Kameraden, wir haben die Welt gesehen... Persische Erotik Chapter 32

Wir liegen wieder an der Hindenburgmole in Kiel und am Abend entern wir, nicht weit entfernt vom Klabautermann, einen Edelpuff mit gelb gekachelter Außenwand, dessen herausragendes Merkmal darin besteht, dass man eine erstklassige Erotikshow sehen kann, beim Erwerb von einer Flasche Bier für fünf Mark.

Die beiden schwarzhaarigen Girls stammen, laut Schaukasten am Eingang, aus Persien und haben wehende Gewänder an. Sie sind klein, ihre weiße Haut, die knabenhafte, sportliche Figur, die jeden Muskel ausweist, die kleinen, spitzen Brüste und ihre dunklen Augen, dazu ihre schlangenähnlichen Arm- und Handbewegungen, lassen sie uns so orientalisch erscheinen, wie es sich der Ansager, auf dem Podium, bei der Vorstellung der Show, gewünscht hat.

Nicht zu vergessen, die passende Musikuntermalung, die in dem Moment beginnt, als sich die erste der beiden in grazilen Bewe- gungen, geschmeidig wie eine Schlange, über den Boden bewegt.

Jim, Willi und ich sitzen in der ersten Reihe, Jörg und Tommy sitzen hinter uns. Der Laden ist gut besucht und die Bestuhlung endet irgendwo im Dunkel des Raumes. Alle Stühle sind willkürlich aufgestellt, das heißt, jeder Besucher hat sich mit seinem Stuhl von seinem Tisch aus in Richtung Podium gedreht.

Die zweite junge Frau erscheint und gesellt sich zu der Ersten, ich habe den Eindruck, es muss sich um Zwillinge handeln, ihre Ähnlichkeit ist verblüffend.
Lichtspiralen tauchen die Bühne in Gold, Rot und Blau. Beide beginnen ein Spiel des gegenseitigen Entkleidens und in einer Art tänzerischer Umarmung, winden sich die beiden nackten Körper in wirklich angenehmer, erotischer Ausdrucksweise.

Sie sind so aufeinander eingespielt, dass ihre fließenden Bewegungen den Eindruck eines einstudierten Tanzes bieten. Ihre Körper verbiegen sich über- und untereinander in engem Kontakt. Was sie dabei an turnerischer Gewandtheit zustande bringen, gilt uns als Erklärung für ihre durchtrainierten Körper. Beide sind jetzt nackt und bieten Einblicke auf ihre Reize ohne Einschränkungen.

Sie beginnen ein lesbisches Spiel und uns wird im Saal schon recht warm. Unser Beifall, aber auch die vulgären Pfiffe aus dem Dunkel sind Anerkennung ihrer Darbietung und unserer Erregung.
Der Höhepunkt der Show beginnt beim Schälen einer Banane. Hatten sich die Damen bisher in gymnastikartigen, sinnlichen Bewegungen über das Parkett bewegt, kippt die Vorstellung plötzlich ins Erotische ab.

In langsamen Bewegungen wird die Frucht geschält und dem Publikum, als handele es sich um etwas Unbekanntes, vorgestellt. Wir können uns schon ausmalen, was das dildoartige Gewächs für eine Bedeutung im übertragenen Sinne für die Show hat, aber dann sind wir doch überrascht.

Hier geht es nicht, wie viele glauben, ums Andeuten von Möglichkeiten, nein, die Kleine auf der Bühne, von weißem Licht hart gezeichnet, führt sich die Banane vor allen Augen ein. Unsere Sprachlosigkeit ist nur von kurzer Dauer, schon gibt es Applaus und der Geräuschpegel steigt gewaltig an.

Am Ende der Aufführung kommt die Kleine mit der Banane in der Hand an unseren Stuhlreihen vorbei und hält sie uns quasi unter die Nase. Jeder, auf seinem Stuhl, versucht, dabei Beifall klatschend, auszuweichen und dreht sich zur Seite. Ebenfalls in der ersten Reihe, etwas entfernt von uns, sitzt ein älterer Mann, der die ganze Zeit über schlief und scheinbar betrunken ist.

Er hat von der Show, so sieht es aus, nichts mitbekommen, er öffnet die Augen in dem Moment, wo ihm die Tänzerin die Banane unter die Nase hält, er scheint verdutzt, greift zu und beißt ein Stück der Banane ab. Der ganze Saal grölt vor Lachen und uns wird schnell klar, dass diese Aktion mit Bestimmtheit einstudiert ist.

Die Damen werden unter viel Applaus entlassen und wir begeben uns in die Altstadt. Hier wird es noch eine lange Nacht. Es ist unser letzter Ausgang vor dem Weihnachtsurlaub.
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Am nächsten Morgen, vor der Verabschiedung in den Urlaub, erzählen wir Waldenberg von der tollen Erotikshow der letzten Nacht. Einer der Maate wendet sich uns zu. „Das ist nicht ganz ungefährlich sich in diesem Etablissement aufzuhalten meine Herren.“
Wir schauen ihn erstaunt an. Jim fragt ihn, warum es gefährlich sein soll für fünf Mark ne´ tolle Show präsentiert zu bekommen?

„Tja, letzte Woche wurden zwei Kameraden in dem gekachelten Puff abgewiesen, weil sie zu besoffen waren und was haben die beiden gemacht, sie sind rüber zur Howaldt, wo ihr Zerstörer in der Werft lag und haben Turm Alpha mit der Handkurbel in Position gefahren, und zwar mit dem Rohr in Richtung Puff.“

„Dann haben sie eine Spreng-Brandgranate geladen und gezündet.“ „Das gibt’s doch nicht?“, sage ich. „Doch, das gibt es, es ist dem Umstand zu verdanken, dass die Howaldt zu wenig Saft hatte und deshalb die Zündung der Kartusche nicht funktionierte.“
„Wer aber glaubt, die Burschen hätten deswegen abgelassen, der sieht sich getäuscht, sie haben mit einem Vorschlaghammer auf den Zündmechanismus geschlagen, solange, bis die Wachhabenden die beiden festgenommen haben, wünsche ihnen noch ein vergnügliches Weihnachtsfest.“

Wir stehen da und schauen ihm hinterher. „Verdammt noch mal, das kann doch nicht wahr sein, da ist man aber auch nirgendwo sicher“, meint Jim. „Da hätten wir uns aber leicht einen heißen Arsch einfangen können“, bemerkt Willi, dann sind wir kopfschüttelnd auf dem Weg zu unseren Fahrzeugen.
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Das Weihnachtsfest ist von meinen Eltern schön vorbereitet worden, eine geschmückte Wohnung, ein strahlender Tannenbaum, ein herrlich vorbereitetes Essen. Es gibt Geschenke und die Augen meiner kleinen Schwester Evelyn strahlen, jetzt ist sie schon fünfeinhalb Jahre alt und sie wird nächstes Jahr eingeschult.

Weihnachtsfeste gehören der Familie und eignen sich nicht besonders, um alte Freunde zu Altstadtbesuchen zu animieren. Lediglich der Jahresübergang bietet eine tröstliche Ausnahme und alle finden sich ein und wir feiern gemeinsam den Jahresübergang, das neue Jahr 1969.

Mir gibt es die Gewissheit, dass nun die letzten sechs Monate anbrechen und die sitze ich mit einer Arschbacke ab. Die Tage vergehen wie im Fluge und ehe man sich versieht, sitzt man in Jims Auto auf dem Weg nach Norden.
 



 
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