Bei dem Folgenden Kapitel überlege ich noch, ob ich es auch an den Anfnag setzten kann. Ich würde dann nachher einen /oder mehrere) Rückblick/e machen.
Vielen Danke im Vorraus fürs Lesen.
Kapitel 1
Eine Ende mit Schrecken
Das Leben ist vorbei. Ich werde in diesem Kerker sterben, selbst wenn nicht, der Krieg wird am Ende das Leben aller fordern. Das meines Bruders, meiner Freunde und allen die ich liebe. Es ist egal wer am Ende “gewinnt”, der wahre Sieger ist doch immer der Tot.
Während Fey im Verlies von Salvá saß tobte draußen ein Gewitter aus Kampfgebrüll, dem Geschrei der Verletzten und dem Klingen der Waffen.
Tillit blickte auf dieses Gemetzel aus sicherer Entfernung. Es gefiel ihm nicht, doch sein Vater erwartete dies von ihm. Statt mit seinen Kameraden zu kämpfen hatte er sich als künftiges Oberhaupt in Sicherheit zu bringen und den Krieg vom Tisch aus zu führen. Er würde jederzeit sein Leben dafür geben, wenn er dafür den Tot seiner Brüder verhindern könnte. Stattdessen stand er hier auf dem Turm seines Geburtsortes. Dem Gesteinsgemäuer der Salvás.
Ein paar Leben gab es vielleicht noch zu retten. Den Plan, den er mit seinem Freund Hyrin ausgeheckt hatte, sollte nun verwirklicht werden. Er musste nur noch darauf warten, dass sein Bote zurück kehrte. Wenn man vom Teufel spricht! Eine gedrungene Gestalt kam die Treppe hinauf und verbeugte sich vor ihm.
Fey begann in der Dunkelheit mehr zu sehen. An einer Wand ihres Verlies konnte sie Ketten erkennen. Sie schienen dazu gedacht die Insassen an der Wand stehend zu fixieren. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Vor ihren Augen sah sie wie sie an diesen Ketten hing.
Es gab vieles was man einer Frau antun konnte was schlimmer war als der Tot, zumindest aus ihrer Sicht, war es schlimmer immer wieder geschändet zu werden, jahrelang und eingesperrt in diesem Loch. Sie wünschte sich lieber ein schnelles schmerzhafte Ende.
Als hätte jemand ihre Gedanken gehört, hallten aus dem Gang Schritte zu ihr. Als die Person vor der Tür stand, hörte Fey nur ihren eigenen Herzschlag. Unter der Tür sah sie den Schein einer Fackel und einen Schatten.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis endlich das Klimpern der Schlüssel und das Schnappen des Schlosses ertönte. In dem Kerker viel nur das Licht einer einzelnen Fackel. Der Gang dahinter war nicht mehr, wie sie es in Erinnerung hatte durch Fackeln an der Wand hell erleuchtet.
Für Fey war diese einzige Lichtquelle jedoch gleißend hell, nach so langer Zeit in vollkommener Dunkelheit. Nach ein paar Augenblicken konnte Fey erkennen wer sie besuchen kam. Es war Forda. Der Man der angekündigt hatte sie und ihre Familie auszulöschen.
“Ich habe das Privileg der Letzte zu sein den du in deinem Leben zu Gesicht bekommst, meine Kleine.”
Fey wollte nicht, dass er ihre Angst spürte, doch innerlich schrie alles in ihr. Lauf weg, bettle um dein Leben, egal was es kostet, ich will nicht sterben! Stattdessen sagte sie kühl:
„Du musst dir ja toll vorkommen wehrlose Frauen allein abstechen zu können. Ansonsten kommst du ja auch zu keiner Kerbe in deinem Schwert.”
Sein Kopf verfärbte sich rot und seine Hand wanderte zu dem Griff seines Schwertes.
„Ich werde dich langsam sterben lassen und deiner Familie lasse ich deinen Kopf schicken!”
Er presste die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus, sodass es wie das Zischen einer Schlange klang. Fey wusste nun warum man ihn auch Zornesschlange nannte.
“Willst du mich nicht lieber vor ihren Augen töten?”
“Damit du noch mal frische Luft genießen kannst, nein danke, den gefallen tu ich dir nicht.”
“Oh doch mein Lieber, genau so wird´s gemacht”
Fey erschrak als sie die Männerstimme hörte. Weder hatte sie seine Schritte gehört noch das Licht seiner Fackel. Er stand plötzlich hinter Forda. Der Mann vor dem sie mehr Angst hatte als vor jedem anderen. Dem schwarzhaarigen Hünen. Gegen ihn sah Forda wie ein schmächtiger Junge aus. Er war nicht viel größer, aber viel imposanter in seiner schwarzen Lederrüstung und den Drachenhelm. Seine Augen spiegelten das Feuer der Fackel wieder. Es sah aus als tanzten gelbe Flammen auf einer blauen Eisfläche. Tillit.
Fey hatte am ganzen Körper Gänsehaut.
“Ich soll sie zum steinernen Schlachtfeld bringen. Sie soll dort ihr Ende finden. Bei ihrer Familie.”
“Nein, das war meine Aufgabe und ich werde mir nicht von einem Dreikäsehoch, wie dir den Rang ablaufen lassen.”
Tillit baute sich vor Forda auf und legte die Hand auf seine Schulter.
“Das ist ein Befehl.” Das klang endgültig, jedoch nicht für Forda.
“Ich habe wirklich gehofft, dass ich in diesem Krieg einmal mit dir allein sein kann.”
Blitzschnell zog Forda ein Messer und rammte es Richtung Tillits Herzens. Dieser machte jedoch geistesgegenwärtig einen Ausfallschritt, sodass die Klinge zwar nicht ins Leere stach, jedoch nur seine rechte Schulter.
Tillit schien den Schmerz nicht zu spüren. Mit dem Rechten Arm stieß er Forda von sich und verpasste ihm einen Fausthieb gegen den Schädel. Dieser krachte einfach in sich zusammen. Danach herrschte ein kurzer Moment Stille, keiner regte sich. Dann seufzte er und fuhr sich mit der linken Hand durch die Haare. Die Fackel war während des Gerangels zu Boden gefallen, jedoch nicht erloschen. Er hob sie langsam auf, dann zog er Fey aus dem Kerker und schloss die Türe ab. Mit dem bewusstlosen Forda darin. Fey war während des Gerangels bewegungslos stehen geblieben. Jetzt ärgerte sie sich. Das wäre ihre Chance gewesen zu fliehen!
“Komm mit”
Mit den Worten drehte er sich um und ging voran Richtung Ausgang. Fey war von dem was passiert war wie betäubt. Sie folgte ohne Wiederworte. Nachdem sie schon fast am Ausgang waren blieb Fey stehen.
“Ich werde mich nicht vor meinem Bruder und meinen Leuten umbringen lassen.”
Tillit dreht sich zu ihr um.
“Sagtest du nicht vorhin dass es dir lieber ist.”
In seiner Stimme war ein Schalk herauszuhören. Er macht sich über sie lustig!
“Du herzloses Monster. Du bist kein Mensch, dass du darüber lachen kannst!”
“Hör zu, vielleicht stirbst du auch nicht. Kann sein, dass dein Bruder mich vorher tötet. Kommt ganz auf ihn an. Also kommst du jetzt.”
“Was soll das heißen?”
“Ich erzähl es dir, wenn wir weiter laufen. Es eilt.”
Fey lief widerwillig neben ihm her. Tillit schwieg und ging weiter durch die dunklen Gänge, bis sie ein Licht am ende des Tunnel sehen konnte. Als sie heraus traten breitete sich über ihnen der graue Himmel aus. Es regnete wie aus Eimern. Sie liefen zum Wald - Fey wusste dass dort der steinerne Kampfplatz lag.
“Ich werde allem ein Ende setzten. Ich gegen deinen Bruder, der Gewinner aus dem Kampf ist auch der Gewinner des Krieges, unter der Bedingung, dass die Soldaten, beider Parteien am Leben bleiben. Gewinnt dein Bruder bleibst du am Leben...”
“Ach und wenn du gewinnst bringst du mich doch um?”
“Nein,...aber ich kann dir nicht versichern ob alle sich an das Abkommen halten.” Seine Stimme klang verbittert.
“Wie kann sich dann jemand auf dein Wort verlassen?”
“Auf mein Wort ist verlass, aber du hast ja gerade gesehen, dass nicht alle damit einverstanden sind.”
Fey konnte darauf nichts erwidern. Im Grund hatte er ihr das Leben gerettet. Sollte sie sich bedanken? Nein, dass war ein Zeichen der schwäche und es hatte für ihn wohl weder einen Wert noch einen Grund. Schließlich hatte Forda sein Leben bedroht und er hat nicht ihres, sondern sein eigenes gerettet.
Ihr Blick viel unweigerlich auf seine Schulter. Der Regen weichte sein Hemd auf und das Blut schien sich wie Farbe bei einem Aquarell weit auszubreiten. Der Ganze Ärmel war inzwischen dunkel rot.
Sie konnte sich anders dankbar zeigen.
“Wenn du kämpfst bist du mit der Verletzung im Nachteil. Ich kann sie heilen.”
Fey streckte die Hand nach ihm aus, doch er wich zurück. Ein peinlich Stille entstand. Tillit starrte auf ihre Hände.
“Ich weiß, dass du eine Hexe bist und dass du beim heilen in die Seele blicken kannst. Ich mag es nicht wenn jemand in mir ließt wie in einem Buch. Aber ich danke dir für das Angebot.”
Seine Stimme klang überraschend weich und freundlich. Auch schien das Wort Hexe nicht abfällig gemeint zu sein. Insgeheim war sie jedoch froh das er abgelehnt hatte. Würde er ihren Bruder töten, wäre es insgeheim ihre Schuld.
Schweigend gingen sie neben einander. Es war nur der Regen zu hören und das schmatzen ihrer Schuhe, während sie sich über den schlammigen Untergrund kämpften. Ihr Kleid, saugte das Wasser und den Matsch förmlich auf. Mittlerweile war sie bis auf die Knochen nass. Mit jedem Schritt schien ihr Mantel immer schwerer zu werden. Tillit schien es nichts auszumachen. Sein Gesicht schien wie aus Stein. Sie konnte keine Regung daran ablesen. Weder Schmerz noch Kälte schienen ihn zu erreichen.
Fey, die mittlerweile fror und die Zähne aufeinander biss damit sie nicht klapperten, freute sich dennoch über die frische Luft. Sie roch nach Freiheit.
Tillit hatte davon gesprochen, dass er ihren Bruder zum Kampf fordern würde. Eine alte Tradition, eigentlich eine sehr ehrenvolle Lösung um hunderte, vielleicht tausende Leben zu verschonen. Das hätte sie ihm nicht zugetraut. Doch ein großer Teil in ihr zweifelte an seinen Worten. Warum sollte er das tun? Der Sohn des grausamen Salvá, der dafür bekannt war feige und mit allen Mitteln zu kämpfen, die nötig waren um zu siegen. Sie hatte Salvá nur einmal flüchtig gesehen, als sie im Wald war und sich in Gebüschen versteckt hatte, während er und sein Gefolge an ihr vorbei zogen. Sie erkannte in Tillit die harten Züge seinen Vaters. Sein Gesicht glich einem wilden Wolf. Unter dem Helm konnte sie die schwarzen Haare erkenne, die jeder seiner Familie hatte. Seine Statur glich die einem Bär, der geschaffene Krieger. Doch er hatte nicht die dunklen kalten Augen wie sein Vater.
Fey schüttelte den aufkommenden Gedanken ab, das Tillit vielleicht wirklich nicht wie der grausame Krieger war, wie alle erzählten.
Sie war seine Gefangene und er war der Sohn des Mannes der Krieg gegen ihre Familie und ihr Leute führte. Auch wenn seine Augen nicht von Grausamkeit und Hass verdunkelt waren, in ihm floss das Blut eines Tyrannen!
Während sie das dachte blieb Tillit plötzlich mit einem Ruck stehen. Dann stand er unschlüssig da und schien auf etwas zu warten.
“Hörst du das?”
Fey war verwirrt hinter ihm stehen geblieben und lauschte nun angestrengt. Doch in ihren Ohren hallte nur der nie enden wollende Regen. Sie schüttelte den Kopf und ihre geflochtenen Zöpfe flogen dabei gegen ihre Schulten. Dann viel ihr ein, dass er ihr immer noch den Rücken zugedreht hatte und es nicht sah.
“Nein, da ist nichts.” Doch kaum hatte sie es ausgesprochen hörte sie ein Rascheln direkt vor ihnen. Dann das Schmatzen von Stiefeln im Schlamm.
“Hyrin!”
Tillit ging auf den Mann zu und umarmte ihn flüchtig.
“Dein Vater ist schon auf dem steinernen Feld, er wartet ungeduldig auf Brook.”
Als Fey den Namen ihres Bruders hörte Wurde sie hellhörig.
“Er ist noch nicht da? Ich hoffe er kommt noch.”
“Natürlich kommt er, Brook stellt sich jeden Kampf!”
Feys Stimme quoll gerade zu über vor Stolz und Arroganz und einem Hauch Herablassung. Hyrin lachte und ließ dabei seine tiefe Bassstimme hören, dann klopfte er seinem Freund auf den Rücken.
“Wenn dieser Brook nur halb so viel Mumm hat wie dieses kleine Mädchen, dann schlägt heute deine Letzt Stunde, alter Freund.”
Feys Wangen glühten, doch sie schwieg.
“Dieses kleine Mädchen ist Fey Tara-Reynor, Brooks Schwester”
Der Mann vor ihr vorführte ein übertriebene Verbeugung, wobei er mit dem Arm wild herum wirbelte.
“Verzeiht kleine Lady, ich habe euch nicht erkannt, bei diesem dichten Regen und eurer durchnässten Kleidung.”
Seine Stimme war zwar ernst und höflich, er konnte jedoch ein spöttisches Grinsen nicht verbergen.
“Du...”
Fey schnappte nach Luft und wollte ihm etwas erwidern und ihm sein Grinsen aus dem Gesicht wischen, Tillit viel ihr jedoch ins Wort:
“Wir warten bis sie kommen, mein Vater soll uns erst sehen, wenn er mich nicht mehr wegschicken kann ohne sein Gesicht zu verlieren.”,
”Oh er wird toben vor Wut, wenn er merkt das du und nicht Brook das hier veranlasst hat.” Hyrins Grinsen wurde noch breiter.
”Wenn du verlierst wird er sich an dein Wort halten müssen, sonst wird sich seine Armee gegen ihn richten, denn die folgt dir und nicht ihm. Wenn du gewinnst wird er sich freuen, dass er sein verdammtes Vermögen nicht weiter für Soldaten verschwenden muss.”
Tillit legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes der gut einen Kopf kleiner war als er. Sein Blick war fest auf ihn gerichtet.
“Egal wie das ausgehen wird, er wird dich dafür bestrafen wollen, dafür dass ich ihn hereingelegt habe!“
Hyrin nickte und erwiderte die ernsten Blick. Nun wandte sich Tillit an Fey.
“Du schuldest mir was, es steht ein Leben zwischen uns, das ist dir klar?”
Fey hatte nicht damit gerechnet dass er ihre Schuld einfordern würde, nickte jedoch unsicher. Seine Stimme klang wieder wie im Kerker, als er Forda aufforderte zu gehen. Sie klang nicht mehr freundlich, sondern fest und fordernd.
“Ja ich weiß, wäret ihr nicht läge ich jetzt mit aufgeschlitzter Kehle in eurem Kerker.”
Tillit überhörte die Anspielung, dass es sein Verdienst war, dass sie überhaupt dort gelandet war.
“Ich fordere für das Leben was ich euch gab, das von Hyrin. Er soll ab heute euer Gefolgsmann sein und deinem Bruder dienen.”,
“Einen Spion willst du in unseren Reihen haben, falls du verlierst!”
Fey glaubte nicht wie dreist er war. Sie kannte diesen Mann nicht und sollte ihm ihr Leben anvertrauen.
Tillit baute sich vor ihr auf. Wieder war sie sich seiner Ausstrahlung bewusst. Die Drachenaugen seines Helms schienen sie zu durchleuchten.
“Ich gebe dir mein Wort”,
“Dein Wort!? Dein Wort ist so viel Wert wie das eine Diebes. Ich glaube dir nicht”
Seine Augen wirkten nun wieder wie Eis, sein Hand glitt zu seinem Dolch an seinen Gürtel. Fey konnte nur auf den Dolch starren, unfähig sich zu wehren. Als Tillit sich bewegte kniff sie die Augen zu und wartete auf den Schmerz. Ihr Körper spannte sich und ein Schauer lief ihr über den Rücken. Es schien ein Ewigkeit zu dauern. Als Fey wieder die Augen öffnete ging sie unwillkürlich einen Schritt zurück. Tillit kniete vor ihr, sein Helm war in Hyrin Händen, der genauso ungläubig drein blickte wie Fey. Sein Dolch lag in der Flachen Hand und ruhte direkt vor ihrem Gesicht.
“Nimm den Dolch!”
Seine Stimme klang barsch und ohne nachzudenken griff Fey danach. Unschlüssig hielt sie ihn in der Hand. Ohne Helm und ohne das er sie um mehrere Köpfe überragte, sah er weder Angst einflößend noch bedrohlich aus. In diesem Moment kniete da nur ein junger Mann vor ihr mit Schlamm verschmutzten Kleidern, während ihm der Regen über das Gesicht lief. Das Wolfsgesicht seines Vaters war verschwunden. Sie blickte in erwartungsvolle Augen, da war aber noch etwas, verletzter Stolz vielleicht?
“Wenn du mir nicht glaubst, dann Stich zu. Das was ich vor habe klappt nur wenn du mir dein Vertrauen schenkst. Hyrin wird dir nichts tun. Er wird dich zu deinem Bruder bringen, egal wie du dich jetzt entscheidest. Nur wenn du zustichst, wird der Krieg so weitergehen wie mein Vater es wünscht, mit viel Leid und Tot. Wenn du mich gehen lässt werde ich vielleicht deinen Bruder töten. Das einzige um was ich dich bitte ist meinen Freund als deinen anzusehen. Er wird treu beschützen. Du hast die Wahl und ich gebe dir mein Wort.”
Dann stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht, was auf seine Augen übersprang und seine Stimme klang gespielt vorwurfsvoll:
„ Hyrin kann sich auch benehmen wenn er sich Mühe gibt.“
Fey wusste nicht was sie tun sollte. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. Er stand wehrlos, nein er kniete wehrlos vor ihr. Er war, wie sie jetzt erst erkannte in selben alter wie ihr Bruder. Nicht viel älter als ein Junge. Sie ging etwas näher auf ihn zu, fest entschlossen.
In Tillits Augen zeigte sich blanke Angst, doch er wich nicht zurück, zuckte nicht einmal. Fey ging an ihm vorbei, sie wusste nicht was sie zum ihm sagen sollte ein Kloß steckte ihr im Hals. Als sie vor Hyrin stand räusperte sie um die Kloß los zu werden. “Bring mich zu meinem Bruder, bitte.” Hinter sich hörte sie ein erleichterte Seufzen. “Danke.” Mehr sagte er nicht, stand auf, nahm seinen Helm und ohne sie noch einmal anzuschauen schleppte er sich durch den Matsch. “Wir sehen uns dann am steinernen Platz.” Erst als er im Wald verschwand viel Fey auf, dass sie noch seinen Dolch in den Händen hatte. Hyrin folgte ihrem Blick und antworte auf ihre nicht gestellt Frage.
“Ein Waffe die man geschenkt bekommt, darf niemals zurückgegeben werden.”
“Aber er hat sie mir nicht geschenkt!”
“Oh, doch, dass hat er und sein Leben mit dazu. Wenn du ihm den Dolch jetzt wieder geben würdest, bedeutet dies, sein Leben sei weniger Wert als der Dolch.”
“Den Brauch kannte ich nicht.”
“Ja, unsere Bräuche unterscheiden sich manchmal sehr. Aber last uns jetzt zu deinem Bruder gehen.” Schweigend liefen sie nebeneinander. So hatte Fey Zeit nachzudenken. Sie war immer noch aufgewühlt. Weshalb hatte er das gemacht? War das ein Trick, damit ich tu was er will? Nein, er hatte kurze Zeit wirklich Angst und glaubte ich würde ihn töten, trotzdem ist er nicht zurückgewichen. Also wollte er nur zeigen dass es ihm ernst war mit seinem Wort. Als hätte Hyrin ihre Gedanken gehört sprach er plötzlich:
“ Tillit gibt viel wert auf Worte, besonders auf sein eigenes. Ich habe noch nie erlebt, dass er sein Wort gebrochen hat.. Wobei er auch sehr selten sein Wort hergibt!”
Jetzt klang er wieder belustigend, wie ein kleiner Junge.
“Was meinst du damit das er es selten ´hergibt´”,
“Wenn Tillit Leona-Salva sagt Ich gebe dir mein Wort´, dann ist das wie in Stein gemeißelt! Aber er sagt es selten.”
Hyrin hatte Tillits vollen Namen genannt. Normalerweise nannte man einen Mann, vor allem den ältesten Sohn nur bei dem Namen seines Vaters. Es drückte aus dass er das nächste Oberhaupt der Familie war und nur noch einer vor ihm steht.
Den Namen der Mutter tragen nur unmündige Kinder.
Er hatte den Namen um den seiner Mutter ergänzt. Den nannte man nur bei einem Kind oder einer Frau.
“Du kennst Tillit schon lange, oder?”
Wieder grinste Hyrin.
“Ja, unser ganzes Leben lang, wie kommst du darauf?”
“Weil die Leona-Salva sagtest.”
“Das rutscht mir oft raus, sein Vater würde mich dafür verprügeln.”
Er hielt kurz inne.
“Ich muss mich für Tillit entschuldigen, er nannte euch Tara-Reynor. Das war nicht böse von ihm gemeint, er wollte euch nicht als Kind bezeichnen, er ist nur der Meinung das man den Namen beider Elternteile tragen soll.”
“Gut das ihr das sagt, wobei ihr nanntet mich ein kleines Mädchen!”
“Ich wusste nicht wer ihr seid!”
“Lasst das, sag du zu mir.”, “Wenn ich fragen darf wie alt seid,...bist du?”
“20, ich nehme an ein wenig älter als du dachtest.”
“Allerdings, aber die Sicht hier, bei dem Regen ist auch nicht so gut. Dann ist Brook ja euer jüngerer Bruder!”
Fey nickte nur und grinste.
“Dann hattet ihr wirklich Glück, dass Salvá das nicht wusste! Ich glaube nicht, dass er die älteste von Reynor so lang am Leben gelassen hätte! Nach eurem Brauch ist es doch nicht so, dass nur ein Mann Nachfolger wird, oder?”
“Nein, so patriarchalisch sind wir nicht. Ich habe trotzdem meinem Bruder die Führung der Soldaten überlassen. Krieg liegt mir nicht.”
Hyrin blieb so abrupt stehen, dass Fey gegen ihn stieß.
“Wenn man vom Teufel spricht, da vorn ist er.” Fey blickte an Hyrin vorbei und sah ihren Bruder, wie er mit seinem Gefolge auf der Straße entlang zog.
“Brook! Brook!” Trotz des Schlamms und des Regens rannte Fey die letzten Meter zu ihrem Bruder. Dieser Sprang mit einem Satz von seinem Pferd und umarmte seine Schwester herzlich.
“Ich dachte du wärst tot.”
“Man hat mich befreit, Hyrin...” sie wusste nicht wie sie alles erklären sollte was passiert war, also entschloss sie sich es vorerst kurz zu fassen.
Hyrin kam nun auch aus dem Wald und näherte sich vorsichtig der Gruppe. Die Soldaten hingegen kamen ihm mit gezogenen Schwertern entgegen. Fey löste sich von ihrem Bruder.
“Keiner krümmt ihm auch nur ein Haar. Er steht unter meinem Schutz!” Hyrin wunderte sich über diesen schnellen Persönlichkeitswechsel. Da sprach nicht die junge Frau, die er zu anfangs sogar für ein Mädchen gehalten hatte, oder die so lapidar mit ihm gesprochen hatte. Ihr Ton und ihre Haltung strahlten eine ruhige aber bestimmte Kraft aus. Sofort wurden alle Schwerter zurück gesteckt und die Soldaten ignoriert Hyrin.
“Brook, dass ist Hyrin, er hat mich befreit und ist ab sofort mein Décou.”
Fey sprach nicht nur zu ihrem Bruder, sondern so laut, dass alle anwesenden es hörten konnten. Hyrin kannte die Bezeichnung Décou nicht, aber man erklärte ihm später auf sein Fragen hin, dass es ein hohes Amt war. Es hieß er gehöre zur Leibgarde und seine Aufgabe war es Fey allein zu schützen. Damit genoss er wahrhaft ihr vertrauen. Tillit musste einen starken Eindruck bei ihr hinterlassen haben, wenn sie ihm auf Grund seines Versprechens dieses Amt gab.
Fey ritt nun neben ihrem Bruder auf einer weißen Stute. “Brook, weißt du warum du zum steinernen Kampfplatz solltest?”
“Nicht direkt. Ein Bote von Salvá kam zu uns. Salvá möchte mit uns über ein Friedensabkommen reden.”
Fey schüttelte den Kopf.
“Das ist nicht alles. Erstens kommt der Bote nicht von Salvá selbst, sondern von seinem Sohn, dieser weiß nichts davon. Tillit will dich zum Réyfí herausfordern, damit der Krieg endet.”
“Das glaube ich nicht, klingt eher wie eine Falle!”
“Vertrau mir, er lügt nicht. Er wird sich an das Abkommen halten.”
Fey sah das ihr Bruder ihr nicht glaubte. Zwar konnte sie ihm befehligen zu Kämpfen, aber sie wollte das er sie verstand. Sie erzählte ihm wie sie wirklich entkommen war und was auf dem Weg passiert war. Brook legte seine Hand auf ihre und nickte entschlossen.
“Gut dann werde ich kämpfen!”
Kurz Darauf trafen sie am Kampffeld ein. Auf der anderen Seite des Platzes stand Salvá bereits mit seinem Gefolge. Von Tillit war jedoch keine Spur. Fey lief voran um zu demonstrieren wer sie war. Nicht wie Salvá glaubte die kleine Schwester Brooks, sondern die Herrin vom schwarzen Steinland.
Als Salvá sie erblickte konnte Fey noch 1000 Fuß entfernt erkennen wie sein Kopf rot anlief vor Wut. Als sie in Hörweite kamen schallte seine von Wut verzerrte Stimmte zu ihr.
„Wie seit ihr entkommen? Ich glaubte euch in meinem Kerker!“
„Forda, der den ihr schicktet mich zu töten, konnte sich nicht einmal gegenüber einer Frau behaupten. Er liegt nun niedergeschlagen im Kerker!“ Egal wie das hier ausging Forda würde seine Strafe erhalten. Allein schon wegen dem Verrat an Tillit. Was sie genau genommen nicht stören sollte. Schließlich würde sein Tod endlich den Sieg bedeuten. Kaum da sie sich fragte ob er noch kommen würde tauchte er am Rande des Platzes auf und schritt stolz zu seinem Vater. So stolz wie es nur ging, wenn man aussah als hätte man sich im Schlamm gesudelt. Tillit sprach kurz mit seinem Vater, der offensichtlich nicht begeistert war, dann aber zustimmend nickte. Danach trat er in die Mitte des Platzes. Seine Stimme drang laut und kraftvoll bis in die hintersten Reihen.
„Ich Tillit Salvá, fordere den Nachfolger des Reynor heraus zum Réyfí! Der Sieger soll der ganze Berg zugesprochen werden, der Verlierer zieht sich zurück und es gilt Frieden. Beide Seiten sollen sich dazu verpflichten die Soldaten ziehen zu lassen. Gekämpft soll wie immer mit Schwert und Dolch. Ohne Rüstung und bis zum Tot.“
Feys Herz klopfte wie wild und ihr Mund war so trocken, dass sie kaum in der Lage war zu sprechen. Mit dem Dolch kämpfen? Tillit hatte keinen mehr, der hing an ihrem Gürtel! Sie beruhigte sich. Tillit hatte sich bestimmt einen neuen besorgt. Zum Glück musste sie nicht antworten, sondern Brook. Dieser ritt nun langsam an ihr vorbei, sprang dann von seinem Pferd und baute sich vor Tillit auf.
„Ich Brook Reynor werde im Namen der Nachfolgerin, Fey Reynor die Herausforderung annehmen!“ In den Reihen von Salvá brach auf einmal eine Unruhe aus. Offensichtlich überraschte es sie zu erfahren, dass Fey und nicht Brook älter war. Fey räusperte sich und drückte ihren Rücken durch. Ihr Mund war zwar noch immer Trocken und ihr Herz schien nicht mehr in der Brust sondern in ihrem Hals zu schlagen, aber irgendwie schaffte sie es zu sprechen.
„Ich Fey Reynor willige ein, dass mein Bruder für mich dieses Duell aus ficht.“ Fey wusste, dass selbst Frauen sich diesen Duellen stellen durften und es gab auch welche in der Geschichte die dies getan und sogar gewonnen hatten, aber sie war kein Mannsbild und sicher nicht in der Lage Tillit eben würdig zu sein. Nach der Rituellen Zustimmung beider Parteien begannen die Soldaten ebenfalls ihre Zustimmung Luft zu machen. Überall ertönte das Zeremonielle Waffengeklapper und Grölen der Kämpfer. Jetzt konnte keine Seite mehr einen Rückzieher machen ohne sein Gesicht zu verlieren und seine Soldaten gegen sich zu bringen. Kein Soldat hat die Pflicht einem Herr zu folgen der gegen einen Réyfí verstieß.
Ihr Bruder und Tillit legten ihre Rüstungen ab und stellten sich mit gezogenen Schwertern gegenüber. Um sie Herum war ein Kreis gebildet worden. Salvá und Fey standen sich jeder auf einem Pferden gegenüber. Neben Ihnen ihre Leibgarde. Um sie herum ihre Soldaten, die nun friedlich nebeneinander standen. Wohl wissend, dass sie nun keine Feinde mehr waren, denn egal wie es ausging, der Krieg war dann vorbei!
Der Kreis hatte einen Durchmesser von etwas 30 Fuß damit genug Platz für die Kontrahenten da war. Fey hatte es immer noch nicht geschafft sich zur beruhigen. Am liebsten wäre sie geflüchtet, hätte weg geschaut. Sie wollte nicht zu sehen müssen wie vielleicht ihr Bruder starb. Aber sie wollte auch nicht das Tillit starb. Seine Worte hallten in ihrem Kopf wieder.
Ein Leben steht zwischen uns!
Die Wunde die Forda ihm zugefügt hatte blutete nicht mehr, offensichtlich wurde sie auch verbunden und er musste sich ein neues Hemd angezogen haben. Fey war wie Tillit es nannte eine Hexe, wobei sie es lieber Talent nannte. Sie konnte heilen, musste dafür jedoch in engem Körperkontakt stehen. Jetzt dachte, sie sie hätte ihn heilen sollen, das wäre nur gerecht gewesen! Aber dieser Idiot wollte nicht, dass sie in ihn hineinsah.
Sie konnte jetzt sowieso nichts mehr tun. Der Kampf hatte begonnen.
Tillit und Brook umkreisten sich langsam, jeder sein Schwert mit beiden Händen im festen Griff. Beide schauten sich nur die Bewegungen des anderen an um zu sehen ob schon im Tritt ein Fehler war den man nutzen konnte. Brook war der erste der mit der Klinge ausholte und einen Satz nach vorne tat. In dem Schlag lag nicht besonders viel Kraft, er war auch nicht schnell genug. Tillit werte ihn ab in dem er nur einen Schritt zur Seite tat, so wie er es bei Forda getan hatte. Doch Tillit war auf diesen Schlag gefasst gewesen. Dieses mal glitt er zu Seite, jedoch so dass die Klinge nur knapp an seiner Schulter vorbei raste.
Ein beiderseitiges austesten. Das schwierigste dabei war, nicht seine ganze Kraft zu zeigen um sich nicht zu verraten. Denn nichts ist eine bessere Waffe als die Unwissenheit des Gegners. Schlimmer war es jedoch zu wenig seines Könnens einzusetzen, verschätzte man sich mit der Kraft des Gegners könnte ein leichter Hieb, eine einfache Finte einem das Leben kosten. Beide führten noch ein paar leichte Schläge aus und wogen ihre Kraft genau aus. Obwohl, wie Fey auch wusste,
dies nur einem Aufwärmen glich und dazu diente sich einander einzuschätzen, zuckte sie jedes mal vor Furcht zusammen, wenn die Klinge des einen oder anderen niedersauste und nur knapp sein Ziel verfehlte. Das Geräusch von Metall auf Metall wenn die Schwerter sich trafen schickte jedes Mal einen Stoß durch ihren Rücken, sodass sie steif und aufrecht im Sattel saß. Die Zügel ihres Pferdes hatte sie so fest umklammert das ihre Knöchel weiß hervortraten und sich ihre Fingernägel ins Fleisch bohrten.
Tillit nahm seinen rechten Fuß nach vorne hob sein Schwert, Fey wusste dass durch diese Beinstellung nur wenig Kraft in den Stoß kam und seine linke Hälfte schutzlos schien. Doch Tillit schwang das Schwert mit einer Hand mühelos von unten nach oben, fast kratze es damit am Boden. Er riss es schnell hoch und mit dem Schwung dieser Bewegung schnellte sein Schwert blitzschnell nach oben auf Brook zu, dieser konterte, überrascht von der Schnelligkeit, indem er das Schwert waagerecht nach unten vor seinen Körper hielt. Tillit erkannte, wie erwartet dass nun die untere Beinpartie ungeschützt war. Er verlagerte sein Gewicht auf den linken Fuß, griff mit der zweiten Hand sein Schwert und stach nun mit voller Kraft nach vorn. Brook erkannte seinen Fehler und versuchte Tillits Schwert nach unten gen Boden zu drücken. Die Schwerter schrappten dabei aneinander entlang, Im letzte Moment kippte Tillit die Schwertklinge und Riss sie nach rechts. Er erwischte das Bein, und hinterließ eine breite tiefe Schnittwunde an Brooks Wade, dieser hatte schlimmeres verhindert in dem er einen Satz nach hinten gemacht hatte.
Das aufwärmen war nun vorbei, es folgten nun schnelle und kraftvolle Schläge schnell aufeinander. Die geradezu eleganten Ausweichmanöver zu Beginn wurden abgelöst durch blitzschnellen Ausweichschritten und immer lauter werdendes klirren der Schwerter. Beide waren nun hochkonzentriert, sahen jede Bewegung des anderen genau, analysierten innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde und parierte mit der jahrelang eingeübten, ins Fleisch eingebrannten Bewegungen. Feys Herzrasen schien von jedem Schlag unterbrochen. Bei jedem aufeinander treffen des Metalls hielt sie unbewusst den Atem an und der Muskel in ihrer Brust, oder im Hals? Schien nicht länger pumpen zu wollen. Was passierte wenn einer der Schläge tödlich traf, würde ihr Herz vor Schreck stehen bleiben? Jeder Schnitt, jeder Hieb auf die beiden Körper schien sie selbst zu treffen. Als Brook es schaffte Tillit mit einem festen Tritt gegen den Brustkorb zu treffen, spürte Fey, nein sie sah es, als wären die Körper vor ihre aus Glas, wie eine Rippe brach und sich fast in die Lunge bohrte. Tillit rappelte sich trotz der unerträglichen Schmerzen die er haben musste auf und konterte. Eine Finte mit dem Schwert, gezielt auf Brooks Oberschenkel ließ seine Deckung offen und Tillit landete einen schweren Schlag gegen Brooks Kopf. Anders als Forda brach dieser jedoch nicht zusammen. Er schien zwar kurze Zeit etwas benommen und wehrte nur mühsam die Schläge Tillits ab, doch diese waren nicht mehr so Kraftvoll wie zu Anfangs. Die gebrochene Rippe und die Schmerzen schienen auch an ihm zu zehren. Doch Fey wusste das ihr Bruder aufgrund der Kopfverletzung, die nun stark blutete nur noch schemenhaft sah, auch seine Übelkeit nahm sie war und hatte kurze Zeit Angst sich übergeben zu müssen. Fey hatte nur kurz die Augen geschlossen um gegen die Übelkeit, die nicht ihre war anzukämpfen. Als sie nun die Augen wieder öffnete sah sie nur noch wie Tillits Schwert durch die Luft flog. Jetzt müsste er seinen Dolch ziehen, doch stattdessen versuchte er den Schlägen ihres Bruders auszuweichen. Fey hatte gesehen wie seine Hand kurz zu seinem Gürtel wanderte, sie tat es ihm gleich und spürte den mit Leder umwickelten Griff, wo seine Hand ins Leere fasste.
Fey bildete sich ein Tillit würde grinsen, es war dieser Gesichtsausdruck gewesen nachdem er ihr den Dolch hingehalten hatte, sie hörte seine Worte in ihren Ohren widerhallen.
„Du hast die Wahl und ich gebe dir mein Wort.“
Bei diesen letzten Worten hatte er genauso so gegrinst.
Brooks Schwert bohrte sich durch Tillits Schulter, genau dort wo Forda ihn getroffen hatte. Mit einem Ruck wurde die Klinge auch schon wider herausgezogen und Brooks Ellbogen schnellte hoch und krachte gegen Tillits Schädel. Bevor dieser die Augen schloss und zusammenbrach sah Fey dass was er sah. Nichts, noch bevor Tillit auf den Boden aufschlug, war er in völlige Dunkelheit gehüllt. Diese Schwärze war dunkler als jede Nacht. Als Fey wieder durch ihre eigenen Augen blickte, sah sie nur noch Tillit am Boden liegen, Brook und auch Hyrin neben ihm kniend. Beide erhoben sich gleichzeitig und sahen einander an, Brook verkündete das Urteil und Hyrin blickte zu Boden, Fey konnte sein Gesicht nicht erkennen, es verschwand im Dunklen seiner Kapuze.
„Tillit ist tot, Fey Reynor ist demnach das Recht des Berges zugesprochen.“ Hinter Fey brach ein Jubeln aus, der sich weiter ausbreitete, auch die Männer Salvá grölten mit. Das Blutvergießen war damit vorbei. Brook ging auf Salvá zu und steckte sein Schwert zurück in die Scheide.
„Ihr habt das Recht euren Sohn mitzunehmen und ihn ehrenvoll zu bestatten. Er hat gut gekämpft, wir waren uns ebenbürtig, aber das Schicksal hat mir den Sieg geschenkt.“ Mit diesen Worten gab Brook im Grund zu, dass es nur der Zufall und Glück war dass er gewonnen hatte.
„Nimmt ihr ihn, oder lasst ihn hier verrotten, was soll ich mit dem Leichnam eines Verlierers? Ab jetzt ist er nicht mehr mein Sohn, sondern nur eine Hülle, die es nicht Wert ist, bei meinem Vaters Grab zu liegen!“ Damit wandte er sich um, sodass keiner noch etwas sagen konnte. Brook stand dort ungläubig und mit offenen Mund. Ruckartig drehte er sich um und ging an Hyrin vorbei, der immer noch neben Tillits reglosen Körper stand. Als er vor Fey stand senkte er den Kopf.
„Gibst du mir die Erlaubnis ihn ehrenhaft zu Bestatten, Schwester?“ Seine Stimme klang bittend, er selber hatte nicht die Befugnis Tillit auf dem Grund und Boden seiner Schwester zu bestatten.
Als Fey sprach war ihr Klang kälter als sie wollte, aber sie brachte es nicht anders fertig.
„Nein, ich erlaube es dir nicht.“ Nach einer kurzen Pause, während der Brook erschrocken hoch fuhr schluckte Fey schwer und zwang sich nun lauter fortzufahren.
„Tillit hat wie du selber sagtest gut gekämpft, was auch ich anerkenne, deswegen steht es mir zu ihn zur Ruhe zu betten.“ Das ist das mindeste meiner Pflicht, fügte sie in Gedanken hinzu. Die Erleichterung war in Brooks Gesicht geschrieben, er lächelte, dankbar dass sie diese Aufgabe selber übernahm, was Tillit mehr Ehre erwies.
Sie sprang von ihrem Pferd und forderte mit einem Wink, dass Brook ihr folgen sollte. Als sie vor Hyrin stand und ihm ihr Bedauern ausdrückte brachte dieser nur ein kurzes ´Danke´ hervor. Sie spürte, dass er zwar nicht zornig war, dennoch schaffte er es nicht ihr in die Augen zu blicken. Etwas gequält presste er hervor:
„Ich bitte dich darum Tillit tragen zu dürfen.“ Nach einem nicken ihrerseits fügt Brook hinzu: „Ich helfe dir allein kannst du ihn nicht mit der Trage transportieren.“
So machten sie sich dann auf den Heimweg. Der Leichnam wurde zwischen Hyrin und Brook auf der Trage direkter Hinter Fey getragen. So wie auch Brook, hätte er nicht gesiegt. Nach ein paar Stunden ließ sich Fey auf ihrem Pferd zurück fallen, damit sie neben Hyrin lief.
„Wo wünscht du dir, dass Tillit begraben wird? Du warst sein engster Freund und du kanntest ihn am besten. Es steht dir völlig frei. Ich werde dir keinen Wunsch abschlagen!“
Hyrin wusste was die Worte bedeuteten. Er hätte genauso gut fordern können das er in Feys Familiengrab kam.
„Ich danke dir Fey, ich will deine Großzügigkeit weder Beleidigen noch ausnutzen, deswegen verzeih mir meinen Wunsch. Ich glaube in Tillits Namen wäre es am besten wenn er...“ Er stockte kurz.
„Begrabt ihn dort von wo man den Sonnenaufgang sehen kann. Ein einfaches Grab, ohne Stein.“
Fey nickte ihrem neuen Freund zu.
Es war ein kurzer Ritt gewesen, kurz nach Sonnenuntergang ragten die Lichter des Turms, den Fey so vermisst hatte aus dem Boden.
Während die Soldaten sich vergnügt durch die Straßen trieben ging Fey gefolgt von Hyrin und Brook, die immer noch Tillit zwischen sich trugen in das Herrenhaus. Fey öffnete die Türe für den Raum, wo jeder Krieger mit hohen Rang aufgebahrt wurde. Der Raum war nicht sonderlich groß und sehr karg eingerichtet. Es gab keine Fenster und somit auch kein natürliches Licht, was bei der Dunkelheit draußen keinen unterschied machte. Fey entzündete die Fackeln die an den Wänden verteilt waren, sodass der ganze Raum hell erleuchtet war im warmen Feuerschein. Tillit wurde auf den Altar gelegt, der aus Holz in mitten der vier Steinwände lag. Obwohl es für einen Toten keinen Unterschied machte, war der Altar mit einem roten weichen Samtpolster bestückt. Zumindest für die Lebenden war es ein Trost das die Toten weich gebettet waren.
Fey wandte sich an die beiden Männer die ausgezehrt von der schweren Last der letzten Stunden ihre Arme lockerten.
„Ihr beide müsst müde und hungrig sein. Isst in Ruhe, erfreut euch an den Feierlichkeit, nimmt ein Bad und geht zu Bett. Ich werde mich um alles weitere kümmern, so wie es meine Pflicht ist.“
Keiner der beiden protestierten und gingen schweigend. Fey schloss hinter ihnen die schwere hölzerne Tür. Langsam ging sie hinüber zu dem Altar. Seid dem Kampf war sie nun das erste mal allein mit ihren Gefühlen, sie musste hier keine Haltung bewahren und ihre Anspannung viel von ihr. Ihre Augen füllten sie mit Tränen und ihr Kopf schien voll damit zu sein, sie fühlte sich als könnte sie einen ganzen See füllen. Ihre Schläfen pochten heftig und Kopfschmerzen würden bald folgen. Ihr war bis dahin nicht bewusst gewesen wie anstrengend es die ganze Zeit gewesen war die Tränen zurückzuhalten. Dabei verstand sie es selbst nicht.
Noch heute Morgen hielt ich ihn für ein Monster. Einen barbarischen Krieger.
Sie hätte nicht eine Träne um ihn geweint. Aber er hatte ihr bewiesen das er all das nicht war, indem er ihr das Leben rettete, sie aus dem Kerker holte und ihr sein Leben auch noch gab, zusammen mit dem Dolch an ihrem Gürtel. Fey bekam bei dem Gedanken eine Gänsehaut. Mit dem Dolch gab er ihr sein Wort und sein Vertrauen und nahm sich selber die Chance sich im Kampf zu verteidigen. Sein Blut klebte nicht nur an ihrem Bruder sondern auch an ihr. Vor ihren Augen erschien das Bild wie Tillit nach seinem Gürtel gegriffen hatte. Dies überschnitt sich mit dem vor ihr knienden jungen Mann.
Dieses Grinsen. Als hätte er in dem Moment, kurz bevor das Schwert ihn durchbohrte, sich daran erinnert.
Fey ging um den Altar herum und blickte in sein Gesicht. Während des ganzen Weges hatte sie es vermieden ihn anzuschauen. Die Augen waren geschlossen, die Gesichtszüge entspannt. Es war so wie sie es schon oft gehört hatte, er sah aus als ob er schlief. Die Wunde an seiner Stirn, wo Brook in getroffen hatte war das Blut bereits getrocknet. Sie musste stark geblutet haben. Fey nahm einen Lappen der auf einem Stuhl neben einer Wasserschüssel lag, befeuchtete ihn und wusch Tillits Gesicht. Dabei wurde das Pochen in ihrem Kopf immer schlimmer und wurde bald zu einem Hämmern. Als das Gesicht befreit von Blut war legte sie den lappen zurück und ergriff seine Hand und schloss sie zwischen ihren ein. Als sie die Hand in ihren hielt durchzuckte sie ein Blitz. Erschrocken und von dem Schmerz in ihrer Hand überrascht, zuckte sie zurück. Was war das?
Vorsichtig, ganz langsam nahm sie wieder seine Hand. Diesmal blieb der Blitz aus, aber wärme durchzog ihren Körper, obwohl Tillits Hand eiskalt war. Fey schloss die Augen und versuchte etwas zu sehen. Das Pochen in ihrem Kopf wurde wieder schlimmer. Es dauerte lange bis sie merkte dass es nicht ihr Herz war. Tillits Herz! Sein Herz schlug noch. Er war nicht tot. Diesmal ließ sie seine Hand vor Aufregung los und das Pochen verschwand wieder. Sie hielt ihre Hände vor den Mund aus Angst sonst laut vor Freude zu schreien. Als sie sich beruhigt hatte umschloss sie wieder seine Hand, ihre andere legte sie auf seine Stirn. Sie verlangsamte ihre Atmung wie sie es gelernt hatte. Ihr Herz schlug immer langsamer. Sie ließ es leise schlagen, damit ihr eigenes Pochen sie nicht in ihrer Konzentration störte. Nun wanderte sie durch Tillits Körper sie glitt zu seinem Herzen, das schwach war aber tatsächlich schlug. Sie musste ihm helfen, sonst würde das Herz bald versagen. Aber sie hatte nie gelernt das Herz zu heilen. Fleischwunden, -kratzer äußere Wunden konnte sie sehen und hatte gelernt wie man das tat. Aber ein Herz? Sie nahm ihren Mut zusammen, und all ihr Wissen.
Sie nahm ihre Kraft die im innerem ihres Körper ruhte und formte sie, komprimierte sie in eine Kugel aus Licht. Dieses Licht nahm sie und ließ es langsam in sein Herz fließen. Sie sah den Muskel vor sich, sah die Sehnen, sah wie er sich zusammenzog und wieder entspannte. Mit jedem bisschen Licht, dass sie in sein Herz tröpfelte wurde es kräftiger. Sie durfte hier keinen Fehler machen und das Licht nur langsam hinein tropfen lassen. Das Herz war empfindlich und sie durfte seinen Rhythmus nicht stören. Im Takt der Kontraktion seines Herzens schickte sie das Licht stoßweise hinein. Als das Herz so kraftvoll schlug wie ihr eigenes ließ sie davon ab. Sie drehte sich um, es war als würde eine kleine Miniatur von ihr selbst in seinem Körper sein. Sie war hier nicht Körperlich geformt, dennoch musste sie sich wie in einem Wald orientieren und umschauen. Links von ihr war seine Lunge, zum Glück unbeschädigt. Wären Hyrin und Brook nicht so vorsichtig mit ihm umgegangen hätte seine gebrochene Rippe leicht seine Lunge durchstechen können. Sie wandte sich zu den Rippe. Sie sah den Riss und wie gefährlich nahe der Knochen der Lunge war. Sie konnte die Rippe bewegen, aber was brachte es? Den Kochen selber heilen konnte sie nicht, er musste selber zusammenwachsen. Sie versuchte es trotzdem. Vorsichtig hob sie den Knochen an und hielt ihn in der Position in der er zusammenwachsen müsste. Sie nahm wieder etwas von der Kraft die in ihr schlummerte wie ein Schatz in einem endlos scheinenden Raum. Wie einen Faden zig sie daran und Wickelte es um die gebrochene stelle in der Hoffnung dieser Verband aus Licht würde die Rippe fixieren. Vorsichtig ließ sie los und jubelte innerlich. Es funktionierte. Sie versuchte gut auf den Knochen zuzureden, er musste wachsen schnell! Fey konnte mit dem Blick Energien sehen und kniff die Augen zusammen. Der Knochen schien Energie aus Tillit selber zu speisen um zu heilen. Wenn sie ihre Lebensenergie, ihre Kraft auf dieser Ebene steuern konnte, konnte sie das auch mit anderen. Sie gab dem rötlich schimmernden Licht das zum Knochen wanderte einen Schubs damit es schneller floss. Doch sie sah wie Tillits ganzer Körper dabei litt. Alle Organe brauchten dieses Licht und da wo es herkam, aus dem Magen, den Nieren dem Rückrad, verfärbte es sich dunkler. Schnell ließ sie ihre eigenes Licht in den Körper fließen und die anderen Organe wieder zu stärken. Gut, dass sollte sie lieber lassen, denn Energiefluss eines anderen zu Beeinflussen war zu kompliziert für sie. Es passierte zu schnell das sie das Gleichgewicht störte. Sie beließ es dabei, dass sie etwas von ihrer Kraft in das Zentrum von Tillits Körper sandte, auf der Höhe seines Bauchnabels sein musste. Fey zog sie etwas auf Tillit zurück und wandte sie zur Wunde an der Schulter. Sie sah schlimm aus. Die Klinge hatte an dem Knochen eine Kerbe hinterlassen und überall waren durchtrennte Fasern, Muskeln und Blutäderchen. Mit den Blutadern fing sie an. Hierin war sie schon routiniert. Sie fügte die Adern schnell ineinander und musste nur wenig Kraft aufwenden, da das Blut und der Körper gut mitarbeitete. Als alle Blutungen gestoppt waren, machte sie sich an das Muskelgewebe. Es war ein bisschen wie beim nähen wo man Fäden zusammen knotete. Nur das sie statt Knoten eher klebte und zwar jedes mal mit einem kleinen Fetzen Licht. Sie hatte gelernt nicht zu viel zu benutzen, damit sie nicht übermäßig Energie verlor, aber auch nicht zu wenig damit es nicht wieder auseinander riss. Zuletzt wandte sie sich zum Kopf. Die Wunde war nicht sonderlich schlimm gewesen und viel zu tun gab es nicht. Dennoch hatte sie Tillit das Bewusstsein geraubt. Sein Glück, denn alle hatten ihn dadurch für tot gehalten. Fey hatte es immer vermieden Kopfverletzungen zu heilen. Nicht weil sie schwieriger als andere waren.
Sondern aus dem Grund, aus dem Tillit nicht wollte dass sie ihn heilte. Klar konnte sie in die Seele schauen, aber wer wollte das schon wirklich? Überall im Körper konnte sie sich selbst und auch der Patient selber davor schützen. Es war ganz einfach und geschah oft unbewusst. Wenn man einen Schmerz, so wie Tillit den in seinen Schulter im Kampf ausblendete, isolierte man diese Körperstelle praktisch und keiner war in der Lage von dort aus irgendwohin zu wandern. Das Fey jetzt hier in den Gedanken von Tillit sein konnte, lag nur daran, dass er sich offensichtlich wegen seiner Bewusstlosigkeit nicht wehren konnte. Eine reihe von Gefühlen schlugen auf Fey ein und bevor sie etwas dagegen tun konnte sah sie tausende Bilder. Sie sah sich selbst von oben herab, sah in ihre eigenen Augen die voller Angst waren. Dann sah sie wie Tillit vor sie kniete, nur aus seiner Sicht! Sie sah ganz anders aus, als sie sich selber wahrnahm. Alle Farben waren etwas anders als sie sie kannte. Ihre rotbraunes Haar sah leuchtender aus, ihre Augen, die ihr mehr grau vorkamen, strahlten in einem warmen dunkel grün. Ihre Gesichtszüge, die sie selber zu rundlich, zu kindisch und jung fand, hatten nichts mehr von alle dem. Sie sah viel älter aus, so alt wie sie sich auch fühlte und nicht wie das kleine Mädchen, was viele in ihr sahen.
Dann sah sie sich selbst wie sie den Dolch in den Händen hielt. Ein Gefühl der Zärtlichkeit, ein Hochgefühl der Hoffnung. Dann zerbrach alles in sich zusammen und wurde abgelöst von purer Angst und da war noch etwas. Sie hatte es damals für verletzten Stolz gehalten. Aber es war etwas ganz anderes gewesen. Tillit fühlte sich nur zurückgewiesen. Er hatte sich ihr geöffnet und ihr vertraut und sie hatte es mit Füßen getreten indem sie ihm nicht geglaubt hatte und ihn als Monster beschimpfte. Dann war da nur noch diese Angst, Angst sie würde mit dem Dolch zustoßen.
Mit einem Mal wurde sie nach draußen katapultiert. Sie war in ihrem eigenen Körper der sich eiskalt anfühlte. Sie zitterte, fühlte sich als hätte sie Tagelang nicht mehr geschlafen, jedes Glied schmerzte und ihr Atem ging so schnell als wäre sie stundenlang gerannt. Seitenstiche ließen sie nach Luft schnappen.
Die Fackeln waren fast vollständig heruntergegangen.
Wie lange war sie weg gewesen!
Sie rieb sich die Augen und massierte ihre Schläfen. Dann hörte sie ein Stöhnen, erst dachte sie es wäre jemand eingetreten, doch da war niemand. Tillit japste nach Luft und richtete sich kerzengerade auf, als wäre er aus einem Albtraum aufgewacht. Orientierungslos schaute er sich in dem kleinen Raum um, als er Fey erblickte wurden seine Augen groß. Als er redete plapperte er wie ein verrückter drauf los.
„Wo bin, was ist denn passiert? Ich war mir sicher dass ich tot bin. Habe ich deinen Bruder getötet...hat man dich gefangen genommen? Wie lange war ich bewusstlos. Den Raum kenne ich nicht? Zu Hause können wir nicht sein. Hyrin, wenn ich lebe und dein Bruder tot ist und du auch hier bist, dann hat Vater in bestimmt umgebracht! Verdammt, ich müsste tot sein!“ Fey versuchte ihn zu beruhigen und drückte ihn sanft auf den Alter zurück. „Leg dich wieder hin, sonst verletzt du dich selbst noch, dein Rippe...Es ist alles in Ordnung, du bist nicht tot und mein Bruder, sowie Hyrin sind es auch nicht!“ Tillit wehrte sich nicht, schien aber entweder kein Wort zu verstehen oder war zu verwirrt um zuzuhören. Fey versuchte mehrmals zu erklären was passiert war. Erst nachdem sie mehrmals beteuerte das seine Ängste nicht zutrafen, beruhigte er sich langsam und wurde stiller.
Tillit kannte keine Klaustrophobie, aber in diesem Moment kam ihm der Raum so eng und klein vor. Seine eigene Haut schien ihm nicht mehr zu passen. Sie engte ihn ein und das Atmen viel ihm schwer. Jeder Knochen schien ihm schmerzen. Er litt unter dem begrenzten Körper und der Kälte in seinen Knochen.
Nach langem schweigen sprach er wieder, er war nicht mehr so aufgebracht aber die Angst in seiner Stimmer blieb.
„Wenn keiner von uns tot ist, geht der Krieg weiter.“
Fey schüttelte den Kopf und erklärte abermals, was er jedoch vorher nicht gehört hatte:
„Dein Vater glaubt, dass du tot bist, alle glauben es. Nicht einmal Hyrin weiß das du lebst!“
Langsam sickerte bei Tillit durch was Fey versucht hatte ihm zu sagen.
„Dann ist es vorbei! Es hat geklappt, nicht so wie ich es mir vorgestellt habe, aber...“
„Es ist viel besser als du es geplant hast. Der Krieg ist vorbei und mein Bruder und du, ihr seid beide am Leben. Das einzige Problem ist, dass dein Vater nie davon erfahren darf.“
„Warum bin ich eigentlich bei euch, wenn mein Vater dachte ich sei tot?“ Fey erzählte ihm nur ungern wie sein Vater reagierte hatte, aber es ging kein Weg daran vorbei. Danach herrschte wieder schweigen.
„Ich kann nicht hier bleiben, wenn doch wird es mein Vater bestimmt erfahren.“
„Darüber können wir uns später Gedanken machen. Vorerst bleibst du hier. Deine Verletzungen müssen heilen. Bis dahin könnte ein Ritt, sei er noch so kurz, dich töten.“
Fey überlegt was sie nun tun sollte. Am besten sie holte Hyrin her, er würde Freudensprünge machen, wenn er erfährt, dass sein Freund noch lebt! Aber müsste er nicht längst schlafen, genauso wie Brook. Beide haben sich bestimmt schon hingelegt, nach der anstrengenden Reise. Vielleicht sollte sie damit noch warten. Sie musste Tillit auf jeden Fall beerdigen, damit keiner etwas merkte. Natürlich nicht ihn. Nur einen leeren Sarg. Fey teilte ihre Gedanken mit Tillit und dieser nickte.
„Es gefällt mir nicht Hyrin weiter zu quälen, aber am besten bleibt es unter uns, bis zu Beerdigung. Hyrin ist kein guter Schauspieler und jeder wird ihm ansehen können, dass er nicht besonders betrübt während er seinen besten Freund zu Grabe trägt!“
„Aber wie soll ich vor den Beiden deine nicht vorhandene Leiche begraben? Sie werden sich morgen von dir verabschieden wollen.“
Brook schien kurz nachzudenken und strahlte dann.
„Das können sie auch. Du steckst mich schnell in einen Sarg, Aber es darf nur mein Kopf herausschauen, sonst sehen sie das ich atme und wenn sie sich verabschiedet haben muss die Beerdigung schnell ablaufen. Und irgendwo dazwischen lässt du mich wieder raus. Dann können sie ein paar Steine mitdem Sarg zusammen einbuddeln, um die ist es nicht Schade.“
„Ein Problem bleibt. Normalerweise ist es üblich das Hyrin den Sarg verschließt! Wie soll ich dich denn dann wieder raus lassen?“ Brook grinst breit.
„Beschaff den Sarg, ich mach das Übrige.“
Vielen Danke im Vorraus fürs Lesen.
Kapitel 1
Eine Ende mit Schrecken
Das Leben ist vorbei. Ich werde in diesem Kerker sterben, selbst wenn nicht, der Krieg wird am Ende das Leben aller fordern. Das meines Bruders, meiner Freunde und allen die ich liebe. Es ist egal wer am Ende “gewinnt”, der wahre Sieger ist doch immer der Tot.
Während Fey im Verlies von Salvá saß tobte draußen ein Gewitter aus Kampfgebrüll, dem Geschrei der Verletzten und dem Klingen der Waffen.
Tillit blickte auf dieses Gemetzel aus sicherer Entfernung. Es gefiel ihm nicht, doch sein Vater erwartete dies von ihm. Statt mit seinen Kameraden zu kämpfen hatte er sich als künftiges Oberhaupt in Sicherheit zu bringen und den Krieg vom Tisch aus zu führen. Er würde jederzeit sein Leben dafür geben, wenn er dafür den Tot seiner Brüder verhindern könnte. Stattdessen stand er hier auf dem Turm seines Geburtsortes. Dem Gesteinsgemäuer der Salvás.
Ein paar Leben gab es vielleicht noch zu retten. Den Plan, den er mit seinem Freund Hyrin ausgeheckt hatte, sollte nun verwirklicht werden. Er musste nur noch darauf warten, dass sein Bote zurück kehrte. Wenn man vom Teufel spricht! Eine gedrungene Gestalt kam die Treppe hinauf und verbeugte sich vor ihm.
Fey begann in der Dunkelheit mehr zu sehen. An einer Wand ihres Verlies konnte sie Ketten erkennen. Sie schienen dazu gedacht die Insassen an der Wand stehend zu fixieren. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Vor ihren Augen sah sie wie sie an diesen Ketten hing.
Es gab vieles was man einer Frau antun konnte was schlimmer war als der Tot, zumindest aus ihrer Sicht, war es schlimmer immer wieder geschändet zu werden, jahrelang und eingesperrt in diesem Loch. Sie wünschte sich lieber ein schnelles schmerzhafte Ende.
Als hätte jemand ihre Gedanken gehört, hallten aus dem Gang Schritte zu ihr. Als die Person vor der Tür stand, hörte Fey nur ihren eigenen Herzschlag. Unter der Tür sah sie den Schein einer Fackel und einen Schatten.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis endlich das Klimpern der Schlüssel und das Schnappen des Schlosses ertönte. In dem Kerker viel nur das Licht einer einzelnen Fackel. Der Gang dahinter war nicht mehr, wie sie es in Erinnerung hatte durch Fackeln an der Wand hell erleuchtet.
Für Fey war diese einzige Lichtquelle jedoch gleißend hell, nach so langer Zeit in vollkommener Dunkelheit. Nach ein paar Augenblicken konnte Fey erkennen wer sie besuchen kam. Es war Forda. Der Man der angekündigt hatte sie und ihre Familie auszulöschen.
“Ich habe das Privileg der Letzte zu sein den du in deinem Leben zu Gesicht bekommst, meine Kleine.”
Fey wollte nicht, dass er ihre Angst spürte, doch innerlich schrie alles in ihr. Lauf weg, bettle um dein Leben, egal was es kostet, ich will nicht sterben! Stattdessen sagte sie kühl:
„Du musst dir ja toll vorkommen wehrlose Frauen allein abstechen zu können. Ansonsten kommst du ja auch zu keiner Kerbe in deinem Schwert.”
Sein Kopf verfärbte sich rot und seine Hand wanderte zu dem Griff seines Schwertes.
„Ich werde dich langsam sterben lassen und deiner Familie lasse ich deinen Kopf schicken!”
Er presste die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus, sodass es wie das Zischen einer Schlange klang. Fey wusste nun warum man ihn auch Zornesschlange nannte.
“Willst du mich nicht lieber vor ihren Augen töten?”
“Damit du noch mal frische Luft genießen kannst, nein danke, den gefallen tu ich dir nicht.”
“Oh doch mein Lieber, genau so wird´s gemacht”
Fey erschrak als sie die Männerstimme hörte. Weder hatte sie seine Schritte gehört noch das Licht seiner Fackel. Er stand plötzlich hinter Forda. Der Mann vor dem sie mehr Angst hatte als vor jedem anderen. Dem schwarzhaarigen Hünen. Gegen ihn sah Forda wie ein schmächtiger Junge aus. Er war nicht viel größer, aber viel imposanter in seiner schwarzen Lederrüstung und den Drachenhelm. Seine Augen spiegelten das Feuer der Fackel wieder. Es sah aus als tanzten gelbe Flammen auf einer blauen Eisfläche. Tillit.
Fey hatte am ganzen Körper Gänsehaut.
“Ich soll sie zum steinernen Schlachtfeld bringen. Sie soll dort ihr Ende finden. Bei ihrer Familie.”
“Nein, das war meine Aufgabe und ich werde mir nicht von einem Dreikäsehoch, wie dir den Rang ablaufen lassen.”
Tillit baute sich vor Forda auf und legte die Hand auf seine Schulter.
“Das ist ein Befehl.” Das klang endgültig, jedoch nicht für Forda.
“Ich habe wirklich gehofft, dass ich in diesem Krieg einmal mit dir allein sein kann.”
Blitzschnell zog Forda ein Messer und rammte es Richtung Tillits Herzens. Dieser machte jedoch geistesgegenwärtig einen Ausfallschritt, sodass die Klinge zwar nicht ins Leere stach, jedoch nur seine rechte Schulter.
Tillit schien den Schmerz nicht zu spüren. Mit dem Rechten Arm stieß er Forda von sich und verpasste ihm einen Fausthieb gegen den Schädel. Dieser krachte einfach in sich zusammen. Danach herrschte ein kurzer Moment Stille, keiner regte sich. Dann seufzte er und fuhr sich mit der linken Hand durch die Haare. Die Fackel war während des Gerangels zu Boden gefallen, jedoch nicht erloschen. Er hob sie langsam auf, dann zog er Fey aus dem Kerker und schloss die Türe ab. Mit dem bewusstlosen Forda darin. Fey war während des Gerangels bewegungslos stehen geblieben. Jetzt ärgerte sie sich. Das wäre ihre Chance gewesen zu fliehen!
“Komm mit”
Mit den Worten drehte er sich um und ging voran Richtung Ausgang. Fey war von dem was passiert war wie betäubt. Sie folgte ohne Wiederworte. Nachdem sie schon fast am Ausgang waren blieb Fey stehen.
“Ich werde mich nicht vor meinem Bruder und meinen Leuten umbringen lassen.”
Tillit dreht sich zu ihr um.
“Sagtest du nicht vorhin dass es dir lieber ist.”
In seiner Stimme war ein Schalk herauszuhören. Er macht sich über sie lustig!
“Du herzloses Monster. Du bist kein Mensch, dass du darüber lachen kannst!”
“Hör zu, vielleicht stirbst du auch nicht. Kann sein, dass dein Bruder mich vorher tötet. Kommt ganz auf ihn an. Also kommst du jetzt.”
“Was soll das heißen?”
“Ich erzähl es dir, wenn wir weiter laufen. Es eilt.”
Fey lief widerwillig neben ihm her. Tillit schwieg und ging weiter durch die dunklen Gänge, bis sie ein Licht am ende des Tunnel sehen konnte. Als sie heraus traten breitete sich über ihnen der graue Himmel aus. Es regnete wie aus Eimern. Sie liefen zum Wald - Fey wusste dass dort der steinerne Kampfplatz lag.
“Ich werde allem ein Ende setzten. Ich gegen deinen Bruder, der Gewinner aus dem Kampf ist auch der Gewinner des Krieges, unter der Bedingung, dass die Soldaten, beider Parteien am Leben bleiben. Gewinnt dein Bruder bleibst du am Leben...”
“Ach und wenn du gewinnst bringst du mich doch um?”
“Nein,...aber ich kann dir nicht versichern ob alle sich an das Abkommen halten.” Seine Stimme klang verbittert.
“Wie kann sich dann jemand auf dein Wort verlassen?”
“Auf mein Wort ist verlass, aber du hast ja gerade gesehen, dass nicht alle damit einverstanden sind.”
Fey konnte darauf nichts erwidern. Im Grund hatte er ihr das Leben gerettet. Sollte sie sich bedanken? Nein, dass war ein Zeichen der schwäche und es hatte für ihn wohl weder einen Wert noch einen Grund. Schließlich hatte Forda sein Leben bedroht und er hat nicht ihres, sondern sein eigenes gerettet.
Ihr Blick viel unweigerlich auf seine Schulter. Der Regen weichte sein Hemd auf und das Blut schien sich wie Farbe bei einem Aquarell weit auszubreiten. Der Ganze Ärmel war inzwischen dunkel rot.
Sie konnte sich anders dankbar zeigen.
“Wenn du kämpfst bist du mit der Verletzung im Nachteil. Ich kann sie heilen.”
Fey streckte die Hand nach ihm aus, doch er wich zurück. Ein peinlich Stille entstand. Tillit starrte auf ihre Hände.
“Ich weiß, dass du eine Hexe bist und dass du beim heilen in die Seele blicken kannst. Ich mag es nicht wenn jemand in mir ließt wie in einem Buch. Aber ich danke dir für das Angebot.”
Seine Stimme klang überraschend weich und freundlich. Auch schien das Wort Hexe nicht abfällig gemeint zu sein. Insgeheim war sie jedoch froh das er abgelehnt hatte. Würde er ihren Bruder töten, wäre es insgeheim ihre Schuld.
Schweigend gingen sie neben einander. Es war nur der Regen zu hören und das schmatzen ihrer Schuhe, während sie sich über den schlammigen Untergrund kämpften. Ihr Kleid, saugte das Wasser und den Matsch förmlich auf. Mittlerweile war sie bis auf die Knochen nass. Mit jedem Schritt schien ihr Mantel immer schwerer zu werden. Tillit schien es nichts auszumachen. Sein Gesicht schien wie aus Stein. Sie konnte keine Regung daran ablesen. Weder Schmerz noch Kälte schienen ihn zu erreichen.
Fey, die mittlerweile fror und die Zähne aufeinander biss damit sie nicht klapperten, freute sich dennoch über die frische Luft. Sie roch nach Freiheit.
Tillit hatte davon gesprochen, dass er ihren Bruder zum Kampf fordern würde. Eine alte Tradition, eigentlich eine sehr ehrenvolle Lösung um hunderte, vielleicht tausende Leben zu verschonen. Das hätte sie ihm nicht zugetraut. Doch ein großer Teil in ihr zweifelte an seinen Worten. Warum sollte er das tun? Der Sohn des grausamen Salvá, der dafür bekannt war feige und mit allen Mitteln zu kämpfen, die nötig waren um zu siegen. Sie hatte Salvá nur einmal flüchtig gesehen, als sie im Wald war und sich in Gebüschen versteckt hatte, während er und sein Gefolge an ihr vorbei zogen. Sie erkannte in Tillit die harten Züge seinen Vaters. Sein Gesicht glich einem wilden Wolf. Unter dem Helm konnte sie die schwarzen Haare erkenne, die jeder seiner Familie hatte. Seine Statur glich die einem Bär, der geschaffene Krieger. Doch er hatte nicht die dunklen kalten Augen wie sein Vater.
Fey schüttelte den aufkommenden Gedanken ab, das Tillit vielleicht wirklich nicht wie der grausame Krieger war, wie alle erzählten.
Sie war seine Gefangene und er war der Sohn des Mannes der Krieg gegen ihre Familie und ihr Leute führte. Auch wenn seine Augen nicht von Grausamkeit und Hass verdunkelt waren, in ihm floss das Blut eines Tyrannen!
Während sie das dachte blieb Tillit plötzlich mit einem Ruck stehen. Dann stand er unschlüssig da und schien auf etwas zu warten.
“Hörst du das?”
Fey war verwirrt hinter ihm stehen geblieben und lauschte nun angestrengt. Doch in ihren Ohren hallte nur der nie enden wollende Regen. Sie schüttelte den Kopf und ihre geflochtenen Zöpfe flogen dabei gegen ihre Schulten. Dann viel ihr ein, dass er ihr immer noch den Rücken zugedreht hatte und es nicht sah.
“Nein, da ist nichts.” Doch kaum hatte sie es ausgesprochen hörte sie ein Rascheln direkt vor ihnen. Dann das Schmatzen von Stiefeln im Schlamm.
“Hyrin!”
Tillit ging auf den Mann zu und umarmte ihn flüchtig.
“Dein Vater ist schon auf dem steinernen Feld, er wartet ungeduldig auf Brook.”
Als Fey den Namen ihres Bruders hörte Wurde sie hellhörig.
“Er ist noch nicht da? Ich hoffe er kommt noch.”
“Natürlich kommt er, Brook stellt sich jeden Kampf!”
Feys Stimme quoll gerade zu über vor Stolz und Arroganz und einem Hauch Herablassung. Hyrin lachte und ließ dabei seine tiefe Bassstimme hören, dann klopfte er seinem Freund auf den Rücken.
“Wenn dieser Brook nur halb so viel Mumm hat wie dieses kleine Mädchen, dann schlägt heute deine Letzt Stunde, alter Freund.”
Feys Wangen glühten, doch sie schwieg.
“Dieses kleine Mädchen ist Fey Tara-Reynor, Brooks Schwester”
Der Mann vor ihr vorführte ein übertriebene Verbeugung, wobei er mit dem Arm wild herum wirbelte.
“Verzeiht kleine Lady, ich habe euch nicht erkannt, bei diesem dichten Regen und eurer durchnässten Kleidung.”
Seine Stimme war zwar ernst und höflich, er konnte jedoch ein spöttisches Grinsen nicht verbergen.
“Du...”
Fey schnappte nach Luft und wollte ihm etwas erwidern und ihm sein Grinsen aus dem Gesicht wischen, Tillit viel ihr jedoch ins Wort:
“Wir warten bis sie kommen, mein Vater soll uns erst sehen, wenn er mich nicht mehr wegschicken kann ohne sein Gesicht zu verlieren.”,
”Oh er wird toben vor Wut, wenn er merkt das du und nicht Brook das hier veranlasst hat.” Hyrins Grinsen wurde noch breiter.
”Wenn du verlierst wird er sich an dein Wort halten müssen, sonst wird sich seine Armee gegen ihn richten, denn die folgt dir und nicht ihm. Wenn du gewinnst wird er sich freuen, dass er sein verdammtes Vermögen nicht weiter für Soldaten verschwenden muss.”
Tillit legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes der gut einen Kopf kleiner war als er. Sein Blick war fest auf ihn gerichtet.
“Egal wie das ausgehen wird, er wird dich dafür bestrafen wollen, dafür dass ich ihn hereingelegt habe!“
Hyrin nickte und erwiderte die ernsten Blick. Nun wandte sich Tillit an Fey.
“Du schuldest mir was, es steht ein Leben zwischen uns, das ist dir klar?”
Fey hatte nicht damit gerechnet dass er ihre Schuld einfordern würde, nickte jedoch unsicher. Seine Stimme klang wieder wie im Kerker, als er Forda aufforderte zu gehen. Sie klang nicht mehr freundlich, sondern fest und fordernd.
“Ja ich weiß, wäret ihr nicht läge ich jetzt mit aufgeschlitzter Kehle in eurem Kerker.”
Tillit überhörte die Anspielung, dass es sein Verdienst war, dass sie überhaupt dort gelandet war.
“Ich fordere für das Leben was ich euch gab, das von Hyrin. Er soll ab heute euer Gefolgsmann sein und deinem Bruder dienen.”,
“Einen Spion willst du in unseren Reihen haben, falls du verlierst!”
Fey glaubte nicht wie dreist er war. Sie kannte diesen Mann nicht und sollte ihm ihr Leben anvertrauen.
Tillit baute sich vor ihr auf. Wieder war sie sich seiner Ausstrahlung bewusst. Die Drachenaugen seines Helms schienen sie zu durchleuchten.
“Ich gebe dir mein Wort”,
“Dein Wort!? Dein Wort ist so viel Wert wie das eine Diebes. Ich glaube dir nicht”
Seine Augen wirkten nun wieder wie Eis, sein Hand glitt zu seinem Dolch an seinen Gürtel. Fey konnte nur auf den Dolch starren, unfähig sich zu wehren. Als Tillit sich bewegte kniff sie die Augen zu und wartete auf den Schmerz. Ihr Körper spannte sich und ein Schauer lief ihr über den Rücken. Es schien ein Ewigkeit zu dauern. Als Fey wieder die Augen öffnete ging sie unwillkürlich einen Schritt zurück. Tillit kniete vor ihr, sein Helm war in Hyrin Händen, der genauso ungläubig drein blickte wie Fey. Sein Dolch lag in der Flachen Hand und ruhte direkt vor ihrem Gesicht.
“Nimm den Dolch!”
Seine Stimme klang barsch und ohne nachzudenken griff Fey danach. Unschlüssig hielt sie ihn in der Hand. Ohne Helm und ohne das er sie um mehrere Köpfe überragte, sah er weder Angst einflößend noch bedrohlich aus. In diesem Moment kniete da nur ein junger Mann vor ihr mit Schlamm verschmutzten Kleidern, während ihm der Regen über das Gesicht lief. Das Wolfsgesicht seines Vaters war verschwunden. Sie blickte in erwartungsvolle Augen, da war aber noch etwas, verletzter Stolz vielleicht?
“Wenn du mir nicht glaubst, dann Stich zu. Das was ich vor habe klappt nur wenn du mir dein Vertrauen schenkst. Hyrin wird dir nichts tun. Er wird dich zu deinem Bruder bringen, egal wie du dich jetzt entscheidest. Nur wenn du zustichst, wird der Krieg so weitergehen wie mein Vater es wünscht, mit viel Leid und Tot. Wenn du mich gehen lässt werde ich vielleicht deinen Bruder töten. Das einzige um was ich dich bitte ist meinen Freund als deinen anzusehen. Er wird treu beschützen. Du hast die Wahl und ich gebe dir mein Wort.”
Dann stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht, was auf seine Augen übersprang und seine Stimme klang gespielt vorwurfsvoll:
„ Hyrin kann sich auch benehmen wenn er sich Mühe gibt.“
Fey wusste nicht was sie tun sollte. Mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. Er stand wehrlos, nein er kniete wehrlos vor ihr. Er war, wie sie jetzt erst erkannte in selben alter wie ihr Bruder. Nicht viel älter als ein Junge. Sie ging etwas näher auf ihn zu, fest entschlossen.
In Tillits Augen zeigte sich blanke Angst, doch er wich nicht zurück, zuckte nicht einmal. Fey ging an ihm vorbei, sie wusste nicht was sie zum ihm sagen sollte ein Kloß steckte ihr im Hals. Als sie vor Hyrin stand räusperte sie um die Kloß los zu werden. “Bring mich zu meinem Bruder, bitte.” Hinter sich hörte sie ein erleichterte Seufzen. “Danke.” Mehr sagte er nicht, stand auf, nahm seinen Helm und ohne sie noch einmal anzuschauen schleppte er sich durch den Matsch. “Wir sehen uns dann am steinernen Platz.” Erst als er im Wald verschwand viel Fey auf, dass sie noch seinen Dolch in den Händen hatte. Hyrin folgte ihrem Blick und antworte auf ihre nicht gestellt Frage.
“Ein Waffe die man geschenkt bekommt, darf niemals zurückgegeben werden.”
“Aber er hat sie mir nicht geschenkt!”
“Oh, doch, dass hat er und sein Leben mit dazu. Wenn du ihm den Dolch jetzt wieder geben würdest, bedeutet dies, sein Leben sei weniger Wert als der Dolch.”
“Den Brauch kannte ich nicht.”
“Ja, unsere Bräuche unterscheiden sich manchmal sehr. Aber last uns jetzt zu deinem Bruder gehen.” Schweigend liefen sie nebeneinander. So hatte Fey Zeit nachzudenken. Sie war immer noch aufgewühlt. Weshalb hatte er das gemacht? War das ein Trick, damit ich tu was er will? Nein, er hatte kurze Zeit wirklich Angst und glaubte ich würde ihn töten, trotzdem ist er nicht zurückgewichen. Also wollte er nur zeigen dass es ihm ernst war mit seinem Wort. Als hätte Hyrin ihre Gedanken gehört sprach er plötzlich:
“ Tillit gibt viel wert auf Worte, besonders auf sein eigenes. Ich habe noch nie erlebt, dass er sein Wort gebrochen hat.. Wobei er auch sehr selten sein Wort hergibt!”
Jetzt klang er wieder belustigend, wie ein kleiner Junge.
“Was meinst du damit das er es selten ´hergibt´”,
“Wenn Tillit Leona-Salva sagt Ich gebe dir mein Wort´, dann ist das wie in Stein gemeißelt! Aber er sagt es selten.”
Hyrin hatte Tillits vollen Namen genannt. Normalerweise nannte man einen Mann, vor allem den ältesten Sohn nur bei dem Namen seines Vaters. Es drückte aus dass er das nächste Oberhaupt der Familie war und nur noch einer vor ihm steht.
Den Namen der Mutter tragen nur unmündige Kinder.
Er hatte den Namen um den seiner Mutter ergänzt. Den nannte man nur bei einem Kind oder einer Frau.
“Du kennst Tillit schon lange, oder?”
Wieder grinste Hyrin.
“Ja, unser ganzes Leben lang, wie kommst du darauf?”
“Weil die Leona-Salva sagtest.”
“Das rutscht mir oft raus, sein Vater würde mich dafür verprügeln.”
Er hielt kurz inne.
“Ich muss mich für Tillit entschuldigen, er nannte euch Tara-Reynor. Das war nicht böse von ihm gemeint, er wollte euch nicht als Kind bezeichnen, er ist nur der Meinung das man den Namen beider Elternteile tragen soll.”
“Gut das ihr das sagt, wobei ihr nanntet mich ein kleines Mädchen!”
“Ich wusste nicht wer ihr seid!”
“Lasst das, sag du zu mir.”, “Wenn ich fragen darf wie alt seid,...bist du?”
“20, ich nehme an ein wenig älter als du dachtest.”
“Allerdings, aber die Sicht hier, bei dem Regen ist auch nicht so gut. Dann ist Brook ja euer jüngerer Bruder!”
Fey nickte nur und grinste.
“Dann hattet ihr wirklich Glück, dass Salvá das nicht wusste! Ich glaube nicht, dass er die älteste von Reynor so lang am Leben gelassen hätte! Nach eurem Brauch ist es doch nicht so, dass nur ein Mann Nachfolger wird, oder?”
“Nein, so patriarchalisch sind wir nicht. Ich habe trotzdem meinem Bruder die Führung der Soldaten überlassen. Krieg liegt mir nicht.”
Hyrin blieb so abrupt stehen, dass Fey gegen ihn stieß.
“Wenn man vom Teufel spricht, da vorn ist er.” Fey blickte an Hyrin vorbei und sah ihren Bruder, wie er mit seinem Gefolge auf der Straße entlang zog.
“Brook! Brook!” Trotz des Schlamms und des Regens rannte Fey die letzten Meter zu ihrem Bruder. Dieser Sprang mit einem Satz von seinem Pferd und umarmte seine Schwester herzlich.
“Ich dachte du wärst tot.”
“Man hat mich befreit, Hyrin...” sie wusste nicht wie sie alles erklären sollte was passiert war, also entschloss sie sich es vorerst kurz zu fassen.
Hyrin kam nun auch aus dem Wald und näherte sich vorsichtig der Gruppe. Die Soldaten hingegen kamen ihm mit gezogenen Schwertern entgegen. Fey löste sich von ihrem Bruder.
“Keiner krümmt ihm auch nur ein Haar. Er steht unter meinem Schutz!” Hyrin wunderte sich über diesen schnellen Persönlichkeitswechsel. Da sprach nicht die junge Frau, die er zu anfangs sogar für ein Mädchen gehalten hatte, oder die so lapidar mit ihm gesprochen hatte. Ihr Ton und ihre Haltung strahlten eine ruhige aber bestimmte Kraft aus. Sofort wurden alle Schwerter zurück gesteckt und die Soldaten ignoriert Hyrin.
“Brook, dass ist Hyrin, er hat mich befreit und ist ab sofort mein Décou.”
Fey sprach nicht nur zu ihrem Bruder, sondern so laut, dass alle anwesenden es hörten konnten. Hyrin kannte die Bezeichnung Décou nicht, aber man erklärte ihm später auf sein Fragen hin, dass es ein hohes Amt war. Es hieß er gehöre zur Leibgarde und seine Aufgabe war es Fey allein zu schützen. Damit genoss er wahrhaft ihr vertrauen. Tillit musste einen starken Eindruck bei ihr hinterlassen haben, wenn sie ihm auf Grund seines Versprechens dieses Amt gab.
Fey ritt nun neben ihrem Bruder auf einer weißen Stute. “Brook, weißt du warum du zum steinernen Kampfplatz solltest?”
“Nicht direkt. Ein Bote von Salvá kam zu uns. Salvá möchte mit uns über ein Friedensabkommen reden.”
Fey schüttelte den Kopf.
“Das ist nicht alles. Erstens kommt der Bote nicht von Salvá selbst, sondern von seinem Sohn, dieser weiß nichts davon. Tillit will dich zum Réyfí herausfordern, damit der Krieg endet.”
“Das glaube ich nicht, klingt eher wie eine Falle!”
“Vertrau mir, er lügt nicht. Er wird sich an das Abkommen halten.”
Fey sah das ihr Bruder ihr nicht glaubte. Zwar konnte sie ihm befehligen zu Kämpfen, aber sie wollte das er sie verstand. Sie erzählte ihm wie sie wirklich entkommen war und was auf dem Weg passiert war. Brook legte seine Hand auf ihre und nickte entschlossen.
“Gut dann werde ich kämpfen!”
Kurz Darauf trafen sie am Kampffeld ein. Auf der anderen Seite des Platzes stand Salvá bereits mit seinem Gefolge. Von Tillit war jedoch keine Spur. Fey lief voran um zu demonstrieren wer sie war. Nicht wie Salvá glaubte die kleine Schwester Brooks, sondern die Herrin vom schwarzen Steinland.
Als Salvá sie erblickte konnte Fey noch 1000 Fuß entfernt erkennen wie sein Kopf rot anlief vor Wut. Als sie in Hörweite kamen schallte seine von Wut verzerrte Stimmte zu ihr.
„Wie seit ihr entkommen? Ich glaubte euch in meinem Kerker!“
„Forda, der den ihr schicktet mich zu töten, konnte sich nicht einmal gegenüber einer Frau behaupten. Er liegt nun niedergeschlagen im Kerker!“ Egal wie das hier ausging Forda würde seine Strafe erhalten. Allein schon wegen dem Verrat an Tillit. Was sie genau genommen nicht stören sollte. Schließlich würde sein Tod endlich den Sieg bedeuten. Kaum da sie sich fragte ob er noch kommen würde tauchte er am Rande des Platzes auf und schritt stolz zu seinem Vater. So stolz wie es nur ging, wenn man aussah als hätte man sich im Schlamm gesudelt. Tillit sprach kurz mit seinem Vater, der offensichtlich nicht begeistert war, dann aber zustimmend nickte. Danach trat er in die Mitte des Platzes. Seine Stimme drang laut und kraftvoll bis in die hintersten Reihen.
„Ich Tillit Salvá, fordere den Nachfolger des Reynor heraus zum Réyfí! Der Sieger soll der ganze Berg zugesprochen werden, der Verlierer zieht sich zurück und es gilt Frieden. Beide Seiten sollen sich dazu verpflichten die Soldaten ziehen zu lassen. Gekämpft soll wie immer mit Schwert und Dolch. Ohne Rüstung und bis zum Tot.“
Feys Herz klopfte wie wild und ihr Mund war so trocken, dass sie kaum in der Lage war zu sprechen. Mit dem Dolch kämpfen? Tillit hatte keinen mehr, der hing an ihrem Gürtel! Sie beruhigte sich. Tillit hatte sich bestimmt einen neuen besorgt. Zum Glück musste sie nicht antworten, sondern Brook. Dieser ritt nun langsam an ihr vorbei, sprang dann von seinem Pferd und baute sich vor Tillit auf.
„Ich Brook Reynor werde im Namen der Nachfolgerin, Fey Reynor die Herausforderung annehmen!“ In den Reihen von Salvá brach auf einmal eine Unruhe aus. Offensichtlich überraschte es sie zu erfahren, dass Fey und nicht Brook älter war. Fey räusperte sich und drückte ihren Rücken durch. Ihr Mund war zwar noch immer Trocken und ihr Herz schien nicht mehr in der Brust sondern in ihrem Hals zu schlagen, aber irgendwie schaffte sie es zu sprechen.
„Ich Fey Reynor willige ein, dass mein Bruder für mich dieses Duell aus ficht.“ Fey wusste, dass selbst Frauen sich diesen Duellen stellen durften und es gab auch welche in der Geschichte die dies getan und sogar gewonnen hatten, aber sie war kein Mannsbild und sicher nicht in der Lage Tillit eben würdig zu sein. Nach der Rituellen Zustimmung beider Parteien begannen die Soldaten ebenfalls ihre Zustimmung Luft zu machen. Überall ertönte das Zeremonielle Waffengeklapper und Grölen der Kämpfer. Jetzt konnte keine Seite mehr einen Rückzieher machen ohne sein Gesicht zu verlieren und seine Soldaten gegen sich zu bringen. Kein Soldat hat die Pflicht einem Herr zu folgen der gegen einen Réyfí verstieß.
Ihr Bruder und Tillit legten ihre Rüstungen ab und stellten sich mit gezogenen Schwertern gegenüber. Um sie Herum war ein Kreis gebildet worden. Salvá und Fey standen sich jeder auf einem Pferden gegenüber. Neben Ihnen ihre Leibgarde. Um sie herum ihre Soldaten, die nun friedlich nebeneinander standen. Wohl wissend, dass sie nun keine Feinde mehr waren, denn egal wie es ausging, der Krieg war dann vorbei!
Der Kreis hatte einen Durchmesser von etwas 30 Fuß damit genug Platz für die Kontrahenten da war. Fey hatte es immer noch nicht geschafft sich zur beruhigen. Am liebsten wäre sie geflüchtet, hätte weg geschaut. Sie wollte nicht zu sehen müssen wie vielleicht ihr Bruder starb. Aber sie wollte auch nicht das Tillit starb. Seine Worte hallten in ihrem Kopf wieder.
Ein Leben steht zwischen uns!
Die Wunde die Forda ihm zugefügt hatte blutete nicht mehr, offensichtlich wurde sie auch verbunden und er musste sich ein neues Hemd angezogen haben. Fey war wie Tillit es nannte eine Hexe, wobei sie es lieber Talent nannte. Sie konnte heilen, musste dafür jedoch in engem Körperkontakt stehen. Jetzt dachte, sie sie hätte ihn heilen sollen, das wäre nur gerecht gewesen! Aber dieser Idiot wollte nicht, dass sie in ihn hineinsah.
Sie konnte jetzt sowieso nichts mehr tun. Der Kampf hatte begonnen.
Tillit und Brook umkreisten sich langsam, jeder sein Schwert mit beiden Händen im festen Griff. Beide schauten sich nur die Bewegungen des anderen an um zu sehen ob schon im Tritt ein Fehler war den man nutzen konnte. Brook war der erste der mit der Klinge ausholte und einen Satz nach vorne tat. In dem Schlag lag nicht besonders viel Kraft, er war auch nicht schnell genug. Tillit werte ihn ab in dem er nur einen Schritt zur Seite tat, so wie er es bei Forda getan hatte. Doch Tillit war auf diesen Schlag gefasst gewesen. Dieses mal glitt er zu Seite, jedoch so dass die Klinge nur knapp an seiner Schulter vorbei raste.
Ein beiderseitiges austesten. Das schwierigste dabei war, nicht seine ganze Kraft zu zeigen um sich nicht zu verraten. Denn nichts ist eine bessere Waffe als die Unwissenheit des Gegners. Schlimmer war es jedoch zu wenig seines Könnens einzusetzen, verschätzte man sich mit der Kraft des Gegners könnte ein leichter Hieb, eine einfache Finte einem das Leben kosten. Beide führten noch ein paar leichte Schläge aus und wogen ihre Kraft genau aus. Obwohl, wie Fey auch wusste,
dies nur einem Aufwärmen glich und dazu diente sich einander einzuschätzen, zuckte sie jedes mal vor Furcht zusammen, wenn die Klinge des einen oder anderen niedersauste und nur knapp sein Ziel verfehlte. Das Geräusch von Metall auf Metall wenn die Schwerter sich trafen schickte jedes Mal einen Stoß durch ihren Rücken, sodass sie steif und aufrecht im Sattel saß. Die Zügel ihres Pferdes hatte sie so fest umklammert das ihre Knöchel weiß hervortraten und sich ihre Fingernägel ins Fleisch bohrten.
Tillit nahm seinen rechten Fuß nach vorne hob sein Schwert, Fey wusste dass durch diese Beinstellung nur wenig Kraft in den Stoß kam und seine linke Hälfte schutzlos schien. Doch Tillit schwang das Schwert mit einer Hand mühelos von unten nach oben, fast kratze es damit am Boden. Er riss es schnell hoch und mit dem Schwung dieser Bewegung schnellte sein Schwert blitzschnell nach oben auf Brook zu, dieser konterte, überrascht von der Schnelligkeit, indem er das Schwert waagerecht nach unten vor seinen Körper hielt. Tillit erkannte, wie erwartet dass nun die untere Beinpartie ungeschützt war. Er verlagerte sein Gewicht auf den linken Fuß, griff mit der zweiten Hand sein Schwert und stach nun mit voller Kraft nach vorn. Brook erkannte seinen Fehler und versuchte Tillits Schwert nach unten gen Boden zu drücken. Die Schwerter schrappten dabei aneinander entlang, Im letzte Moment kippte Tillit die Schwertklinge und Riss sie nach rechts. Er erwischte das Bein, und hinterließ eine breite tiefe Schnittwunde an Brooks Wade, dieser hatte schlimmeres verhindert in dem er einen Satz nach hinten gemacht hatte.
Das aufwärmen war nun vorbei, es folgten nun schnelle und kraftvolle Schläge schnell aufeinander. Die geradezu eleganten Ausweichmanöver zu Beginn wurden abgelöst durch blitzschnellen Ausweichschritten und immer lauter werdendes klirren der Schwerter. Beide waren nun hochkonzentriert, sahen jede Bewegung des anderen genau, analysierten innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde und parierte mit der jahrelang eingeübten, ins Fleisch eingebrannten Bewegungen. Feys Herzrasen schien von jedem Schlag unterbrochen. Bei jedem aufeinander treffen des Metalls hielt sie unbewusst den Atem an und der Muskel in ihrer Brust, oder im Hals? Schien nicht länger pumpen zu wollen. Was passierte wenn einer der Schläge tödlich traf, würde ihr Herz vor Schreck stehen bleiben? Jeder Schnitt, jeder Hieb auf die beiden Körper schien sie selbst zu treffen. Als Brook es schaffte Tillit mit einem festen Tritt gegen den Brustkorb zu treffen, spürte Fey, nein sie sah es, als wären die Körper vor ihre aus Glas, wie eine Rippe brach und sich fast in die Lunge bohrte. Tillit rappelte sich trotz der unerträglichen Schmerzen die er haben musste auf und konterte. Eine Finte mit dem Schwert, gezielt auf Brooks Oberschenkel ließ seine Deckung offen und Tillit landete einen schweren Schlag gegen Brooks Kopf. Anders als Forda brach dieser jedoch nicht zusammen. Er schien zwar kurze Zeit etwas benommen und wehrte nur mühsam die Schläge Tillits ab, doch diese waren nicht mehr so Kraftvoll wie zu Anfangs. Die gebrochene Rippe und die Schmerzen schienen auch an ihm zu zehren. Doch Fey wusste das ihr Bruder aufgrund der Kopfverletzung, die nun stark blutete nur noch schemenhaft sah, auch seine Übelkeit nahm sie war und hatte kurze Zeit Angst sich übergeben zu müssen. Fey hatte nur kurz die Augen geschlossen um gegen die Übelkeit, die nicht ihre war anzukämpfen. Als sie nun die Augen wieder öffnete sah sie nur noch wie Tillits Schwert durch die Luft flog. Jetzt müsste er seinen Dolch ziehen, doch stattdessen versuchte er den Schlägen ihres Bruders auszuweichen. Fey hatte gesehen wie seine Hand kurz zu seinem Gürtel wanderte, sie tat es ihm gleich und spürte den mit Leder umwickelten Griff, wo seine Hand ins Leere fasste.
Fey bildete sich ein Tillit würde grinsen, es war dieser Gesichtsausdruck gewesen nachdem er ihr den Dolch hingehalten hatte, sie hörte seine Worte in ihren Ohren widerhallen.
„Du hast die Wahl und ich gebe dir mein Wort.“
Bei diesen letzten Worten hatte er genauso so gegrinst.
Brooks Schwert bohrte sich durch Tillits Schulter, genau dort wo Forda ihn getroffen hatte. Mit einem Ruck wurde die Klinge auch schon wider herausgezogen und Brooks Ellbogen schnellte hoch und krachte gegen Tillits Schädel. Bevor dieser die Augen schloss und zusammenbrach sah Fey dass was er sah. Nichts, noch bevor Tillit auf den Boden aufschlug, war er in völlige Dunkelheit gehüllt. Diese Schwärze war dunkler als jede Nacht. Als Fey wieder durch ihre eigenen Augen blickte, sah sie nur noch Tillit am Boden liegen, Brook und auch Hyrin neben ihm kniend. Beide erhoben sich gleichzeitig und sahen einander an, Brook verkündete das Urteil und Hyrin blickte zu Boden, Fey konnte sein Gesicht nicht erkennen, es verschwand im Dunklen seiner Kapuze.
„Tillit ist tot, Fey Reynor ist demnach das Recht des Berges zugesprochen.“ Hinter Fey brach ein Jubeln aus, der sich weiter ausbreitete, auch die Männer Salvá grölten mit. Das Blutvergießen war damit vorbei. Brook ging auf Salvá zu und steckte sein Schwert zurück in die Scheide.
„Ihr habt das Recht euren Sohn mitzunehmen und ihn ehrenvoll zu bestatten. Er hat gut gekämpft, wir waren uns ebenbürtig, aber das Schicksal hat mir den Sieg geschenkt.“ Mit diesen Worten gab Brook im Grund zu, dass es nur der Zufall und Glück war dass er gewonnen hatte.
„Nimmt ihr ihn, oder lasst ihn hier verrotten, was soll ich mit dem Leichnam eines Verlierers? Ab jetzt ist er nicht mehr mein Sohn, sondern nur eine Hülle, die es nicht Wert ist, bei meinem Vaters Grab zu liegen!“ Damit wandte er sich um, sodass keiner noch etwas sagen konnte. Brook stand dort ungläubig und mit offenen Mund. Ruckartig drehte er sich um und ging an Hyrin vorbei, der immer noch neben Tillits reglosen Körper stand. Als er vor Fey stand senkte er den Kopf.
„Gibst du mir die Erlaubnis ihn ehrenhaft zu Bestatten, Schwester?“ Seine Stimme klang bittend, er selber hatte nicht die Befugnis Tillit auf dem Grund und Boden seiner Schwester zu bestatten.
Als Fey sprach war ihr Klang kälter als sie wollte, aber sie brachte es nicht anders fertig.
„Nein, ich erlaube es dir nicht.“ Nach einer kurzen Pause, während der Brook erschrocken hoch fuhr schluckte Fey schwer und zwang sich nun lauter fortzufahren.
„Tillit hat wie du selber sagtest gut gekämpft, was auch ich anerkenne, deswegen steht es mir zu ihn zur Ruhe zu betten.“ Das ist das mindeste meiner Pflicht, fügte sie in Gedanken hinzu. Die Erleichterung war in Brooks Gesicht geschrieben, er lächelte, dankbar dass sie diese Aufgabe selber übernahm, was Tillit mehr Ehre erwies.
Sie sprang von ihrem Pferd und forderte mit einem Wink, dass Brook ihr folgen sollte. Als sie vor Hyrin stand und ihm ihr Bedauern ausdrückte brachte dieser nur ein kurzes ´Danke´ hervor. Sie spürte, dass er zwar nicht zornig war, dennoch schaffte er es nicht ihr in die Augen zu blicken. Etwas gequält presste er hervor:
„Ich bitte dich darum Tillit tragen zu dürfen.“ Nach einem nicken ihrerseits fügt Brook hinzu: „Ich helfe dir allein kannst du ihn nicht mit der Trage transportieren.“
So machten sie sich dann auf den Heimweg. Der Leichnam wurde zwischen Hyrin und Brook auf der Trage direkter Hinter Fey getragen. So wie auch Brook, hätte er nicht gesiegt. Nach ein paar Stunden ließ sich Fey auf ihrem Pferd zurück fallen, damit sie neben Hyrin lief.
„Wo wünscht du dir, dass Tillit begraben wird? Du warst sein engster Freund und du kanntest ihn am besten. Es steht dir völlig frei. Ich werde dir keinen Wunsch abschlagen!“
Hyrin wusste was die Worte bedeuteten. Er hätte genauso gut fordern können das er in Feys Familiengrab kam.
„Ich danke dir Fey, ich will deine Großzügigkeit weder Beleidigen noch ausnutzen, deswegen verzeih mir meinen Wunsch. Ich glaube in Tillits Namen wäre es am besten wenn er...“ Er stockte kurz.
„Begrabt ihn dort von wo man den Sonnenaufgang sehen kann. Ein einfaches Grab, ohne Stein.“
Fey nickte ihrem neuen Freund zu.
Es war ein kurzer Ritt gewesen, kurz nach Sonnenuntergang ragten die Lichter des Turms, den Fey so vermisst hatte aus dem Boden.
Während die Soldaten sich vergnügt durch die Straßen trieben ging Fey gefolgt von Hyrin und Brook, die immer noch Tillit zwischen sich trugen in das Herrenhaus. Fey öffnete die Türe für den Raum, wo jeder Krieger mit hohen Rang aufgebahrt wurde. Der Raum war nicht sonderlich groß und sehr karg eingerichtet. Es gab keine Fenster und somit auch kein natürliches Licht, was bei der Dunkelheit draußen keinen unterschied machte. Fey entzündete die Fackeln die an den Wänden verteilt waren, sodass der ganze Raum hell erleuchtet war im warmen Feuerschein. Tillit wurde auf den Altar gelegt, der aus Holz in mitten der vier Steinwände lag. Obwohl es für einen Toten keinen Unterschied machte, war der Altar mit einem roten weichen Samtpolster bestückt. Zumindest für die Lebenden war es ein Trost das die Toten weich gebettet waren.
Fey wandte sich an die beiden Männer die ausgezehrt von der schweren Last der letzten Stunden ihre Arme lockerten.
„Ihr beide müsst müde und hungrig sein. Isst in Ruhe, erfreut euch an den Feierlichkeit, nimmt ein Bad und geht zu Bett. Ich werde mich um alles weitere kümmern, so wie es meine Pflicht ist.“
Keiner der beiden protestierten und gingen schweigend. Fey schloss hinter ihnen die schwere hölzerne Tür. Langsam ging sie hinüber zu dem Altar. Seid dem Kampf war sie nun das erste mal allein mit ihren Gefühlen, sie musste hier keine Haltung bewahren und ihre Anspannung viel von ihr. Ihre Augen füllten sie mit Tränen und ihr Kopf schien voll damit zu sein, sie fühlte sich als könnte sie einen ganzen See füllen. Ihre Schläfen pochten heftig und Kopfschmerzen würden bald folgen. Ihr war bis dahin nicht bewusst gewesen wie anstrengend es die ganze Zeit gewesen war die Tränen zurückzuhalten. Dabei verstand sie es selbst nicht.
Noch heute Morgen hielt ich ihn für ein Monster. Einen barbarischen Krieger.
Sie hätte nicht eine Träne um ihn geweint. Aber er hatte ihr bewiesen das er all das nicht war, indem er ihr das Leben rettete, sie aus dem Kerker holte und ihr sein Leben auch noch gab, zusammen mit dem Dolch an ihrem Gürtel. Fey bekam bei dem Gedanken eine Gänsehaut. Mit dem Dolch gab er ihr sein Wort und sein Vertrauen und nahm sich selber die Chance sich im Kampf zu verteidigen. Sein Blut klebte nicht nur an ihrem Bruder sondern auch an ihr. Vor ihren Augen erschien das Bild wie Tillit nach seinem Gürtel gegriffen hatte. Dies überschnitt sich mit dem vor ihr knienden jungen Mann.
Dieses Grinsen. Als hätte er in dem Moment, kurz bevor das Schwert ihn durchbohrte, sich daran erinnert.
Fey ging um den Altar herum und blickte in sein Gesicht. Während des ganzen Weges hatte sie es vermieden ihn anzuschauen. Die Augen waren geschlossen, die Gesichtszüge entspannt. Es war so wie sie es schon oft gehört hatte, er sah aus als ob er schlief. Die Wunde an seiner Stirn, wo Brook in getroffen hatte war das Blut bereits getrocknet. Sie musste stark geblutet haben. Fey nahm einen Lappen der auf einem Stuhl neben einer Wasserschüssel lag, befeuchtete ihn und wusch Tillits Gesicht. Dabei wurde das Pochen in ihrem Kopf immer schlimmer und wurde bald zu einem Hämmern. Als das Gesicht befreit von Blut war legte sie den lappen zurück und ergriff seine Hand und schloss sie zwischen ihren ein. Als sie die Hand in ihren hielt durchzuckte sie ein Blitz. Erschrocken und von dem Schmerz in ihrer Hand überrascht, zuckte sie zurück. Was war das?
Vorsichtig, ganz langsam nahm sie wieder seine Hand. Diesmal blieb der Blitz aus, aber wärme durchzog ihren Körper, obwohl Tillits Hand eiskalt war. Fey schloss die Augen und versuchte etwas zu sehen. Das Pochen in ihrem Kopf wurde wieder schlimmer. Es dauerte lange bis sie merkte dass es nicht ihr Herz war. Tillits Herz! Sein Herz schlug noch. Er war nicht tot. Diesmal ließ sie seine Hand vor Aufregung los und das Pochen verschwand wieder. Sie hielt ihre Hände vor den Mund aus Angst sonst laut vor Freude zu schreien. Als sie sich beruhigt hatte umschloss sie wieder seine Hand, ihre andere legte sie auf seine Stirn. Sie verlangsamte ihre Atmung wie sie es gelernt hatte. Ihr Herz schlug immer langsamer. Sie ließ es leise schlagen, damit ihr eigenes Pochen sie nicht in ihrer Konzentration störte. Nun wanderte sie durch Tillits Körper sie glitt zu seinem Herzen, das schwach war aber tatsächlich schlug. Sie musste ihm helfen, sonst würde das Herz bald versagen. Aber sie hatte nie gelernt das Herz zu heilen. Fleischwunden, -kratzer äußere Wunden konnte sie sehen und hatte gelernt wie man das tat. Aber ein Herz? Sie nahm ihren Mut zusammen, und all ihr Wissen.
Sie nahm ihre Kraft die im innerem ihres Körper ruhte und formte sie, komprimierte sie in eine Kugel aus Licht. Dieses Licht nahm sie und ließ es langsam in sein Herz fließen. Sie sah den Muskel vor sich, sah die Sehnen, sah wie er sich zusammenzog und wieder entspannte. Mit jedem bisschen Licht, dass sie in sein Herz tröpfelte wurde es kräftiger. Sie durfte hier keinen Fehler machen und das Licht nur langsam hinein tropfen lassen. Das Herz war empfindlich und sie durfte seinen Rhythmus nicht stören. Im Takt der Kontraktion seines Herzens schickte sie das Licht stoßweise hinein. Als das Herz so kraftvoll schlug wie ihr eigenes ließ sie davon ab. Sie drehte sich um, es war als würde eine kleine Miniatur von ihr selbst in seinem Körper sein. Sie war hier nicht Körperlich geformt, dennoch musste sie sich wie in einem Wald orientieren und umschauen. Links von ihr war seine Lunge, zum Glück unbeschädigt. Wären Hyrin und Brook nicht so vorsichtig mit ihm umgegangen hätte seine gebrochene Rippe leicht seine Lunge durchstechen können. Sie wandte sich zu den Rippe. Sie sah den Riss und wie gefährlich nahe der Knochen der Lunge war. Sie konnte die Rippe bewegen, aber was brachte es? Den Kochen selber heilen konnte sie nicht, er musste selber zusammenwachsen. Sie versuchte es trotzdem. Vorsichtig hob sie den Knochen an und hielt ihn in der Position in der er zusammenwachsen müsste. Sie nahm wieder etwas von der Kraft die in ihr schlummerte wie ein Schatz in einem endlos scheinenden Raum. Wie einen Faden zig sie daran und Wickelte es um die gebrochene stelle in der Hoffnung dieser Verband aus Licht würde die Rippe fixieren. Vorsichtig ließ sie los und jubelte innerlich. Es funktionierte. Sie versuchte gut auf den Knochen zuzureden, er musste wachsen schnell! Fey konnte mit dem Blick Energien sehen und kniff die Augen zusammen. Der Knochen schien Energie aus Tillit selber zu speisen um zu heilen. Wenn sie ihre Lebensenergie, ihre Kraft auf dieser Ebene steuern konnte, konnte sie das auch mit anderen. Sie gab dem rötlich schimmernden Licht das zum Knochen wanderte einen Schubs damit es schneller floss. Doch sie sah wie Tillits ganzer Körper dabei litt. Alle Organe brauchten dieses Licht und da wo es herkam, aus dem Magen, den Nieren dem Rückrad, verfärbte es sich dunkler. Schnell ließ sie ihre eigenes Licht in den Körper fließen und die anderen Organe wieder zu stärken. Gut, dass sollte sie lieber lassen, denn Energiefluss eines anderen zu Beeinflussen war zu kompliziert für sie. Es passierte zu schnell das sie das Gleichgewicht störte. Sie beließ es dabei, dass sie etwas von ihrer Kraft in das Zentrum von Tillits Körper sandte, auf der Höhe seines Bauchnabels sein musste. Fey zog sie etwas auf Tillit zurück und wandte sie zur Wunde an der Schulter. Sie sah schlimm aus. Die Klinge hatte an dem Knochen eine Kerbe hinterlassen und überall waren durchtrennte Fasern, Muskeln und Blutäderchen. Mit den Blutadern fing sie an. Hierin war sie schon routiniert. Sie fügte die Adern schnell ineinander und musste nur wenig Kraft aufwenden, da das Blut und der Körper gut mitarbeitete. Als alle Blutungen gestoppt waren, machte sie sich an das Muskelgewebe. Es war ein bisschen wie beim nähen wo man Fäden zusammen knotete. Nur das sie statt Knoten eher klebte und zwar jedes mal mit einem kleinen Fetzen Licht. Sie hatte gelernt nicht zu viel zu benutzen, damit sie nicht übermäßig Energie verlor, aber auch nicht zu wenig damit es nicht wieder auseinander riss. Zuletzt wandte sie sich zum Kopf. Die Wunde war nicht sonderlich schlimm gewesen und viel zu tun gab es nicht. Dennoch hatte sie Tillit das Bewusstsein geraubt. Sein Glück, denn alle hatten ihn dadurch für tot gehalten. Fey hatte es immer vermieden Kopfverletzungen zu heilen. Nicht weil sie schwieriger als andere waren.
Sondern aus dem Grund, aus dem Tillit nicht wollte dass sie ihn heilte. Klar konnte sie in die Seele schauen, aber wer wollte das schon wirklich? Überall im Körper konnte sie sich selbst und auch der Patient selber davor schützen. Es war ganz einfach und geschah oft unbewusst. Wenn man einen Schmerz, so wie Tillit den in seinen Schulter im Kampf ausblendete, isolierte man diese Körperstelle praktisch und keiner war in der Lage von dort aus irgendwohin zu wandern. Das Fey jetzt hier in den Gedanken von Tillit sein konnte, lag nur daran, dass er sich offensichtlich wegen seiner Bewusstlosigkeit nicht wehren konnte. Eine reihe von Gefühlen schlugen auf Fey ein und bevor sie etwas dagegen tun konnte sah sie tausende Bilder. Sie sah sich selbst von oben herab, sah in ihre eigenen Augen die voller Angst waren. Dann sah sie wie Tillit vor sie kniete, nur aus seiner Sicht! Sie sah ganz anders aus, als sie sich selber wahrnahm. Alle Farben waren etwas anders als sie sie kannte. Ihre rotbraunes Haar sah leuchtender aus, ihre Augen, die ihr mehr grau vorkamen, strahlten in einem warmen dunkel grün. Ihre Gesichtszüge, die sie selber zu rundlich, zu kindisch und jung fand, hatten nichts mehr von alle dem. Sie sah viel älter aus, so alt wie sie sich auch fühlte und nicht wie das kleine Mädchen, was viele in ihr sahen.
Dann sah sie sich selbst wie sie den Dolch in den Händen hielt. Ein Gefühl der Zärtlichkeit, ein Hochgefühl der Hoffnung. Dann zerbrach alles in sich zusammen und wurde abgelöst von purer Angst und da war noch etwas. Sie hatte es damals für verletzten Stolz gehalten. Aber es war etwas ganz anderes gewesen. Tillit fühlte sich nur zurückgewiesen. Er hatte sich ihr geöffnet und ihr vertraut und sie hatte es mit Füßen getreten indem sie ihm nicht geglaubt hatte und ihn als Monster beschimpfte. Dann war da nur noch diese Angst, Angst sie würde mit dem Dolch zustoßen.
Mit einem Mal wurde sie nach draußen katapultiert. Sie war in ihrem eigenen Körper der sich eiskalt anfühlte. Sie zitterte, fühlte sich als hätte sie Tagelang nicht mehr geschlafen, jedes Glied schmerzte und ihr Atem ging so schnell als wäre sie stundenlang gerannt. Seitenstiche ließen sie nach Luft schnappen.
Die Fackeln waren fast vollständig heruntergegangen.
Wie lange war sie weg gewesen!
Sie rieb sich die Augen und massierte ihre Schläfen. Dann hörte sie ein Stöhnen, erst dachte sie es wäre jemand eingetreten, doch da war niemand. Tillit japste nach Luft und richtete sich kerzengerade auf, als wäre er aus einem Albtraum aufgewacht. Orientierungslos schaute er sich in dem kleinen Raum um, als er Fey erblickte wurden seine Augen groß. Als er redete plapperte er wie ein verrückter drauf los.
„Wo bin, was ist denn passiert? Ich war mir sicher dass ich tot bin. Habe ich deinen Bruder getötet...hat man dich gefangen genommen? Wie lange war ich bewusstlos. Den Raum kenne ich nicht? Zu Hause können wir nicht sein. Hyrin, wenn ich lebe und dein Bruder tot ist und du auch hier bist, dann hat Vater in bestimmt umgebracht! Verdammt, ich müsste tot sein!“ Fey versuchte ihn zu beruhigen und drückte ihn sanft auf den Alter zurück. „Leg dich wieder hin, sonst verletzt du dich selbst noch, dein Rippe...Es ist alles in Ordnung, du bist nicht tot und mein Bruder, sowie Hyrin sind es auch nicht!“ Tillit wehrte sich nicht, schien aber entweder kein Wort zu verstehen oder war zu verwirrt um zuzuhören. Fey versuchte mehrmals zu erklären was passiert war. Erst nachdem sie mehrmals beteuerte das seine Ängste nicht zutrafen, beruhigte er sich langsam und wurde stiller.
Tillit kannte keine Klaustrophobie, aber in diesem Moment kam ihm der Raum so eng und klein vor. Seine eigene Haut schien ihm nicht mehr zu passen. Sie engte ihn ein und das Atmen viel ihm schwer. Jeder Knochen schien ihm schmerzen. Er litt unter dem begrenzten Körper und der Kälte in seinen Knochen.
Nach langem schweigen sprach er wieder, er war nicht mehr so aufgebracht aber die Angst in seiner Stimmer blieb.
„Wenn keiner von uns tot ist, geht der Krieg weiter.“
Fey schüttelte den Kopf und erklärte abermals, was er jedoch vorher nicht gehört hatte:
„Dein Vater glaubt, dass du tot bist, alle glauben es. Nicht einmal Hyrin weiß das du lebst!“
Langsam sickerte bei Tillit durch was Fey versucht hatte ihm zu sagen.
„Dann ist es vorbei! Es hat geklappt, nicht so wie ich es mir vorgestellt habe, aber...“
„Es ist viel besser als du es geplant hast. Der Krieg ist vorbei und mein Bruder und du, ihr seid beide am Leben. Das einzige Problem ist, dass dein Vater nie davon erfahren darf.“
„Warum bin ich eigentlich bei euch, wenn mein Vater dachte ich sei tot?“ Fey erzählte ihm nur ungern wie sein Vater reagierte hatte, aber es ging kein Weg daran vorbei. Danach herrschte wieder schweigen.
„Ich kann nicht hier bleiben, wenn doch wird es mein Vater bestimmt erfahren.“
„Darüber können wir uns später Gedanken machen. Vorerst bleibst du hier. Deine Verletzungen müssen heilen. Bis dahin könnte ein Ritt, sei er noch so kurz, dich töten.“
Fey überlegt was sie nun tun sollte. Am besten sie holte Hyrin her, er würde Freudensprünge machen, wenn er erfährt, dass sein Freund noch lebt! Aber müsste er nicht längst schlafen, genauso wie Brook. Beide haben sich bestimmt schon hingelegt, nach der anstrengenden Reise. Vielleicht sollte sie damit noch warten. Sie musste Tillit auf jeden Fall beerdigen, damit keiner etwas merkte. Natürlich nicht ihn. Nur einen leeren Sarg. Fey teilte ihre Gedanken mit Tillit und dieser nickte.
„Es gefällt mir nicht Hyrin weiter zu quälen, aber am besten bleibt es unter uns, bis zu Beerdigung. Hyrin ist kein guter Schauspieler und jeder wird ihm ansehen können, dass er nicht besonders betrübt während er seinen besten Freund zu Grabe trägt!“
„Aber wie soll ich vor den Beiden deine nicht vorhandene Leiche begraben? Sie werden sich morgen von dir verabschieden wollen.“
Brook schien kurz nachzudenken und strahlte dann.
„Das können sie auch. Du steckst mich schnell in einen Sarg, Aber es darf nur mein Kopf herausschauen, sonst sehen sie das ich atme und wenn sie sich verabschiedet haben muss die Beerdigung schnell ablaufen. Und irgendwo dazwischen lässt du mich wieder raus. Dann können sie ein paar Steine mitdem Sarg zusammen einbuddeln, um die ist es nicht Schade.“
„Ein Problem bleibt. Normalerweise ist es üblich das Hyrin den Sarg verschließt! Wie soll ich dich denn dann wieder raus lassen?“ Brook grinst breit.
„Beschaff den Sarg, ich mach das Übrige.“