Kai Nelust aufs Standardbetriebssystem - Teil 1

Wic

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Kai Nelust aufs Standardbetriebssystem - Teil 1

„Kai! Du brauchst einen Home-PC!“
„Wofür?“
„Dann kannst Du alle Korrespondenz damit erledigen!“
Ich winkte ab. „Ich höre immer nur von Viren, verlorenen Daten und Pishing“, zählte ich auf. „Das kann ich zu Hause nicht gebrauchen.“
„Ach komm“, versuchte mich Peter zu beschwichtigen. Er kannte mich, meine paranoide Angst vor allem Möglichen und meine extrovertierte Art.
Ich hatte ihn als neuen Kollegen eingearbeitet und musste ihm zugestehen, das er immer gut über anstehende Aufträge informiert war. Jedoch hatte ich auch seinen Ergeiz erkannt sich beim Chef hervorzutun und andere zu übervorteilen. Was also führte er diesmal im Schilde?
„Nein Kai, nun mal ganz im Ernst! Du schreibst Deine Briefe mit der Hand, trägst die zur Post, leckst an der Briefmarke und klebst die drauf. Filme in einer Onlinevideothek kannst Du nicht schauen, dafür rennst Du immer drei Kilometer in den alten Laden!“
„Drei? Ich muss mit dem Auto Kreise drehen, um noch eine Videothek zu finden!“
„Na, siehst Du!“
„Trotzdem“, beharrte ich. Wenn schon, dann warte ich, bis die Home-PCs ausgereift sind und sicher!“
„Ausgereift? Sicher?“, echote er.
„Ja! Ich kauf mir so ein Teil für zu Hause erst, wenn es weder abstürzt, noch von Viren zerfressen wird oder ich ständig teure Upgrades einspielen muss.“
„Hör mal.“ Er schaute sich in alle Richtungen um und raunte: „Das gibt es längst!“
„Ach?“ Ich kam mir unwissend vor. Das konnte ich auf keinen Fall gebrauchen. Und schon gar nicht, wenn Peter seine Finger im Spiel hatte!
„Ja“, flüsterte er, „Kauf Dir einen Laptop, nutze Linux als Betriebssystem und Du hast genau das, was Du willst!“
Dachte er, ich käme nicht alleine klar? Ich witterte die Falle. Er würde überall herumerzählen, wie er mir geholfen hatte. Sofort fühlte ich mich herausgefordert. „Du, ich schau mir das an“, sagte ich, klopfte ihm auf die Schulter und machte mich auf ins Büro.
An meinem Arbeitsplatz rief ich Google Maps auf, ließ mir PC-Läden anzeigen und rief dort einfach an.
„Ich suche einen PC mit Linux“, sprach ich in das Telefon.
„Linux? Das macht nur Arbeit. Kaufen Sie ein vorkonfektioniertes Gerät! Ist alles fertig. Sie brauchen nur noch die Registrierung des Betriebssystems abzuschließen und können sofort loslegen!“
„Hören Sie mir zu?“, fragte ich entnervt. Betont langsam formulierte ich meinen nächsten Satz: „Ich möchte L i n u x !“
Es war wie verhext. Egal wie viele Läden ich anrief, wie sehr ich auch bettelte, ich hatte keine Chance. Alle gaben mir die gleiche Antwort.
„O.k.“, rief ich, ließ den Telefonhörer in seine Schale gleiten und spreizte meine Finger über der Tastatur. „Dann schaue ich eben im Internet!“ Es dauerte ein Weilchen, bis ich ein Angebot fand, dass zumindest einen PC ohne Betriebssystem anbot. Billiger als die mit einem anderen Betriebssystem vorkonfektionierten Geräte war das Teil nicht. So gesehen verzichtete ich auf die Bequemlichkeit sofort loslegen zu können und nahm billigend in Kauf das von mir gewünschte Betriebssystem selbst installieren zu müssen. Peters Tipp lautete Linux! Also tippte ich die fünf Buchstaben in meinen Internetbrowser ein.
Suse, CentOS, Knoppix, Mint, Mandriva, Red Hat, und viele davon auch als Enterprise, mit schwirrte bald der Kopf. Es gab die Sichersten, die Schnellsten, die Einfachsten und die sofort einsetzbaren Forensikdistributionen. „UNIX und Unix nochmal“, donnerte ich. „Was soll denn das?“
Mein Chef schaute um die Ecke. „Sie kennen sich mit dem Unterschied zwischen Unix und UNIX aus? Ich habe da einen Kunden, der eine Werbemaßnahme buchen möchte. Dann kann ich Ihnen den Auftrag ja gleich geben!“
Ich schüttelte heftig den Kopf, doch er hing schon am Telefon.
Peter hatte das Dilemma mit angehört. Er griente. Als er den Mund öffnete wusste ich, dass er seine Ellenbogen einsetzen würde, um mich weiter in die Ecke zu treiben.
„Chef, wenn Kai den neuen Auftrag übernimmt, kann ich ihn ja bei seinen laufenden Aufträgen entlasten!“
Mir blieb der Mund offenstehen. Ich war voll in seine Falle getappt!
Na warte!
Ich kramte in meiner Schublade, suchte und fand einen Kaugummi und kaute hektisch auf ihm herum. Langsam machte ich mich auf den Weg zu seinem Büro und schob klammheimlich den Kaugummi in meine Hand. Direkt vor seiner Tür ließ ich ihn fallen.

Fortsetzung folgt
 



 
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