Junielegie

Wenn du erklingst - ein geknickter schmaler Hals, grau-verfilzte Schläfen.
Abgewandter Pilger, daneben seidene Säulen und nur nächtliche Kühle im Sinn.
Die Einfachheit unberechenbarer Sand-Ströme: Stumm wie ein Glasblau voller Risse,
ein Rausch mitten durch schattiges und schneidendes Gestein. Zeitfalten Orgelklang, entfernte Wagen.

Bierlachengeruch am Waldesrand, ein sich dahinzüngelnder Waldpfad, das Klirren
in der Nettoplastiktüte, der Himmel kippt, verschrägt die Umlaufbahn der Blicke,
wir werden euch suchen, wenn ihr vergeht. Ich bin entstellt, ein Arm
an der Wand, erinnere: ferne Versprechen Bahre des Stromes, Fragmente
von denen ich dir erzähle, während du durch die Fenster tastest, ins Fremde.

Schimmer eines Karussells, vor der Dämmerung, ein krächzender Reiher
– taumelnde Florelegien, ich atme, nur in dieser Ordnung, zähle
die Balken der Brücke. Das matte Flussufer, ein Kinderdrachen
taucht ein in das Dickicht der Weiden, mir ist, als ob ich träumend wachte.

Laute versiegen, der Mond kreist – und ruht sich aus im Gedicht
wir werden dich heben, wenn du ermattest. Ich stehe verloren, ein Knie
auf der Schwelle, erinnere: Milde Umarmung Mutter der Wälder, Geschichten
von denen ich dir erzähle, während du über die Dächer schaust, ins Offene.

Stillstand erschien als Abriss. die Stunde verharrte im Geröll
– was war, war wie verätzt. Über den zerbrochenen Dächern, in der letzten Glut
einige Drohnen im versickerndem Eigelb. Rückkehr über gläserne Rampen. Ersticktes.
Und unser Schweigen dauerte an als wir durch die Wasserfedern schwammen.

Liebe Maren,
das Rauschen der Stille hatte eine Einkehr.
Wenn ich hier hundert Knöpfe hätte, hab ich nicht, aber ich erfinde sie nu mal kurz, dann drücke ich sie, wie deine Zeilen zu einem einzigen Moment zusammen, einmal nicht, nicht zweimal, nur zu uns, die wir lesen.
Dieses, dein Gedicht ist eine Vollkommenheit von Empfindung, von Sprache, die es eigentlich gar nicht gäbe, würdest du sie nicht aussprechen, ich halte mich jetzt weder mit Kommas noch mit Satzabschlüssen auf, sondern tippe einfach weiter. Punkt. Dieses Gedicht, ich weiß nicht, wie ich es besser sagen könnte, ist von einer so unendlichen Schönheit, nicht gemeint damit, eine äußere Robustheit und Äquivalenz der allseitigen Einschnaufpartikel herzustellen, es lebt aus Wasserfedern und gehört in den Himmel geschrieben!
So etwas Wunderschönes lesen zu dürfen, ehrlich gesagt ist hier wunderschön ein Pampfwort. Ich weiß kein Wort dafür.
It is: side A!!!
Lieben Gruß ubertas

hey @Ubertas

danke, danke und danke. das stille rauschen hat noch die einkehr.
im moment habe ich alle nebentätigkeiten im schreibgewerbe vorerst beiseite gelegt.
bald ist wahrscheinlich das internet weg für 6-12 monate, da wir hier orts- und wohnungsmäßig zwangsverortet werden, hochwahrscheinlich in eine ferienwohnung, wo 10mbit nur anliegen - auswählen kann ich nicht, aber besser als in der eigenen bude zu "ersaufen."
mobile daten aufm handy aber können nachrichten noch empfangen! signalaffinität sollte gegeben sein!

so viel erstmal dazu. pass bitte auf dich auf, @Ubertas

Maren

Allerlei diffus auftauchende Bilder wie Drachen steigen lassen, spüren, was es (nicht) zu verstehen gibt, erleichtert um dieses Nichtverstehenmüssen. Der Sound holt einen (genau da) ab. Er macht leise und schwach. Mag ich!

Hey @seefeldmaren ,
Oje oje. Ich entnehme deinen Zeilen ordentliche Turbulenzen. Ich wünsche dir das Beste und werde der Signalaffinität folgen. Hier herrscht auch gerade stillefrei.
Doch an dieser Stelle noch was sehr Erfreuliches: congrats für die Empfehlliste!
Pass bitte auch auf dich auf!
Liebe Grüße ubertas

Hallo @Rachel, @Ubertas,

@Rachel - danke! (Auch für Stern!) - im Moment scheint das Thema Lyrik und Verständnisebene hochpräsent, wird es nahezu allerorten diskutiert.
Ich glaube, hier handelt es sich um ein Gedicht, das zwar partiell verschlüsselt ist, aber mit etwas Offenheit vielleicht dazu in der Lage ist, sich etwas zu entfalten. Oder vielleicht auch nicht! Das wäre auch völlig okay!

@Ubertas - Oh, gar nicht gesehen! Da freue ich mich aber!
Ja, wilde Zeit: Turbulenzen und ein Handwerksunternehmen mit Hirnflatulenzen.
Heute hing so ein Spätzie zwischen den Heizungsrohren als er sagte "Klingelling - Versicherungsfall, nehmen wir doch gern!" - von der Firma, der diesen Schadensfall verursacht hat. Jedenfalls sehen die Autos von denen cool aus!


Stillezeit. Das klingt gut. Sobald es wieder ruhiger geworden ist, kommt ausführlicher Bericht und Austausch im Justverfahren!
Bis dahin aber erstmal viel afk.

Maren

Liebe Maren,
ja, die Hirngebrauten haben oft Luft in der Oberleitung. Nichtsdestotrotz, das Vorhandensein "cooler Autos" spricht wohl für die Nichtauszahlungsquote des Spezi-alen Komplotts. Irgendwie muss man doch aber auch seinen Fuhrpark finanzieren, Heiligs Blechle!
Ich schlage vor: wir ratschen just nicht nur im Juni, sondern beizeiten, in Stille.
Bis dahin mit justen Dachfensterpapp,
afk und zarappzerrapp,
lieben Gruß
Klipp klapp, ubertapps

Liebe Seefeldmaren,
eigentlich kommentiere ich nicht im "Ungereimten".
Zu schwierig scheint mir dieses Unterfangen und weil die vermeintliche Beliebigkeit oft nur Geschmacksurteile belässt, auch zu willkürlich.
Wenn ich es hier dennoch versuche, dann, weil sich der Text nach meinem Dafürhalten - ganz ohne zu werten - deutlich von den meisten Versuchen in diesem Bereich abhebt. Und ihn für mich interessant macht:

Da sind neben dem Umfang zum einen die langen Verse, das ungebundene Metrum und die ungekünstelte Sprache, die mir den Text prosaisch erscheinen lassen. Eine schöne Prosa, in der sich Zustandsbeschreibungen mit wenigen angedeuteten Aktionen abwechseln: Verbunden zu einer Perlenschnur des Erlebens, über die man beim Lesen - trotz der Strophenteilungen - fast nahtlos gleitet.

Da sind zum anderen die Bilder, ihre Ergänzungen, da sind die die Verse und Strophen, deren Reihung sich aus dem Subjektiven ergibt, dem Erinnern folgt und sich im Anblick erschöpft, die den Text zu einem lyrischen Erlebnis werden lassen, wunderbar verzahnt und leichtfüssig eingebunden in die Sprache, ein Ich, ein Du, zuletzt ein Wir.

Was ich damit sagen will, ist, dass der Text nach meinem Verständnis ein Hybrid ist, eine gelungene Symbiose von Prosa und Lyrik, in der sich beides wunderbar ergänzt.

Nebenbei zwei Anmerkungen:

seefeldmaren schrieb:

Stillstand erschien als Abriss. die Stunde verharrte im Geröll

Zum Vergrößern anklicken....

Ich würde die Großschreibung nach dem "." konsequent durchhalten.

seefeldmaren schrieb:

einige Drohnen im versickerndem Eigelb. Rückkehr über gläserne Rampen. Ersticktes.

Zum Vergrößern anklicken....

Entweder "in versickerndem Eigelb" oder "im versickernden Eigelb".

Gern kommentiert.

Grüße
JB

Hey Maren!

Erstmal viel Puste und Durchhaltevermögen bei den Alltagsturbulenzen!
Und sodann:
Zähle ich mich glücklich und samt Stern
auch zu den Bewunderern!

... ich glaube ja, dass ich mich an keine positive Jameskritik im Ungereimtes-Department erinnern kann, ja womöglich bin ich mir diesbezüglicherweise gar meiner dimentikativen Retrokognition gewiss. In jedem Fall ein hochverdienter , jakobitischer Ritterschlag!

Und so könnte ich schwärmerischerdings ja noch ewig nichtvielsagende Zeilen schinden, aber ich setzte Deine Zeilen stattdessen lieber auf die Liste der Gedichte, zu denen ich mir Aufschlussreicheres zu belobigen bei allfälliger restituierter Denk-Kapabilität noch aufzuerlegen mich äußerst geneigt fühle - ein hehrer Vorsatz, der direkt neben den noch ausständigen Kommentar zu Ubertasens schönem Letzthinpoem platziert wird!

LG!

S.