Hagen
Mitglied
Jeder Rentner heißt Erwin
Weshalb, zum Teufel, heißt eigentlich jeder Rentner ‘Erwin‘?
Könnte ich den ‘Guten‘ einer Story eigentlich ‘Adolf‘ nennen?
Das geht gar nicht, denn jede gute Story ist nur so gut, wie der ‘böse Bube‘ in ihr. Den bösen Buben ‘Adolf‘ zu nennen geht schon eher.
Aber das erfordert wiederum Klischees, wie zum Beispiel: Weshalb benutzen Hollywood-Polizisten immer Taschenlampen, aber nie den Lichtschalter?
Sollten zum Beispiel Raumschiffe in einem Science-Fiction-Film oder Roman nicht in einem krachenden Feuerball explodieren, fehlt ihnen etwas – obwohl das im Vakuum des Weltalls eher nicht vorkommen wird.
Lichtschwerter müssen immer "Bzzzz" machen, jedem Schalldämpfer entfährt dasselbe, unrealistische "Plopp". Faustschläge müssen spätestens seit Bud Spencer immer so klingen, als sei gerade jemand mit einem Knäckebrot im Mund ungebremst gegen eine Wand gelaufen. Und an allen Bomben muss natürlich eine Digitalanzeige angebracht sein, die millisekundengenau angibt, wie viel Zeit der Held hat, sie zu entschärfen – auch wenn die Sekunden im Film dann zehn Minuten dauern.
Hm.
Es genügen bereits Kleinigkeiten: Wer im Roman oder im Film hustet, wird bald darauf sterben! Es ist nun mal so.
Kommt einmal ein Tier im Film vor, wird es immer einen typischen Laut ausstoßen: Mäuse und Ratten fiepen, Katzen miauen, und nie wird der Geier über dem Westernpanorama stumm bleiben.
Nie wird ein Radiowecker den Helden in der Mitte eines beliebigen Songs wecken – sondern immer wenn der Moderator gerade „Guten Morgen, das wird ein wundervoller Tag!" ruft.
Ganz übel ist, wenn dem Autoren nichts Realistisches einfällt, der Protagonist das Radio einschaltet und es kommt genau dann die Meldung, die er braucht. Manchmal erklingt vorher merkwürdigerweise eine Koloratursängerin.
Ich komme mal auf die Filme zurück, aber das betrifft auch Romane, sogar welche von Literaturpreisträgern. Sollte dem Filmhelden, der auf einer Insel gestrandet ist, mit der Zeit ein Bart wachsen, rückt das den Film bereits in die Nähe der Dokumentation – denn nie wachsen echten Helden Bärte! Helden aus dem Mittelalter haben auch nie schlechte Zähne (im Gegensatz zu fast allen Gaunern), und wo sind die Helden der Eskimos?
Gauner oder die ‘Bösen‘ erkennt man übrigens daran, dass sie schwarze Hüte tragen! Ausnahme, ich habe drauf geachtet: Gary Cooper trug in ‘Zwölf Uhr Mittags‘ einen schwarzen Hut!
Das ist nicht nur bei Western so; - überhaupt sind Western ein unerschöpfliches Feld für Klischees: Indianer stehen zunächst malerisch auf einem Hügel und reiten immer nacheinander! auf den Zug, Wagentreck oder was auch immer zu, um sich dann der Reihe nach abschießen zu lassen.
Es bleibt aber immer genügend Zeit, eine Wagenburg zu bilden.
Sollte das mal nicht der Fall sein, oder wird der Treck bei der Überquerung eines Flusses angegriffen, wobei grundsätzlich eine Frau während des Angriffs niederkommt, ist ein Wagen mit Dynamit beladen und brennt. Er wird nur von einem Neger verteidigt. (Es kommt natürlich drauf an, ob der Film in den Nord- oder Südstaaten spielt.) Es wird natürlich auch ein Nebenprotagonist verletzt, worauf eine Frau ein Stück von ihrem Unterrock abreißt und ihn damit verbindet.
Actionstorys und Actionfilme sind hingegen Klischeecollagen: Hat James Bond einen nackten Oberkörper, wird er nie von einer Kugel getroffen werden (und auf Toilette muss er auch niemals), und keine seiner Filmpartnerinnen wird je mit verwuselten Haaren aufwachen.
Hauptprotagonisten müssen zu jedem Zeitpunkt Stars bleiben, dem Leser oder Zuschauer entrückt und nahezu unverwundbar.
Auch ihre Gegner müssen immer wieder dieselben Fehler machen. Das Klischee zwingt sie regelmäßig dazu, dem Helden in einem Moment falscher Siegesgewissheit ihren Plan zur Weltherrschaft zu verraten – und dessen Schwachstelle noch dazu.
Auch die Autos der Bösen müssen immer wieder dem Klischee zum Opfer fallen: Während der Wagen des Helden sich fünfmal überschlagen kann und immer noch nicht reif für den Schrottplatz wäre, ist der Wagen des Schurken der Explosion schon nahe, wenn er seinen Parkschein auf das Armaturenbrett legt.
Die goldenste aller Regeln: Sind die Gegner in der Übermacht und der Held ganz auf sich allein gestellt, dann dürfen sie in keinem und keinstem Fall bewaffnet sein und ihn nur einer nach dem anderen angreifen: jeder nur einen Schlag bitte, und das Knäckebrot im Mund nicht vergessen.
Das alles ist gut so – für die Figuren in den Romanen und Filmen und für die Leser und Zuschauer!
Der Leser oder Zuschauer erwartet schließlich, dass der Privatdetektiv ein armer Hund ist, der mal bei der Polizei war, aber dort zu wenig ‘Bewegungsfreiheit‘ hatte, um dem ‘Wahren, Schönen und Guten zu dienen‘. Der Detektiv hat aber immer einen ehemaligen Kollegen bei der Polizei, der ihm bei einem kniffligen Fall hilft, obwohl er dabei seine Rente riskiert. Von der nie leer werden Whiskyflasche in der zweitobersten Schreibtischschublade und seinen Schulden beim Buchmacher rede ich nicht.
Denn erst Klischees, die so stark sind, dass das Publikum sie für selbstverständlich erachtet, lassen die Helden groß, größer, übermächtig erscheinen; - und dabei doch ‘menschlich‘ bleiben!
Klischees machen dem Helden so viele Dinge kinderleicht: Sie laden den Heldenrevolver mit hundert Patronen auf, die ohne nachzuladen verballert werden dürfen. Sie sorgen dafür, dass die Kleidung jedes Wachmanns, den der Held gerade niedergeschlagen hat, ihm wie angegossen passt und der Held in stimmiger Verkleidung (weiß der Teufel, wo er das Zeugs immer her hat) unerkannt das Geheimlabor des Obergauners infiltrieren kann.
Wen stört es dann, dass sich zum Beispiel bei der letzten ‘Titanicverfilmung‘ die Schrauben der Titanic verkehrt herum drehen?
Klischees sind des Helden Freund und Helfer – denn nur dank ihrer Hilfe kann man erst aus einem Hubschrauber ins Meer springen um dann auf einer Insel zu verweilen, ohne Zahnschmerzen oder Blinddarmentzündung, oder durch den Dschungel robben und nur mit einer Haarklammer bewaffnet, gegen Elitesoldaten kämpfen – und dann immer noch so aussehen, als sei man auf dem Weg zur eigenen Hochzeit.
Eine Wohltat sind die Schablonen, nach denen Romane und Hollywood-Streifen funktionieren, nicht nur für das Publikum, sondern auch für Regisseure und Drehbuchschreiber!
Die Zuschauer wissen, was sie erwartet und auf was sie sich einlassen – und die guten Autoren und Filmemacher nutzen die Erwartungen als Werkzeuge, um im Publikum punktgenau bestimmte Gefühle auszulösen: Spannung, Mitleid, Heiterkeit, Trauer, Herzrasen, Angst usw..
Und längst funktionieren Klischees nicht mehr nur allein über den Inhalt. Die Zuschauer haben in all den Jahren Filmgeschichte sogar unbewusst Kameraeinstellungen zu deuten gelernt! Niemand muss einem Kinogänger sagen, dass gleich irgendetwas Unerwartetes passieren wird, wenn die Kamera dem Helden nah von hinten folgt. Solche Sequenzen geben dem Publikum etwas zum Entschlüsseln und gleichzeitig - Grusel hin, Gefahr her - die Sicherheit, dass dem Helden nichts passieren kann und ihnen selbst auch nicht.
Vielleicht ist dieser Aspekt der Geborgenheit wichtiger, als man bei der Aufgeklärtheit des modernen Publikums denken könnte.
Denn eines wird sich genau so wenig ändern wie die Tatsache, dass jeder Oberschurke noch einmal aufstehen wird, wenn der Held ihn für besiegt hält.
Ein Kino wird immer ein dunkler Raum bleiben, angefüllt mit einander völlig fremden Menschen, bei einem guten Buch läuft ein ‘Kopfkino‘ ab, wobei der Leser nicht umsonst in einem Elfenbeintürmchen sitzt, wie letztlich auch der Kinozuschauer.
Machen wir also weiter mit unseren Klischees, in Russland liegt immer Schnee. Frauen in Filmen haben nie Achselhaare - nicht am 'Morgen danach', nicht auf der 'Lost'-Insel und schon gar nicht nach einer durchliebten Nacht. Sie wachen immer wohlfrisiert auf.
So werden Computer weiterhin nie mit einer Maus bedient werden. Eine tolle Erfindung namens ‘Maus‘ kommt bei der Bedienung von PCs nicht zum Einsatz. Stattdessen werden alle Rechner umständlich per Tastatur gesteuert. Man wunderte sich darüber, dass selbst die geheimsten Geheimdaten auf einem Computer immer mit einem nachvollziehbaren Passwort geschützt sind und Sicherheitskopien davon gibt es auch nicht. Die streng geheimen Daten des ‘Bösen’ werden von dem ‘Guten’ auf einen USB-Stick gezogen, was natürlich ein Weilchen dauert. Die Kamera bleibt drauf. Minutenlang, während sich der ‘Gute’ die Fingernägel abknabbert und sich der ‘Böse’ bedrohlich schnell nähert. Immer in letzter Sekunde sind die geheimen Daten auf dem Stik und der ‘Gute’ kann sie noch schnell in die Tasche stecken und dem ‘Bösen’, der in diesem Moment ins Zimmer kommt, ein unschuldiges, fröhliches Gesicht zeigen.
Na, gut, ich habe sicher noch mächtig viele Klischees vergessen, weil jeder Leser oder Kinozuschauer sie so sehr verinnerlicht hat, dass es ihm nicht mehr auffällt.
Oder wäre es Dir, geneigter Leser, aufgefallen, dass jeder Rentner ‘Erwin‘ heißt und niemals der ‘Gute‘ ‘Adolf‘?
Aber, mal Hand auf’s Herz: Können wir ohne Klischees?
Sollte nicht in jeder guten Geschichte auch eine, wenigstens kleine, ‘Lovestory‘ vorkommen, die beim Leser eines Buches oder Zuschauer eines Films, ein gutes Gefühl hinterlässt?
Man ist geneigt, das Buch zuzuklappen, wenn die Klischees nicht hinhauen – leider.
Weshalb, zum Teufel, heißt eigentlich jeder Rentner ‘Erwin‘?
Könnte ich den ‘Guten‘ einer Story eigentlich ‘Adolf‘ nennen?
Das geht gar nicht, denn jede gute Story ist nur so gut, wie der ‘böse Bube‘ in ihr. Den bösen Buben ‘Adolf‘ zu nennen geht schon eher.
Aber das erfordert wiederum Klischees, wie zum Beispiel: Weshalb benutzen Hollywood-Polizisten immer Taschenlampen, aber nie den Lichtschalter?
Sollten zum Beispiel Raumschiffe in einem Science-Fiction-Film oder Roman nicht in einem krachenden Feuerball explodieren, fehlt ihnen etwas – obwohl das im Vakuum des Weltalls eher nicht vorkommen wird.
Lichtschwerter müssen immer "Bzzzz" machen, jedem Schalldämpfer entfährt dasselbe, unrealistische "Plopp". Faustschläge müssen spätestens seit Bud Spencer immer so klingen, als sei gerade jemand mit einem Knäckebrot im Mund ungebremst gegen eine Wand gelaufen. Und an allen Bomben muss natürlich eine Digitalanzeige angebracht sein, die millisekundengenau angibt, wie viel Zeit der Held hat, sie zu entschärfen – auch wenn die Sekunden im Film dann zehn Minuten dauern.
Hm.
Es genügen bereits Kleinigkeiten: Wer im Roman oder im Film hustet, wird bald darauf sterben! Es ist nun mal so.
Kommt einmal ein Tier im Film vor, wird es immer einen typischen Laut ausstoßen: Mäuse und Ratten fiepen, Katzen miauen, und nie wird der Geier über dem Westernpanorama stumm bleiben.
Nie wird ein Radiowecker den Helden in der Mitte eines beliebigen Songs wecken – sondern immer wenn der Moderator gerade „Guten Morgen, das wird ein wundervoller Tag!" ruft.
Ganz übel ist, wenn dem Autoren nichts Realistisches einfällt, der Protagonist das Radio einschaltet und es kommt genau dann die Meldung, die er braucht. Manchmal erklingt vorher merkwürdigerweise eine Koloratursängerin.
Ich komme mal auf die Filme zurück, aber das betrifft auch Romane, sogar welche von Literaturpreisträgern. Sollte dem Filmhelden, der auf einer Insel gestrandet ist, mit der Zeit ein Bart wachsen, rückt das den Film bereits in die Nähe der Dokumentation – denn nie wachsen echten Helden Bärte! Helden aus dem Mittelalter haben auch nie schlechte Zähne (im Gegensatz zu fast allen Gaunern), und wo sind die Helden der Eskimos?
Gauner oder die ‘Bösen‘ erkennt man übrigens daran, dass sie schwarze Hüte tragen! Ausnahme, ich habe drauf geachtet: Gary Cooper trug in ‘Zwölf Uhr Mittags‘ einen schwarzen Hut!
Das ist nicht nur bei Western so; - überhaupt sind Western ein unerschöpfliches Feld für Klischees: Indianer stehen zunächst malerisch auf einem Hügel und reiten immer nacheinander! auf den Zug, Wagentreck oder was auch immer zu, um sich dann der Reihe nach abschießen zu lassen.
Es bleibt aber immer genügend Zeit, eine Wagenburg zu bilden.
Sollte das mal nicht der Fall sein, oder wird der Treck bei der Überquerung eines Flusses angegriffen, wobei grundsätzlich eine Frau während des Angriffs niederkommt, ist ein Wagen mit Dynamit beladen und brennt. Er wird nur von einem Neger verteidigt. (Es kommt natürlich drauf an, ob der Film in den Nord- oder Südstaaten spielt.) Es wird natürlich auch ein Nebenprotagonist verletzt, worauf eine Frau ein Stück von ihrem Unterrock abreißt und ihn damit verbindet.
Actionstorys und Actionfilme sind hingegen Klischeecollagen: Hat James Bond einen nackten Oberkörper, wird er nie von einer Kugel getroffen werden (und auf Toilette muss er auch niemals), und keine seiner Filmpartnerinnen wird je mit verwuselten Haaren aufwachen.
Hauptprotagonisten müssen zu jedem Zeitpunkt Stars bleiben, dem Leser oder Zuschauer entrückt und nahezu unverwundbar.
Auch ihre Gegner müssen immer wieder dieselben Fehler machen. Das Klischee zwingt sie regelmäßig dazu, dem Helden in einem Moment falscher Siegesgewissheit ihren Plan zur Weltherrschaft zu verraten – und dessen Schwachstelle noch dazu.
Auch die Autos der Bösen müssen immer wieder dem Klischee zum Opfer fallen: Während der Wagen des Helden sich fünfmal überschlagen kann und immer noch nicht reif für den Schrottplatz wäre, ist der Wagen des Schurken der Explosion schon nahe, wenn er seinen Parkschein auf das Armaturenbrett legt.
Die goldenste aller Regeln: Sind die Gegner in der Übermacht und der Held ganz auf sich allein gestellt, dann dürfen sie in keinem und keinstem Fall bewaffnet sein und ihn nur einer nach dem anderen angreifen: jeder nur einen Schlag bitte, und das Knäckebrot im Mund nicht vergessen.
Das alles ist gut so – für die Figuren in den Romanen und Filmen und für die Leser und Zuschauer!
Der Leser oder Zuschauer erwartet schließlich, dass der Privatdetektiv ein armer Hund ist, der mal bei der Polizei war, aber dort zu wenig ‘Bewegungsfreiheit‘ hatte, um dem ‘Wahren, Schönen und Guten zu dienen‘. Der Detektiv hat aber immer einen ehemaligen Kollegen bei der Polizei, der ihm bei einem kniffligen Fall hilft, obwohl er dabei seine Rente riskiert. Von der nie leer werden Whiskyflasche in der zweitobersten Schreibtischschublade und seinen Schulden beim Buchmacher rede ich nicht.
Denn erst Klischees, die so stark sind, dass das Publikum sie für selbstverständlich erachtet, lassen die Helden groß, größer, übermächtig erscheinen; - und dabei doch ‘menschlich‘ bleiben!
Klischees machen dem Helden so viele Dinge kinderleicht: Sie laden den Heldenrevolver mit hundert Patronen auf, die ohne nachzuladen verballert werden dürfen. Sie sorgen dafür, dass die Kleidung jedes Wachmanns, den der Held gerade niedergeschlagen hat, ihm wie angegossen passt und der Held in stimmiger Verkleidung (weiß der Teufel, wo er das Zeugs immer her hat) unerkannt das Geheimlabor des Obergauners infiltrieren kann.
Wen stört es dann, dass sich zum Beispiel bei der letzten ‘Titanicverfilmung‘ die Schrauben der Titanic verkehrt herum drehen?
Klischees sind des Helden Freund und Helfer – denn nur dank ihrer Hilfe kann man erst aus einem Hubschrauber ins Meer springen um dann auf einer Insel zu verweilen, ohne Zahnschmerzen oder Blinddarmentzündung, oder durch den Dschungel robben und nur mit einer Haarklammer bewaffnet, gegen Elitesoldaten kämpfen – und dann immer noch so aussehen, als sei man auf dem Weg zur eigenen Hochzeit.
Eine Wohltat sind die Schablonen, nach denen Romane und Hollywood-Streifen funktionieren, nicht nur für das Publikum, sondern auch für Regisseure und Drehbuchschreiber!
Die Zuschauer wissen, was sie erwartet und auf was sie sich einlassen – und die guten Autoren und Filmemacher nutzen die Erwartungen als Werkzeuge, um im Publikum punktgenau bestimmte Gefühle auszulösen: Spannung, Mitleid, Heiterkeit, Trauer, Herzrasen, Angst usw..
Und längst funktionieren Klischees nicht mehr nur allein über den Inhalt. Die Zuschauer haben in all den Jahren Filmgeschichte sogar unbewusst Kameraeinstellungen zu deuten gelernt! Niemand muss einem Kinogänger sagen, dass gleich irgendetwas Unerwartetes passieren wird, wenn die Kamera dem Helden nah von hinten folgt. Solche Sequenzen geben dem Publikum etwas zum Entschlüsseln und gleichzeitig - Grusel hin, Gefahr her - die Sicherheit, dass dem Helden nichts passieren kann und ihnen selbst auch nicht.
Vielleicht ist dieser Aspekt der Geborgenheit wichtiger, als man bei der Aufgeklärtheit des modernen Publikums denken könnte.
Denn eines wird sich genau so wenig ändern wie die Tatsache, dass jeder Oberschurke noch einmal aufstehen wird, wenn der Held ihn für besiegt hält.
Ein Kino wird immer ein dunkler Raum bleiben, angefüllt mit einander völlig fremden Menschen, bei einem guten Buch läuft ein ‘Kopfkino‘ ab, wobei der Leser nicht umsonst in einem Elfenbeintürmchen sitzt, wie letztlich auch der Kinozuschauer.
Machen wir also weiter mit unseren Klischees, in Russland liegt immer Schnee. Frauen in Filmen haben nie Achselhaare - nicht am 'Morgen danach', nicht auf der 'Lost'-Insel und schon gar nicht nach einer durchliebten Nacht. Sie wachen immer wohlfrisiert auf.
So werden Computer weiterhin nie mit einer Maus bedient werden. Eine tolle Erfindung namens ‘Maus‘ kommt bei der Bedienung von PCs nicht zum Einsatz. Stattdessen werden alle Rechner umständlich per Tastatur gesteuert. Man wunderte sich darüber, dass selbst die geheimsten Geheimdaten auf einem Computer immer mit einem nachvollziehbaren Passwort geschützt sind und Sicherheitskopien davon gibt es auch nicht. Die streng geheimen Daten des ‘Bösen’ werden von dem ‘Guten’ auf einen USB-Stick gezogen, was natürlich ein Weilchen dauert. Die Kamera bleibt drauf. Minutenlang, während sich der ‘Gute’ die Fingernägel abknabbert und sich der ‘Böse’ bedrohlich schnell nähert. Immer in letzter Sekunde sind die geheimen Daten auf dem Stik und der ‘Gute’ kann sie noch schnell in die Tasche stecken und dem ‘Bösen’, der in diesem Moment ins Zimmer kommt, ein unschuldiges, fröhliches Gesicht zeigen.
Na, gut, ich habe sicher noch mächtig viele Klischees vergessen, weil jeder Leser oder Kinozuschauer sie so sehr verinnerlicht hat, dass es ihm nicht mehr auffällt.
Oder wäre es Dir, geneigter Leser, aufgefallen, dass jeder Rentner ‘Erwin‘ heißt und niemals der ‘Gute‘ ‘Adolf‘?
Aber, mal Hand auf’s Herz: Können wir ohne Klischees?
Sollte nicht in jeder guten Geschichte auch eine, wenigstens kleine, ‘Lovestory‘ vorkommen, die beim Leser eines Buches oder Zuschauer eines Films, ein gutes Gefühl hinterlässt?
Man ist geneigt, das Buch zuzuklappen, wenn die Klischees nicht hinhauen – leider.