Die Geschichte mit dem Esel / ab 5J. (c)Monika Rieger
Beim Abendessen saß Jan still auf seinem Platz. Er aß nur wenig und trank seinen Tee nicht leer. Ab und zu schaute die Mutter zu ihm und hatte dabei Falten auf der Stirn. Nachdem Abendessen lief Jan gleich ins Bad und als er sich geduscht und die Zähne geputzt hatte, legte er sich sofort ins Bett. „Nanu“, rief der Vater, „möchtest du mir nichts von deinem Tag erzählen?“
„Nö“, antwortete Jan leise. Er drehte sich auf den Rücken und zog die Bettdecke hoch. Plötzlich spürte er eine Hand auf seinem Arm.
„Jan“, sagte der Vater, komm erzähl mir doch was. Geht es dir nicht gut?“ Da schluchzte Jan einmal laut auf, warf die Decke weg und hängte sich an Vaters Hals. Der Vater strich sanft über seinen Rücken und setzte sich mit Jan aufs Bett zurück. „Willst du mir nun erzählen, was passiert ist?“ fragte der Vater und Jan nickte.
Vater reichte ihm sein Taschentuch, Jan schnäuzte tüchtig hinein, gab das Tuch zurück und sagte: „Meine beste Freundin Anna hat gesagt, ich sei ein Esel, vor allen anderen Kindern. Jetzt denken die bestimmt, ich sei blöd.“
„Kennst du denn einen Esel, Jan?“
„Ja, mich.“
Nun lachte der Vater dröhnend. „Ach Jan, ich erzähle dir einmal eine Geschichte, du kannst danach immer noch entscheiden, ob Esel dumm sind.
Du weißt doch, dass ich als Kind in einem Dorf lebte, da wo Oma und Opa noch immer wohnen. Unsere Nachbarin, die Frau Wegmann, hatte eine große Wiese mit einem Stall und einem Wasserbecken, das täglich neu aufgefüllt wurde. Das stellte das Reich von Esel Jockel und dem Schaf Muckel dar. Die beiden waren unzertrennlich. Wenn das Schaf im Frühling geschoren wurde, stand Jockel daneben, bis zum Ende der Schur. Jockels Hufe wurden jeden Tag ausgekratzt, aber er hielt nur still, wenn er das Schaf in seiner Nähe sah. Mussten Jockels Hufe geschnitten werden, durfte natürlich Muckel nicht fehlen. Ich besuchte oft Frau Wegmann und die Tiere und freute mich, wenn ich Jockels lange Ohren sah. Manchmal brachte ich den beiden Möhren und Äpfel mit.
„Das sind aber „Leckerli, das brauchen sie nicht immer“, erinnerte mich Frau Wegmann.
Jeden Samstag führte Herr Wegmann die beiden auf eine benachbarte Weide. An einem dieser Ausflüge durfte ich ihn begleiten. Gerade an diesem Tag streikte das Schaf, es blieb einfach im Stall liegen. Der Esel merkte erst auf der Straße, dass sein Freund fehlte. Augenblicklich legte er sich hin, streckte die Beine wie Stecken von sich und schrie jämmerlich.
Das war nun kein Ia Rufen, wie ich es aus Märchen und Lieder kannte. Wenn Jockel schrie hörte sich das an, als würde ein laut keuchender Mann eine quietschende Eisentür auf und zu schlagen. Das Schaf eilte herbei, stupste den Esel an und der Spaziergang begann. Herr Wegmann führte die Tiere ein kurzes Stück die Straße entlang, über die kleine Brücke und dann kam schon die Wiese. Hier durften Jockel und Muckel grasen.
Ich setzte mich mit Herrn Wegmann auf das Brückengeländer. Auf einmal lief ein sehr großer Hund auf die Wiese und rannte sofort auf das Schaf zu. Der Esel aber raste hinterher, schrie wieder unglaublich schrill und laut und verjagte den Hund. Herr Wegmann nahm die Tiere an den Stricken. „Zeit für den Heimweg“, sagte er. Er streichelte Jockel, danach das Schaf. „Ja, ja, mein Esel ist ein tapferer Kerl, in Gefahr läuft er nie davon, das machen aber die Pferde.“
Ich fragte ihn, warum jeder denkt, ein Esel sei dumm und störrisch. „Das sind sie nur, wenn sie von den Menschen schlecht behandelt werden. Ich bin stolz auf meinen klugen Esel.“
An diesen Spaziergang denke ich heute noch gern.“
Der Vater stand auf, er holte ein Glas voll Wasser, trank es mit Jan leer und fragte: „Na, was meinst du nun zum Esel?“ Jan grinste: „Der ist in Ordnung. Morgen werde ich die Geschichte Anna erzählen.“
Er umarmte den Vater, der legte ihm noch die Hand auf den Kopf: „Schlaf gut, mein Junge und träum was Schönes.“
*
Beim Abendessen saß Jan still auf seinem Platz. Er aß nur wenig und trank seinen Tee nicht leer. Ab und zu schaute die Mutter zu ihm und hatte dabei Falten auf der Stirn. Nachdem Abendessen lief Jan gleich ins Bad und als er sich geduscht und die Zähne geputzt hatte, legte er sich sofort ins Bett. „Nanu“, rief der Vater, „möchtest du mir nichts von deinem Tag erzählen?“
„Nö“, antwortete Jan leise. Er drehte sich auf den Rücken und zog die Bettdecke hoch. Plötzlich spürte er eine Hand auf seinem Arm.
„Jan“, sagte der Vater, komm erzähl mir doch was. Geht es dir nicht gut?“ Da schluchzte Jan einmal laut auf, warf die Decke weg und hängte sich an Vaters Hals. Der Vater strich sanft über seinen Rücken und setzte sich mit Jan aufs Bett zurück. „Willst du mir nun erzählen, was passiert ist?“ fragte der Vater und Jan nickte.
Vater reichte ihm sein Taschentuch, Jan schnäuzte tüchtig hinein, gab das Tuch zurück und sagte: „Meine beste Freundin Anna hat gesagt, ich sei ein Esel, vor allen anderen Kindern. Jetzt denken die bestimmt, ich sei blöd.“
„Kennst du denn einen Esel, Jan?“
„Ja, mich.“
Nun lachte der Vater dröhnend. „Ach Jan, ich erzähle dir einmal eine Geschichte, du kannst danach immer noch entscheiden, ob Esel dumm sind.
Du weißt doch, dass ich als Kind in einem Dorf lebte, da wo Oma und Opa noch immer wohnen. Unsere Nachbarin, die Frau Wegmann, hatte eine große Wiese mit einem Stall und einem Wasserbecken, das täglich neu aufgefüllt wurde. Das stellte das Reich von Esel Jockel und dem Schaf Muckel dar. Die beiden waren unzertrennlich. Wenn das Schaf im Frühling geschoren wurde, stand Jockel daneben, bis zum Ende der Schur. Jockels Hufe wurden jeden Tag ausgekratzt, aber er hielt nur still, wenn er das Schaf in seiner Nähe sah. Mussten Jockels Hufe geschnitten werden, durfte natürlich Muckel nicht fehlen. Ich besuchte oft Frau Wegmann und die Tiere und freute mich, wenn ich Jockels lange Ohren sah. Manchmal brachte ich den beiden Möhren und Äpfel mit.
„Das sind aber „Leckerli, das brauchen sie nicht immer“, erinnerte mich Frau Wegmann.
Jeden Samstag führte Herr Wegmann die beiden auf eine benachbarte Weide. An einem dieser Ausflüge durfte ich ihn begleiten. Gerade an diesem Tag streikte das Schaf, es blieb einfach im Stall liegen. Der Esel merkte erst auf der Straße, dass sein Freund fehlte. Augenblicklich legte er sich hin, streckte die Beine wie Stecken von sich und schrie jämmerlich.
Das war nun kein Ia Rufen, wie ich es aus Märchen und Lieder kannte. Wenn Jockel schrie hörte sich das an, als würde ein laut keuchender Mann eine quietschende Eisentür auf und zu schlagen. Das Schaf eilte herbei, stupste den Esel an und der Spaziergang begann. Herr Wegmann führte die Tiere ein kurzes Stück die Straße entlang, über die kleine Brücke und dann kam schon die Wiese. Hier durften Jockel und Muckel grasen.
Ich setzte mich mit Herrn Wegmann auf das Brückengeländer. Auf einmal lief ein sehr großer Hund auf die Wiese und rannte sofort auf das Schaf zu. Der Esel aber raste hinterher, schrie wieder unglaublich schrill und laut und verjagte den Hund. Herr Wegmann nahm die Tiere an den Stricken. „Zeit für den Heimweg“, sagte er. Er streichelte Jockel, danach das Schaf. „Ja, ja, mein Esel ist ein tapferer Kerl, in Gefahr läuft er nie davon, das machen aber die Pferde.“
Ich fragte ihn, warum jeder denkt, ein Esel sei dumm und störrisch. „Das sind sie nur, wenn sie von den Menschen schlecht behandelt werden. Ich bin stolz auf meinen klugen Esel.“
An diesen Spaziergang denke ich heute noch gern.“
Der Vater stand auf, er holte ein Glas voll Wasser, trank es mit Jan leer und fragte: „Na, was meinst du nun zum Esel?“ Jan grinste: „Der ist in Ordnung. Morgen werde ich die Geschichte Anna erzählen.“
Er umarmte den Vater, der legte ihm noch die Hand auf den Kopf: „Schlaf gut, mein Junge und träum was Schönes.“
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