Am späten Abend setzte ein heftiger Regen ein, wir saßen unter einer weit ausladenden Markise, wir saßen geschützt. Ich entschloss mich, den Mund zu halten, zu schön war die ganze Szenerie, um weiter über die Technik zu reden, einen Hummer zu essen. Obschon ich es war, der dieses Thema angeschnitten hatte, die Herrschaften stürzten sich darauf, als wenn es kein schöneres Thema gäbe.
Alsbald wurde ich gefragt, was mein Schweigen zu bedeuten hätte, ich erklärte es mit dem Bild, in dem wir saßen, der starke Regen mache mich andächtig; das wurde akzeptiert, ich fühlte mich gut. Als der Regen nachließ, ging ich heim, ich aß noch ein Brot mit rohem Schinken, dann schlief ich bis zum Morgen. Einer von den Morgen, in dem die Sonne sich andeutet, wenn man im dunstigen Licht danach sucht.
Die Erholung der Nacht führte mich früh in die Straßen des Viertels, der kleinere von den beiden Chefs des Eiscafés kehrte die Terrasse. Er kehrte und sang, er mag Opern, zum Beispiel mag er den Figaro, er kehrte die Terrasse und besang den Figaro. Ich muss nicht erwähnen, wie sehr ich so etwas liebe, wo ich doch an sich keine Opern mag.
Mein Weg führte mich zum Bauernmarkt, Bauer Graf verkauft dort Gurken und Rote Bete; in solchen Gläsern eingemacht, wie damals die von Tante Gertrud. Die Rote Bete, die ich neuerdings stehend in der Küche esse, leicht barbarisch direkt aus dem Glas. Ich hatte Lust, den Verkäufer zum Lachen zu bringen, ich sagte, meine Tante hätte mich damit ewig gequält, ich hätte Jahrzehnte keine Rote Bete mehr gemocht und nun sei der Bann gebrochen. Er lachte, seine Kollegin lachte auch, die wartenden Kunden lachten ebenfalls, es kam mir vor, als wenn man mir die Wahrheit glaubte.
Auf dem Rückweg traf ich Stratos, inzwischen verkauft er Dips aus der Nähe von Athen, gestern war ich bei ihm, er empfahl mir einen Dip aus Erbsen und Minze, ich war unentschlossen, ich wählte einen Dip aus Auberginen und einen anderen aus Tomaten und rotem Pfeffer, aber dann ließ ich mich auf seine Empfehlung ein: Ich wagte mich an Erbse und Minze heran, ich fabulierte einen heißen Sommertag herbei, ein Tag, der so unerträglich heiß ist, dass man nichts essen kann, nichts außer diesem erfrischenden Dip aus der Nähe von Athen, in der Glut des Sommers ein wie erlösender Geschmack.
Stratos lachte, auch ihn hatte ich zum Lachen gebracht, es ist ein schönes Gefühl, wenn man Leute zum Lachen bringen kann. In weiten Teilen Griechenlands könnte diesem Dip eine wichtige Bedeutung zukommen; wenn die Hoffnung auf die Hoffnung stirbt, tröstet vielleicht ein geröstetes Brot mit Erbse und Minze. Doch wer bekommt das Zeug zu essen? Wir hier in dem Viertel, die wir keinen Trost brauchen, wir sind unverschämt gut versorgt.
Wir können unser Leben nach Belieben steigern, wir können einem Opernsänger beim Kehren zusehen, wir können unter schützenden Markisen dem Starkregen zusehen, wir können dabei Rosé trinken und über so eine Scheiße reden, wie man fachgerecht einen Hummer verspeist, wir sind vom Leben verwöhnt, wir können Leute zum Lachen bringen, wenn wir von Tante Gertrud erzählen, wie sie mich gequält hat.
Ich wollte sie nicht enttäuschen, sie hat es gutgemeint, sie hat immer gesagt, wie gesund Rote Bete doch sei, nur leider hat sie nicht erlebt, wie ich das Abitur geschafft habe, sie hätte es womöglich auf ihre Sorge um mich zurückgeführt, ich lebte mehr bei ihr als daheim, und sie meinte es wirklich gut mit mir. Könnte sie mir aus dem Himmel zusehen, wie unfein heute der Bub das Eingemachte ißt, dann dürfte sie sich fragen, wozu eigentlich so ein Abitur etwas nützt.
Ich kann darauf keine Rücksicht nehmen, sie hat auch keine Rücksicht genommen, immer und immer wieder diese Rote Bete, und ich habe mich nicht gewehrt. Es ist meine süßsaure Rache, wie ich stehend in der Küche aus dem Glas esse und nicht an ihrem bürgerlichen Tisch.
Als wenn Rache so etwas Harmloses wäre, ich sollte über mich selbst lachen, das wird dringend empfohlen.
Alsbald wurde ich gefragt, was mein Schweigen zu bedeuten hätte, ich erklärte es mit dem Bild, in dem wir saßen, der starke Regen mache mich andächtig; das wurde akzeptiert, ich fühlte mich gut. Als der Regen nachließ, ging ich heim, ich aß noch ein Brot mit rohem Schinken, dann schlief ich bis zum Morgen. Einer von den Morgen, in dem die Sonne sich andeutet, wenn man im dunstigen Licht danach sucht.
Die Erholung der Nacht führte mich früh in die Straßen des Viertels, der kleinere von den beiden Chefs des Eiscafés kehrte die Terrasse. Er kehrte und sang, er mag Opern, zum Beispiel mag er den Figaro, er kehrte die Terrasse und besang den Figaro. Ich muss nicht erwähnen, wie sehr ich so etwas liebe, wo ich doch an sich keine Opern mag.
Mein Weg führte mich zum Bauernmarkt, Bauer Graf verkauft dort Gurken und Rote Bete; in solchen Gläsern eingemacht, wie damals die von Tante Gertrud. Die Rote Bete, die ich neuerdings stehend in der Küche esse, leicht barbarisch direkt aus dem Glas. Ich hatte Lust, den Verkäufer zum Lachen zu bringen, ich sagte, meine Tante hätte mich damit ewig gequält, ich hätte Jahrzehnte keine Rote Bete mehr gemocht und nun sei der Bann gebrochen. Er lachte, seine Kollegin lachte auch, die wartenden Kunden lachten ebenfalls, es kam mir vor, als wenn man mir die Wahrheit glaubte.
Auf dem Rückweg traf ich Stratos, inzwischen verkauft er Dips aus der Nähe von Athen, gestern war ich bei ihm, er empfahl mir einen Dip aus Erbsen und Minze, ich war unentschlossen, ich wählte einen Dip aus Auberginen und einen anderen aus Tomaten und rotem Pfeffer, aber dann ließ ich mich auf seine Empfehlung ein: Ich wagte mich an Erbse und Minze heran, ich fabulierte einen heißen Sommertag herbei, ein Tag, der so unerträglich heiß ist, dass man nichts essen kann, nichts außer diesem erfrischenden Dip aus der Nähe von Athen, in der Glut des Sommers ein wie erlösender Geschmack.
Stratos lachte, auch ihn hatte ich zum Lachen gebracht, es ist ein schönes Gefühl, wenn man Leute zum Lachen bringen kann. In weiten Teilen Griechenlands könnte diesem Dip eine wichtige Bedeutung zukommen; wenn die Hoffnung auf die Hoffnung stirbt, tröstet vielleicht ein geröstetes Brot mit Erbse und Minze. Doch wer bekommt das Zeug zu essen? Wir hier in dem Viertel, die wir keinen Trost brauchen, wir sind unverschämt gut versorgt.
Wir können unser Leben nach Belieben steigern, wir können einem Opernsänger beim Kehren zusehen, wir können unter schützenden Markisen dem Starkregen zusehen, wir können dabei Rosé trinken und über so eine Scheiße reden, wie man fachgerecht einen Hummer verspeist, wir sind vom Leben verwöhnt, wir können Leute zum Lachen bringen, wenn wir von Tante Gertrud erzählen, wie sie mich gequält hat.
Ich wollte sie nicht enttäuschen, sie hat es gutgemeint, sie hat immer gesagt, wie gesund Rote Bete doch sei, nur leider hat sie nicht erlebt, wie ich das Abitur geschafft habe, sie hätte es womöglich auf ihre Sorge um mich zurückgeführt, ich lebte mehr bei ihr als daheim, und sie meinte es wirklich gut mit mir. Könnte sie mir aus dem Himmel zusehen, wie unfein heute der Bub das Eingemachte ißt, dann dürfte sie sich fragen, wozu eigentlich so ein Abitur etwas nützt.
Ich kann darauf keine Rücksicht nehmen, sie hat auch keine Rücksicht genommen, immer und immer wieder diese Rote Bete, und ich habe mich nicht gewehrt. Es ist meine süßsaure Rache, wie ich stehend in der Küche aus dem Glas esse und nicht an ihrem bürgerlichen Tisch.
Als wenn Rache so etwas Harmloses wäre, ich sollte über mich selbst lachen, das wird dringend empfohlen.