jeremias

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MarcL

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jeremias
das war sein name
von bart und brauen umwucherte augen
um die sechzig hager
bedächtige worte vor jedem pfeifenzug

da war eine ausgebaute ruine am waldrand
scheite die im kamin fiebten wie junge hunde
und wohnwagen mit sinnsuchern
die den himmel ihrer vorstellungen auf die erde zwangen
mit streitgesprächen schwerer als heuballen
rostige nägel hielten die wohnstatt zusammen
unabhängig davon wessen sturm gerade an fahrt gewann

sein letzter pfeifenzug außer sichtweite
im woanders
aus erzählungen
 
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petrasmiles

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Dein stimmungsvoller Text erinnert mich an eine Situation, die ich seinerzeit in Texas hatte. Da gab es große, nicht an Strom oder Wasser angeschlossene Gebiete, die Veteranen kaufen und in ihnen sich Wochenend-Habitate (oder mehr) einrichten konnten. Ein Leben so nah an der Wildnis, wie man es sich als Städter nur vorstellen kann. Eine Familie hatte zwei Hunde, von denen einer sehr krank war - und alt. So saßen wir im Freien und klönten und der kranke Hund machte noch einmal seine Beschnüffelrunde und zog sich an den Rand des Geländes zurück. Legte sich hin, schnaufte eine Weile und starb. Seither erscheint mir das als der Inbegriff des angemessen ausklingenden Lebens, und hat sehr wahrscheinlich viel mit der Naturverbundenheit und der Beschränkung auf das Wesentliche zu tun, wie es Deine Protagonisten tun. Ohne, dass ich dies romantisieren möchte.
Eine alte Faust, die sich protestierend in den Himmel reckt, hat in jungen Augen, aber auch in denen der 'erwachsen' gewordenen Gefährten immer etwas rührend Gescheitertes, aber was bleibt von uns, wenn nicht der Einklang mit unseren Überzeugungen? Nicht für die 'Nachwelt', aber für uns?
Manche Texte setzen Erinnerungsketten und Reflexionen in Gang, die für mich das Wunderbarste am Lesen sind. Danke dafür.

Liebe Grüße
Petra
 

MarcL

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Vielen Dank, Petra, für deine Zeilen. Ja, mitunter sind Auszeiten -oder auch ausklingende Jahre- nah der Natur eine interessante und womöglich wohltuende Option, ein Stück weit ins Gleichgewicht und in Tuchfühlung mit wesentlichen Aspekten der Lebensgestaltung zu kommen. Wahrscheinlich ist das nicht jedermanns Sache, da man ohne die üblichen Ablenkungen durchaus tiefer ins persönliche Funktionieren, Denken, Fühlen... schauen kann.
Im Einklang mit eigenen Überzeugungen zu sein, bedeutet vielleicht auch, im Flow zu bleiben. Denn Sichtweisen können sich ändern.
Ein Cut vermag durchaus, gewisse Prozesse bewusster wahrzunehmen, die Dinge halbwegs ins Lot zu bringen. Aber das Erkannte dann in den Alltag, in die Großstadt zu übersetzen, das ist eine ganz andere Nummer, wie du dir denken kannst und bestimmt auch weißt.

Dass das Gedicht Erinnerungsketten und Reflexionen in Gang gesetzt hat, freut mich wirklich. da das ebenso für mich das große Plus beim Lesen ist.

Liebe Grüße
Marc
 
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