem schmalen Hinterhof mit Bewirtung. Wir haben Hunger und vor allem Durst. Später führt mich meine Begleiterin zu einem Café, wir sitzen draußen zwischen Menschenströmen, Ampeln und Straßenbahnen, lärmenden, stinkenden Autos und Bussen. Sie scheint das alles nicht zu stören.
Auch alle anderen Heidelbergbesucher, die Fotos knipsenden, Eis schleckenden Touristen, scheinen zufrieden und glücklich zu sein, nur ich nicht. Noch nie fand ich Menschenmassen, die sich durch die Fußgängerpassagen oder Nebenstraßen wälzen, dermaßen abstoßend wie in Heidelberg. Nirgendwo in der Stadt fand ich einen ruhigen Platz, man wurde immer weiter getrieben. Da gab es kein Verweilen oder Genießen, ein auf sich Wirkenlassen der alten, womöglich kunstvoll verzierten Hausfassaden oder ein ruhiges Bummeln. Nur ein Weiter, Weiter, immer Weiter - aber wohin? - und ein noch Mehr - aber wovon? Nur um in Heidelberg gewesen zu sein? Um von der Bushaltestelle am Bismarckplatz zum Kornmarkt und zurück mit dem Rollator bei Hitze in der prallen Sonne gelaufen zu sein. Muss man das? Ich nicht. Kein viertes Mal.
Grausig die Schlossruine, die drohend mit leeren Augenhöhlen über die Stadt ragt, sie geradezu argwöhnisch bewacht. Unwirtlich die Gassen, abschüssig zum Neckar hin verlaufend, kopfsteingepflastert (für mich als Rollator fahrende Passantin ziemlich hinderlich), übervölkert und trotzdem langweilig. Als ob diese Wege ein Gerippe wären mit einer Hauptachse und zahlreichen, im rechten Winkel säuberlich angeordneten Nebenachsen. Mit Absicht geometrisch angelegt. Keine Winkel oder weitere Verzweigungen, einfach nur stur gerade und daher wenig abwechslungsreich oder phantasieanregend. Wir reihen uns ein in die sich auf der Hauptstraße träge vorwärts bewegende Menschenmasse – rechtsseitig in Richtung Kornmarkt und auf dem Rückweg in der Gegenrichtung zu unserer Bushaltstelle am Bismarckplatz. Es geht nur langsam voran, aber ohne Genuss. Ich sehe viel und doch nichts, bekomme keinen Eindruck von der Atmosphäre der Stadt. Einfach nur Menschen und eine Orts-Bezeichnung im Kopf: Wir sind in Heidelberg.
Ich überrede meine Begleiterin zum Neckarufer zu gehen in der Hoffnung, dort etwas Atmosphäre vom ruhig dahingleitenden Wasser einzufangen. Doch stattdessen erwartet mich die viel befahrene Bundes-Straße mit ihren endlosen Autokolonnen. Sie verhindert einen ruhigen, ausgiebigen oder genussvollen Blick auf den Flusslauf. Man kann sie als Fußgänger nicht einfach überqueren. Es gibt kein Ufergelände, das man zu Fuß erkunden könnte, kein Gehweg, nur die Straße. Sie säumt den Fluss und begrenzt ihn zugleich. Die Altstadt von Heidelberg liegt also unentrinnbar ergeben in das grausam Notwendige, eingezwängt zwischen Neckar und den Erhebungen des Gaisberges. Es gibt nichts, was mich gefesselt hätte. An mir geht selbst die Heilig-Geist-Kirche, das Brückentor und die Universitätskirche vorbei; die sehe ich zwar, aber sie berühren mich nicht.
Die kleinen Kneipen und Restaurants präsentieren sich in meinen Augen als enge, altertümliche Räumlichkeiten. Sie wirken so wenig einladend. Ich habe keine Lust einzukehren, verbeiße mir ein Eis in der Hauptstraße, lande dennoch unverhofft in einem schmalen Hinterhof mit Bewirtung. Wir haben Hunger und vor allem Durst. Später führt mich meine Begleiterin zu einem Café, wir sitzen draußen zwischen Menschenströmen, Ampeln und Straßenbahnen, lärmenden, stinkenden Autos und Bussen. Sie scheint das alles nicht zu stören.
Auch alle anderen Heidelbergbesucher, die Fotos knipsenden, Eis schleckenden Touristen, scheinen zufrieden und glücklich zu sein, nur ich nicht. Noch nie fand ich Menschenmassen, die sich durch die Fußgängerpassagen oder Nebenstraßen wälzen, dermaßen abstoßend wie in Heidelberg. Nirgendwo in der Stadt fand ich einen ruhigen Platz, man wurde immer weiter getrieben. Da gab es kein Verweilen oder Genießen, ein auf sich Wirkenlassen der alten, womöglich kunstvoll verzierten Hausfassaden oder ein ruhiges Bummeln. Nur ein Weiter, Weiter, immer Weiter - aber wohin? - und ein noch Mehr - aber wovon? Nur um in Heidelberg gewesen zu sein? Um von der Bushaltestelle am Bismarckplatz zum Kornmarkt und zurück mit dem Rollator bei Hitze in der prallen Sonne gelaufen zu sein. Muss man das? Ich nicht. Kein viertes Mal.