Jonas Fahrt

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Jona bricht nach Jaffa auf zur See;
da ergreift ein schwerer Sturm das Boot,
wirft es hin und her nach Luv und Lee,
alle Passagiere sehen rot.

Denn die Fahrt ging nicht nach Ninive.
Jona, dem die Strafe Gottes droht,
springt ins Wasser, alles schreit: "O weh!
seht, ein Wal schluckt ihn zum Abendbrot."

Jona reckt sich langsam hoch im Bauch,
blickt sich um und sieht Pinnocchio,
und er fragt ihn andächtig: "Du auch?"

Jener blickt ihn an: "Ich seh das so:
hab Vertrauen, nach dem alten Brauch
werden wir gerettet - irgendwo."
 

Drake Falkon

Mitglied
hey,

...ein jamben-sonett? ;)

hübsche idee, es ist auch alles drin.ich finds nur eher etwas schmucklos.
aber das ist sicherlich geschmackssache...

also:

leider passt die metrik bei

"alle passagiere" nicht...
x - - - x -

kann auch gar nicht.... ( - - x - passt nicht zum jambus)
zumal die senkung in

"alle"

noch dazu beiträgt aus dem tackt zu kommen.
wenn du die metrik benutzen willst, um die wogen der wellen zu untermalen, könntest du solche starken senkungsballungen weiter oben auch schon einsetzen.

ansonsten würde ich

"die pasagiere"

schreiben....oder ein synonym für passagier wählen
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke für den freundlichen Kommentar. Da es ja kein Jamben-Sonett ist, sondern Trochäen verwendet, funktioniert "Die Passagiere" nicht. (Jambus betrachte ich als ironisch, ist es nicht ironisch gemeint, ist es falsch.)
Bei "alle Passagiere" liegt zumindest eine Nebenbetonung auf "Pas".

Ich denke aber darüber nach, ob ich ein passenderes Wort finde.
Viele Grüße von Bernd
 

Drake Falkon

Mitglied
ach ja, du hast recht!
wie komme ich auf jambus?...

aber vielleicht lässt du dir trotzdem noch mal den gedanken mit der "wellen-metrik" durch den kopf gehen...mir zumindest scheint es interessant zu sein eine in der form an den text angepaste struktur zu haben.....vielleicht mache ich selber ein wellen-gedicht....
 

Label

Mitglied
Lieber Bernd

Stimmt ja, beide Figuren landen im Bauch eines Wales, das habe ich so noch nie zusammen betrachtet.
Jona/Guiseppe die von von Pinoccio zuversichtlich getröstet werden, hat für mich einen leisen Humor den ich schätze.

an einigen Stellen fließt es nicht so richtig, darum hier ein paar Vorschläge.

wirft es [blue]her[/blue] und [blue]hin[/blue] nach Luv und Lee
irgendwie klänge das in meinen Ohren besser, ohne dass ich dafür einen vernünftigen Grund angeben kann

andächtig fragt er ihn: "Du auch?"
damit dieser Vers die gleiche Silbenzahl und Betonung hat wie -Jona reckt sich langsam hoch im Bauch-

hab Vertrauen, [blue]denn nach altem[/blue] Brauch
klingt nach meinem Ohr flüssiger, da es nicht gegen die natürliche Betonung geht.

vielleicht kannst du etwas damit anfangen.
mit einem lieben Gruß
Label
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Jona bricht nach Jaffa auf zur See;
da ergreift ein schwerer Sturm das Boot,
wirft es hin und her nach Luv und Lee,
alle von der Mannschaft sehen rot.

Denn die Fahrt ging nicht nach Ninive.
Jona, dem die Strafe Gottes droht,
springt ins Wasser, alles schreit: "O weh!
seht, ein Wal schluckt ihn zum Abendbrot."

Jona reckt sich langsam hoch im Bauch,
blickt sich um und sieht Pinnocchio,
und er fragt ihn andächtig: "Du auch?"

Jener blickt ihn an: "Ich seh das so:
hab Vertrauen, nach dem alten Brauch
werden wir gerettet - irgendwo."
 

Drake Falkon

Mitglied
...
ok,passagier ist ersetzt...aber ich muss sagen, dass es so jedoch unschön wirkt...irgendwie ungelenk....

ich frag mich gerade, ob die zeile überhaupt so sinnig ist...
ich kenne das "rot sehen" eher für wütende menschen, hier scheinen die menschen aber in angesicht des drohenden todes rot zu sehen...

vielleicht die konzeption der zeile noch mal überdenken?
oder passagiere doch lassen? ^^
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Natürlich sind die anderen wütend, denn es war Jona, der sie in Gefahr brachte.
Wenn er nicht gesprungen wäre, hätten sie ihn vielleicht von Bord gestürzt.
 
F

Fettauge

Gast
Damit ihr euch nicht streitet: Ein Sonett wird nur, und das grundsätzlich und immer, will es tatsächlich ein Sonett sein, in Jamben geschrieben. Trochäen haben da überhaupt nichts zu suchen.

Wenn du die Idee mit den Wellen hättest im Gedicht umsetzen wollen, die ich wirklich gut finde, dann ist das Sonett die falscheste Reimform. Leider.

Trotzdem, Verslehre hin oder her, das Gedicht gefällt mir.

Gruß, Fettauge
 

Drake Falkon

Mitglied
mh...ok,da muss man glaub ich die geschichte besser kennen.

mir hat sich das jetzt nicht erschlossen...zumal du auch nicht zwischen jona und den übrigen passagieren differenzierst, wenn du nur schreibst "alle passagiere/ alle von der mannschaft".

hab es meiner freundin gezeigt, sie konnte den zusammenhang auch nicht herstellen.

aber das ist glaub ich eine frage der zielgruppe...
willst du bibelfeste menschen erreichen, die bei dem namen jona schon direkt die geschichte kennen(dann hast du ein prägnantes gedichte geschaffen), oder die geschichte auch für andere verständlich machen (dann fehlen leider einige informationen!)?


...zumal bei wiki steht (ich weiß, nicht unbedingt die beste quelle), dass jona zwar vorschlägt ins meer zu springen, aber er schlussendlich doch geworfen wird...

"Durch das Los wird Jona als Verantwortlicher entlarvt, der seine Schuld bekennt und vorschlägt, sich ins Meer werfen zu lassen. Nachdem die Männer zunächst ergebnislos versucht haben, durch Rudern an Land zu kommen, werfen sie Jona doch noch ins Meer." -Quelle Wikipedia: "Buch Jona"
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wir haben zur Zeit Handwerker hier, die Wohnung ist chaotisch, ich kam nur wenig zum Schreiben.
Ich möchte aber doch die Gelegenheit nutzen und Fettauge widersprechen.

Ein Sonett ist (im deutschen Bereich) oft jambisch, es gibt aber auch andere Formen, wie Trochäus und Anapäst, die genutzt werden. Auch andere rhythmische Formen kommen vor. Ich habe nicht sofort geantwortet, sondern noch einmal vorher nachegsucht und viele Beispiele gefunden. Auch theoretisch ist es beschrieben. Interessant für mich wäre, woher die sehr starke Restriktion auf Jamben stammt.

PS: Das Gedicht habe ich nochmals überarbeitet und die Geschichte logischer gestaltet.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Jona bricht nach Jaffa auf zur See;
da ergreift ein schwerer Sturm das Boot,
wirft es hin und her nach Luv und Lee,
und die Mannschaft ist in großer Not.

Jona sollte ja nach Ninive.
Jetzt, wo ihm die Strafe Gottes droht,
springt er über Bord, man ruft: "O weh!
seht, ein Wal schluckt ihn zum Abendbrot."

Jona reckt sich langsam hoch im Bauch,
blickt sich um und sieht Pinnocchio,
und er fragt ihn andächtig: "Du auch?"

Jener blickt ihn an: "Ich seh das so:
hab Vertrauen, nach dem alten Brauch
werden wir gerettet - irgendwo."
 

Drake Falkon

Mitglied
stimmt,jetzt ist es viel verständlicher.

ich glaub, das problem ist die "regelpoetik". man bekommt doch schon in der schule mit, dass ein sonett immer jambisch zu sein hat...es lebe gryphius und co. ... alles oberflächlich und geordnet. das gleiche gilt für die metrik allgemein. kein experimentieren, bloß nicht! um es mit rilke zu sagen: "ich fürchte mich so vor der menschen wort/sie drücken alles so deutlich aus/ und dieses heißt hund und jenes heißt haus/ und hier ist beginn und das ende ist dort

dabei liegt doch gerade im experimentieren eine große lust!
doch meiner ansicht nach wirkt opitz' erbe hier noch nach, der ja den jambus allgemein für das non plus ultra hielt, den tröchäus gerade noch erlaubte...

das ist auch der gleiche punkt, an dem unsere lieben sprachschützer ansetzen: so wird es geschrieben/gesprochen, so muss es auch weiterhin sein...was ein quatsch...ich bin germanist und kann daher guten gewissens sagen: was wir niemals hatten, war DIE deutsche sprache, einheitlich und geregelt, unveränderlich und von allen beherrscht.

trotzdem glauben wir es und tun so, als ob unsere jetzigen regeln schon immer da gewesen wären und unumstößlich seien!
dabei vergisst man gerne, dass z.b. goethe nach heutigem standard "falsche" kasus verwendete... so viel zum dichterfürsten

es bleibt immer die angst vor dem chaos: wann ist ein sonett ein sonett? wann ein baum ein baum? die ungewissheit der grenzerfahrung macht uns schmerzen und wir versuchen uns hinter einem dicken regelwek zu verstecken um bloß alles "richtig" zu machen...

das ist die traurige geschichte des menschen: in jedem künstler (und nicht-künstler,wobei das schon eine grenzstreitigkeit ist)steckt ein kleiner kopfschüttelnder bürokrat mit erhobenem finger und einem lesezeichen an der passenden stelle.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es gab extremen Streit über Sonettformen. Das ist nicht neu. Im 19. Jahrhundert versuchten einige zum Beispiel, satirische Formen auszuschließen.
Zeitweise wurden (nach französischem Vorbild) fast nur Alexandriner verwendet.

Opitz' Werk "Poeterey" kann man heute leicht als E-Book im
Internet finden, es ist recht interessant. http://gutenberg.spiegel.de/buch/5431/1

Mein Sonettkochbuch (das am Ende 14 Sonette enthalten soll), nimmt eine Reihe der Formen auf, die in Sonetten üblich waren und verarbeitet sie selbstbezüglich.
http://www.leselupe.de/lw/titel-Hutschis-Sonettkochbuch-107558.htm

In Petrarca-Sonetten gibt es im Original eine andere Formatierung, als in Deutsch, weil die Sprachstruktur anders ist. Es waren silbenzählende Werke. In Deutsch sind es taktzählende Werke, wobei Relikte der Silbenzählung vorhanden bleiben.

Eine wesentliche Fortentwicklung brachten Rilkes Übersetzungen und später der Expressionismus. Während Rilke die Reimstruktur eher aufbrach, festigte der Expressionismus dieselbe.

Es ist ja ein wesentlicher Unterschied, ob man übersetzt oder neu schreibt.


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Beim Jona-Gedicht ist für mich der wesentlichste Punkt der Goldoni-Bezug.
 



 
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