Lokterus
Mitglied
Karin
Evo I
Deine Stimme zittert ein wenig, als du dich am anderen Ende der Leitung meldest. Ich höre das, weil es typisch für dich ist. Ein Anderer würde das Zittern wahrscheinlich nicht bemerken. Wahrscheinlich würde er mir sogar unterstellen, dass ich es mir einbilde.
Dabei bilde ich es mir nicht ein. Es ist da.
»Wir können uns sofort treffen«, sagst du. »Mein Freund hat das Essen abgesagt. Er muss länger arbeiten. Sie werden ja zurzeit regelrecht mit Arbeit überhäuft.«
Dieser Einstieg. Jede Tatsache hübsch aneinandergereiht und mit einer Ursache versehen. Es könnte mir Spaß machen, an diesem schönen Gerüst herumzurütteln. Bis es einstürzt.
Aber nicht heute.
»Sofort“, wiederhole ich und überlege ob ich das schaffen könnte.
»Ja, ist es dir recht?« fragst du. Deine Stimme zittert nach wie vor.
»Ja.«
Es ist mir nicht recht. Ganz und gar nicht. Ich bin gerade von der Arbeit gekommen und stinke nach Alltag und Routine. Zwei Kollegen, die sich am Drucker über den Rock der Praktikantin unterhalten. Danach stinke ich. Ich muss duschen und mich umziehen.
Ich blicke auf die Uhr. Es wird knapp.
»Dann bis gleich«, sagst du plötzlich und legst auf.
Das ist typisch für dich. Das Zittern in der Stimme, das fluchtartige Trennen der Leitung. Ich weiß, warum du das tust. Oder ahne es zu wissen. Ich lächle still in mich hinein und beginne mich auszuziehen. Ich habe genug Zeit, denn jetzt weiß ich, dass du dich verspäten wirst.
Evo II
Es ist sehr kalt auf dem Parkplatz. Ich schlendere von Laterne zu Laterne und spiele ein kleines Spiel. In dem Spiel bin ich ein einsamer Wanderer, gefangen in einer dunklen, kalten Pflastersteinwüste. Nur die vereinzelten Lichtkreise, welche eine gütige Kraft des Universums verteilt zu haben scheint, vermögen mich zu wärmen und mir Kraft für die weitere Reise zu schenken. Ich zähle meine Schritte bis zum nächsten Lichtkreis, freue mich auf das Geschenk der Geborgenheit und merke nicht, wie dein Wagen ankommt.
Erst als ich Schritte höre, drehe ich mich um und sehe dich.
Du siehst großartig aus, wie immer. Deine kleine wohl proportionierte Gestalt in einem hübschen Kleidchen und schwarzen provokativen Stiefeln. Darüber ein offener Mantel und ein weißer Schal, der locker um deinen schlanken Hals gewickelt ist. Deine Haare wehen im Wind. Du lächelst. Du bist in diesem Augenblick so unglaublich schön, dass ich weinen möchte. Aber ich tue es nicht, weil es schwierig wäre, dir dieses Weinen richtig zu erklären.
»Entschuldige bitte die Verspätung«, sagst du und streichst dir in einer gewohnten Bewegung deiner zierlichen Hand ein paar lästige Strähnen aus dem Gesicht. »Wartest du schon lange?“
»Nein.« Ich schüttle meinen Kopf, gehe auf dich zu und umarme dich, weil ich sehe, dass du frierst. »Ich wusste, du würdest später kommen.«
Das ist so typisch für dich. Das Zittern in der Stimme, das fluchtartige Trennen der Leitung, die Kleidung, die viel zu leicht für die Jahreszeit ist. Letzten Winter habe ich versucht, dich zu überzeugen, dass dir weiße Kragenpullover stehen. Sie tun es wirklich und sind praktisch, weil sie alles Schöne an dir zum Vorschein bringen und du in ihnen nicht frieren musst. Du hast sie eine Zeit lang getragen. Dann warst du den Sommer über weg. Und jetzt trägst du sie nicht mehr.
»Wollen wir gehen?« flüstere ich.
Du nickst und wir gehen.
Evo III
Die Kneipe ist fast leer. Wir haben dennoch die hinterste und dunkelste Ecke genommen, trinken unser Bier und unterhalten uns.
Wir unterhalten uns auf unsere Weise. Eine Art Unterhaltung, die wir entwickelt haben, weil du es notwendig gemacht hast. Das ist kein Vorwurf. Ich genieße es, mit dir auf diese Weise zu sprechen. Es ist typisch für dich. Das Zittern in deiner Stimme, das plötzliche Trennen der Leitung, die für die Jahreszeit viel zu leichte Kleidung und dass wir nur über Belanglosigkeiten reden und uns nur über unsere Körpersprache die Wahrheit sagen.
Jedes Lächeln ist ein Zugeständnis, jede Berührung birgt eine Botschaft, jede Regung in deinen dunklen Augen spricht von deinen Gefühlen.
Ich werde dieses Spiel noch eine Weile genießen und dann anfangen, dir Fragen über deinen Freund zu stellen. Dann wirst du nervös werden, deinen hübschen kleinen Kopf senken, eine Entschuldigung stammeln und gehen.
Das ist typisch für dich. So typisch, wie die Tatsache, dass wir uns wieder treffen werden.
+t
Evo I
Deine Stimme zittert ein wenig, als du dich am anderen Ende der Leitung meldest. Ich höre das, weil es typisch für dich ist. Ein Anderer würde das Zittern wahrscheinlich nicht bemerken. Wahrscheinlich würde er mir sogar unterstellen, dass ich es mir einbilde.
Dabei bilde ich es mir nicht ein. Es ist da.
»Wir können uns sofort treffen«, sagst du. »Mein Freund hat das Essen abgesagt. Er muss länger arbeiten. Sie werden ja zurzeit regelrecht mit Arbeit überhäuft.«
Dieser Einstieg. Jede Tatsache hübsch aneinandergereiht und mit einer Ursache versehen. Es könnte mir Spaß machen, an diesem schönen Gerüst herumzurütteln. Bis es einstürzt.
Aber nicht heute.
»Sofort“, wiederhole ich und überlege ob ich das schaffen könnte.
»Ja, ist es dir recht?« fragst du. Deine Stimme zittert nach wie vor.
»Ja.«
Es ist mir nicht recht. Ganz und gar nicht. Ich bin gerade von der Arbeit gekommen und stinke nach Alltag und Routine. Zwei Kollegen, die sich am Drucker über den Rock der Praktikantin unterhalten. Danach stinke ich. Ich muss duschen und mich umziehen.
Ich blicke auf die Uhr. Es wird knapp.
»Dann bis gleich«, sagst du plötzlich und legst auf.
Das ist typisch für dich. Das Zittern in der Stimme, das fluchtartige Trennen der Leitung. Ich weiß, warum du das tust. Oder ahne es zu wissen. Ich lächle still in mich hinein und beginne mich auszuziehen. Ich habe genug Zeit, denn jetzt weiß ich, dass du dich verspäten wirst.
Evo II
Es ist sehr kalt auf dem Parkplatz. Ich schlendere von Laterne zu Laterne und spiele ein kleines Spiel. In dem Spiel bin ich ein einsamer Wanderer, gefangen in einer dunklen, kalten Pflastersteinwüste. Nur die vereinzelten Lichtkreise, welche eine gütige Kraft des Universums verteilt zu haben scheint, vermögen mich zu wärmen und mir Kraft für die weitere Reise zu schenken. Ich zähle meine Schritte bis zum nächsten Lichtkreis, freue mich auf das Geschenk der Geborgenheit und merke nicht, wie dein Wagen ankommt.
Erst als ich Schritte höre, drehe ich mich um und sehe dich.
Du siehst großartig aus, wie immer. Deine kleine wohl proportionierte Gestalt in einem hübschen Kleidchen und schwarzen provokativen Stiefeln. Darüber ein offener Mantel und ein weißer Schal, der locker um deinen schlanken Hals gewickelt ist. Deine Haare wehen im Wind. Du lächelst. Du bist in diesem Augenblick so unglaublich schön, dass ich weinen möchte. Aber ich tue es nicht, weil es schwierig wäre, dir dieses Weinen richtig zu erklären.
»Entschuldige bitte die Verspätung«, sagst du und streichst dir in einer gewohnten Bewegung deiner zierlichen Hand ein paar lästige Strähnen aus dem Gesicht. »Wartest du schon lange?“
»Nein.« Ich schüttle meinen Kopf, gehe auf dich zu und umarme dich, weil ich sehe, dass du frierst. »Ich wusste, du würdest später kommen.«
Das ist so typisch für dich. Das Zittern in der Stimme, das fluchtartige Trennen der Leitung, die Kleidung, die viel zu leicht für die Jahreszeit ist. Letzten Winter habe ich versucht, dich zu überzeugen, dass dir weiße Kragenpullover stehen. Sie tun es wirklich und sind praktisch, weil sie alles Schöne an dir zum Vorschein bringen und du in ihnen nicht frieren musst. Du hast sie eine Zeit lang getragen. Dann warst du den Sommer über weg. Und jetzt trägst du sie nicht mehr.
»Wollen wir gehen?« flüstere ich.
Du nickst und wir gehen.
Evo III
Die Kneipe ist fast leer. Wir haben dennoch die hinterste und dunkelste Ecke genommen, trinken unser Bier und unterhalten uns.
Wir unterhalten uns auf unsere Weise. Eine Art Unterhaltung, die wir entwickelt haben, weil du es notwendig gemacht hast. Das ist kein Vorwurf. Ich genieße es, mit dir auf diese Weise zu sprechen. Es ist typisch für dich. Das Zittern in deiner Stimme, das plötzliche Trennen der Leitung, die für die Jahreszeit viel zu leichte Kleidung und dass wir nur über Belanglosigkeiten reden und uns nur über unsere Körpersprache die Wahrheit sagen.
Jedes Lächeln ist ein Zugeständnis, jede Berührung birgt eine Botschaft, jede Regung in deinen dunklen Augen spricht von deinen Gefühlen.
Ich werde dieses Spiel noch eine Weile genießen und dann anfangen, dir Fragen über deinen Freund zu stellen. Dann wirst du nervös werden, deinen hübschen kleinen Kopf senken, eine Entschuldigung stammeln und gehen.
Das ist typisch für dich. So typisch, wie die Tatsache, dass wir uns wieder treffen werden.
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