Katzengesang und Mäusejazz

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Christoph

Mitglied
4.
Katzengesang und Mäusejazz


Das feuchte Frühjahr war zu Ende und – wie das hier im Süden so ist – setzte fast ohne Übergang der Sommer ein. Es war noch ruhig im Restaurant und im gesamten Ort, denn die Familien, die hier zur Sommerfrische ans Meer kommen, waren noch damit beschäftigt, das Geld für den Urlaub zu verdienen und die Kinder hatten noch sechs Wochen bis zu den Ferien.
Die Rentner aus dem Ausland reisten langsam ab, um den Sommer bei ihren Familien in Deutschland, England oder Holland zu verbringen.

Mäusejazz

Mini war stolze Mutter von drei Mäuschen, Albert (nach dem Großvater), Lea (nach dem Vater) und Nina (was einfach „Kleine“ bedeutet). Albert, den sie immer nur „Albi“ rief, denn sie hatte wie fast alle Mütter den Drang zu Verkleinerung, hatte von seinem Vater das schöne sandfarbene Fell geerbt und Lea hatte so wie Leo, einen hellen leuchtenden Fleck auf der Stirn, der sie wie eine Prinzessin mit einem kostbaren Schmuckstück aussehen ließ.
Nina, die die kleinste von den dreien war, war aber auch die neugierigste und schlauste der Klugbart Enkel.
„Ich glaube, mit der Kleinen werden wir alle noch viel Freude und viele Sorgen haben“ stöhnte Mutter „Schnäuzchen“ Klugbart, als Nina wieder einmal verschwunden war und erst nach langer gemeinsamer Suche von Benni im Inneren der Kaffeemaschine entdeckt wurde. Sie hatte sich dorthin mit einem großen Stück Brot zurückgezogen und war über das anstrengende Mahl tief eingeschlafen.
Leo war ganz bei seiner neuen Familie eingezogen und in den vergangenen Wochen ein allgemein akzeptiertes Mitglied der Familie Mausbart geworden. Klar dass auch er stolz auf seine Kinder war und sich bei jeder Gelegenheit als der perfekte Vater aufspielen musste.
„Also ich meine, früher ist das immer ganz falsch gemacht worden. Meine Mutter zum Beispiel hat immer versucht, alles was außerhalb des Baus passierte von und fernzuhalten, vor allem wenn es ungewöhnlich war. `Das ist nichts für Mäuse``So was macht eine Maus nicht``Das ist Menschenkram`. Ich kann die ständigen Ermahnungen noch immer hören. Dabei gab es so viel interessantes zu hören, zu sehen und zu riechen. Natürlich hatte sie Angst dass uns etwas passieren könnte.“
Mini nickte schweigend, denn sie konnte die Angst der Mäusemutter gut verstehen. Es gab ja so viele Gefahren.
„Natürlich haben wir auch viel Unsinn angestellt“ fuhr Leo fort, „aber letztendlich ist ja alles gut gegangen. Zum Beispiel als ich mich heimlich aus dem Bau geschlichen und beim Spielen in ein großes – zum Glück leeres – Glas gefallen war aus dem ich nicht mehr raus konnte. Aber ich habe es dann doch geschafft indem ich von innen so lange gegen die Wand gesprungen bin, bis das Glas um fiel und ich wieder frei war.“
„Hast Du mir nicht erzählt, dass Du noch immer eine Narbe an Deiner rechten Vorderpfote hast, wo Du Dich an den Splittern geschnitten hast?“ fragte Mini, die sich Sorgen machte, wie solche Erzählungen auf ihre Kinder wirken würden und in der Tat, Nina schien aufmerksam zuzuhören, obwohl sie in ihrem Alter noch nicht viel verstehen konnte.

„Na gut, das war vielleicht nicht das beste Beispiel“ konterte Leo, „aber es gibt viele Dinge, die wir mit etwas Neugier von anderen lernen können – seien es andere Mäusefamilien, Menschen oder sogar Katzen.“

„Was sollen wir denn von den Menschen lernen?“ fragte Mini.
„Das musst Du gerade fragen. Wer hat denn als erste Maus in der Familie – vielleicht sogar in der gesamten Mäusegeschichte – angefangen zu kochen? Das hast Du doch auch von den Menschen ab geguckt! Und da gibt es noch mehr.“
„Das stimmt“, mischte sich Benni ein, der bis dahin schweigend zugehört hatte,“wir haben ja auch zusammen gesungen und das habe ich hier bei uns im Bau und bei der Nachbarschaft noch nie erlebt. Das kenne ich eigentlich auch nur von den Menschen und gelegentlich, bei Vollmond, auch von den Katzen.
Obwohl - der Gesang der Menschen gefällt mir besser. Natürlich nicht von allen.
Christoph singt oft wenn denkt, er sei alleine hier. Denn wenn er singt stöhnen die anderen Menschen immer auf und haben dringend etwas draußen zu tun. Aber auch wenn die anderen und ich froh sind, wenn es vorbei ist – ihm scheint es danach jedes mal besser zu gehen.
Oder Niki, der andere Koch: manchmal hackt er das Gemüse so, dass es klingt, als würde jemand Schlagzeug spielen. Dazu klappert er mit den Deckeln und Tellern, dass es nur so eine Lust ist. Und glaube mir: er sieht hinterher auch so aus, als ginge es ihm viel besser.“
„Ja, so was habe ich auch schon oft erlebt.“ schaltete sich Mini wieder ein, „Jasmin singt zwar nicht, aber sie bringt sich oft diese silbernen Scheiben mit auf denen irgendwie Musik versteckt ist. Wie das funktioniert, weiß ich nicht. Aber sie legt sie in diese Maschine hinter der Theke, die als einzige nichts mit Essen und Trinken zu tun hat und dann kommt Musik. Manchmal singen Leute aber oft sind es nur Töne ohne Worte. Ich weiß dann immer ganz genau, ob sie traurig ist oder lustig, müde oder voller Energie. Das kann ich hören. Vor allem scheint es auch ihr hinterher jedes mal besser zu gehen.“
Das Thema schien alle zu interessieren.
„Vielleicht ist das ja wirklich für die Menschen so eine Art Medizin“ regte Benni an „Wenn sie Kopfschmerzen haben oder Verstopfung machen sie Musik und es ist wieder gut.“
„Wenn das auch bei uns Mäusen funktionieren könnte,“ stöhnte Mini auf, „ seit der Geburt der Kleinen habe ich oft solche Kopfschmerzen und fühle mich manchmal so verkrampft“
„Wer weiß, vielleicht funktioniert das ja auch bei uns. Man muss es nur mal ausprobieren!“ Leo setzte wieder zu einer großen Rede an. „Vielleicht hilft es ja und die Geschichte der Mäuse wird neu geschrieben. Oder vielleicht hat es ja so was schon gegeben. Ich habe bei den Menschen schon häufiger das Wort „Mäusejazz“ gehört. Vielleicht hatten wir ja einmal Vorfahren oder haben noch immer Verwandte in einem anderen Land, die das Geheimnis der Musik kennen. Vielleicht haben sogar die Menschen die Musik von den Mäusen gelernt! Schließlich sind wir Mäuse ja mindesten genauso lange auf der Erde wie die Menschen und es gibt sogar Menschen, die behaupten, dass die Erde extra für die Mäuse gebaut worden sei.“
Alle wussten, dass das so noch eine halbe Stunde weiter gehen konnte, wenn Leo wieder bei einem seiner Lieblingsthemen gelandet war wie „Die Maus als Krönung der Schöpfung“ oder „Der Mensch ist geschaffen, um den Mäusen auf der Welt Wohnung und Nahrung zu geben“.
Sofort fingen Benni und Mini an, durcheinander zu reden, so dass Leo kein Wort mehr verstand, geschweige denn, weiter sprechen konnte.
Als sich das durcheinander Gerede etwas gelegt hatte, sagt Mini:
„ Warum probieren wir es nicht einfach aus? Wenn es meinen Kopfschmerzen hilft: wunderbar. Wenn es nicht hilft: vielleicht macht es ja Spaß. Und Spaß ist immer gut.“
„Was für eine Art Musik hast Du Dir denn vorgestellt?“ fragte Benni, der von der neuen Idee begeistert war. Endlich mal wieder etwas Abwechslung!
„Ich glaube, wir sollten uns Instrumente suchen, denn Mäuse können nicht sehr lange singen. Unsere Stimmen reichen für kurze Hilferufe oder Warnungen aber wenn wir das länger und häufiger machen, werden wir so heiser, wie damals Onkel Adrian, der fünf Minuten lang versucht hatte eine Porzellanmaus, die der dicke Pedro vor seinem Bau abgestellt hatte, mit Warnrufen zu vertreiben.
Nicht nur, dass der dicke Pedro in fast entdeckt hätte und alle ihn ausgelacht haben, er konnte auch mehrere Tage lang keinen Ton mehr raus bringen.“
„Wo sollen wir den Musikinstrumente her bekommen? Das ist doch lächerlich!“ Leo wirkte etwas ärgerlich.
„Du redest schon wie mein Vater“ entgegnete Mini.“Der wollte auch nicht glauben, dass Mäuse kochen können. Aber mit Phantasie werden wir schon etwas finden, was zum Musik machen geeignet ist. Niki macht ja auch in der Küche Schlagzeugmusik mit dem, was er gerade in den Händen hat. Und das klingt gut!“
„Ich finde, meine Schwester hat recht. Wenn wir es nicht ausprobieren, werden wir es nie wissen. Und hier gibt es so viele Sachen! Wir finden bestimmt für jeden etwas. Mein Vorschlag: jeder sucht etwas passendes für sich und wir treffen uns morgen nach dem Abendessen unter dem letzten Tisch und probieren, was wir zustande bringen!“
„Ich würde ja gerne,“ sagte Mini „aber ich kann meine Kleinen nicht so lange alleine lassen.“
„Kein Problem. Ich bin ja auch noch da.“ Leo war wieder ganz der stolze Vater.“Vielleicht hat ja auch mein Sohn oder eins der beiden Mädchen eine Begabung und man kann ja nicht früh genug mit der Erziehung anfangen. Also bring die drei ruhig mit zur Probe. Etwas Musik kann ihnen bestimmt nicht schaden“

Der nächste Tag schien für die meisten Mitglieder der Familie Mausbart völlig normal zu verlaufen, nur Schnäuzchen wunderte sich etwas, wie unkonzentriert Mini wirkte. „Das wird die viele Arbeit mit den Kindern sein“ dachte sie bei sich.“Aber warum sie dauernd auf alle Sachen klopft, an den Gläsern rüttelt und in die Strohhalme bläst, kann ich mir nicht erklären. Ich glaube ganz so seltsam bin ich bei meinen ersten Kindern nicht geworden.“

Noch erstaunter war sie, als sie zufällig sah, wie Bennie mit der Vorderpfote immer wieder auf einen Kaffeelöffel trat, der dann mit dem Stil und einem lauten Klirrgeräusch auf die Theke zurück fiel und er dazu seltsame Sachen sagte wie:
„Wenn die Mäuse Töne machen, ist das eine von den Sachen, über die die Menschen lachen.
Aber eben darum gerade, kommt das in die Hitparade!“
Oder auch:“Kling, Kling, Tschindering. Schepper, Schepper- BUMM.“

Vollends verwirrt war, sie als sie ihren sonst so formvollendeten und gut erzogenen Schwiegersohn sah, wie er mit hochrotem Kopf einen Strohhalm nach dem anderen aus dem Glas auf der Theke zog, mit seinen scharfen Nagezähnen Löcher hinein nagte und dann versuchte in das obere Ende hineinzublasen. „So ein Mist“ hörte sie ihn schimpfen“das muss doch irgendwie gehen! Ich habe das doch gestern bei den Zigeunern auf der Terrasse gesehen. Da müssen Töne raus kommen!“
Sie verstand die Ursache der Aufregung nicht. Aber nach einem Blick auf den Himmel glaubte sie Bescheid zu wissen: „Ach so! Morgen ist Vollmond!“ Das musste ihr erst einmal als Erklärung für das seltsame Verhalten ihrer Familie reichen.

Das Abendessen am nächsten Tag verlief anders als üblich. Irgendwie schienen Bennie, Mini und Leo nicht das rechte Interesse an der Futtersuche zu haben, dafür interessierten sie ich mehr für andere Dinge. Mini suchte in der Küche nach ungekochten Reisekörnern, die sie sofort ins Maul nahm und in einer Ecke wieder ablegte, ohne auch nur eins davon zu fressen. Bennie hatte unter dem Herd ein Schachtel mit abgebrannten Streichhölzern gefunden, die er stolz unter den letzten Tisch im Lokal zog, wo auch schon einige Zahnstocher und Gummibänder, mit denen der Spargel zusammengebunden war, lagen.
Leo kaute an einem Stück Brotrinde. Aber auch er schluckte sie nicht runter sondern verklebte mit dem Brotbrei ein Ende eines Strohhalms, der zudem noch voller Löcher war. „Ich glaube, jetzt kenne ich den Trick“ murmelte er vor sich hin.
Nach kurzer Zeit verabschiedeten sich die Drei und verschwanden in der hintersten Ecke des Restaurants unter dem Tisch.

Da war ein kleines Warenlager entstanden:
Strohhalme in verschiedenen Längen, das Teeei, das Mini noch von ihrem Kochabenteuer übrig hatte. Bennis Gummibänder, Streichholzschachtel und Zahnstocher und dazu noch ein kleines Aluminiumförmchen, das eigentlich zum Backen von Muffins war, aber schon lange in der Ecke stand und etwas klebrig an der Außenseite war, dazu mehrere Stücke Aluminiumfolie und Frischhaltefolie.
„Ich muss noch mal kurz weg, meine Kleinen holen“ sagte Mini zu den anderen Beiden „Ihr könnt ja schon mal überlegen, was wir machen“ und verschwand.
„Kein Problem, Schwester. Ich muss sowieso noch an meinem Instrument basteln“ sagte Benni und Leo war so sehr damit befasst weitere Strohhalme auf einer Seite mit Brotbrei zu verkleben, dass er nur undeutlich vor sich hin grunzte.

Benni begann sofort sein Instrument zu bauen:
Er nahm die abgebrannten Streichhölzer aus der Schachtel und kaute sie so ab, dass er drei verschieden lange Stücke hatte.
„Leo, kannst Du mir mal helfen?“
„Was soll ich tun?“
„Hilf mir die Gummibänder über die Schachtel zu ziehen und zwar über die lange Seite.“
Leo verstand zwar nicht ganz, was Benni da vorhatte, hielt aber die Schachtel fest, so dass Bennie drei Gummibänder über die Schachtel ziehen konnte. Das dritte Gummi war etwas kleiner als die anderen beiden und beim ersten Versuch flutschte es Benni aus der Hand und flits chte dem erschrockenen Leo gegen die Nase.
„Pass doch auf, sonst kannst Du alleine weitermachen!“
„Entschuldige bitte, Leo. Nur noch dieses eine Band und dann kann ich alleine weitermachen. Und wenn Du Hilfe brauchst, sag Bescheid!“
Der nächste Versuch war erfolgreicher und das Gummi wurde ohne weitere Unfälle über die Schachtel gespannt.
Benni bedankte sich und Leo blieb sitzen, um zu sehen wie das weiterging.
Zuerst nahm Benni das kürzeste Streichholz und klemmte es unter das strammste Gummi. Das Gummi sah jetzt aus wie ein kleines Dach mit einer kurzen und einer langen Seite.
Benni zupfte mit der Pfote an der langen Seite des Gummis und es gab einen klaren Ton, dann zupfte er an der kurzen Seite und der Ton war viel höher. Dann zupfte er nochmal, diesmal etwas heftiger und das Streichholz, das wie ein Zeltpfosten unter das Gummi geklemmt war, schoss seitlich davon und verpasste Leo nur um Millimeter, während das Gummiband mit einem lauten Knall auf die Schachtel schlug. „Das ist wohl noch nicht ganz perfekt“ sagte Leo, der viel zu interessiert war, als dass er sich über fliegende Streichhölzer neben seinem Kopf aufregen konnte. „Du solltest die Hölzer an der Schachtel festkleben. Vielleicht machst Du noch einen Fuß aus Alufolie. Porbier doch mal unseren perfekten Mäuse-Alleskleber“ und gab ihm etwas von dem Brotbrei, mit dem er seine Strohhalme verklebte.
„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! Ich sehe, was Du vorhast und finde das klasse.
Du musst den Kleber aber noch einige Minuten trocknen lassen, bevor du spielen kannst.“
Benni nahm die Hilfe an und bald waren alle drei Hölzer an der richtigen Stelle.
Vielleicht kannst Du mir einmal kurz helfen, während der Leim trocknet.“ fragte Leo.
„Klar. Aber was machst Du da überhaupt?“
„Ich baue eine Flöte – so haben zumindest die Zigeuner das Instrument genannt, das ich gesehen hab.“
Und wie soll das gehen?“
„Ich hab den Strohhalm auf einer Seite zugeklebt und dahinter ein Loch in den Halm genagt. Wenn ich jetzt da rein blase gibt es einen Ton, so wie es der Wind mit den leeren Bierflaschen macht, die manchmal Jugendliche draußen auf den Tischen stehen lassen. Nur der Ton ist viel höher!“
„Und das funktioniert?“
„Ja! Ich zeig´s Dir mal.“
Leo hielt sich einen kurzen Strohhalm quer ans Maul und blies in das Loch, das er hinein genagt hatte. Nach mehreren Versuchen konnte Benni einen klaren und schönen Ton hören, fast so schön wie er sie von Jasmins Silberscheiben vernommen hatte.
„Die Menschen haben bei ihrer Flöte noch mehr Löcher und je nach dem, welche sie mit den Fingern zuhalten, ist der Ton höher oder tiefer. Hilf mir mal, die richtigen Stellen zu finden, die ich mit meinen Fingern erreichen kann. Dann nagen wir da Löcher rein und ich kann verschiedene Töne auf einem Halm spielen!“
Jetzt war Benni an der Reihe zu staunen.
„Wir probieren es erst mal mit einem Loch in der Mitte.“
„Ok Benni. Aber mach es nicht zu groß, damit ich es mit meiner Zehe leicht verschließen kann.“
Gesagt-getan. Leo blies in seine Flöte und der Ton war mit dem neuen Loch fast doppelt so hoch wie vorher. Dann versuchte er das Loch mit einer Zehe seiner Vorderpfote zu verschließen. Aber das Loch war so ungünstig angebracht, dass er seine Pfote komplett verdrehen musste. Der Ton war allerdings jetzt wieder genauso tief wie am Anfang.
„Es funktioniert, aber so kann ich nicht spielen. Da kriege ich ja einen Krampf in die Hand. Wir müssen das anders machen: Ich halte die Flöte, wie ich sie spielen möchte und Du markierst die stellen, an denen meine Zehen sind. Da machen wir Löcher rein.“
Leo nahm einen anderen Strohhalm (zu Glück hatte er ja mehrere vorbereitet) und hielt ihn so an das Maul, dass beim Blasen ein Ton entstand. Dann legte er seine Pfoten auf den Halm und Benni markierte mit den Rest eines abgebrannten Streichholzes die Stellen an denen die acht Zehen von Leo lagen.
„Lasst uns erst einmal nur sechs Löcher machen, dann habe ich an jeder Pfote noch eine Zehe zum Halten frei!“
Die Arbeit war schnell erledigt und bevor Mini mit den Kleinen zurück kam, konnte Leo schon verschiedene Töne spielen.

„Wie sollen wir denn jetzt Dein Instrument nennen?“ fragte Leo, nachdem auch Benni seine Streichholzschachtel-Spargelgummi-Konstruktion erfolgreich ausprobiert hatte.
„Wie wär´s mit Zupfbass?“
„Nicht schlecht. Zupfbass! Die Töne sind ja tief genug!“

Während Benni und Leo an ihren Instrumenten arbeiteten kam Mini mit den drei Kleinen zurück.
Sie staunte nicht schlecht, was ihr Mann und ihr Bruder zustande gebracht hatten.
„Ich bin gar nicht dazu gekommen ein so schönes Musikinstrument wie Ihr zu bauen! Ich glaube es hat überhaupt keinen Sinn dass ich mitmache! Ihr habt ja schon so viel geschafft!“
Mini war traurig und niedergeschlagen, weil sie sich so auf das neue Abenteuer gefreut hatte und jetzt glaubte, sie sei hoffnungslos hinten an, weil sie keine Zeit gehabt hatte, ein Instrument zu bauen.
Aber sofort kam heftiger Protest von Leo und Benni. „Ist doch klar bei drei Kindern! Lass uns mal sehen, was Du gesammelt hast und dann bauen wir etwas gemeinsam.“
„Ich glaube ich habe nichts Vernünftiges“ Mini schöpfte wieder etwas Hoffnung.
„So ein Quatsch“ protestierte Leo „man kann mit fast allem Musik machen!
Zeig mal was Du hast.“
„Super!“ schaltete sich Benni ein „Ein Teeei und Reis! DER REIS!“ schrie er empört auf, denn er sah aus den Augenwinkeln, wie „Albi“ sich ein Reiskorn nach dem anderen in die dicken Backen schob und Lea verdächtig interessiert näher kam.
„Leo, dein Sohn frisst Minis Musikinstrument auf!“
Es gab ein kleineres Durcheinander, bis Leo und Mini den kleinen Albi überreden konnten lieber das Brot zu nagen, das nicht mehr für die Produktion von Mäuse-Alleskleber gebraucht wurde.
Gemeinsam schafften es die drei Mäuse das Teeei auf zuschrauben, einige Reisekörner hinein zufüllen und dann das Ganze wieder zusammen zubauen.
„Olé, Olé“ schrie Benni und begann wie ein spanischer Stierkämpfer zu tänzeln. „Eine Rassel wie bei den Spaniern. Olé, Olé!“
Mini ließ sich von der Begeisterung anstacheln stellte sich auf die Hinterpfoten, klatschte rhythmisch mit den Händen und stampfte mit den Füßen auf den Boden „Olé, Olé“ fiepte sie mit Ihrer hohen Stimme und die Kleinen, die Ihre Mutter so noch nie erlebt hatten, klatschten in die Hände und pfiffen wild durcheinander.

Gemeinsam entstanden schnell einige neue Instrumente: die Muffinform wurde mit der Frischhaltefolie und einem Gummiband zu einer großen Trommel, ein kleiner Kaffeelöffel erzeugte die hohen Töne, so wie Benni das in den letzten Tagen auf der Theke geübt hatte.
Vor allem die große Trommel hatte es den drei Kleinen angetan, denn datauf konnten sie gemeinsam spielen Das war ein lustiges Tohuwabohu.

Bei einer der Proben gab es einen Zwischenfall.
Niki hatte das Telefon auf der Theke vergessen und bei der Futtersuche trat Benni mit der Vorderpfote auf eine der zahlreichen Tasten. Sofort gab es einen Ton. Benni sprang erschrocken auf die Seite. Das war interessant! Langsam schlich er wieder an das Telefon (natürlich wusste er nicht, was ein Telefon ist!) und drückte auf eine andere Taste. Wieder ein Ton, aber diesmal tiefer.
Er wurde mutiger. Noch eine Taste und noch eine. Jedesmal ein anderer Ton.
Benni jubilierte. Er hatte das perfekte Musikinstrument gefunden.
Immer schneller tanzte er über die Tasten. Plötzlich gab es einen langen, lauten Ton.
Benni erschrak. Der Ton kam wieder, ohne dass er eine Taste berührt hatte.
Er blieb bewegungslos sitzen, wie das Mäuse machen, wenn sie Gefahr wittern.
Der Ton wiederholte sich ein paar mal, dann hörten alle plötzlich eine tiefe menschliche Stimme:
„Hallo, Hallo. Wer spricht denn da? Melden Sie sich! Ein Unverschämtheit, mitten in der Nacht anzurufen! Hallo! Wissen sie eigentlich wie spät es ist?“
Die Stimme am Telefon klang immer wütender. „Also wirklich, wenn das ein Witz sein soll, dann kann ich aber nicht lachen! Weist Du eigentlich was Du bist? Für mich bist Du ein riesengroßes ....“

Ich breche an dieser Stelle ab, denn ich bin sicher, dass der geneigte Leser genug Phantasie hat, sich die Schimpfworte vorzustellen, die nun fünf Minuten lang ohne Pause aus dem Lautsprecher kamen.

Ein heftiges Klacken beendete die Schimpfkanonade.
Benni und all die anderen, die sich in der Zwischenzeit wie versteinert regungslos innegehalten hatten, entspannten sich langsam wieder. Zum Glück hatte keiner die Worte verstehen können, aber dass da etwas sehr unfreundliches passiert war, verstanden sie schon.
Benni war der erste, der seine Sprache wiederfand.
„Ich glaube, ich lasse besser meine Pfoten von dem Menschenkram. Die selbstgebauten Instrumente machen wenigstens das, was ich will!“
Er lief unter „seinen“ Tisch und spielte so lange auf dem Zupfbass, bis er Blasen an beiden Pfoten hatte.


Mit der Zeit war eine richtige kleine Band entstanden die regelmäßig nachts nach der Futtersuche unter dem Tisch probte.
Sie hatten einige Stücke geschrieben und denen Namen gegeben wie:
„Braune Augen, spitze Schnautze, langer Bart“ (von Leo für Mini komponiert)
„Zwei Kürbiskerne und ein Käsewürfel“ (natürlich von den immer verfressenen Benni)
„Die Katze schläft heut´ Nacht“ (ein fröhliches Lied zum Tanzen, das gemeinsam entstanden war)
und natürlich gehörte auch die Melodie von „Somewhere over the Rainbow“ dazu, zu der Mini und Benni beim Kochen gesungen hatten.
Alle hatten viel Spaß und auch die Kinder waren immer dabei und machten mit allem was sie finden konnten den Rhythmus.
Bald sollte ein Konzert sein, zu der die Mäuse aus der gesamten Nachbarschaft eingeladen waren.
Minis Kopfschmerzen waren wie weggeblasen und alle waren stolz, gut gelaunt und aufgeregt vor lauter Vorfreude..

Alle?
Albert Klugbart und Mutter Schnäuzchen sahen dem Treiben ihrer Kinder und Enkel etwas verständnislos zu.
„Verstehst Du, was die Kleinen an dem Krach finden?“ fragte Schnäuzchen ihren Mann. „Dieses Getrommel und das Gequietsche von der Flöte finde ich unerträglich! Wenn sie daran Freude haben – na gut. Einmal! Aber jede Nacht? Man findet ja keine Ruhe mehr!“
„Das hat es bei uns noch nie gegeben“ pflichtet ihr Albert bei. „ und jetzt diese Einladung zum Konzert! Was sollen nur die Nachbarn von uns denken.
Bist Du sicher, dass Mini meine Tochter ist?“
Schnäuzchen wollte gerade empört antworten, überlegte es sich dann aber noch einmal und entgegnete schmunzelnd: „Ich weiß nicht so genau. Viele Mäuseriche wollten gerne der Vater meiner Kinder sein – aber ich bin sicher, so verrückt wie die Kleine ist, kann sie nur von Dir sein!“
Da mussten beide laut lachen und umarmten sich lange und intensiv.


Katzengesang

Es war Ende Juni und um diese Jahreszeit schien überall Musik in der Luft zu liegen.

Die Menschen aus dem Ort erschienen plötzlich in seltsamen bunten Gewändern mit einer Kopfbedeckung, die wie der Anker eines Bootes aussah und fuhren jeden Abend mit dem Bus in eine der Nachbargemeinden. Dort trafen sie sich mit anderen Gruppen um gemeinsam zu Musik vom Tonband zu tanzen und mitzusingen.
Am kommenden Mittwoch sollte das ganze hier auf dem Sportplatz zwischen dem Restaurant und dem Campingplatz stattfinden.

Die Katzen hatten sich nach den Erlebnissen von Bliny auf dem Campingplatz mit Toi und den anderen wild aussehenden Mitgliedern der Familie Pinto angefreundet und man besuchte sich nachts gegenseitig.
Es hatte allerdings eine Weile gedauert.
Die Pintos hatten nämlich einen sicheren Trick, ihr Revier vor fremden Eindringlingen zu schützen. Zwei oder drei Mitglieder der Familie Pinto stellten sich versteckt in verschiedene Ecken des Reviers und ein Eindringling wurde mit abwechselndem Kampfgeheul aus unterschiedlichen Richtungen empfangen. Da niemand zu sehen war, hielt kaum eine fremde Katze den grausigen Gesang lange aus und suchte in der Regel rasch das Weite.
Mit der Zeit hatten die Pintos das Verfahren weiterentwickelt, und wenn wieder mal jemand in die Flucht geschlagen war, hörten sie mit ihren Kampfrufen nicht auf, sondern machten weiter bis eine Art Familien-Chorgesang quer durch das ganze Revier entstanden war.
Das machte ihnen so viel Spaß, dass sie auch ohne Eindringling den Gesang begannen.
Klar, dass die anderen Katzen auf dem Camping die Familie Pinto für völlig verrückt hielten, zumindest aber für „etwas ungewöhnlich“.

Auch Simba wollte bei seinem ersten Besuch mit Bliny auf dem Camping sofort wieder zurück in den sicheren Bau, als das Geheul ausbrach.
„Keine Angst Simba, lass mich mal“
Bliny verschwand hinter einem Rad und das Geheul verstummte.
Wenige Augenblicke später kam sie mit dem wild aussehenden Toi zurück.
„Simba. Das ist mein Freund Toi, mein Lebensretter.
Toi: das ist mein Lieblingsonkel Simba.“ stellte sie die beiden vor.
„Hallo Simba! Ich habe schon viel von Dir gehört!“
„Ich hoffe nur Gutes!. Von Dir hat meine Nichte auf jeden Fall nur positiv gesprochen, trotz der tagelangen Kopfschmerzen nach Eurer Baldrianparty.“
„Erinnert mich nicht daran. Aber wartet bitte einen Moment. Ich muss den anderen sagen, dass hier Freunde sind.“
Toi hielt die Pfoten an die Schnauze und ließ einen langen und hohen Ruf vernehmen, der von einigen schnellen kurzen Lauten gefolgt wurde und in einem lauten Schnurren endete.
Es klang etwa wie:“Huaahhhhu, eck, eck, eck, eck eck- Brrrh, Brrrh, Brrrh!“
Aus zwei verschiedenen Richtungen kam ein kurzes „Eck-eck!“ als Antwort und wenig später standen Vater Pinto und Tois Schwester „IA“ bei den dreien.
„IA“ ist eigentlich kein Name, aber da sie als Babykatze ihren Namen „Maria“ immer nur als „IA“ ausgesprochen hatte, war dieser Spitzname an ihr hängen geblieben.
IA war die von den Pintos, die noch am normalsten aussah. Sie hatte zwar auch verschiedene Farben und sowohl glattes als auch getigertes Fell, aber bei ihr war alles sehr gleichmäßig verteilt und gab ihr ein interessantes Aussehen.
Simba war sichtlich beeindruckt.
„Hallo, ehh... Ich bin Simba. Hmmm... Schön Dich zu sehen!“
Etwas intelligenteres fiel ihm nicht ein.
IA tat so, als hätte sie die Verlegenheit des Gastes nicht bemerkt.
„Hallo Bliny. Hallo Simba. Na? Hat Euch unser Gesang gefallen?“
„Mir schon, weil ich das ja schon kannte. Aber mein Onkel wäre fast wieder umgekehrt“
„Zum Glück ist er das nicht. Dann hätte ich Ihn nicht kennen gelernt. Kommt mit. Lasst und was zusammen trinken“ IA zeigte auf einen kleinen Busch hinter dem ein paar Lappen lagen.
„Aber bitte kein Baldrian und keinen Minzeflip!“ Bliny hatte Sorge, schon wieder einige Tage mit Kopfschmerzen verbringen zu müssen.
„Keine Sorge“ schaltete sich Toi ein. „Wir haben auch mit Baldrian und Minze aufgehört. Aber wir singen. Und das kann uns genauso, wenn nicht besser in Stimmung bringen. Und außerdem haben wir hinterher keine Kopfschmerzen.“
„Allerdings habe ich Beschwerden von den Nachbarn bekommen, dass unsere Musik bei ihnen Kopfschmerzen auslöst“ warf Vater Pinto ein. „Aber ich habe Ihnen gesagt, dass sie Kulturbanausen sind und dass unser Gesang Eindringlinge fernhält. Das scheint gewirkt zu haben.“

Simba war begeistert.
„Probt Ihr Euren Gesang regelmäßig? Dann würde ich gerne mitmachen!“
„Das wäre toll“ entgegnete IA so schnell, dass Bliny vermutete, ihr Interesse an Simba sei mindestens so groß, wie Simbas offensichtliches Interesse an ihr.
„Also ich hätte auch Lust dazu“ schloss sich Bliny an.
Wie bei fast allen Katzen lag auch ihr der Gesang im Blut.

Anders bei den Mäusen, gehört bei Katzen der Gesang zum täglichen Leben. So leise sie sich an eine Maus an schleichen können, so unhörbar sie in einem Versteck warten, bis Christoph die Türe des Restaurants zugeschlossen hat, so geräuschvoll ist oft die Verständigung untereinander oder mit den Menschen.
Die Bandbreite der verwendeten Töne ist dabei außerordentlich groß.
Jeder kennt wohl das wohlige laute Schnurren einer Katze, die mit vollem Magen auf ihrem Lieblingsplatz von ihrem Lieblingsmenschen gekrault wird
Oder wer kennt nicht das durchdringende Geschrei der Kater, die im Frühjahr alle Katzen im Revier von ihrer Anwesenheit informieren. Ein Geschrei, dass ahnungslose Menschen oft für das verzweifelte Klagen eines unglücklichen Kindes halten.
Oder die zahlreichen leisen und lauten Rufe, mit denen eine Katzenmutter ihre Jungen erzieht.

Katzen, die mit Menschen zusammenleben entwickeln oft eine ganz eigene Sprache. Diese Sprache funktioniert dann nur zwischen dem einen Menschen und der einen Katze. Andere Katzen verwenden ganz andere „“Worte“ um mit „ihrem“ Menschen zu reden.
Man sieht also: anders als bei den Mäusen ist der Gebrauch der Stimme für Katzen etwas alltägliches und einige Katzen – wie die Pintos – haben das bis zur Perfektion weiterentwickelt.

Fauchi, der von dem Chorgesang der Pintos erzählt bekam – und das alles natürlich schon lange gewusst hatte – konnte sich mal wieder seine gefürchteten Sprüche nicht verkneifen:
„Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder, böse Katzen kennen keine Lieder!“ und als ob das nicht genug sei, auch noch den: „Mit Gesang geht alles besser!“.
Bliny stöhnte laut auf, so als ob ihr jemand in den Magen geboxt hätte, während Simba und Zorro etwas peinlich berührt schwiegen.
Nur Clara, von Natur aus etwas langsamer, fragte neugierig nach: „ Fauchi, kannst du das nochmal sagen? Ich habe das nicht so ganz verstanden!“
Bevor Fauchi die Gelegenheit bekam etwas zu entgegnen, schaltete sich Bliny ein:
„Keine Zeit für lange Erklärungen: Wir müssen zur Probe. Oder willst Du etwa IA warten lassen?“ wandte sie sich direkt an Simba.
„Ich bin schon weg!“ entgegnete dieser sofort.

Chorproben bei den Katzen sind ganz anders als bei den Menschen.
Menschen stellen sich in Gruppen nahe beieinander: die mit den hohen Stimmen, die mit den mittelhohen, den mitteltiefen und den ganz tiefen Stimmen bilden jeweils eine Gruppe. Jede Gruppe steht ganz eng zusammen, dass es von etwas weiter weg klingt, als würde nur einer singen. Dafür klingt es aber viel lauter und voller. Das ganze wird geleitet von einem Chorleiter. Der steht vor dem Chor, gestikuliert und schwenkt mit den Armen und dabei wippt er mit dem ganzen Körper als hätte er ein Insekt in der Kleidung. In Wirklichkeit gibt er dem Chor Zeichen, wann welche Gruppe anfängt oder aufhört zu singen und auch wer lauter oder leiser singen soll.

Das ist bei den Katzen völlig anders.
Katzen sind im Grunde ihres Herzen Einzelgänger, die es nicht lange in einer Gruppe aushalten. Unsere Restaurantkatzen sind da eine große Ausnahme.
Das heißt nicht, dass sie keine Gesellschaft mögen. Einmal im Monat nachts treffen sich normalerweise die Katzen aus der Nachbarschaft und setzen sich in einem großen Kreis zusammen. Dabei achtet jeder darauf, dass er genügend Abstand zum Nachbarn hält.
Keiner ist der Chef, alle sind gleich. Nach einiger Zeit der Gemeinsamkeit geht so eine Versammlung wieder auseinander.

So ähnlich muss man sich die Chorproben bei den Pintos vorstellen.
Als Bliny - und eine Minute nach ihr – Simba eintrafen saßen Toi, IA, ihr Vater und noch zwei weitere, deren wilde Zeichnung sie als Mitglieder der Familie Pinto auswies, schon in einem großen Kreis auf dem Platz am Busch.
Die beiden näherten sich mit aufgerichteten Schwänzen zur Begrüßung und suchten sich freie Plätze: Bliny in der Nähe von Toi und Simba in der Nähe von IA.
Einen Dirigenten oder Chorleiter gab es nicht.
Plötzlich begann Vater Pinto mit einem tiefen, lang gezogenen Ton und IA stieg sofort mit einer Folge hoher, kurzer Rufe ein.
Toi ergänzte das ganze mit einem „Mauu-ap, Mauu-ap“ in das die anderen einstiegen.
Bliny war völlig verschüchtert, traute sich nach einiger Zeit aber doch kurze Rufe einzustreuen.
Toi schickte ihr ermutigende Blicke und nach und nach sang sie mit den anderen.
Das Lied das da entstand, hatte keine Worte aber dennoch erzählte es – für alle anderen Katzen verständlich – eine Geschichte aus dem Katzenleben. Dieses Lied handelte offensichtlich von den Freuden des Lebens in der warmen Sommersonne, vom warmem Fell und weichem Sand, lauem Wind und sanfter Berührung. So richtig zum Träumen!
Simba hatte die ganze Zeit schweigend zugehört. Er war sowieso ein Kater, der weniger mit Worten als mit Taten hervortrat. Er sah die Blicke von IA und fühlte sich aufgefordert mitzumachen.
Erst ganz leise und dann etwas lauter. Und dann sang er aus voller Brust.
Doch was war das: alle anderen hatten aufgehört und starrten ihn entsetzt an.
Bliny war die erste, die etwas sagte: „Hmm..., Simba. Also..., Du.... Ach was – ich sag es offen: Dein Gesang ist ziemlich schrecklich und alle anderen können nicht mehr weitermachen. Tut mir leid. So geht das nicht!“
Simba war am Boden zerstört und brachte kein Wort mehr raus. Was sollte IA nur von ihm denken!
Aber es war gerade das Pintomädchen, das ihn als erste tröstete:
„Das ist nicht so schlimm. Das kann man lernen. Aber jetzt kannst du erst mal auf eine andere Art mitmachen: siehst du den trockenen Zweig hier am Busch? Wenn man sanft daran rüttelst klingt es als ob es regnet und wenn du mit der Pfote dagegen schlägst ist es, als ob eine dicke Maus von einem Ast ins Laub springt. Und mit deiner rauen, tiefen Stimme kannst du einen Rhythmus machen, als ob eine Basstrommel geschlagen wird. Dann bist du unser Schlagzeug! Und die anderen Katzenfamilien werden vor Neid erblassen.“
Dabei schaute sie Simba so tief und liebevoll in die Augen, dass es für ihn den Gedanken an ein „nein“ überhaupt nicht geben konnte.
Die anderen Mitglieder des Katzenchors hatten hatten den beiden eine zeit lang zugehört aber dann leise mit einem neuen Lied angefangen, ein Lied das von der Jagd auf eine fette Maus handelte und alles enthielt, was mit beobachten, lauschen, anschleichen, anspringen, festhalten, loslassen, wieder anspringen zu tun hatte.
Jetzt waren sie an der Stelle angekommen wo die Katze gespannt wie ein Flitzebogen vor der Maus hockt und zum Sprung ansetzt. Simba rüttelte sanft an dem Ast mit dem trockenen Laub und das Geräusch – wie leichter Sommerregen – steigerte die Spannung noch. Toi – der dieses Lied angefangen hatte – gab plötzlich ein sehr lautes „Mauuu“ von sich und Simba schlug mit aller Kraft auf den trockenen Ast. Das war der Moment, wo in der gesungenen Geschichte die Katze auf die Maus springt.
Die Wirkung war groß.
Die Katzen, die von Simbas neuer Rolle als Schlagzeuger nichts mitbekommen hatten stoben in Panik in alle Richtungen auseinander, weil sie glaubten, ein Hund sei durch den Busch auf ihren Platz gesprungen. Nur IA, die ja die Idee mit dem Busch gehabt hatte, blieb sitzen.
„Kommt zurück ihr elendigen Feiglinge!! Nicht zu glauben! Meine Familie“
IA schimpfte, rief und lockte so lange, bis alle wieder an ihren Plätzen waren.
„Das war doch nur Simba am Schlagzeug! Da seht ihr, was für ein guter und wirkungsvoller Schlagzeuger er ist.“
Simba wurde ob des Lobes direkt ein paar Zentimeter größer.
„Wir üben jetzt auch andere Stücke mit Schlagzeug und nächste Woche Mittwoch machen wir ein Konzert für alle anderen Katzen hier.“

In den kommenden Tagen traf sich der Chor regelmäßig zum üben und Simba wurde immer besser. Auch wenn er noch immer nicht singen konnte: er war das Rückgrad der ganzen Gruppe. Seine Geräusche und Rufe waren die Sensation auf dem Camping und schon Tage vor dem Konzert kamen immer mehr Katzen um sich aus sicherer Entfernung die Musik anzuhören (Vater Pinto konnte sehr böse werden, wenn man ihn bei der Probe störte).
Häufiger wurde die Probe allerdings von Menschen gestört, denen der nächtliche Katzengesang den Schlaf raubte. Da bekam schon mal ein Sänger einen Pantoffel ins Kreuz oder die Probe wurde von einem Schwall kalten Wassers beendet. Dann zogen alle in eine entfernte Ecke um da ungestört weiterzuproben.
„Selber das Fernsehen oder das Autoradio so laut stellen, dass man nicht hören kann, was im Revier vor sich geht“, schimpfte Vater Pinto als er wieder einmal von einem feuchten Wischlappen getroffen worden war. „Menschen haben eben keine Ahnung von wahrer Kunst!“

Und aus dem Busch, in dem sich Fauchi zum zuhören und dösen abgelegt hatte, kam der unvermeidliche Kommentar: „Wie der Dichter schon sagte: Musik wir störend oft empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden“


Konzert

Der Mittwoch kam. Der Abend der Musik.
Die Menschen trafen sich auf dem Sportplatz. Die Gemeinde hatte hunderte Plastikstühle und eine Bierbude aufgestellt.
Nach und nach kamen die Gruppen um in bunten und phantasievollen Kostümen zu tanzen.

„Die K-Family“

Mini, Leo und Benni hatten den Ruhetag im Restaurant genutzt und alle Nachbarmäuse für Mitternacht zum großen Konzert der „Klugbart Familie“eingeladen. „Das erste und einzige Mausorchester nördlich von Afrika“ wie sie in ihrer Werbung etwas großspurig überall erzählt hatten.
Mäuse können nicht schreiben und lesen. Mäuse haben kein Radio und kein Fernsehen um Werbung zu machen. Aber sie haben große Familien. Auch für Mäusekinder ist es ein Riesenvergnügen überall hin zu laufen und jedem vom bevorstehenden Konzert zu erzählen.
Besonders toll ist das, wenn man selber bei dem Konzert mitmachen darf.
„Hei, Hei, Hei – heut ist jede Maut dabei“. Lea lief unvorsichtig über den Platz zum Café Buda, wo ihre Tanten wohnten.
„Kleine schnell! Komm rein! Denk doch an die Katzen!“ Tante Albertine, eine alte Freundin ihrer Mutter zog sie hinter das Mauseloch in der Ecke des Türrahmens.
Aber die Katzen schienen heute mit etwas anderem beschäftigt zu sein.
Lea war so aufgeregt, dass sie die Gefahr gar nicht bemerkt hatte.
„Heute! Um Mitternacht! Kontert der grotartigen und eintigartigen K-Family“. Lea fand dass der Bandname „Klugbart Familie“ zu altmodisch klang und sprach ihn Englisch als „Keij Fämili“ aus. Das klang schon viel flotter. Leider konnte sie noch kein „s“ und „z“ aussprechen und verwendete statt dessen immer ein „t“ oder „d“.
„Das wächst sich aus“ sagte Mutter Mini immer. Sie sagte das mehr um sich selber Mut zu machen als aus Überzeugung.
„Tante Albertine“ Lea war nicht zu stoppen
„Du mutt kommen! Bennie pielt den Batt und ich habe von Benni eine Rattel bekommen. Total geil!. Du mutt kommen!“
„Sicher. Ich habe es ja auch schon Albi und Nina versprochen. Außerdem will ich deine Mutter auf der Bühne sehen.“
Man kann sich also vorstellen, dass es keine Maus in der Nachbarschaft gab, die nicht mindestens ein- bis zweimal von einem der drei Kinder von Mini besucht und eingeladen worden war.
Die meisten fanden die Idee eines Mäuseorchesters lächerlich und überflüssig. Zugesagt hatten aber dennoch alle. Nicht zuletzt um den Kleinen den Spaß nicht zu verderben.
Einige allerdings mit dem Hintergedanken, dass sie sich später über die erwartete Riesenblamage lustig machen könnten.

Mittwochs war das Restaurant geschlossen und so konnten ungestört die Vorbereitungen für das Ereignis beginnen.
Christoph hatte vergessen ein Licht im Lager auszuschalten und durch einen Türspalt wurde ein Teil des Bodens beleuchtet. Hier entstand die Bühne. Leo, Benni und Mini schafften die Instrumente an ihren Platz.
Für die Zuschauer wurden in einigem Abstand von der Band mit Brotkrumen Plätze markiert.
Zwei Plätze in der Mitte der 1. Reihe waren mit einem Stück süßer Butterwaffel für Albert und Schnäuzchen freigehalten, damit sie nichts von der tollen Leistung ihrer Kinder, Schwiegerkinder und Enkel verpassten.
Bei Schnäuzchen war die anfängliche Sorge, ihre Familie sei verrückt geworden, einer gespannten Erwartung gewichen.
„Ihre Familie! Wer sonst könnte so ein Ereignis ins Leben rufen!“
Irgendwie war sie schon stolz bevor das Konzert angefangen hatte hatte.
Albert gab sich viel gelassener, obwohl er innerlich mindestens so aufgeregt wie seine Frau war.
Schon dreimal war er schon den Weg durch das Oberlicht und das Gitter rein und raus gelaufen um zu sehen „ob alles für die Gäste in Ordnung ist“.

Die Menschen hatten ihren Tanz auf dem Sportplatz beendet und die Besucher aus den Nachbarorten waren in ihnen Bussen wieder nach Hause gefahren. Die Sänger aus dem Ort genehmigten sich noch einen Kaffee, ein Wasser und einige sogar ein Bier in einem der Cafés. Aber auch hier brachen die meisten gerade nach Hause auf.

Die Katzen waren schon unterwegs zu ihrem Konzert auf dem Campingplatz und die Mäuse stellten zufrieden fest, dass der Platz vor dem Restaurant heute sicherer als üblich war.

Der Weg über das Gitter vor dem großen Fenster und durch das Oberlicht war ziemlich beschwerlich und die jüngeren Mäuse mussten denen, die nicht mehr so gut klettern konnten, helfen.
Albi tat sich besonders hervor. Obwohl er – wie die anderen Musiker auch – unter heftigem Lampenfieber litt, half er den Nachbarn bei dem beschwerlichen Weg in das Restaurant.
„Guten Abend Großonkel Michi“ - irgendwie waren hier alle mit allen verwandt - „hier diese Ecke ist ein bisschen schwierig. Darf ich Dir helfen?“
Michi, der schon älter war und unter Rheuma litt, nahm die angebotene Hand.
Albi half ihm mit einem sanften Ruck auf die andere Seite des Oberlichts.
„Ich finde es toll, dass Du gekommen bist. Du wirst nicht enttäuscht werden!“
Michi, der sich erst nach langen Diskussionen mit seiner Frau bereit erklärt hatte, zum Konzert zu kommen entspannte sich etwas.
„Na ja. Wir werden ja sehen“ murmelte er noch immer schlecht gelaunt und da er Albi gerne mochte, fügte er an; „Wird schon werden!“ Das klang ein bisschen so, als würde er mit einem Kranken reden.

Langsam füllte sich der Raum und die Spannung der Musiker stieg. Unter dem Tisch, der ihnen als Probenraum gedient hatte, warteten sie auf das Startzeichen von Mini.
Mini war draußen bei den Gästen und hatte ihren Freunden angeboten, vor dem Konzert ein paar Worte zur Erklärung zu sagen.
Jetzt war es soweit.
Mini stellte sich in die Mitte der Bühnenfläche und wartete. Es waren alle da. Fast 40 Mäuse in allen Altersstufen. Das Gemurmel der Älteren und das Quieken der Jungen, die sich mit Spielen und Toben die Wartezeit vertrieben, klang fast wie das Meer bei schlechtem Wetter.
Mini räusperte sich. Das Gemurmel wurde eher noch stärker.
Mini räusperte sich etwas lauter.
Ohne Erfolg.
„Hallo Freunde und Nachbarn!“
Niemand schien auf Mini zu achten.
Da hatte sie eine Idee. Mitten in das allgemeine Geräusch ließ sie den lautesten Pfiff los, den sie konnte.
Alle anderen verstummten, nur Onkel Michi schnappte – zu Tode erschrocken – hörbar nach Luft.
Mini wartete ein paar Sekunden, bis sie sicher war, dass alle auf die Bühne schauten und begann mit ruhiger und fester Stimme ihre Ansage.
„Guten Abend Nachbarn und Freunde.
Heute Abend werden wir Euch etwas vorführen, was ihr von uns Mäusen nicht kennt. Musik. Musik von Mäusen für Mäuse mit selbst gebauten Instrumenten.
Ich weiß, dass uns viele hier für verrückt halten und vielleicht sind wir das ja auch ein bisschen. Aber ich glaube, wir sind einfach nur neugierig.“
Sie machte eine kurze Pause und ein leises Raunen und Räuspern ging durch das Publikum.
„Wie ihr das findet, was wir machen, müsst ihr selber wissen. Wir finden es gut und haben auf jeden Fall Spass gehabt. Mehr Spass auf jeden Fall als der Rest meiner Familie“
Sie schaute zu Albert und Schnäuzchen:
„Tut uns Leid, dass wir so viel Durcheinander gemacht haben. Aber vielen Dank, dass ihr die ganze Zeit zu und gehalten habt.
Und jetzt: MUSIK!!“

Auf dieses Stichwort hin begann Benni einige Töne auf dem Zupfbass zu spielen. Töne, die für Mauseohren so tief waren, das die älteren sie mehr als Kitzeln im Magen spürten.
Nach ein paar Sekunden stieg Leo mit einem schnellen Lauf auf seiner Strohhalmflöte ein. Benni und Leo spielten so, dass es klang als würden sich zwei Leute – einer mit hoher und einer mit tiefer Stimme – unterhalten. Das musikalische „Gespräch“ der beiden wurde immer schneller. Man konnte fast meinen, zwei Mäuse würden sich heftig streiten.
Plötzlich schlug Mini mit aller Kraft auf die große Trommel und der Bass und die Flöte verstummten. Albi und Lea begannen nun mit der Rassel einen Rhythmus zu spielen. Langsam setzte die Flöte und Bennies Bass wieder ein und Mini gab auf der großen Trommel den Takt dazu.
Jetzt klang es so, als hätten sie noch nie etwas anderes getan, als zusammen Musik zu machen.
Das Stück (sie hatten es übrigens: „Jazzt geht’s los“ genannt) ging mit einem großen gemeinsamen Klang zuende. Jeder gab alles. Die Kleinen und Mini machten soviel Krach auf ihren Trommeln, mit ihren Rasseln und Kaffeelöffeln wie sie konnten. Leo spielte die höchsten Töne auf seiner Strohhalmflöte und Bennie hatte einen roten Kopf vor lauter Anstrengung. So heftig bearbeitete er seinen Zupfbass.
Da gab Leo mit seinen Schwanz ein Zeichen: er zuckte dreimal und richtete den Schwanz dann senkrecht nach oben.
Auf dieses Zeichen hin hörten alle gemeinsam auf. Genau wie sie es geübt hatten.
Plötzlich war Stille. Auch im Publikum war keine Regung zu hören.
Einige lange Sekunden – die Leo wie Stunden vor kamen – passierte nichts.
Ausgerechnet Onkel Michi war der erste, der die Fassung wiederfand.
Er stieß einen spitzen, kurzen Pfiff aus und rief „Bravo“.
Die anderen Mäuse, die so etwas wie dieses Konzert noch nie erlebt hatten, machten es Onkel Michi nach und das ganze Restaurant war ein einziges Pfeifen und „Bravo“-Rufen.
Mini und Leo fielen sich vor Erleichterung um den Hals. Soviel Angst hatten sie vor der Reaktion der anderen Mäuse gehabt.
„Benni, Albi, Lea, Nina! Komm her zu uns!“ Die ganze Familie hielt sich an den Pfoten und versuchte die Tränen der Freude zurückzuhalten. Super! Super! (oder „Supergeil“ wie es in der Jungmäusesprache hieß).

„Danke,Danke“. Mini fand nur langsam ihre Sprache wieder.
„Wenn ihr wollt, spielen wir jetzt noch ein paar andere Stücke, die wir geübt haben“
Aus dem Publikum kam wieder ein lautes Pfeifen, das als Zustimmung gemeint war.
Leo ergriff das Wort
„Jetzt ein Stück das ich für Mini geschrieben habe, die phantasievollste Maus und meine große Liebe: „Braune Augen, spitze Schnautze, langer Bart.“
Es folgte ein ruhiges Lied voller Sehnsucht und Zärtlichkeit, das vor allem den jüngeren Mausemädchen ans Herz ging.
Auch Tante Albertine konnte sich der Stimmung nicht entziehen. „Ach, so einen tollen Mann möchte ich auch noch einmal kennen lernen. Wenn ich nur jünger wäre!“ flüsterte sie den anderen Mausemädchen aus dem Café Buda zu.

Was soll ich lange erzählen: der Abend wurde ein voller Erfolg, wie es ihn in der Mäusegeschichte seit der Erfindung es Mäusejazz in Amerika selten gegeben hatte.
Nur ein kleiner Zwischenfall trübte Minis Freude etwas: Albi, ihr verfressener Jüngster,
hatte vor lauter Aufregung vor dem Konzert einen ganzen Fingerhut voll Linsen gefressen, die Christoph aus der Tüte unter den Kühlschrank gekullert waren. Und da trockene Linsen furchtbar viel Durst machen hatte er natürlich auch in den Pausen zwischen den Stücken reichlich Wasser getrunken.
Was soll ich sagen: in seinem Bauch rumorte es so heftig, dass er Sorge hatte, ob man seine Trommel noch hören konnte.
Es kam wie es kommen mußte: ausgerechnet beim letzten Stück des Abends, das den Traum von einer Welt ohne Katzen beschwor.
Es war wieder einer dieser Momente, an denen alle zusammen laut spielten und auf ein Zeichen von Leos Schwanz gleichzeitig aufhörten um nach einer Sekunde Pause wieder zusammen einzusetzen.
Genau in dieser Pause der absoluten Stille passierte es. Albi konnte das Rumoren in seinen Bauch nicht mehr aushalten und ließ den Druck in einem langen und lauten Furz entweichen.
Die Mäuse im Publikum fingen an zu lachen und auch die anderen Mitglieder der „K-Family“ stimmten nach einer Schrecksekunde in das allgemeine Lachen ein.
Das Konzert war natürlich zu Ende.
Mini wandte sich an die Zuschauer, als sich alle etwas beruhigt hatten.
„Liebe Mausefreunde. Ich glaube das war es für heute.
Ich hoffe, es hat Euch gefallen. Nächstes Jahr zum Sommeranfang werden wir wieder ein Konzert machen. Und vielleicht gibt es bis dahin auch noch ein paar andere Gruppen.
Und übrigens: seit ich Musik mache, sind meine Kopfschmerzen wie weggeblasen“

.
Auf dem Campingplatz


Auch an ganz anderer Stelle liefen die Konzertvorbereitungen. Nicht so gut organisiert, wie bei der „K-Famliy“, aber mit mindestens gleich viel Begeisterung.
Niemand hatte Werbung gemacht. Niemand hatte eine Bühne aufgebaut oder Plätze reserviert.
Aber dennoch kamen, wie auf ein Zeichen, die Katzen der Region zum Platz vor dem Busch. Da es der Abend war, an dem sich normalerweise die Katzen des Reviers zu ihren monatlichen Treffen versammelten, waren es mehr als erwartet.
Cool und lässig, wie Katzen nun mal sind, begann auch der Abend: Vater Pinto ging auf die Mitte des freien Platzes und räkelte sich erst einmal ausgiebig ohne irgend jemanden anzuschauen. Dann noch ein langes Gähnen und er setzte sich entspannt hin.
Ähnlich machte es Toi, Bliny und die anderen Musiker, nur Simba konnte sich nicht ganz so cool geben, weil er sein Instrument an den Platz schaffen mußte. Aber die gelangweilte Lässigkeit mit der er den trockenen Ast vom Busch in die Mitte schaffte, suchte seinesgleichen.
Keiner gab ein Zeichen. Aber als Vater Pinto begann, einige lange Jaultöne auszustoßen, wussten alle: das Konzert hatte begonnen.
Es wurde ein langer Abend. Mal sangen nur einige, begleitet von Simbas Basstönen und Blätterrasseln, mal entstand ein großer Chorgesang, bei dem auch viele Katzen aus dem Publikum mitjaulten.
Bliny und Toi hatten ein langes Duett, das von zärtlich bis streitsüchtig fast alle Gefühle von Katzenpaaren wiedergab (ich glaube, die beiden waren inzwischen ein Paar).
Simba lief dann zu besonderer Form auf, wenn IA eine Solostelle hatte und die dankbaren Blicke des Katzenmädchens machte ihn stolz und mutig.
Das Konzert ging – trotz verschiedener Störungen durch menschliche Nachbarn ohne Kunstverstand – bis zum Morgengrauen.

Im Bett ihres elterlichen Wohnwagens lag Laetitia, die wegen der ungewöhnlichen Klänge in ihrer Nachbarschaft nur unruhig schlief.
In ihrem Traum sah sie eine Bande betrunkener Biermäuse in Lederhosen und mit Hut um Bliny tanzen, die wie tot auf der Theke des Restaurants lag. Statt der üblichen Sauflieder sangen sie in jaulenden Tönen. Es klang wie eine Klage und manchmal wie ein Triumpfgeheul.
Laetitia wollte aufspringen um Bliny zu helfen, aber sie war wie festgenagelt in ihrem Bett.
Dann sah sie in ihrem Traum, wie Bliny die Augen aufmachte, aufsprang und inmitten der Biermäuse einen wilden Indianertanz aufführe. Die Gesänge der Biermäuse und von Bliny wurden immer wilder und schriller.
„Ruhe jetzt! Weg hier! Wir wollen schlafen!“ Ihr Vater Franz stand außen vor dem Fenster des Wohnwagens.
Im Erwachen wusste Laetitia nicht so recht, wo sie war: wo waren die Biermäuse, wo war Bliny – und ging es der Katze wirklich gut?
Leise stand sie auf und schlich sich aus dem Wohnwagen neben Franz.
„Hallo Laetitia, hat Dich das Katzengeheul auch geweckt?“ Franz legte einen Arm um seine Tochter.„Die waren vielleicht laut! Man könnte fast glauben, es war ein Katzen-Konzertabend“
„Es waren Bliny und die Biermäuse“ gab Laetitia zurück. „Alle haben gesungen und wie verrückt getanzt“.
„Ich glaube Du hast geträumt. Bliny war gerade hier bei den anderen und Simba aus dem Restaurant habe ich auch gesehen. Die haben einen Höllenlärm veranstaltet. Ich glaube, heute sind alle etwas neben der Spur.“
Laetitia war erleichtert, dass es Bliny gut ging, wenn sie auch nicht recht glauben konnte, dass alles nur ein Traum war.
„Komm mit rein. Wir wollen versuchen noch etwas zu schlafen.“
Franz und Laetitia gingen zurück in den Wohnwagen und zurück in ihre Betten.
Die Kleine war in kürzester Zeit eingeschlafen und im Traum kam sie zurück zu den Biermäusen.
„Hallo Laetitia“ sagte ein alter Biermäuserich, von dessen Barthaaren an der langen rechteckigen Schnautze Biertropfen auf die speckig glänzende Lederhose fielen.
„Kennst Du ein Lied für uns?“
„Ein Lied??“
„Ja, ein Lied. Jeder Gast – auch im Traum – muß ein Lied als Eintritt mitbringen. Also:“ Seine Stimme wirkte etwas ungehalten „was hast Du mitgebracht?“
Laetitia war verwirrt. Im Traum singen kannte sie noch nicht. Aber im Traum geht fast alles.

„Kennt ihr das: Das Fest bei den Fröschen am See?“
„Ein Lied über Frösche? Wer kommt denn auf eine so blöde Idee!“ Der dicke, schon ziemlich angetrunkene Biermäuserich machte das überlegenste Gesicht, das er konnte.
„Warte doch erst mal ab! Ja Frösche! Frösche finde ich toll!“ Laetitia ärgerte sich über die überhebliche Art.
„Sing doch. Bitte“ Die anderen versammelten Biermäuse drängten den dicken Mäuserich nach hinten. „Bitte, sing doch!“
„Na gut. Nur für Euch. Und beim Refrain müsst ihr mir helfen. Also los:

Heut´ ist Fest bei den Fröschen am See
Ball und Konzert und ein großes Dinner
Quack, quack, quack hier – quack, quack, quack da.

„Bravo. Bravo! Da Capo! Nochmal!“
Den Biermäusen gefiel das Lied so gut, dass Laetitia im Traum es siebenmal wiederholen musste.
Am Schluss sangen alle mit.
„Tschüss! Ich muss jetzt aber wirklich schlafen“
Laetitia sackte in einen tiefen traumlosen Schlaf bis sie vom Duft des frischen Kaffees geweckt wurde. Franz saß am Tisch und hatte ein Glas Milch für seine Tochter neben sich stehen.
„Wie hast Du geschlafen?“fragte er und wunderte sich sehr über Laetitias Antwort:
„Ach so: Quack, quack, quack hier und quack, quack, quack da.“
 

flammarion

Foren-Redakteur
holla,

jetzt haste uns aber den katzengesang vorenthalten!
und ein bisschen meckern: die anrede (du) wird nur in briefen groß geschrieben, nicht in geschichten, auch wenn es in der wörtlichen rede ist.
wenn du schreibst: . . .und während Ihre Zunge das Fell beleckte . . ., dann bin ich als leser sehr empört, warum meine zunge so was macht.
nach anführungszeichen oben kommt fast immer n komma.
genug gemeckert, deine geschichten sind super.
lg
 

Christoph

Mitglied
Danke für Deine Kritik und Komplimente.
Meine Lehrer in der Schule (vor 3-4 Jahrhunderten) haben immer erfolglos versucht, mir richtige Interpunktion und Rechtschreibung beizubringen. Rechtschreibung macht jetzt Microsoft aber für die Interpunktion brauche ich einen Korrekturleser.
Ich werde mich um einen kümmern und dann eine verbesserte Fassung in die LL einstellen.
Der Katzengesang ist heftig in Arbeit. Vermutlich in einer Woche kann man was hören.

Christoph
 

flammarion

Foren-Redakteur
du

kannst deine werke auch zuerst in die schreibwerkstatt stellen, da nehme ich sie liebevoll in pflege und geb sie dir frisch gereinigt zurück.
lg
 

Christoph

Mitglied
4.
Katzengesang und Mäusejazz


Das feuchte Frühjahr war zu Ende und – wie das hier im Süden so ist – setzte fast ohne Übergang der Sommer ein. Es war noch ruhig im Restaurant und im gesamten Ort, denn die Familien, die hier zur Sommerfrische ans Meer kommen, waren noch damit beschäftigt, das Geld für den Urlaub zu verdienen und die Kinder hatten noch sechs Wochen bis zu den Ferien.
Die Rentner aus dem Ausland reisten langsam ab, um den Sommer bei ihren Familien in Deutschland, England oder Holland zu verbringen.

Mäusejazz

Mini war stolze Mutter von drei Mäuschen, Albert (nach dem Großvater), Lea (nach dem Vater) und Nina (was einfach „Kleine“ bedeutet). Albert, den sie immer nur „Albi“ rief, denn sie hatte wie fast alle Mütter den Drang zu Verkleinerung, hatte von seinem Vater das schöne sandfarbene Fell geerbt und Lea hatte so wie Leo, einen hellen leuchtenden Fleck auf der Stirn, der sie wie eine Prinzessin mit einem kostbaren Schmuckstück aussehen ließ.
Nina, die die kleinste von den dreien war, war aber auch die neugierigste und schlauste der Klugbart Enkel.
„Ich glaube, mit der Kleinen werden wir alle noch viel Freude und viele Sorgen haben“ stöhnte Mutter „Schnäuzchen“ Klugbart, als Nina wieder einmal verschwunden war und erst nach langer gemeinsamer Suche von Benni im Inneren der Kaffeemaschine entdeckt wurde. Sie hatte sich dorthin mit einem großen Stück Brot zurückgezogen und war über das anstrengende Mahl tief eingeschlafen.
Leo war ganz bei seiner neuen Familie eingezogen und in den vergangenen Wochen ein allgemein akzeptiertes Mitglied der Familie Mausbart geworden. Klar dass auch er stolz auf seine Kinder war und sich bei jeder Gelegenheit als der perfekte Vater aufspielen musste.
„Also ich meine, früher ist das immer ganz falsch gemacht worden. Meine Mutter zum Beispiel hat immer versucht, alles was außerhalb des Baus passierte von und fernzuhalten, vor allem wenn es ungewöhnlich war. `Das ist nichts für Mäuse``So was macht eine Maus nicht``Das ist Menschenkram`. Ich kann die ständigen Ermahnungen noch immer hören. Dabei gab es so viel interessantes zu hören, zu sehen und zu riechen. Natürlich hatte sie Angst dass uns etwas passieren könnte.“
Mini nickte schweigend, denn sie konnte die Angst der Mäusemutter gut verstehen. Es gab ja so viele Gefahren.
„Natürlich haben wir auch viel Unsinn angestellt“ fuhr Leo fort, „aber letztendlich ist ja alles gut gegangen. Zum Beispiel als ich mich heimlich aus dem Bau geschlichen und beim Spielen in ein großes – zum Glück leeres – Glas gefallen war aus dem ich nicht mehr raus konnte. Aber ich habe es dann doch geschafft indem ich von innen so lange gegen die Wand gesprungen bin, bis das Glas um fiel und ich wieder frei war.“
„Hast Du mir nicht erzählt, dass Du noch immer eine Narbe an Deiner rechten Vorderpfote hast, wo Du Dich an den Splittern geschnitten hast?“ fragte Mini, die sich Sorgen machte, wie solche Erzählungen auf ihre Kinder wirken würden und in der Tat, Nina schien aufmerksam zuzuhören, obwohl sie in ihrem Alter noch nicht viel verstehen konnte.

„Na gut, das war vielleicht nicht das beste Beispiel“ konterte Leo, „aber es gibt viele Dinge, die wir mit etwas Neugier von anderen lernen können – seien es andere Mäusefamilien, Menschen oder sogar Katzen.“

„Was sollen wir denn von den Menschen lernen?“ fragte Mini.
„Das musst Du gerade fragen. Wer hat denn als erste Maus in der Familie – vielleicht sogar in der gesamten Mäusegeschichte – angefangen zu kochen? Das hast Du doch auch von den Menschen ab geguckt! Und da gibt es noch mehr.“
„Das stimmt“, mischte sich Benni ein, der bis dahin schweigend zugehört hatte,“wir haben ja auch zusammen gesungen und das habe ich hier bei uns im Bau und bei der Nachbarschaft noch nie erlebt. Das kenne ich eigentlich auch nur von den Menschen und gelegentlich, bei Vollmond, auch von den Katzen.
Obwohl - der Gesang der Menschen gefällt mir besser. Natürlich nicht von allen.
Christoph singt oft wenn denkt, er sei alleine hier. Denn wenn er singt stöhnen die anderen Menschen immer auf und haben dringend etwas draußen zu tun. Aber auch wenn die anderen und ich froh sind, wenn es vorbei ist – ihm scheint es danach jedes mal besser zu gehen.
Oder Niki, der andere Koch: manchmal hackt er das Gemüse so, dass es klingt, als würde jemand Schlagzeug spielen. Dazu klappert er mit den Deckeln und Tellern, dass es nur so eine Lust ist. Und glaube mir: er sieht hinterher auch so aus, als ginge es ihm viel besser.“
„Ja, so was habe ich auch schon oft erlebt.“ schaltete sich Mini wieder ein, „Jasmin singt zwar nicht, aber sie bringt sich oft diese silbernen Scheiben mit auf denen irgendwie Musik versteckt ist. Wie das funktioniert, weiß ich nicht. Aber sie legt sie in diese Maschine hinter der Theke, die als einzige nichts mit Essen und Trinken zu tun hat und dann kommt Musik. Manchmal singen Leute aber oft sind es nur Töne ohne Worte. Ich weiß dann immer ganz genau, ob sie traurig ist oder lustig, müde oder voller Energie. Das kann ich hören. Vor allem scheint es auch ihr hinterher jedes mal besser zu gehen.“
Das Thema schien alle zu interessieren.
„Vielleicht ist das ja wirklich für die Menschen so eine Art Medizin“ regte Benni an „Wenn sie Kopfschmerzen haben oder Verstopfung machen sie Musik und es ist wieder gut.“
„Wenn das auch bei uns Mäusen funktionieren könnte,“ stöhnte Mini auf, „ seit der Geburt der Kleinen habe ich oft solche Kopfschmerzen und fühle mich manchmal so verkrampft“
„Wer weiß, vielleicht funktioniert das ja auch bei uns. Man muss es nur mal ausprobieren!“ Leo setzte wieder zu einer großen Rede an. „Vielleicht hilft es ja und die Geschichte der Mäuse wird neu geschrieben. Oder vielleicht hat es ja so was schon gegeben. Ich habe bei den Menschen schon häufiger das Wort „Mäusejazz“ gehört. Vielleicht hatten wir ja einmal Vorfahren oder haben noch immer Verwandte in einem anderen Land, die das Geheimnis der Musik kennen. Vielleicht haben sogar die Menschen die Musik von den Mäusen gelernt! Schließlich sind wir Mäuse ja mindesten genauso lange auf der Erde wie die Menschen und es gibt sogar Menschen, die behaupten, dass die Erde extra für die Mäuse gebaut worden sei.“
Alle wussten, dass das so noch eine halbe Stunde weiter gehen konnte, wenn Leo wieder bei einem seiner Lieblingsthemen gelandet war wie „Die Maus als Krönung der Schöpfung“ oder „Der Mensch ist geschaffen, um den Mäusen auf der Welt Wohnung und Nahrung zu geben“.
Sofort fingen Benni und Mini an, durcheinander zu reden, so dass Leo kein Wort mehr verstand, geschweige denn, weiter sprechen konnte.
Als sich das durcheinander Gerede etwas gelegt hatte, sagt Mini:
„ Warum probieren wir es nicht einfach aus? Wenn es meinen Kopfschmerzen hilft: wunderbar. Wenn es nicht hilft: vielleicht macht es ja Spaß. Und Spaß ist immer gut.“
„Was für eine Art Musik hast Du Dir denn vorgestellt?“ fragte Benni, der von der neuen Idee begeistert war. Endlich mal wieder etwas Abwechslung!
„Ich glaube, wir sollten uns Instrumente suchen, denn Mäuse können nicht sehr lange singen. Unsere Stimmen reichen für kurze Hilferufe oder Warnungen aber wenn wir das länger und häufiger machen, werden wir so heiser, wie damals Onkel Adrian, der fünf Minuten lang versucht hatte eine Porzellanmaus, die der dicke Pedro vor seinem Bau abgestellt hatte, mit Warnrufen zu vertreiben.
Nicht nur, dass der dicke Pedro in fast entdeckt hätte und alle ihn ausgelacht haben, er konnte auch mehrere Tage lang keinen Ton mehr raus bringen.“
„Wo sollen wir den Musikinstrumente her bekommen? Das ist doch lächerlich!“ Leo wirkte etwas ärgerlich.
„Du redest schon wie mein Vater“ entgegnete Mini.“Der wollte auch nicht glauben, dass Mäuse kochen können. Aber mit Phantasie werden wir schon etwas finden, was zum Musik machen geeignet ist. Niki macht ja auch in der Küche Schlagzeugmusik mit dem, was er gerade in den Händen hat. Und das klingt gut!“
„Ich finde, meine Schwester hat recht. Wenn wir es nicht ausprobieren, werden wir es nie wissen. Und hier gibt es so viele Sachen! Wir finden bestimmt für jeden etwas. Mein Vorschlag: jeder sucht etwas passendes für sich und wir treffen uns morgen nach dem Abendessen unter dem letzten Tisch und probieren, was wir zustande bringen!“
„Ich würde ja gerne,“ sagte Mini „aber ich kann meine Kleinen nicht so lange alleine lassen.“
„Kein Problem. Ich bin ja auch noch da.“ Leo war wieder ganz der stolze Vater.“Vielleicht hat ja auch mein Sohn oder eins der beiden Mädchen eine Begabung und man kann ja nicht früh genug mit der Erziehung anfangen. Also bring die drei ruhig mit zur Probe. Etwas Musik kann ihnen bestimmt nicht schaden“

Der nächste Tag schien für die meisten Mitglieder der Familie Mausbart völlig normal zu verlaufen, nur Schnäuzchen wunderte sich etwas, wie unkonzentriert Mini wirkte. „Das wird die viele Arbeit mit den Kindern sein“ dachte sie bei sich.“Aber warum sie dauernd auf alle Sachen klopft, an den Gläsern rüttelt und in die Strohhalme bläst, kann ich mir nicht erklären. Ich glaube ganz so seltsam bin ich bei meinen ersten Kindern nicht geworden.“

Noch erstaunter war sie, als sie zufällig sah, wie Bennie mit der Vorderpfote immer wieder auf einen Kaffeelöffel trat, der dann mit dem Stil und einem lauten Klirrgeräusch auf die Theke zurück fiel und er dazu seltsame Sachen sagte wie:
„Wenn die Mäuse Töne machen, ist das eine von den Sachen, über die die Menschen lachen.
Aber eben darum gerade, kommt das in die Hitparade!“
Oder auch:“Kling, Kling, Tschindering. Schepper, Schepper- BUMM.“

Vollends verwirrt war, sie als sie ihren sonst so formvollendeten und gut erzogenen Schwiegersohn sah, wie er mit hochrotem Kopf einen Strohhalm nach dem anderen aus dem Glas auf der Theke zog, mit seinen scharfen Nagezähnen Löcher hinein nagte und dann versuchte in das obere Ende hineinzublasen. „So ein Mist“ hörte sie ihn schimpfen“das muss doch irgendwie gehen! Ich habe das doch gestern bei den Zigeunern auf der Terrasse gesehen. Da müssen Töne raus kommen!“
Sie verstand die Ursache der Aufregung nicht. Aber nach einem Blick auf den Himmel glaubte sie Bescheid zu wissen: „Ach so! Morgen ist Vollmond!“ Das musste ihr erst einmal als Erklärung für das seltsame Verhalten ihrer Familie reichen.

Das Abendessen am nächsten Tag verlief anders als üblich. Irgendwie schienen Bennie, Mini und Leo nicht das rechte Interesse an der Futtersuche zu haben, dafür interessierten sie ich mehr für andere Dinge. Mini suchte in der Küche nach ungekochten Reisekörnern, die sie sofort ins Maul nahm und in einer Ecke wieder ablegte, ohne auch nur eins davon zu fressen. Bennie hatte unter dem Herd ein Schachtel mit abgebrannten Streichhölzern gefunden, die er stolz unter den letzten Tisch im Lokal zog, wo auch schon einige Zahnstocher und Gummibänder, mit denen der Spargel zusammengebunden war, lagen.
Leo kaute an einem Stück Brotrinde. Aber auch er schluckte sie nicht runter sondern verklebte mit dem Brotbrei ein Ende eines Strohhalms, der zudem noch voller Löcher war. „Ich glaube, jetzt kenne ich den Trick“ murmelte er vor sich hin.
Nach kurzer Zeit verabschiedeten sich die Drei und verschwanden in der hintersten Ecke des Restaurants unter dem Tisch.

Da war ein kleines Warenlager entstanden:
Strohhalme in verschiedenen Längen, das Teeei, das Mini noch von ihrem Kochabenteuer übrig hatte. Bennis Gummibänder, Streichholzschachtel und Zahnstocher und dazu noch ein kleines Aluminiumförmchen, das eigentlich zum Backen von Muffins war, aber schon lange in der Ecke stand und etwas klebrig an der Außenseite war, dazu mehrere Stücke Aluminiumfolie und Frischhaltefolie.
„Ich muss noch mal kurz weg, meine Kleinen holen“ sagte Mini zu den anderen Beiden „Ihr könnt ja schon mal überlegen, was wir machen“ und verschwand.
„Kein Problem, Schwester. Ich muss sowieso noch an meinem Instrument basteln“ sagte Benni und Leo war so sehr damit befasst weitere Strohhalme auf einer Seite mit Brotbrei zu verkleben, dass er nur undeutlich vor sich hin grunzte.

Benni begann sofort sein Instrument zu bauen:
Er nahm die abgebrannten Streichhölzer aus der Schachtel und kaute sie so ab, dass er drei verschieden lange Stücke hatte.
„Leo, kannst Du mir mal helfen?“
„Was soll ich tun?“
„Hilf mir die Gummibänder über die Schachtel zu ziehen und zwar über die lange Seite.“
Leo verstand zwar nicht ganz, was Benni da vorhatte, hielt aber die Schachtel fest, so dass Bennie drei Gummibänder über die Schachtel ziehen konnte. Das dritte Gummi war etwas kleiner als die anderen beiden und beim ersten Versuch flutschte es Benni aus der Hand und flits chte dem erschrockenen Leo gegen die Nase.
„Pass doch auf, sonst kannst Du alleine weitermachen!“
„Entschuldige bitte, Leo. Nur noch dieses eine Band und dann kann ich alleine weitermachen. Und wenn Du Hilfe brauchst, sag Bescheid!“
Der nächste Versuch war erfolgreicher und das Gummi wurde ohne weitere Unfälle über die Schachtel gespannt.
Benni bedankte sich und Leo blieb sitzen, um zu sehen wie das weiterging.
Zuerst nahm Benni das kürzeste Streichholz und klemmte es unter das strammste Gummi. Das Gummi sah jetzt aus wie ein kleines Dach mit einer kurzen und einer langen Seite.
Benni zupfte mit der Pfote an der langen Seite des Gummis und es gab einen klaren Ton, dann zupfte er an der kurzen Seite und der Ton war viel höher. Dann zupfte er nochmal, diesmal etwas heftiger und das Streichholz, das wie ein Zeltpfosten unter das Gummi geklemmt war, schoss seitlich davon und verpasste Leo nur um Millimeter, während das Gummiband mit einem lauten Knall auf die Schachtel schlug. „Das ist wohl noch nicht ganz perfekt“ sagte Leo, der viel zu interessiert war, als dass er sich über fliegende Streichhölzer neben seinem Kopf aufregen konnte. „Du solltest die Hölzer an der Schachtel festkleben. Vielleicht machst Du noch einen Fuß aus Alufolie. Porbier doch mal unseren perfekten Mäuse-Alleskleber“ und gab ihm etwas von dem Brotbrei, mit dem er seine Strohhalme verklebte.
„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! Ich sehe, was Du vorhast und finde das klasse.
Du musst den Kleber aber noch einige Minuten trocknen lassen, bevor du spielen kannst.“
Benni nahm die Hilfe an und bald waren alle drei Hölzer an der richtigen Stelle.
Vielleicht kannst Du mir einmal kurz helfen, während der Leim trocknet.“ fragte Leo.
„Klar. Aber was machst Du da überhaupt?“
„Ich baue eine Flöte – so haben zumindest die Zigeuner das Instrument genannt, das ich gesehen hab.“
Und wie soll das gehen?“
„Ich hab den Strohhalm auf einer Seite zugeklebt und dahinter ein Loch in den Halm genagt. Wenn ich jetzt da rein blase gibt es einen Ton, so wie es der Wind mit den leeren Bierflaschen macht, die manchmal Jugendliche draußen auf den Tischen stehen lassen. Nur der Ton ist viel höher!“
„Und das funktioniert?“
„Ja! Ich zeig´s Dir mal.“
Leo hielt sich einen kurzen Strohhalm quer ans Maul und blies in das Loch, das er hinein genagt hatte. Nach mehreren Versuchen konnte Benni einen klaren und schönen Ton hören, fast so schön wie er sie von Jasmins Silberscheiben vernommen hatte.
„Die Menschen haben bei ihrer Flöte noch mehr Löcher und je nach dem, welche sie mit den Fingern zuhalten, ist der Ton höher oder tiefer. Hilf mir mal, die richtigen Stellen zu finden, die ich mit meinen Fingern erreichen kann. Dann nagen wir da Löcher rein und ich kann verschiedene Töne auf einem Halm spielen!“
Jetzt war Benni an der Reihe zu staunen.
„Wir probieren es erst mal mit einem Loch in der Mitte.“
„Ok Benni. Aber mach es nicht zu groß, damit ich es mit meiner Zehe leicht verschließen kann.“
Gesagt-getan. Leo blies in seine Flöte und der Ton war mit dem neuen Loch fast doppelt so hoch wie vorher. Dann versuchte er das Loch mit einer Zehe seiner Vorderpfote zu verschließen. Aber das Loch war so ungünstig angebracht, dass er seine Pfote komplett verdrehen musste. Der Ton war allerdings jetzt wieder genauso tief wie am Anfang.
„Es funktioniert, aber so kann ich nicht spielen. Da kriege ich ja einen Krampf in die Hand. Wir müssen das anders machen: Ich halte die Flöte, wie ich sie spielen möchte und Du markierst die stellen, an denen meine Zehen sind. Da machen wir Löcher rein.“
Leo nahm einen anderen Strohhalm (zu Glück hatte er ja mehrere vorbereitet) und hielt ihn so an das Maul, dass beim Blasen ein Ton entstand. Dann legte er seine Pfoten auf den Halm und Benni markierte mit den Rest eines abgebrannten Streichholzes die Stellen an denen die acht Zehen von Leo lagen.
„Lasst uns erst einmal nur sechs Löcher machen, dann habe ich an jeder Pfote noch eine Zehe zum Halten frei!“
Die Arbeit war schnell erledigt und bevor Mini mit den Kleinen zurück kam, konnte Leo schon verschiedene Töne spielen.

„Wie sollen wir denn jetzt Dein Instrument nennen?“ fragte Leo, nachdem auch Benni seine Streichholzschachtel-Spargelgummi-Konstruktion erfolgreich ausprobiert hatte.
„Wie wär´s mit Zupfbass?“
„Nicht schlecht. Zupfbass! Die Töne sind ja tief genug!“

Während Benni und Leo an ihren Instrumenten arbeiteten kam Mini mit den drei Kleinen zurück.
Sie staunte nicht schlecht, was ihr Mann und ihr Bruder zustande gebracht hatten.
„Ich bin gar nicht dazu gekommen ein so schönes Musikinstrument wie Ihr zu bauen! Ich glaube es hat überhaupt keinen Sinn dass ich mitmache! Ihr habt ja schon so viel geschafft!“
Mini war traurig und niedergeschlagen, weil sie sich so auf das neue Abenteuer gefreut hatte und jetzt glaubte, sie sei hoffnungslos hinten an, weil sie keine Zeit gehabt hatte, ein Instrument zu bauen.
Aber sofort kam heftiger Protest von Leo und Benni. „Ist doch klar bei drei Kindern! Lass uns mal sehen, was Du gesammelt hast und dann bauen wir etwas gemeinsam.“
„Ich glaube ich habe nichts Vernünftiges“ Mini schöpfte wieder etwas Hoffnung.
„So ein Quatsch“ protestierte Leo „man kann mit fast allem Musik machen!
Zeig mal was Du hast.“
„Super!“ schaltete sich Benni ein „Ein Teeei und Reis! DER REIS!“ schrie er empört auf, denn er sah aus den Augenwinkeln, wie „Albi“ sich ein Reiskorn nach dem anderen in die dicken Backen schob und Lea verdächtig interessiert näher kam.
„Leo, dein Sohn frisst Minis Musikinstrument auf!“
Es gab ein kleineres Durcheinander, bis Leo und Mini den kleinen Albi überreden konnten lieber das Brot zu nagen, das nicht mehr für die Produktion von Mäuse-Alleskleber gebraucht wurde.
Gemeinsam schafften es die drei Mäuse das Teeei auf zuschrauben, einige Reisekörner hinein zufüllen und dann das Ganze wieder zusammen zubauen.
„Olé, Olé“ schrie Benni und begann wie ein spanischer Stierkämpfer zu tänzeln. „Eine Rassel wie bei den Spaniern. Olé, Olé!“
Mini ließ sich von der Begeisterung anstacheln stellte sich auf die Hinterpfoten, klatschte rhythmisch mit den Händen und stampfte mit den Füßen auf den Boden „Olé, Olé“ fiepte sie mit Ihrer hohen Stimme und die Kleinen, die Ihre Mutter so noch nie erlebt hatten, klatschten mit den Pfoten und pfiffen wild durcheinander.

Gemeinsam entstanden schnell einige neue Instrumente: die Muffinform wurde mit der Frischhaltefolie und einem Gummiband zu einer großen Trommel, ein kleiner Kaffeelöffel erzeugte die hohen Töne, so wie Benni das in den letzten Tagen auf der Theke geübt hatte.
Vor allem die große Trommel hatte es den drei Kleinen angetan, denn datauf konnten sie gemeinsam spielen Das war ein lustiges Tohuwabohu.

Bei einer der Proben gab es einen Zwischenfall.
Niki hatte das Telefon auf der Theke vergessen und bei der Futtersuche trat Benni mit der Vorderpfote auf eine der zahlreichen Tasten. Sofort gab es einen Ton. Benni sprang erschrocken auf die Seite. Das war interessant! Langsam schlich er wieder an das Telefon (natürlich wusste er nicht, was ein Telefon ist!) und drückte auf eine andere Taste. Wieder ein Ton, aber diesmal tiefer.
Er wurde mutiger. Noch eine Taste und noch eine. Jedesmal ein anderer Ton.
Benni jubilierte. Er hatte das perfekte Musikinstrument gefunden.
Immer schneller tanzte er über die Tasten. Plötzlich gab es einen langen, lauten Ton.
Benni erschrak. Der Ton kam wieder, ohne dass er eine Taste berührt hatte.
Er blieb bewegungslos sitzen, wie das Mäuse machen, wenn sie Gefahr wittern.
Der Ton wiederholte sich ein paar mal, dann hörten alle plötzlich eine tiefe menschliche Stimme:
„Hallo, Hallo. Wer spricht denn da? Melden Sie sich! Ein Unverschämtheit, mitten in der Nacht anzurufen! Hallo! Wissen sie eigentlich wie spät es ist?“
Die Stimme am Telefon klang immer wütender. „Also wirklich, wenn das ein Witz sein soll, dann kann ich aber nicht lachen! Weist Du eigentlich was Du bist? Für mich bist Du ein riesengroßes ....“

Ich breche an dieser Stelle ab, denn ich bin sicher, dass der geneigte Leser genug Phantasie hat, sich die Schimpfworte vorzustellen, die nun fünf Minuten lang ohne Pause aus dem Lautsprecher kamen.

Ein heftiges Klacken beendete die Schimpfkanonade.
Benni und all die anderen, die sich in der Zwischenzeit wie versteinert regungslos innegehalten hatten, entspannten sich langsam wieder. Zum Glück hatte keiner die Worte verstehen können, aber dass da etwas sehr unfreundliches passiert war, verstanden sie schon.
Benni war der erste, der seine Sprache wiederfand.
„Ich glaube, ich lasse besser meine Pfoten von dem Menschenkram. Die selbstgebauten Instrumente machen wenigstens das, was ich will!“
Er lief unter „seinen“ Tisch und spielte so lange auf dem Zupfbass, bis er Blasen an beiden Pfoten hatte.


Mit der Zeit war eine richtige kleine Band entstanden die regelmäßig nachts nach der Futtersuche unter dem Tisch probte.
Sie hatten einige Stücke geschrieben und denen Namen gegeben wie:
„Braune Augen, spitze Schnautze, langer Bart“ (von Leo für Mini komponiert)
„Zwei Kürbiskerne und ein Käsewürfel“ (natürlich von den immer verfressenen Benni)
„Die Katze schläft heut´ Nacht“ (ein fröhliches Lied zum Tanzen, das gemeinsam entstanden war)
und natürlich gehörte auch die Melodie von „Somewhere over the Rainbow“ dazu, zu der Mini und Benni beim Kochen gesungen hatten.
Alle hatten viel Spaß und auch die Kinder waren immer dabei und machten mit allem was sie finden konnten den Rhythmus.
Bald sollte ein Konzert sein, zu der die Mäuse aus der gesamten Nachbarschaft eingeladen waren.
Minis Kopfschmerzen waren wie weggeblasen und alle waren stolz, gut gelaunt und aufgeregt vor lauter Vorfreude..

Alle?
Albert Klugbart und Mutter Schnäuzchen sahen dem Treiben ihrer Kinder und Enkel etwas verständnislos zu.
„Verstehst Du, was die Kleinen an dem Krach finden?“ fragte Schnäuzchen ihren Mann. „Dieses Getrommel und das Gequietsche von der Flöte finde ich unerträglich! Wenn sie daran Freude haben – na gut. Einmal! Aber jede Nacht? Man findet ja keine Ruhe mehr!“
„Das hat es bei uns noch nie gegeben“ pflichtet ihr Albert bei. „ und jetzt diese Einladung zum Konzert! Was sollen nur die Nachbarn von uns denken.
Bist Du sicher, dass Mini meine Tochter ist?“
Schnäuzchen wollte gerade empört antworten, überlegte es sich dann aber noch einmal und entgegnete schmunzelnd: „Ich weiß nicht so genau. Viele Mäuseriche wollten gerne der Vater meiner Kinder sein – aber ich bin sicher, so verrückt wie die Kleine ist, kann sie nur von Dir sein!“
Da mussten beide laut lachen und umarmten sich lange und intensiv.


Katzengesang

Es war Ende Juni und um diese Jahreszeit schien überall Musik in der Luft zu liegen.

Die Menschen aus dem Ort erschienen plötzlich in seltsamen bunten Gewändern mit einer Kopfbedeckung, die wie der Anker eines Bootes aussah und fuhren jeden Abend mit dem Bus in eine der Nachbargemeinden. Dort trafen sie sich mit anderen Gruppen um gemeinsam zu Musik vom Tonband zu tanzen und mitzusingen.
Am kommenden Mittwoch sollte das ganze hier auf dem Sportplatz zwischen dem Restaurant und dem Campingplatz stattfinden.

Die Katzen hatten sich nach den Erlebnissen von Bliny auf dem Campingplatz mit Toi und den anderen wild aussehenden Mitgliedern der Familie Pinto angefreundet und man besuchte sich nachts gegenseitig.
Es hatte allerdings eine Weile gedauert.
Die Pintos hatten nämlich einen sicheren Trick, ihr Revier vor fremden Eindringlingen zu schützen. Zwei oder drei Mitglieder der Familie Pinto stellten sich versteckt in verschiedene Ecken des Reviers und ein Eindringling wurde mit abwechselndem Kampfgeheul aus unterschiedlichen Richtungen empfangen. Da niemand zu sehen war, hielt kaum eine fremde Katze den grausigen Gesang lange aus und suchte in der Regel rasch das Weite.
Mit der Zeit hatten die Pintos das Verfahren weiterentwickelt, und wenn wieder mal jemand in die Flucht geschlagen war, hörten sie mit ihren Kampfrufen nicht auf, sondern machten weiter bis eine Art Familien-Chorgesang quer durch das ganze Revier entstanden war.
Das machte ihnen so viel Spaß, dass sie auch ohne Eindringling den Gesang begannen.
Klar, dass die anderen Katzen auf dem Camping die Familie Pinto für völlig verrückt hielten, zumindest aber für „etwas ungewöhnlich“.

Auch Simba wollte bei seinem ersten Besuch mit Bliny auf dem Camping sofort wieder zurück in den sicheren Bau, als das Geheul ausbrach.
„Keine Angst Simba, lass mich mal“
Bliny verschwand hinter einem Rad und das Geheul verstummte.
Wenige Augenblicke später kam sie mit dem wild aussehenden Toi zurück.
„Simba. Das ist mein Freund Toi, mein Lebensretter.
Toi: das ist mein Lieblingsonkel Simba.“ stellte sie die beiden vor.
„Hallo Simba! Ich habe schon viel von Dir gehört!“
„Ich hoffe nur Gutes!. Von Dir hat meine Nichte auf jeden Fall nur positiv gesprochen, trotz der tagelangen Kopfschmerzen nach Eurer Baldrianparty.“
„Erinnert mich nicht daran. Aber wartet bitte einen Moment. Ich muss den anderen sagen, dass hier Freunde sind.“
Toi hielt die Pfoten an die Schnauze und ließ einen langen und hohen Ruf vernehmen, der von einigen schnellen kurzen Lauten gefolgt wurde und in einem lauten Schnurren endete.
Es klang etwa wie:“Huaahhhhu, eck, eck, eck, eck eck- Brrrh, Brrrh, Brrrh!“
Aus zwei verschiedenen Richtungen kam ein kurzes „Eck-eck!“ als Antwort und wenig später standen Vater Pinto und Tois Schwester „IA“ bei den dreien.
„IA“ ist eigentlich kein Name, aber da sie als Babykatze ihren Namen „Maria“ immer nur als „IA“ ausgesprochen hatte, war dieser Spitzname an ihr hängen geblieben.
IA war die von den Pintos, die noch am normalsten aussah. Sie hatte zwar auch verschiedene Farben und sowohl glattes als auch getigertes Fell, aber bei ihr war alles sehr gleichmäßig verteilt und gab ihr ein interessantes Aussehen.
Simba war sichtlich beeindruckt.
„Hallo, ehh... Ich bin Simba. Hmmm... Schön Dich zu sehen!“
Etwas intelligenteres fiel ihm nicht ein.
IA tat so, als hätte sie die Verlegenheit des Gastes nicht bemerkt.
„Hallo Bliny. Hallo Simba. Na? Hat Euch unser Gesang gefallen?“
„Mir schon, weil ich das ja schon kannte. Aber mein Onkel wäre fast wieder umgekehrt“
„Zum Glück ist er das nicht. Dann hätte ich Ihn nicht kennen gelernt. Kommt mit. Lasst und was zusammen trinken“ IA zeigte auf einen kleinen Busch hinter dem ein paar Lappen lagen.
„Aber bitte kein Baldrian und keinen Minzeflip!“ Bliny hatte Sorge, schon wieder einige Tage mit Kopfschmerzen verbringen zu müssen.
„Keine Sorge“ schaltete sich Toi ein. „Wir haben auch mit Baldrian und Minze aufgehört. Aber wir singen. Und das kann uns genauso, wenn nicht besser in Stimmung bringen. Und außerdem haben wir hinterher keine Kopfschmerzen.“
„Allerdings habe ich Beschwerden von den Nachbarn bekommen, dass unsere Musik bei ihnen Kopfschmerzen auslöst“ warf Vater Pinto ein. „Aber ich habe Ihnen gesagt, dass sie Kulturbanausen sind und dass unser Gesang Eindringlinge fernhält. Das scheint gewirkt zu haben.“

Simba war begeistert.
„Probt Ihr Euren Gesang regelmäßig? Dann würde ich gerne mitmachen!“
„Das wäre toll“ entgegnete IA so schnell, dass Bliny vermutete, ihr Interesse an Simba sei mindestens so groß, wie Simbas offensichtliches Interesse an ihr.
„Also ich hätte auch Lust dazu“ schloss sich Bliny an.
Wie bei fast allen Katzen lag auch ihr der Gesang im Blut.

Anders bei den Mäusen, gehört bei Katzen der Gesang zum täglichen Leben. So leise sie sich an eine Maus an schleichen können, so unhörbar sie in einem Versteck warten, bis Christoph die Türe des Restaurants zugeschlossen hat, so geräuschvoll ist oft die Verständigung untereinander oder mit den Menschen.
Die Bandbreite der verwendeten Töne ist dabei außerordentlich groß.
Jeder kennt wohl das wohlige laute Schnurren einer Katze, die mit vollem Magen auf ihrem Lieblingsplatz von ihrem Lieblingsmenschen gekrault wird
Oder wer kennt nicht das durchdringende Geschrei der Kater, die im Frühjahr alle Katzen im Revier von ihrer Anwesenheit informieren. Ein Geschrei, dass ahnungslose Menschen oft für das verzweifelte Klagen eines unglücklichen Kindes halten.
Oder die zahlreichen leisen und lauten Rufe, mit denen eine Katzenmutter ihre Jungen erzieht.

Katzen, die mit Menschen zusammenleben entwickeln oft eine ganz eigene Sprache. Diese Sprache funktioniert dann nur zwischen dem einen Menschen und der einen Katze. Andere Katzen verwenden ganz andere „“Worte“ um mit „ihrem“ Menschen zu reden.
Man sieht also: anders als bei den Mäusen ist der Gebrauch der Stimme für Katzen etwas alltägliches und einige Katzen – wie die Pintos – haben das bis zur Perfektion weiterentwickelt.

Fauchi, der von dem Chorgesang der Pintos erzählt bekam – und das alles natürlich schon lange gewusst hatte – konnte sich mal wieder seine gefürchteten Sprüche nicht verkneifen:
„Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder, böse Katzen kennen keine Lieder!“ und als ob das nicht genug sei, auch noch den: „Mit Gesang geht alles besser!“.
Bliny stöhnte laut auf, so als ob ihr jemand in den Magen geboxt hätte, während Simba und Zorro etwas peinlich berührt schwiegen.
Nur Clara, von Natur aus etwas langsamer, fragte neugierig nach: „ Fauchi, kannst du das nochmal sagen? Ich habe das nicht so ganz verstanden!“
Bevor Fauchi die Gelegenheit bekam etwas zu entgegnen, schaltete sich Bliny ein:
„Keine Zeit für lange Erklärungen: Wir müssen zur Probe. Oder willst Du etwa IA warten lassen?“ wandte sie sich direkt an Simba.
„Ich bin schon weg!“ entgegnete dieser sofort.

Chorproben bei den Katzen sind ganz anders als bei den Menschen.
Menschen stellen sich in Gruppen nahe beieinander: die mit den hohen Stimmen, die mit den mittelhohen, den mitteltiefen und den ganz tiefen Stimmen bilden jeweils eine Gruppe. Jede Gruppe steht ganz eng zusammen, dass es von etwas weiter weg klingt, als würde nur einer singen. Dafür klingt es aber viel lauter und voller. Das ganze wird geleitet von einem Chorleiter. Der steht vor dem Chor, gestikuliert und schwenkt mit den Armen und dabei wippt er mit dem ganzen Körper als hätte er ein Insekt in der Kleidung. In Wirklichkeit gibt er dem Chor Zeichen, wann welche Gruppe anfängt oder aufhört zu singen und auch wer lauter oder leiser singen soll.

Das ist bei den Katzen völlig anders.
Katzen sind im Grunde ihres Herzen Einzelgänger, die es nicht lange in einer Gruppe aushalten. Unsere Restaurantkatzen sind da eine große Ausnahme.
Das heißt nicht, dass sie keine Gesellschaft mögen. Einmal im Monat nachts treffen sich normalerweise die Katzen aus der Nachbarschaft und setzen sich in einem großen Kreis zusammen. Dabei achtet jeder darauf, dass er genügend Abstand zum Nachbarn hält.
Keiner ist der Chef, alle sind gleich. Nach einiger Zeit der Gemeinsamkeit geht so eine Versammlung wieder auseinander.

So ähnlich muss man sich die Chorproben bei den Pintos vorstellen.
Als Bliny - und eine Minute nach ihr – Simba eintrafen saßen Toi, IA, ihr Vater und noch zwei weitere, deren wilde Zeichnung sie als Mitglieder der Familie Pinto auswies, schon in einem großen Kreis auf dem Platz am Busch.
Die beiden näherten sich mit aufgerichteten Schwänzen zur Begrüßung und suchten sich freie Plätze: Bliny in der Nähe von Toi und Simba in der Nähe von IA.
Einen Dirigenten oder Chorleiter gab es nicht.
Plötzlich begann Vater Pinto mit einem tiefen, lang gezogenen Ton und IA stieg sofort mit einer Folge hoher, kurzer Rufe ein.
Toi ergänzte das ganze mit einem „Mauu-ap, Mauu-ap“ in das die anderen einstiegen.
Bliny war völlig verschüchtert, traute sich nach einiger Zeit aber doch kurze Rufe einzustreuen.
Toi schickte ihr ermutigende Blicke und nach und nach sang sie mit den anderen.
Das Lied das da entstand, hatte keine Worte aber dennoch erzählte es – für alle anderen Katzen verständlich – eine Geschichte aus dem Katzenleben. Dieses Lied handelte offensichtlich von den Freuden des Lebens in der warmen Sommersonne, vom warmem Fell und weichem Sand, lauem Wind und sanfter Berührung. So richtig zum Träumen!
Simba hatte die ganze Zeit schweigend zugehört. Er war sowieso ein Kater, der weniger mit Worten als mit Taten hervortrat. Er sah die Blicke von IA und fühlte sich aufgefordert mitzumachen.
Erst ganz leise und dann etwas lauter. Und dann sang er aus voller Brust.
Doch was war das: alle anderen hatten aufgehört und starrten ihn entsetzt an.
Bliny war die erste, die etwas sagte: „Hmm..., Simba. Also..., Du.... Ach was – ich sag es offen: Dein Gesang ist ziemlich schrecklich und alle anderen können nicht mehr weitermachen. Tut mir leid. So geht das nicht!“
Simba war am Boden zerstört und brachte kein Wort mehr raus. Was sollte IA nur von ihm denken!
Aber es war gerade das Pintomädchen, das ihn als erste tröstete:
„Das ist nicht so schlimm. Das kann man lernen. Aber jetzt kannst du erst mal auf eine andere Art mitmachen: siehst du den trockenen Zweig hier am Busch? Wenn man sanft daran rüttelst klingt es als ob es regnet und wenn du mit der Pfote dagegen schlägst ist es, als ob eine dicke Maus von einem Ast ins Laub springt. Und mit deiner rauen, tiefen Stimme kannst du einen Rhythmus machen, als ob eine Basstrommel geschlagen wird. Dann bist du unser Schlagzeug! Und die anderen Katzenfamilien werden vor Neid erblassen.“
Dabei schaute sie Simba so tief und liebevoll in die Augen, dass es für ihn den Gedanken an ein „nein“ überhaupt nicht geben konnte.
Die anderen Mitglieder des Katzenchors hatten hatten den beiden eine zeit lang zugehört aber dann leise mit einem neuen Lied angefangen, ein Lied das von der Jagd auf eine fette Maus handelte und alles enthielt, was mit beobachten, lauschen, anschleichen, anspringen, festhalten, loslassen, wieder anspringen zu tun hatte.
Jetzt waren sie an der Stelle angekommen wo die Katze gespannt wie ein Flitzebogen vor der Maus hockt und zum Sprung ansetzt. Simba rüttelte sanft an dem Ast mit dem trockenen Laub und das Geräusch – wie leichter Sommerregen – steigerte die Spannung noch. Toi – der dieses Lied angefangen hatte – gab plötzlich ein sehr lautes „Mauuu“ von sich und Simba schlug mit aller Kraft auf den trockenen Ast. Das war der Moment, wo in der gesungenen Geschichte die Katze auf die Maus springt.
Die Wirkung war groß.
Die Katzen, die von Simbas neuer Rolle als Schlagzeuger nichts mitbekommen hatten stoben in Panik in alle Richtungen auseinander, weil sie glaubten, ein Hund sei durch den Busch auf ihren Platz gesprungen. Nur IA, die ja die Idee mit dem Busch gehabt hatte, blieb sitzen.
„Kommt zurück ihr elendigen Feiglinge!! Nicht zu glauben! Meine Familie“
IA schimpfte, rief und lockte so lange, bis alle wieder an ihren Plätzen waren.
„Das war doch nur Simba am Schlagzeug! Da seht ihr, was für ein guter und wirkungsvoller Schlagzeuger er ist.“
Simba wurde ob des Lobes direkt ein paar Zentimeter größer.
„Wir üben jetzt auch andere Stücke mit Schlagzeug und nächste Woche Mittwoch machen wir ein Konzert für alle anderen Katzen hier.“

In den kommenden Tagen traf sich der Chor regelmäßig zum üben und Simba wurde immer besser. Auch wenn er noch immer nicht singen konnte: er war das Rückgrad der ganzen Gruppe. Seine Geräusche und Rufe waren die Sensation auf dem Camping und schon Tage vor dem Konzert kamen immer mehr Katzen um sich aus sicherer Entfernung die Musik anzuhören (Vater Pinto konnte sehr böse werden, wenn man ihn bei der Probe störte).
Häufiger wurde die Probe allerdings von Menschen gestört, denen der nächtliche Katzengesang den Schlaf raubte. Da bekam schon mal ein Sänger einen Pantoffel ins Kreuz oder die Probe wurde von einem Schwall kalten Wassers beendet. Dann zogen alle in eine entfernte Ecke um da ungestört weiterzuproben.
„Selber das Fernsehen oder das Autoradio so laut stellen, dass man nicht hören kann, was im Revier vor sich geht“, schimpfte Vater Pinto als er wieder einmal von einem feuchten Wischlappen getroffen worden war. „Menschen haben eben keine Ahnung von wahrer Kunst!“

Und aus dem Busch, in dem sich Fauchi zum zuhören und dösen abgelegt hatte, kam der unvermeidliche Kommentar: „Wie der Dichter schon sagte: Musik wir störend oft empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden“


Konzert

Der Mittwoch kam. Der Abend der Musik.
Die Menschen trafen sich auf dem Sportplatz. Die Gemeinde hatte hunderte Plastikstühle und eine Bierbude aufgestellt.
Nach und nach kamen die Gruppen um in bunten und phantasievollen Kostümen zu tanzen.

„Die K-Family“

Mini, Leo und Benni hatten den Ruhetag im Restaurant genutzt und alle Nachbarmäuse für Mitternacht zum großen Konzert der „Klugbart Familie“eingeladen. „Das erste und einzige Mausorchester nördlich von Afrika“ wie sie in ihrer Werbung etwas großspurig überall erzählt hatten.
Mäuse können nicht schreiben und lesen. Mäuse haben kein Radio und kein Fernsehen um Werbung zu machen. Aber sie haben große Familien. Auch für Mäusekinder ist es ein Riesenvergnügen überall hin zu laufen und jedem vom bevorstehenden Konzert zu erzählen.
Besonders toll ist das, wenn man selber bei dem Konzert mitmachen darf.
„Hei, Hei, Hei – heut ist jede Maut dabei“. Lea lief unvorsichtig über den Platz zum Café Buda, wo ihre Tanten wohnten.
„Kleine schnell! Komm rein! Denk doch an die Katzen!“ Tante Albertine, eine alte Freundin ihrer Mutter zog sie hinter das Mauseloch in der Ecke des Türrahmens.
Aber die Katzen schienen heute mit etwas anderem beschäftigt zu sein.
Lea war so aufgeregt, dass sie die Gefahr gar nicht bemerkt hatte.
„Heute! Um Mitternacht! Kontert der grotartigen und eintigartigen K-Family“. Lea fand dass der Bandname „Klugbart Familie“ zu altmodisch klang und sprach ihn Englisch als „Keij Fämili“ aus. Das klang schon viel flotter. Leider konnte sie noch kein „s“ und „z“ aussprechen und verwendete statt dessen immer ein „t“ oder „d“.
„Das wächst sich aus“ sagte Mutter Mini immer. Sie sagte das mehr um sich selber Mut zu machen als aus Überzeugung.
„Tante Albertine“ Lea war nicht zu stoppen
„Du mutt kommen! Bennie pielt den Batt und ich habe von Benni eine Rattel bekommen. Total geil!. Du mutt kommen!“
„Sicher. Ich habe es ja auch schon Albi und Nina versprochen. Außerdem will ich deine Mutter auf der Bühne sehen.“
Man kann sich also vorstellen, dass es keine Maus in der Nachbarschaft gab, die nicht mindestens ein- bis zweimal von einem der drei Kinder von Mini besucht und eingeladen worden war.
Die meisten fanden die Idee eines Mäuseorchesters lächerlich und überflüssig. Zugesagt hatten aber dennoch alle. Nicht zuletzt um den Kleinen den Spaß nicht zu verderben.
Einige allerdings mit dem Hintergedanken, dass sie sich später über die erwartete Riesenblamage lustig machen könnten.

Mittwochs war das Restaurant geschlossen und so konnten ungestört die Vorbereitungen für das Ereignis beginnen.
Christoph hatte vergessen ein Licht im Lager auszuschalten und durch einen Türspalt wurde ein Teil des Bodens beleuchtet. Hier entstand die Bühne. Leo, Benni und Mini schafften die Instrumente an ihren Platz.
Für die Zuschauer wurden in einigem Abstand von der Band mit Brotkrumen Plätze markiert.
Zwei Plätze in der Mitte der 1. Reihe waren mit einem Stück süßer Butterwaffel für Albert und Schnäuzchen freigehalten, damit sie nichts von der tollen Leistung ihrer Kinder, Schwiegerkinder und Enkel verpassten.
Bei Schnäuzchen war die anfängliche Sorge, ihre Familie sei verrückt geworden, einer gespannten Erwartung gewichen.
„Ihre Familie! Wer sonst könnte so ein Ereignis ins Leben rufen!“
Irgendwie war sie schon stolz bevor das Konzert angefangen hatte hatte.
Albert gab sich viel gelassener, obwohl er innerlich mindestens so aufgeregt wie seine Frau war.
Schon dreimal war er schon den Weg durch das Oberlicht und das Gitter rein und raus gelaufen um zu sehen „ob alles für die Gäste in Ordnung ist“.

Die Menschen hatten ihren Tanz auf dem Sportplatz beendet und die Besucher aus den Nachbarorten waren in ihnen Bussen wieder nach Hause gefahren. Die Sänger aus dem Ort genehmigten sich noch einen Kaffee, ein Wasser und einige sogar ein Bier in einem der Cafés. Aber auch hier brachen die meisten gerade nach Hause auf.

Die Katzen waren schon unterwegs zu ihrem Konzert auf dem Campingplatz und die Mäuse stellten zufrieden fest, dass der Platz vor dem Restaurant heute sicherer als üblich war.

Der Weg über das Gitter vor dem großen Fenster und durch das Oberlicht war ziemlich beschwerlich und die jüngeren Mäuse mussten denen, die nicht mehr so gut klettern konnten, helfen.
Albi tat sich besonders hervor. Obwohl er – wie die anderen Musiker auch – unter heftigem Lampenfieber litt, half er den Nachbarn bei dem beschwerlichen Weg in das Restaurant.
„Guten Abend Großonkel Michi“ - irgendwie waren hier alle mit allen verwandt - „hier diese Ecke ist ein bisschen schwierig. Darf ich Dir helfen?“
Michi, der schon älter war und unter Rheuma litt, nahm die angebotene Hand.
Albi half ihm mit einem sanften Ruck auf die andere Seite des Oberlichts.
„Ich finde es toll, dass Du gekommen bist. Du wirst nicht enttäuscht werden!“
Michi, der sich erst nach langen Diskussionen mit seiner Frau bereit erklärt hatte, zum Konzert zu kommen entspannte sich etwas.
„Na ja. Wir werden ja sehen“ murmelte er noch immer schlecht gelaunt und da er Albi gerne mochte, fügte er an; „Wird schon werden!“ Das klang ein bisschen so, als würde er mit einem Kranken reden.

Langsam füllte sich der Raum und die Spannung der Musiker stieg. Unter dem Tisch, der ihnen als Probenraum gedient hatte, warteten sie auf das Startzeichen von Mini.
Mini war draußen bei den Gästen und hatte ihren Freunden angeboten, vor dem Konzert ein paar Worte zur Erklärung zu sagen.
Jetzt war es soweit.
Mini stellte sich in die Mitte der Bühnenfläche und wartete. Es waren alle da. Fast 40 Mäuse in allen Altersstufen. Das Gemurmel der Älteren und das Quieken der Jungen, die sich mit Spielen und Toben die Wartezeit vertrieben, klang fast wie das Meer bei schlechtem Wetter.
Mini räusperte sich. Das Gemurmel wurde eher noch stärker.
Mini räusperte sich etwas lauter.
Ohne Erfolg.
„Hallo Freunde und Nachbarn!“
Niemand schien auf Mini zu achten.
Da hatte sie eine Idee. Mitten in das allgemeine Geräusch ließ sie den lautesten Pfiff los, den sie konnte.
Alle anderen verstummten, nur Onkel Michi schnappte – zu Tode erschrocken – hörbar nach Luft.
Mini wartete ein paar Sekunden, bis sie sicher war, dass alle auf die Bühne schauten und begann mit ruhiger und fester Stimme ihre Ansage.
„Guten Abend Nachbarn und Freunde.
Heute Abend werden wir Euch etwas vorführen, was ihr von uns Mäusen nicht kennt. Musik. Musik von Mäusen für Mäuse mit selbst gebauten Instrumenten.
Ich weiß, dass uns viele hier für verrückt halten und vielleicht sind wir das ja auch ein bisschen. Aber ich glaube, wir sind einfach nur neugierig.“
Sie machte eine kurze Pause und ein leises Raunen und Räuspern ging durch das Publikum.
„Wie ihr das findet, was wir machen, müsst ihr selber wissen. Wir finden es gut und haben auf jeden Fall Spass gehabt. Mehr Spass auf jeden Fall als der Rest meiner Familie“
Sie schaute zu Albert und Schnäuzchen:
„Tut uns Leid, dass wir so viel Durcheinander gemacht haben. Aber vielen Dank, dass ihr die ganze Zeit zu und gehalten habt.
Und jetzt: MUSIK!!“

Auf dieses Stichwort hin begann Benni einige Töne auf dem Zupfbass zu spielen. Töne, die für Mauseohren so tief waren, das die älteren sie mehr als Kitzeln im Magen spürten.
Nach ein paar Sekunden stieg Leo mit einem schnellen Lauf auf seiner Strohhalmflöte ein. Benni und Leo spielten so, dass es klang als würden sich zwei Leute – einer mit hoher und einer mit tiefer Stimme – unterhalten. Das musikalische „Gespräch“ der beiden wurde immer schneller. Man konnte fast meinen, zwei Mäuse würden sich heftig streiten.
Plötzlich schlug Mini mit aller Kraft auf die große Trommel und der Bass und die Flöte verstummten. Albi und Lea begannen nun mit der Rassel einen Rhythmus zu spielen. Langsam setzte die Flöte und Bennies Bass wieder ein und Mini gab auf der großen Trommel den Takt dazu.
Jetzt klang es so, als hätten sie noch nie etwas anderes getan, als zusammen Musik zu machen.
Das Stück (sie hatten es übrigens: „Jazzt geht’s los“ genannt) ging mit einem großen gemeinsamen Klang zuende. Jeder gab alles. Die Kleinen und Mini machten soviel Krach auf ihren Trommeln, mit ihren Rasseln und Kaffeelöffeln wie sie konnten. Leo spielte die höchsten Töne auf seiner Strohhalmflöte und Bennie hatte einen roten Kopf vor lauter Anstrengung. So heftig bearbeitete er seinen Zupfbass.
Da gab Leo mit seinen Schwanz ein Zeichen: er zuckte dreimal und richtete den Schwanz dann senkrecht nach oben.
Auf dieses Zeichen hin hörten alle gemeinsam auf. Genau wie sie es geübt hatten.
Plötzlich war Stille. Auch im Publikum war keine Regung zu hören.
Einige lange Sekunden – die Leo wie Stunden vor kamen – passierte nichts.
Ausgerechnet Onkel Michi war der erste, der die Fassung wiederfand.
Er stieß einen spitzen, kurzen Pfiff aus und rief „Bravo“.
Die anderen Mäuse, die so etwas wie dieses Konzert noch nie erlebt hatten, machten es Onkel Michi nach und das ganze Restaurant war ein einziges Pfeifen und „Bravo“-Rufen.
Mini und Leo fielen sich vor Erleichterung um den Hals. Soviel Angst hatten sie vor der Reaktion der anderen Mäuse gehabt.
„Benni, Albi, Lea, Nina! Komm her zu uns!“ Die ganze Familie hielt sich an den Pfoten und versuchte die Tränen der Freude zurückzuhalten. Super! Super! (oder „Supergeil“ wie es in der Jungmäusesprache hieß).

„Danke,Danke“. Mini fand nur langsam ihre Sprache wieder.
„Wenn ihr wollt, spielen wir jetzt noch ein paar andere Stücke, die wir geübt haben“
Aus dem Publikum kam wieder ein lautes Pfeifen, das als Zustimmung gemeint war.
Leo ergriff das Wort
„Jetzt ein Stück das ich für Mini geschrieben habe, die phantasievollste Maus und meine große Liebe: „Braune Augen, spitze Schnautze, langer Bart.“
Es folgte ein ruhiges Lied voller Sehnsucht und Zärtlichkeit, das vor allem den jüngeren Mausemädchen ans Herz ging.
Auch Tante Albertine konnte sich der Stimmung nicht entziehen. „Ach, so einen tollen Mann möchte ich auch noch einmal kennen lernen. Wenn ich nur jünger wäre!“ flüsterte sie den anderen Mausemädchen aus dem Café Buda zu.

Was soll ich lange erzählen: der Abend wurde ein voller Erfolg, wie es ihn in der Mäusegeschichte seit der Erfindung es Mäusejazz in Amerika selten gegeben hatte.
Nur ein kleiner Zwischenfall trübte Minis Freude etwas: Albi, ihr verfressener Jüngster,
hatte vor lauter Aufregung vor dem Konzert einen ganzen Fingerhut voll Linsen gefressen, die Christoph aus der Tüte unter den Kühlschrank gekullert waren. Und da trockene Linsen furchtbar viel Durst machen hatte er natürlich auch in den Pausen zwischen den Stücken reichlich Wasser getrunken.
Was soll ich sagen: in seinem Bauch rumorte es so heftig, dass er Sorge hatte, ob man seine Trommel noch hören konnte.
Es kam wie es kommen mußte: ausgerechnet beim letzten Stück des Abends, das den Traum von einer Welt ohne Katzen beschwor.
Es war wieder einer dieser Momente, an denen alle zusammen laut spielten und auf ein Zeichen von Leos Schwanz gleichzeitig aufhörten um nach einer Sekunde Pause wieder zusammen einzusetzen.
Genau in dieser Pause der absoluten Stille passierte es. Albi konnte das Rumoren in seinen Bauch nicht mehr aushalten und ließ den Druck in einem langen und lauten Furz entweichen.
Die Mäuse im Publikum fingen an zu lachen und auch die anderen Mitglieder der „K-Family“ stimmten nach einer Schrecksekunde in das allgemeine Lachen ein.
Das Konzert war natürlich zu Ende.
Mini wandte sich an die Zuschauer, als sich alle etwas beruhigt hatten.
„Liebe Mausefreunde. Ich glaube das war es für heute.
Ich hoffe, es hat Euch gefallen. Nächstes Jahr zum Sommeranfang werden wir wieder ein Konzert machen. Und vielleicht gibt es bis dahin auch noch ein paar andere Gruppen.
Und übrigens: seit ich Musik mache, sind meine Kopfschmerzen wie weggeblasen“

.
Auf dem Campingplatz


Auch an ganz anderer Stelle liefen die Konzertvorbereitungen. Nicht so gut organisiert, wie bei der „K-Famliy“, aber mit mindestens gleich viel Begeisterung.
Niemand hatte Werbung gemacht. Niemand hatte eine Bühne aufgebaut oder Plätze reserviert.
Aber dennoch kamen, wie auf ein Zeichen, die Katzen der Region zum Platz vor dem Busch. Da es der Abend war, an dem sich normalerweise die Katzen des Reviers zu ihren monatlichen Treffen versammelten, waren es mehr als erwartet.
Cool und lässig, wie Katzen nun mal sind, begann auch der Abend: Vater Pinto ging auf die Mitte des freien Platzes und räkelte sich erst einmal ausgiebig ohne irgend jemanden anzuschauen. Dann noch ein langes Gähnen und er setzte sich entspannt hin.
Ähnlich machte es Toi, Bliny und die anderen Musiker, nur Simba konnte sich nicht ganz so cool geben, weil er sein Instrument an den Platz schaffen mußte. Aber die gelangweilte Lässigkeit mit der er den trockenen Ast vom Busch in die Mitte schaffte, suchte seinesgleichen.
Keiner gab ein Zeichen. Aber als Vater Pinto begann, einige lange Jaultöne auszustoßen, wussten alle: das Konzert hatte begonnen.
Es wurde ein langer Abend. Mal sangen nur einige, begleitet von Simbas Basstönen und Blätterrasseln, mal entstand ein großer Chorgesang, bei dem auch viele Katzen aus dem Publikum mitjaulten.
Bliny und Toi hatten ein langes Duett, das von zärtlich bis streitsüchtig fast alle Gefühle von Katzenpaaren wiedergab (ich glaube, die beiden waren inzwischen ein Paar).
Simba lief dann zu besonderer Form auf, wenn IA eine Solostelle hatte und die dankbaren Blicke des Katzenmädchens machte ihn stolz und mutig.
Das Konzert ging – trotz verschiedener Störungen durch menschliche Nachbarn ohne Kunstverstand – bis zum Morgengrauen.

Im Bett ihres elterlichen Wohnwagens lag Laetitia, die wegen der ungewöhnlichen Klänge in ihrer Nachbarschaft nur unruhig schlief.
In ihrem Traum sah sie eine Bande betrunkener Biermäuse in Lederhosen und mit Hut um Bliny tanzen, die wie tot auf der Theke des Restaurants lag. Statt der üblichen Sauflieder sangen sie in jaulenden Tönen. Es klang wie eine Klage und manchmal wie ein Triumpfgeheul.
Laetitia wollte aufspringen um Bliny zu helfen, aber sie war wie festgenagelt in ihrem Bett.
Dann sah sie in ihrem Traum, wie Bliny die Augen aufmachte, aufsprang und inmitten der Biermäuse einen wilden Indianertanz aufführe. Die Gesänge der Biermäuse und von Bliny wurden immer wilder und schriller.
„Ruhe jetzt! Weg hier! Wir wollen schlafen!“ Ihr Vater Franz stand außen vor dem Fenster des Wohnwagens.
Im Erwachen wusste Laetitia nicht so recht, wo sie war: wo waren die Biermäuse, wo war Bliny – und ging es der Katze wirklich gut?
Leise stand sie auf und schlich sich aus dem Wohnwagen neben Franz.
„Hallo Laetitia, hat Dich das Katzengeheul auch geweckt?“ Franz legte einen Arm um seine Tochter.„Die waren vielleicht laut! Man könnte fast glauben, es war ein Katzen-Konzertabend“
„Es waren Bliny und die Biermäuse“ gab Laetitia zurück. „Alle haben gesungen und wie verrückt getanzt“.
„Ich glaube Du hast geträumt. Bliny war gerade hier bei den anderen und Simba aus dem Restaurant habe ich auch gesehen. Die haben einen Höllenlärm veranstaltet. Ich glaube, heute sind alle etwas neben der Spur.“
Laetitia war erleichtert, dass es Bliny gut ging, wenn sie auch nicht recht glauben konnte, dass alles nur ein Traum war.
„Komm mit rein. Wir wollen versuchen noch etwas zu schlafen.“
Franz und Laetitia gingen zurück in den Wohnwagen und zurück in ihre Betten.
Die Kleine war in kürzester Zeit eingeschlafen und im Traum kam sie zurück zu den Biermäusen.
„Hallo Laetitia“ sagte ein alter Biermäuserich, von dessen Barthaaren an der langen rechteckigen Schnautze Biertropfen auf die speckig glänzende Lederhose fielen.
„Kennst Du ein Lied für uns?“
„Ein Lied??“
„Ja, ein Lied. Jeder Gast – auch im Traum – muß ein Lied als Eintritt mitbringen. Also:“ Seine Stimme wirkte etwas ungehalten „was hast Du mitgebracht?“
Laetitia war verwirrt. Im Traum singen kannte sie noch nicht. Aber im Traum geht fast alles.

„Kennt ihr das: Das Fest bei den Fröschen am See?“
„Ein Lied über Frösche? Wer kommt denn auf eine so blöde Idee!“ Der dicke, schon ziemlich angetrunkene Biermäuserich machte das überlegenste Gesicht, das er konnte.
„Warte doch erst mal ab! Ja Frösche! Frösche finde ich toll!“ Laetitia ärgerte sich über die überhebliche Art.
„Sing doch. Bitte“ Die anderen versammelten Biermäuse drängten den dicken Mäuserich nach hinten. „Bitte, sing doch!“
„Na gut. Nur für Euch. Und beim Refrain müsst ihr mir helfen. Also los:

Heut´ ist Fest bei den Fröschen am See
Ball und Konzert und ein großes Dinner
Quack, quack, quack hier – quack, quack, quack da.

„Bravo. Bravo! Da Capo! Nochmal!“
Den Biermäusen gefiel das Lied so gut, dass Laetitia im Traum es siebenmal wiederholen musste.
Am Schluss sangen alle mit.
„Tschüss! Ich muss jetzt aber wirklich schlafen“
Laetitia sackte in einen tiefen traumlosen Schlaf bis sie vom Duft des frischen Kaffees geweckt wurde. Franz saß am Tisch und hatte ein Glas Milch für seine Tochter neben sich stehen.
„Wie hast Du geschlafen?“fragte er und wunderte sich sehr über Laetitias Antwort:
„Ach so: Quack, quack, quack hier und quack, quack, quack da.“
 

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Foren-Redakteur
Korrekturvorschläge:

Katzengesang und Mäusejazz
Veröffentlicht von Christoph am 18. 11. 2006 19:38
4.
Katzengesang und Mäusejazz

Das feuchte Frühjahr war zu Ende und – wie das hier im Süden so ist – setzte fast ohne Übergang der Sommer ein. Es war noch ruhig im Restaurant und im gesamten Ort, denn die Familien, die hier zur Sommerfrische ans Meer kommen, waren noch damit beschäftigt, das Geld für den Urlaub zu verdienen und die Kinder hatten noch sechs Wochen bis zu den Ferien.
Die Rentner aus dem Ausland reisten langsam ab, um den Sommer bei ihren Familien in Deutschland, England oder Holland zu verbringen.

Mäusejazz

Mini war stolze Mutter von drei Mäuschen, Albert (nach dem Großvater), Lea (nach dem Vater) und Nina (was einfach „Kleine“ bedeutet). Albert, den sie immer nur „Albi“ rief, denn sie hatte wie fast alle Mütter den Drang [red] zu [/red] (zur) Verkleinerung, hatte von seinem Vater das schöne sandfarbene Fell geerbt und Lea hatte so wie Leo,(kein Komma) einen hellen leuchtenden Fleck auf der Stirn, der sie wie eine Prinzessin mit einem kostbaren Schmuckstück aussehen ließ.
Nina, die [blue] die kleinste von den dreien war, war aber auch [/blue] (kleinste von den dreien, war) die neugierigste und schlauste der Klugbart Enkel.
„Ich glaube, mit der Kleinen werden wir alle noch viel Freude und viele Sorgen haben“ stöhnte Mutter „Schnäuzchen“ Klugbart, als Nina wieder einmal verschwunden war und erst nach langer gemeinsamer Suche von Benni im Inneren der Kaffeemaschine entdeckt wurde. Sie hatte sich dorthin mit einem großen Stück Brot zurückgezogen und war über das anstrengende Mahl tief eingeschlafen.
Leo war ganz bei seiner neuen Familie eingezogen und in den vergangenen Wochen ein allgemein akzeptiertes Mitglied der Familie Mausbart geworden. Klar(Komma) dass auch er stolz auf seine Kinder war und sich bei jeder Gelegenheit als der perfekte Vater aufspielen musste.
„Also(Komma) ich meine, früher ist das immer ganz falsch gemacht worden. Meine Mutter zum Beispiel hat immer versucht, alles was außerhalb des Baus passierte von [red] und [/red] (uns) fernzuhalten, vor allem(Komma) wenn es ungewöhnlich war. `Das ist nichts für Mäuse`(Komma)`So was macht eine Maus nicht`(Komma)`Das ist Menschenkram`. Ich kann die ständigen Ermahnungen noch immer hören. Dabei gab es so viel [red] interessantes [/red][red] interessantes [/red] (Interessantes) zu hören, zu sehen und zu riechen. Natürlich hatte sie Angst(Komma) dass uns etwas passieren könnte.“
Mini nickte schweigend, denn sie konnte die Angst der Mäusemutter gut verstehen. Es gab ja so viele Gefahren.
„Natürlich haben wir auch viel Unsinn angestellt“(Komma) fuhr Leo fort, „aber letztendlich ist ja alles gut gegangen. Zum Beispiel(Komma) als ich mich heimlich aus dem Bau geschlichen und beim Spielen in ein großes – zum Glück leeres – Glas gefallen war(Komma) aus dem ich nicht mehr raus konnte. Aber ich habe es dann doch geschafft(Komma) indem ich von innen so lange gegen die Wand gesprungen bin, bis das Glas um fiel und ich wieder frei war.“
„Hast [red] Du [/red] mir nicht erzählt, dass [red] Du [/red] noch immer eine Narbe an [red] Deiner [/red] rechten Vorderpfote hast, wo [red] Du Dich [/red] an den Splittern geschnitten hast?“(Komma) fragte Mini, die sich Sorgen machte, wie solche Erzählungen auf ihre Kinder wirken würden und in der Tat, Nina schien aufmerksam zuzuhören, obwohl sie in ihrem Alter noch nicht viel verstehen konnte.

„Na gut, das war vielleicht nicht das beste Beispiel“(Komma) konterte Leo, „aber es gibt viele Dinge, die wir mit etwas Neugier von anderen lernen können – seien es andere Mäusefamilien, Menschen oder sogar Katzen.“

„Was sollen wir denn von den Menschen lernen?“(Komma) fragte Mini.
„Das musst [red] Du [/red] gerade fragen. Wer hat denn als erste Maus in der Familie – vielleicht sogar in der gesamten Mäusegeschichte – angefangen zu kochen? Das hast [red] Du [/red] doch auch von den Menschen ab geguckt! Und da gibt es noch mehr.“
„Das stimmt“, mischte sich Benni ein, der bis dahin schweigend zugehört hatte,(kein Komma)“(Komma)wir haben ja auch zusammen gesungen und das habe ich hier bei uns im Bau und bei der Nachbarschaft noch nie erlebt. Das kenne ich eigentlich auch nur von den Menschen und gelegentlich, bei Vollmond, auch von den Katzen.
Obwohl - der Gesang der Menschen gefällt mir besser. Natürlich nicht von allen.
Christoph singt oft(Komma) wenn denkt, er sei alleine hier. Denn wenn er singt(Komma) stöhnen die anderen Menschen immer auf und haben dringend etwas draußen zu tun. Aber auch wenn die anderen und ich froh sind, wenn es vorbei ist – ihm scheint es danach jedes [red] mal [/red] (mal) besser zu gehen.
Oder Niki, der andere Koch: manchmal hackt er das Gemüse so, dass es klingt, als würde jemand Schlagzeug spielen. Dazu klappert er mit den Deckeln und Tellern, dass es nur so eine Lust ist. Und glaube mir: er sieht hinterher auch so aus, als ginge es ihm viel besser.“
„Ja, so was habe ich auch schon oft erlebt.“(Komma) schaltete sich Mini wieder ein, „Jasmin singt zwar nicht, aber sie bringt sich oft diese silbernen Scheiben mit(Komma) auf denen irgendwie Musik versteckt ist. Wie das funktioniert, weiß ich nicht. Aber sie legt sie in diese Maschine hinter der Theke, die als einzige nichts mit Essen und Trinken zu tun hat und dann kommt Musik. Manchmal singen Leute(Komma) aber oft sind es nur Töne ohne Worte. Ich weiß dann immer ganz genau, ob sie traurig ist oder lustig, müde oder voller Energie. Das kann ich hören. Vor allem scheint es auch ihr hinterher jedes [red] mal [/red] besser zu gehen.“
Das Thema schien alle zu interessieren.
„Vielleicht ist das ja wirklich für die Menschen so eine Art Medizin“(Komma) regte Benni an(Punkt) „Wenn sie Kopfschmerzen haben oder Verstopfung(Komma) machen sie Musik und es ist wieder gut.“
„Wenn das auch bei uns Mäusen funktionieren könnte,(kein Komma)“(Komma) stöhnte Mini auf, „ (kein Leerfeld)seit der Geburt der Kleinen habe ich oft solche Kopfschmerzen und fühle mich manchmal so verkrampft“(Punkt)
„Wer weiß, vielleicht funktioniert das ja auch bei uns. Man muss es nur mal ausprobieren!“ Leo setzte wieder zu einer großen Rede an. „Vielleicht hilft es ja und die Geschichte der Mäuse wird neu geschrieben. Oder vielleicht hat es ja so was schon gegeben. Ich habe bei den Menschen schon häufiger das Wort „Mäusejazz“ gehört. Vielleicht hatten wir ja einmal Vorfahren oder haben noch immer Verwandte in einem anderen Land, die das Geheimnis der Musik kennen. Vielleicht haben sogar die Menschen die Musik von den Mäusen gelernt! Schließlich sind wir Mäuse ja mindesten genauso lange auf der Erde wie die Menschen und es gibt sogar Menschen, die behaupten, dass die Erde extra für die Mäuse gebaut worden sei.“
Alle wussten, dass das so noch eine halbe Stunde weiter gehen konnte, wenn Leo wieder bei einem seiner Lieblingsthemen gelandet war wie „Die Maus als Krönung der Schöpfung“ oder „Der Mensch ist geschaffen, um den Mäusen auf der Welt Wohnung und Nahrung zu geben“.
Sofort fingen Benni und Mini an, durcheinander zu reden, so dass Leo kein Wort mehr verstand, geschweige denn, weiter sprechen konnte.
Als sich das durcheinander Gerede etwas gelegt hatte, sagt Mini: (kein Absatz)
„ (kein Leerfeld)Warum probieren wir es nicht einfach aus? Wenn es meinen Kopfschmerzen hilft: wunderbar. Wenn es nicht hilft: vielleicht macht es ja Spaß. Und Spaß ist immer gut.“
„Was für eine Art Musik hast [red] Du Dir [/red] denn vorgestellt?“(Komma) fragte Benni, der von der neuen Idee begeistert war. Endlich mal wieder etwas Abwechslung!
„Ich glaube, wir sollten uns Instrumente suchen, denn Mäuse können nicht sehr lange singen. Unsere Stimmen reichen für kurze Hilferufe oder Warnungen(Komma) aber wenn wir das länger und häufiger machen, werden wir so heiser, wie damals Onkel Adrian, der fünf Minuten lang versucht hatte(Komma) eine Porzellanmaus, die der dicke Pedro vor seinem Bau abgestellt hatte, mit Warnrufen zu vertreiben.
Nicht nur, dass der dicke Pedro [red] in [/red] (ihn) fast entdeckt hätte und alle ihn ausgelacht haben, er konnte auch mehrere Tage lang keinen Ton mehr raus bringen.“
„Wo sollen wir [red] den [/red] (denn) Musikinstrumente her bekommen? Das ist doch lächerlich!“ Leo wirkte etwas ärgerlich.
„Du redest schon wie mein Vater“(Komma) entgegnete Mini.(Leerfeld)“Der wollte auch nicht glauben, dass Mäuse kochen können. Aber mit Phantasie werden wir schon etwas finden, was zum Musik machen geeignet ist. Niki macht ja auch in der Küche Schlagzeugmusik mit dem, was er gerade in den Händen hat. Und das klingt gut!“
„Ich finde, meine Schwester hat[red] recht[/red] (Recht). Wenn wir es nicht ausprobieren, werden wir es nie wissen. Und hier gibt es so viele Sachen! Wir finden bestimmt für jeden etwas. Mein Vorschlag: jeder sucht etwas [red] passendes [/red] (Passendes) für sich und wir treffen uns morgen nach dem Abendessen unter dem letzten Tisch und probieren, was wir zustande bringen!“
„Ich würde ja gerne,(kein Komma)“(Komma) sagte Mini „aber ich kann meine Kleinen nicht so lange alleine lassen.“
„Kein Problem. Ich bin ja auch noch da.“ Leo war wieder ganz der stolze Vater.(Leerfeld)“Vielleicht hat ja auch mein Sohn oder eins der beiden Mädchen eine Begabung und man kann ja nicht früh genug mit der Erziehung anfangen. Also bring die drei ruhig mit zur Probe. Etwas Musik kann ihnen bestimmt nicht schaden“(Punkt)

Der nächste Tag schien für die meisten Mitglieder der Familie Mausbart völlig normal zu verlaufen, nur Schnäuzchen wunderte sich etwas, wie unkonzentriert Mini wirkte. „Das wird die viele Arbeit mit den Kindern sein“(Komma) dachte sie bei sich.(Leerfeld)“Aber warum sie dauernd auf alle Sachen klopft, an den Gläsern rüttelt und in die Strohhalme bläst, kann ich mir nicht erklären. Ich glaube(Komma) ganz so seltsam bin ich bei meinen ersten Kindern nicht geworden.“

Noch erstaunter war sie, als sie zufällig sah, wie Bennie mit der Vorderpfote immer wieder auf einen Kaffeelöffel trat, der dann mit dem [red] Stil [/red] (Stiel) und einem lauten Klirrgeräusch auf die Theke zurück fiel und er dazu seltsame Sachen sagte wie: (kein Absatz)
„Wenn die Mäuse Töne machen, ist das eine von den Sachen, über die die Menschen lachen.
Aber eben darum gerade,(kein Komma) kommt das in die Hitparade!“
Oder auch:(Leerfeld)“Kling, Kling, Tschindering. Schepper, Schepper- BUMM.“

Vollends verwirrt war, sie als sie ihren sonst so formvollendeten und gut erzogenen Schwiegersohn sah, wie er mit hochrotem Kopf einen Strohhalm nach dem anderen aus dem Glas auf der Theke zog, mit seinen scharfen Nagezähnen Löcher hinein nagte und dann versuchte(Komma) in das obere Ende[red] hineinzublasen[/red][red] hineinzublasen[/red] (hinein zu blasen). „So ein Mist“(Komma) hörte sie ihn schimpfen(Komma Leerfeld)“das muss doch irgendwie gehen! Ich habe das doch gestern bei den Zigeunern auf der Terrasse gesehen. Da müssen Töne raus kommen!“
Sie verstand die Ursache der Aufregung nicht. Aber nach einem Blick auf den Himmel glaubte sie(Komma) Bescheid zu wissen: „Ach so! Morgen ist Vollmond!“ Das musste ihr erst einmal als Erklärung für das seltsame Verhalten ihrer Familie reichen.

Das Abendessen am nächsten Tag verlief anders als üblich. Irgendwie schienen Bennie, Mini und Leo nicht das rechte Interesse an der Futtersuche zu haben, dafür interessierten sie [red] ich [/red] mehr für andere Dinge. Mini suchte in der Küche nach ungekochten[red] Reisekörnern[/red] (Reiskörnern), die sie sofort ins Maul nahm und in einer Ecke wieder ablegte, ohne auch nur eins davon zu fressen. Bennie hatte unter dem Herd [red] ein [/red] Schachtel mit abgebrannten Streichhölzern gefunden, die er stolz unter den letzten Tisch im Lokal zog, wo auch schon einige Zahnstocher und Gummibänder, mit denen der Spargel zusammengebunden war, lagen.
Leo kaute an einem Stück Brotrinde. Aber auch er schluckte sie nicht runter(Komma) sondern verklebte mit dem Brotbrei ein Ende eines Strohhalms, der zudem noch voller Löcher war. „Ich glaube, jetzt kenne ich den Trick“(Komma) murmelte er vor sich hin.
Nach kurzer Zeit verabschiedeten sich die [red] Drei [/red] (drei) und verschwanden in der hintersten Ecke des Restaurants unter dem Tisch.

Da war ein kleines Warenlager entstanden:
Strohhalme in verschiedenen Längen, das Teeei, das Mini noch von ihrem Kochabenteuer übrig hatte. Bennis Gummibänder, Streichholzschachtel und Zahnstocher und dazu noch ein kleines Aluminiumförmchen, das eigentlich zum Backen von Muffins war, aber schon lange in der Ecke stand und etwas klebrig an der Außenseite war, dazu mehrere Stücke Aluminiumfolie und Frischhaltefolie.
„Ich muss noch mal kurz weg, meine Kleinen holen“(Komma) sagte Mini zu den anderen [red] Beiden [/red] (beiden Punkt) „Ihr könnt ja schon mal überlegen, was wir machen“ und verschwand.
„Kein Problem, Schwester. Ich muss sowieso noch an meinem Instrument basteln“(Komma) sagte Benni und Leo war so sehr damit befasst(Komma) weitere Strohhalme auf einer Seite mit Brotbrei zu verkleben, dass er nur undeutlich vor sich hin grunzte.

Benni begann sofort sein Instrument zu bauen:
Er nahm die abgebrannten Streichhölzer aus der Schachtel und kaute sie so ab, dass er drei verschieden lange Stücke hatte.
„Leo, kannst [red] Du [/red] mir mal helfen?“
„Was soll ich tun?“
„Hilf mir(Komma) die Gummibänder über die Schachtel zu ziehen und zwar über die lange Seite.“
Leo verstand zwar nicht ganz, was Benni da vorhatte, hielt aber die Schachtel fest, so dass Bennie drei Gummibänder über die Schachtel ziehen konnte. Das dritte Gummi war etwas kleiner als die anderen beiden und beim ersten Versuch flutschte es Benni aus der Hand und [red] flits chte [/red] dem erschrockenen Leo gegen die Nase.
„Pass doch auf, sonst kannst [red] Du [/red] alleine weitermachen!“
„Entschuldige bitte, Leo. Nur noch dieses eine Band und dann kann ich alleine weitermachen. Und wenn [red] Du [/red] Hilfe brauchst, sag Bescheid!“
Der nächste Versuch war erfolgreicher und das Gummi wurde ohne weitere Unfälle über die Schachtel gespannt.
Benni bedankte sich und Leo blieb sitzen, um zu sehen(Komma) wie das weiterging.
Zuerst nahm Benni das kürzeste Streichholz und klemmte es unter das strammste Gummi. Das Gummi sah jetzt aus wie ein kleines Dach mit einer kurzen und einer langen Seite.
Benni zupfte mit der Pfote an der langen Seite des Gummis und es gab einen klaren Ton, dann zupfte er an der kurzen Seite und der Ton war viel höher. Dann zupfte er[red] noch mal[/red] (noch einmal), diesmal etwas heftiger und das Streichholz, das wie ein Zeltpfosten unter das Gummi geklemmt war, schoss seitlich davon und verpasste Leo nur um Millimeter, während das Gummiband mit einem lauten Knall auf die Schachtel schlug. „Das ist wohl noch nicht ganz perfekt“(Komma) sagte Leo, der viel zu interessiert war, als dass er sich über fliegende Streichhölzer neben seinem Kopf aufregen konnte. „Du solltest die Hölzer an der Schachtel festkleben. Vielleicht machst [red] Du [/red] noch einen Fuß aus Alufolie. Porbier doch mal unseren perfekten Mäuse-Alleskleber“ und gab ihm etwas von dem Brotbrei, mit dem er seine Strohhalme[blue] verklebte[/blue] (verklebt hatte).
„Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! Ich sehe, was [red] Du [/red] vorhast und finde das klasse.
Du musst den Kleber aber noch einige Minuten trocknen lassen, bevor du spielen kannst.“
Benni nahm die Hilfe an und bald waren alle drei Hölzer an der richtigen Stelle.
(Anführungszeichen)Vielleicht kannst [red] Du [/red] mir einmal kurz helfen, während der Leim trocknet.“ fragte Leo.
„Klar. Aber was machst [red] Du [/red] da überhaupt?“
„Ich baue eine Flöte – so haben zumindest die Zigeuner das Instrument genannt, das ich gesehen hab.“
(Anführungszeichen)Und wie soll das gehen?“
„Ich hab den Strohhalm auf einer Seite zugeklebt und dahinter ein Loch in den Halm genagt. Wenn ich jetzt da rein blase(Komma) gibt es einen Ton, so wie es der Wind mit den leeren Bierflaschen macht, die manchmal Jugendliche draußen auf den Tischen stehen lassen. Nur der Ton ist viel höher!“
„Und das funktioniert?“
„Ja! Ich zeig´s [red] Dir [/red] mal.“
Leo hielt sich einen kurzen Strohhalm quer ans Maul und blies in das Loch, das er hinein genagt hatte. Nach mehreren Versuchen konnte Benni einen klaren und schönen Ton hören, fast so schön(Komma) wie er sie von Jasmins Silberscheiben vernommen hatte.
„Die Menschen haben bei ihrer Flöte noch mehr Löcher und je nach dem, welche sie mit den Fingern zuhalten, ist der Ton höher oder tiefer. Hilf mir mal, die richtigen Stellen zu finden, die ich mit meinen Fingern erreichen kann. Dann nagen wir da Löcher rein und ich kann verschiedene Töne auf einem Halm spielen!“
Jetzt war Benni an der Reihe zu staunen.
„Wir probieren es erst mal mit einem Loch in der Mitte.“
„Ok(Komma) Benni. Aber mach es nicht zu groß, damit ich es mit meiner Zehe leicht verschließen kann.“
Gesagt-getan. Leo blies in seine Flöte und der Ton war mit dem neuen Loch fast doppelt so hoch wie vorher. Dann versuchte er(Komma) das Loch mit einer Zehe seiner Vorderpfote zu verschließen. Aber das Loch war so ungünstig angebracht, dass er seine Pfote komplett verdrehen musste. Der Ton war allerdings jetzt wieder genauso tief wie am Anfang.
„Es funktioniert, aber so kann ich nicht spielen. Da kriege ich ja einen Krampf in [red] die [/red] (der) Hand. Wir müssen das anders machen: Ich halte die Flöte, wie ich sie spielen möchte und [red] Du [/red] markierst die[red] stellen[/red] (Stellen), an denen meine Zehen sind. Da machen wir Löcher rein.“
Leo nahm einen anderen Strohhalm (zu Glück hatte er ja mehrere vorbereitet) und hielt ihn so an das Maul, dass beim Blasen ein Ton entstand. Dann legte er seine Pfoten auf den Halm und Benni markierte mit [red] den [/red] (dem) Rest eines abgebrannten Streichholzes die Stellen(Komma) an denen die acht Zehen von Leo lagen.
„Lasst uns erst einmal nur sechs Löcher machen, dann habe ich an jeder Pfote noch eine Zehe zum Halten frei!“
Die Arbeit war schnell erledigt und bevor Mini mit den Kleinen zurück kam, konnte Leo schon verschiedene Töne spielen.

„Wie sollen wir denn jetzt [red] Dein [/red] Instrument nennen?“(Komma) fragte Leo, nachdem auch Benni seine Streichholzschachtel-Spargelgummi-Konstruktion erfolgreich ausprobiert hatte.
„Wie wär´s mit Zupfbass?“
„Nicht schlecht. Zupfbass! Die Töne sind ja tief genug!“

Während Benni und Leo an ihren Instrumenten arbeiteten(Komma) kam Mini mit den drei Kleinen zurück.
Sie staunte nicht schlecht, was ihr Mann und ihr Bruder zustande gebracht hatten.
„Ich bin gar nicht dazu gekommen(Komma) ein so schönes Musikinstrument wie [red] Ihr [/red] zu bauen! Ich glaube(Komma) es hat überhaupt keinen Sinn(Komma) dass ich mitmache! Ihr habt ja schon so viel geschafft!“
Mini war traurig und niedergeschlagen, weil sie sich so auf das neue Abenteuer gefreut hatte und jetzt glaubte, sie sei hoffnungslos hinten an, weil sie keine Zeit gehabt hatte, ein Instrument zu bauen.
Aber sofort kam heftiger Protest von Leo und Benni. „Ist doch klar bei drei Kindern! Lass uns mal sehen, was [red] Du [/red] gesammelt hast und dann bauen wir etwas gemeinsam.“
„Ich glaube(Komma) ich habe nichts Vernünftiges“(Punkt) Mini schöpfte wieder etwas Hoffnung.
„So ein Quatsch“(Komma) protestierte Leo „man kann mit fast allem Musik machen!
Zeig mal(Komma) was [red] Du [/red] hast.“
„Super!“(Komma) schaltete sich Benni ein(Punkt) „Ein Teeei und Reis! DER REIS!“(Komma) schrie er empört auf, denn er sah aus den Augenwinkeln, wie „Albi“ sich ein Reiskorn nach dem anderen in die dicken Backen schob und Lea verdächtig interessiert näher kam.
„Leo, dein Sohn frisst Minis Musikinstrument auf!“
Es gab ein kleineres Durcheinander, bis Leo und Mini den kleinen Albi überreden konnten(Komma) lieber das Brot zu nagen, das nicht mehr für die Produktion von Mäuse-Alleskleber gebraucht wurde.
Gemeinsam schafften es die drei Mäuse(Komma) das Teeei auf zuschrauben, einige [red] Reisekörner [/red] hinein zufüllen und dann das Ganze wieder zusammen zubauen.
„Olé, Olé“(Komma) schrie Benni und begann wie ein spanischer Stierkämpfer zu tänzeln. „Eine Rassel wie bei den Spaniern. Olé, Olé!“
Mini ließ sich von der Begeisterung anstacheln(Komma) stellte sich auf die Hinterpfoten, klatschte rhythmisch mit den Händen und stampfte mit den Füßen auf den Boden(Punkt) „Olé, Olé“(Komma) fiepte sie mit [red] Ihrer [/red] hohen Stimme und die Kleinen, die [red] Ihre [/red] Mutter so noch nie erlebt hatten, klatschten in die Hände und pfiffen wild durcheinander.

Gemeinsam entstanden schnell einige neue Instrumente: die Muffinform wurde mit der Frischhaltefolie und einem Gummiband zu einer großen Trommel, ein kleiner Kaffeelöffel erzeugte die hohen Töne, so(Komma) wie Benni das in den letzten Tagen auf der Theke geübt hatte.
Vor allem die große Trommel hatte es den drei Kleinen angetan, denn [red] datauf [/red] konnten sie gemeinsam spielen(Punkt) Das war ein lustiges Tohuwabohu.

Bei einer der Proben gab es einen Zwischenfall.
Niki hatte das Telefon auf der Theke vergessen und bei der Futtersuche trat Benni mit der Vorderpfote auf eine der zahlreichen Tasten. Sofort gab es einen Ton. Benni sprang erschrocken auf die Seite. Das war interessant! Langsam schlich er wieder an das Telefon (natürlich wusste er nicht, was ein Telefon ist!) und drückte auf eine andere Taste. Wieder ein Ton, aber diesmal tiefer.
Er wurde mutiger. Noch eine Taste und noch eine. Jedesmal ein anderer Ton.
Benni jubilierte. Er hatte das perfekte Musikinstrument gefunden.
Immer schneller tanzte er über die Tasten. Plötzlich gab es einen langen, lauten Ton.
Benni erschrak. Der Ton kam wieder, ohne dass er eine Taste berührt hatte.
Er blieb bewegungslos sitzen, wie das Mäuse machen, wenn sie Gefahr wittern.
Der Ton wiederholte sich ein paar[red] mal[/red] (Mal), dann hörten alle plötzlich eine tiefe menschliche Stimme: (kein Absatz)
„Hallo, Hallo. Wer spricht denn da? Melden Sie sich! Ein Unverschämtheit, mitten in der Nacht anzurufen! Hallo! Wissen [red] sie [/red] (Sie) eigentlich(Komma) wie spät es ist?“
Die Stimme am Telefon klang immer wütender. „Also wirklich, wenn das ein Witz sein soll, dann kann ich aber nicht lachen! [red] Weist Du [/red] (Weißt du) eigentlich(Komma) was [red] Du [/red] bist? Für mich bist [red] Du [/red] ein riesengroßes ....“

Ich breche an dieser Stelle ab, denn ich bin sicher, dass der geneigte Leser genug Phantasie hat, sich die Schimpfworte vorzustellen, die nun fünf Minuten lang ohne Pause aus dem Lautsprecher kamen.

Ein heftiges Klacken beendete die Schimpfkanonade.
Benni und all die anderen, die [blue] sich [/blue] (überflüssig) in der Zwischenzeit wie versteinert regungslos innegehalten hatten, entspannten sich langsam wieder. Zum Glück hatte keiner die Worte verstehen können, aber dass da etwas sehr [red] unfreundliches [/red] (Unfreundliches) passiert war, verstanden sie schon.
Benni war der erste, der seine Sprache[red] wiederfand[/red] (wieder fand).
„Ich glaube, ich lasse besser meine Pfoten von dem Menschenkram. Die selbstgebauten Instrumente machen wenigstens das, was ich will!“
Er lief unter „seinen“ Tisch und spielte so lange auf dem Zupfbass, bis er Blasen an beiden Pfoten hatte.


Mit der Zeit war eine richtige kleine Band entstanden(Komma) die regelmäßig nachts nach der Futtersuche unter dem Tisch probte.
Sie hatten einige Stücke geschrieben und denen Namen gegeben wie:
„Braune Augen, spitze[red] Schnautze[/red] (Schnauze), langer Bart“ (von Leo für Mini komponiert)
„Zwei Kürbiskerne und ein Käsewürfel“ (natürlich von [red] den [/red] (dem) immer verfressenen Benni)
„Die Katze schläft heut´ Nacht“ (ein fröhliches Lied zum Tanzen, das gemeinsam entstanden war)
und natürlich gehörte auch die Melodie von „Somewhere over the Rainbow“ dazu, zu der Mini und Benni beim Kochen gesungen hatten.
Alle hatten viel Spaß und auch die Kinder waren immer dabei und machten mit allem(Komma) was sie finden konnten(Komma) den Rhythmus.
Bald sollte ein Konzert sein, zu der die Mäuse aus der gesamten Nachbarschaft eingeladen waren.
Minis Kopfschmerzen waren wie weggeblasen und alle waren stolz, gut gelaunt und aufgeregt vor lauter Vorfreude..(Punkt zuviel)

Alle?
Albert Klugbart und Mutter Schnäuzchen sahen dem Treiben ihrer Kinder und Enkel etwas verständnislos zu.
„Verstehst[red] Du[/red] , was die Kleinen an dem Krach finden?“(Komma) fragte Schnäuzchen ihren Mann. „Dieses Getrommel und das Gequietsche von der Flöte finde ich unerträglich! Wenn sie daran Freude haben – na gut. Einmal! Aber jede Nacht? Man findet ja keine Ruhe mehr!“
„Das hat es bei uns noch nie gegeben“(Komma) pflichtet ihr Albert bei. „[red] und [/red] (Und) jetzt diese Einladung zum Konzert! Was sollen nur die Nachbarn von uns denken.
Bist [red] Du [/red] sicher, dass Mini meine Tochter ist?“
Schnäuzchen wollte gerade empört antworten, überlegte es sich dann aber noch einmal und entgegnete schmunzelnd: „Ich weiß nicht so genau. Viele Mäuseriche wollten gerne der Vater meiner Kinder sein – aber ich bin sicher, so verrückt wie die Kleine ist, kann sie nur von [red] Dir [/red] sein!“
Da mussten beide laut lachen und umarmten sich lange und intensiv.


Katzengesang

Es war Ende Juni und um diese Jahreszeit schien überall Musik in der Luft zu liegen.

Die Menschen aus dem Ort erschienen plötzlich in seltsamen bunten Gewändern mit einer Kopfbedeckung, die wie der Anker eines Bootes aussah und fuhren jeden Abend mit dem Bus in eine der Nachbargemeinden. Dort trafen sie sich mit anderen Gruppen(Komma) um gemeinsam zu Musik vom Tonband zu tanzen und mitzusingen.
Am kommenden Mittwoch sollte das ganze hier auf dem Sportplatz zwischen dem Restaurant und dem Campingplatz stattfinden.

Die Katzen hatten sich nach den Erlebnissen von Bliny auf dem Campingplatz mit Toi und den anderen wild aussehenden Mitgliedern der Familie Pinto angefreundet und man besuchte sich nachts gegenseitig.
Es hatte allerdings eine Weile gedauert.
Die Pintos hatten nämlich einen sicheren Trick, ihr Revier vor fremden Eindringlingen zu schützen. Zwei oder drei Mitglieder der Familie Pinto stellten sich versteckt in verschiedene Ecken des Reviers und ein Eindringling wurde mit abwechselndem Kampfgeheul aus unterschiedlichen Richtungen empfangen. Da niemand zu sehen war, hielt kaum eine fremde Katze den grausigen Gesang lange aus und suchte in der Regel rasch das Weite.
Mit der Zeit hatten die Pintos das Verfahren weiterentwickelt, und wenn wieder mal jemand in die Flucht geschlagen war, hörten sie mit ihren Kampfrufen nicht auf, sondern machten weiter(Komma) bis eine Art Familien-Chorgesang quer durch das ganze Revier entstanden war.
Das machte ihnen so viel Spaß, dass sie auch ohne Eindringling den Gesang begannen.
Klar, dass die anderen Katzen auf dem Camping die Familie Pinto für völlig verrückt hielten, zumindest aber für „etwas ungewöhnlich“.

Auch Simba wollte bei seinem ersten Besuch mit Bliny auf dem Camping sofort wieder zurück in den sicheren Bau, als das Geheul ausbrach.
„Keine Angst(Komma) Simba, lass mich mal“(Punkt)
Bliny verschwand hinter einem Rad und das Geheul verstummte.
Wenige Augenblicke später kam sie mit dem wild aussehenden Toi zurück.
„Simba. Das ist mein Freund Toi, mein Lebensretter.
Toi: das ist mein Lieblingsonkel Simba.“(Komma) stellte sie die beiden vor.
„Hallo(Komma) Simba! Ich habe schon viel von [red] Dir [/red] gehört!“
„Ich hoffe nur Gutes!.(kein Punkt) Von [red] Dir [/red] hat meine Nichte auf jeden Fall nur positiv gesprochen, trotz der tagelangen Kopfschmerzen nach [red] Eurer [/red] Baldrianparty.“
„Erinnert mich nicht daran. Aber wartet bitte einen Moment. Ich muss den anderen sagen, dass hier Freunde sind.“
Toi hielt die Pfoten an die Schnauze und ließ einen langen und hohen Ruf vernehmen, der von einigen schnellen kurzen Lauten gefolgt wurde und in einem lauten Schnurren endete.
Es klang etwa wie:(Leerfeld)“Huaahhhhu, eck, eck, eck, eck eck- Brrrh, Brrrh, Brrrh!“
Aus zwei verschiedenen Richtungen kam ein kurzes „Eck-eck!“ als Antwort und wenig später standen Vater Pinto und Tois Schwester „IA“ bei den dreien.
„IA“ ist eigentlich kein Name, aber da sie als Babykatze ihren Namen „Maria“ immer nur als „IA“ ausgesprochen hatte, war dieser Spitzname an ihr hängen geblieben.
IA war die von den Pintos, die noch am normalsten aussah. Sie hatte zwar auch verschiedene Farben und sowohl glattes als auch getigertes Fell, aber bei ihr war alles sehr gleichmäßig verteilt und gab ihr ein interessantes Aussehen.
Simba war sichtlich beeindruckt.
„Hallo, ehh... Ich bin Simba. Hmmm... Schön(Komma) [red] Dich [/red] zu sehen!“
Etwas [red] intelligenteres [/red] (Intelligenteres) fiel ihm nicht ein.
IA tat so, als hätte sie die Verlegenheit des Gastes nicht bemerkt.
„Hallo Bliny. Hallo Simba. Na? Hat [red] Euch [/red] unser Gesang gefallen?“
„Mir schon, weil ich das ja schon kannte. Aber mein Onkel wäre fast wieder umgekehrt“(Punkt)
„Zum Glück ist er das nicht. Dann hätte ich [red] Ihn [/red] nicht kennen gelernt. Kommt mit. Lasst und was zusammen trinken“(Punkt) IA zeigte auf einen kleinen Busch(Komma) hinter dem ein paar Lappen lagen.
„Aber bitte [red] kein [/red] (keinen) Baldrian und keinen Minzeflip!“ Bliny hatte Sorge, schon wieder einige Tage mit Kopfschmerzen verbringen zu müssen.
„Keine Sorge“(Komma) schaltete sich Toi ein. „Wir haben auch mit Baldrian und Minze aufgehört. Aber wir singen. Und das kann uns genauso, wenn nicht besser(Komma) in Stimmung bringen. Und außerdem haben wir hinterher keine Kopfschmerzen.“
„Allerdings habe ich Beschwerden von den Nachbarn bekommen, dass unsere Musik bei ihnen Kopfschmerzen auslöst“(Komma) warf Vater Pinto ein. „Aber ich habe [red] Ihnen [/red] gesagt, dass sie Kulturbanausen sind und dass unser Gesang Eindringlinge fernhält. Das scheint gewirkt zu haben.“

Simba war begeistert.
„Probt [red] Ihr Euren [/red] Gesang regelmäßig? Dann würde ich gerne mitmachen!“
„Das wäre toll“(Komma) entgegnete IA so schnell, dass Bliny vermutete, ihr Interesse an Simba sei mindestens so groß, wie Simbas offensichtliches Interesse an ihr.
„Also(Komma) ich hätte auch Lust dazu“(Komma) schloss sich Bliny an.
Wie bei fast allen Katzen lag auch ihr der Gesang im Blut.

Anders bei den Mäusen, gehört bei Katzen der Gesang zum täglichen Leben. So leise sie sich an eine Maus an schleichen können, so unhörbar sie in einem Versteck warten, bis Christoph die [red] Türe [/red] des Restaurants zugeschlossen hat, so geräuschvoll ist oft die Verständigung untereinander oder mit den Menschen.
Die Bandbreite der verwendeten Töne ist dabei außerordentlich groß.
Jeder kennt wohl das wohlige laute Schnurren einer Katze, die mit vollem Magen auf ihrem Lieblingsplatz von ihrem Lieblingsmenschen gekrault wird
Oder wer kennt nicht das durchdringende Geschrei der Kater, die im Frühjahr alle Katzen im Revier von ihrer Anwesenheit informieren. Ein Geschrei, [red] dass [/red] (das) ahnungslose Menschen oft für das verzweifelte Klagen eines unglücklichen Kindes halten.
Oder die zahlreichen leisen und lauten Rufe, mit denen eine Katzenmutter ihre Jungen erzieht.

Katzen, die mit Menschen zusammenleben(Komma) entwickeln oft eine ganz eigene Sprache. Diese Sprache funktioniert dann nur zwischen dem einen Menschen und der einen Katze. Andere Katzen verwenden ganz andere „“(Anführungszeichen doppelt) Worte“(Komma) um mit „ihrem“ Menschen zu reden.
Man sieht also: anders als bei den Mäusen ist der Gebrauch der Stimme für Katzen etwas [red] alltägliches [/red] (Alltägliches) und einige Katzen – wie die Pintos – haben das bis zur Perfektion weiterentwickelt.

Fauchi, der von dem Chorgesang der Pintos erzählt bekam – und das alles natürlich schon lange gewusst hatte – konnte sich mal wieder seine gefürchteten Sprüche nicht verkneifen:
„Wo man singt, da lass [red] Dich [/red] ruhig nieder, böse Katzen kennen keine Lieder!“ und als ob das nicht genug sei, auch noch den: „Mit Gesang geht alles besser!“.
Bliny stöhnte laut auf, [blue] so [/blue] (überflüssig) als ob ihr jemand in den Magen geboxt hätte, während Simba und Zorro etwas peinlich berührt schwiegen.
Nur Clara, von Natur aus etwas langsamer, fragte neugierig nach: „ Fauchi, kannst du das nochmal sagen? Ich habe das nicht so ganz verstanden!“
Bevor Fauchi die Gelegenheit bekam(Komma) etwas zu entgegnen, schaltete sich Bliny ein:
„Keine Zeit für lange Erklärungen: Wir müssen zur Probe. Oder willst [red] Du [/red] etwa IA warten lassen?“(Komma) wandte sie sich direkt an Simba.
„Ich bin schon weg!“(Komma) entgegnete dieser sofort.

Chorproben bei den Katzen sind ganz anders als bei den Menschen.
Menschen stellen sich in Gruppen nahe beieinander: die mit den hohen Stimmen, die mit den mittelhohen, den mitteltiefen und den ganz tiefen Stimmen bilden jeweils eine Gruppe. Jede Gruppe steht ganz eng zusammen, dass es von etwas weiter weg klingt, als würde nur einer singen. Dafür klingt es aber viel lauter und voller. Das ganze wird geleitet von einem Chorleiter. Der steht vor dem Chor, gestikuliert und schwenkt mit den Armen und dabei wippt er mit dem ganzen Körper(Komma) als hätte er ein Insekt in der Kleidung. In Wirklichkeit gibt er dem Chor Zeichen, wann welche Gruppe anfängt oder aufhört zu singen und auch wer lauter oder leiser singen soll.

Das ist bei den Katzen völlig anders.
Katzen sind im Grunde ihres Herzen Einzelgänger, die es nicht lange in einer Gruppe aushalten. Unsere Restaurantkatzen sind da eine große Ausnahme.
Das heißt nicht, dass sie keine Gesellschaft mögen. Einmal im Monat nachts treffen sich normalerweise die Katzen aus der Nachbarschaft und setzen sich in einem großen Kreis zusammen. Dabei achtet jeder darauf, dass er genügend Abstand zum Nachbarn hält.
Keiner ist der Chef, alle sind gleich. Nach einiger Zeit der Gemeinsamkeit geht so eine Versammlung wieder auseinander.

So ähnlich muss man sich die Chorproben bei den Pintos vorstellen.
Als Bliny - und eine Minute nach ihr – Simba eintrafen(Komma) saßen Toi, IA, ihr Vater und noch zwei weitere, deren wilde Zeichnung sie als Mitglieder der Familie Pinto auswies, schon in einem großen Kreis auf dem Platz am Busch.
Die beiden näherten sich mit aufgerichteten Schwänzen zur Begrüßung und suchten sich freie Plätze: Bliny in der Nähe von Toi und Simba in der Nähe von IA.
Einen Dirigenten oder Chorleiter gab es nicht.
Plötzlich begann Vater Pinto mit einem tiefen, lang gezogenen Ton und IA stieg sofort mit einer Folge hoher, kurzer Rufe ein.
Toi ergänzte das ganze mit einem „Mauu-ap, Mauu-ap“(Komma) in das die anderen einstiegen.
Bliny war völlig verschüchtert, traute sich nach einiger Zeit aber doch(Komma) kurze Rufe einzustreuen.
Toi schickte ihr ermutigende Blicke und nach und nach sang sie mit den anderen.
Das Lied(Komma) das da entstand, hatte keine Worte(Komma) aber dennoch erzählte es – für alle anderen Katzen verständlich – eine Geschichte aus dem Katzenleben. Dieses Lied handelte offensichtlich von den Freuden des Lebens in der warmen Sommersonne, vom warmem Fell und weichem Sand, lauem Wind und sanfter Berührung. So richtig zum Träumen!
Simba hatte die ganze Zeit schweigend zugehört. Er war sowieso ein Kater, der weniger mit Worten als mit Taten hervortrat. Er sah die Blicke von IA und fühlte sich aufgefordert(Komma) mitzumachen.
Erst ganz leise und dann etwas lauter. Und dann sang er aus voller Brust.
Doch was war das: alle anderen hatten aufgehört und starrten ihn entsetzt an.
Bliny war die erste, die etwas sagte: „Hmm..., Simba. Also..., Du.... Ach was – ich sag es offen: Dein Gesang ist ziemlich schrecklich und alle anderen können nicht mehr weitermachen. Tut mir leid. So geht das nicht!“
Simba war am Boden zerstört und brachte kein Wort mehr raus. Was sollte IA nur von ihm denken!
Aber es war gerade das Pintomädchen, das ihn als erste tröstete: (kein Absatz)
„Das ist nicht so schlimm. Das kann man lernen. Aber jetzt kannst du erst mal auf eine andere Art mitmachen: siehst du den trockenen Zweig hier am Busch? Wenn man sanft daran [red] rüttelst [/red] (rüttelt Komma) klingt es(Komma) als ob es regnet und wenn du mit der Pfote dagegen schlägst(Komma) ist es, als ob eine dicke Maus von einem Ast ins Laub springt. Und mit deiner rauen, tiefen Stimme kannst du einen Rhythmus machen, als ob eine Basstrommel geschlagen wird. Dann bist du unser Schlagzeug! Und die anderen Katzenfamilien werden vor Neid erblassen.“
Dabei schaute sie Simba so tief und liebevoll in die Augen, dass es für ihn den Gedanken an ein „nein“ überhaupt nicht geben konnte.
Die anderen Mitglieder des Katzenchors hatten [blue] hatten [/blue] (doppelt) den beiden eine zeit lang zugehört(Komma) aber dann leise mit einem neuen Lied angefangen, ein Lied(Komma) das von der Jagd auf eine fette Maus handelte und alles enthielt, was mit beobachten, lauschen, anschleichen, anspringen, festhalten, loslassen, wieder anspringen zu tun hatte.
Jetzt waren sie an der Stelle angekommen(Komma) wo die Katze gespannt wie ein Flitzebogen vor der Maus hockt und zum Sprung ansetzt. Simba rüttelte sanft an dem Ast mit dem trockenen Laub und das Geräusch – wie leichter Sommerregen – steigerte die Spannung noch. Toi – der dieses Lied angefangen hatte – gab plötzlich ein sehr lautes „Mauuu“ von sich und Simba schlug mit aller Kraft auf den trockenen Ast. Das war der Moment, wo in der gesungenen Geschichte die Katze auf die Maus springt.
Die Wirkung war groß.
Die Katzen, die von Simbas neuer Rolle als Schlagzeuger nichts mitbekommen hatten(Komma) stoben in Panik in alle Richtungen auseinander, weil sie glaubten, ein Hund sei durch den Busch auf ihren Platz gesprungen. Nur IA, die ja die Idee mit dem Busch gehabt hatte, blieb sitzen.
„Kommt zurück(Komma) ihr elendigen Feiglinge!! Nicht zu glauben! Meine Familie(Ausrufezeichen)“
IA schimpfte, rief und lockte so lange, bis alle wieder an ihren Plätzen waren.
„Das war doch nur Simba am Schlagzeug! Da seht ihr, was für ein guter und wirkungsvoller Schlagzeuger er ist.“
Simba wurde ob des Lobes direkt ein paar Zentimeter größer.
„Wir üben jetzt auch andere Stücke mit Schlagzeug und nächste Woche Mittwoch machen wir ein Konzert für alle anderen Katzen hier.“

In den kommenden Tagen traf sich der Chor regelmäßig zum [red] üben [/red] (Üben) und Simba wurde immer besser. Auch wenn er noch immer nicht singen konnte: er war das [red] Rückgrad [/red] (Rückgrat) der ganzen Gruppe. Seine Geräusche und Rufe waren die Sensation auf dem Camping und schon Tage vor dem Konzert kamen immer mehr Katzen(Komma) um sich aus sicherer Entfernung die Musik anzuhören (Vater Pinto konnte sehr böse werden, wenn man ihn bei der Probe störte).
Häufiger wurde die Probe allerdings von Menschen gestört, denen der nächtliche Katzengesang den Schlaf raubte. Da bekam schon mal ein Sänger einen Pantoffel ins Kreuz oder die Probe wurde von einem Schwall kalten Wassers beendet. Dann zogen alle in eine entfernte Ecke(Komma) um da ungestört weiterzuproben.
„Selber das Fernsehen oder das Autoradio so laut stellen, dass man nicht hören kann, was im Revier vor sich geht“, schimpfte Vater Pinto(Komma) als er wieder einmal von einem feuchten Wischlappen getroffen worden war. „Menschen haben eben keine Ahnung von wahrer Kunst!“

Und aus dem Busch, in dem sich Fauchi zum [red] zuhören und dösen [/red] (Zuhören und Dösen) abgelegt hatte, kam der unvermeidliche Kommentar: „Wie der Dichter schon sagte: Musik wir störend oft empfunden, dieweil sie mit Geräusch verbunden“(Punkt)


Konzert

Der Mittwoch kam. Der Abend der Musik.
Die Menschen trafen sich auf dem Sportplatz. Die Gemeinde hatte hunderte Plastikstühle und eine Bierbude aufgestellt.
Nach und nach kamen die Gruppen(Komma) um in bunten und phantasievollen Kostümen zu tanzen.

„Die K-Family“

Mini, Leo und Benni hatten den Ruhetag im Restaurant genutzt und alle Nachbarmäuse für Mitternacht zum großen Konzert der „Klugbart Familie“(Leerfeld)eingeladen. „Das erste und einzige Mausorchester nördlich von Afrika“(Komma) wie sie in ihrer Werbung etwas großspurig überall erzählt hatten.
Mäuse können nicht schreiben und lesen. Mäuse haben kein Radio und kein Fernsehen(Komma) um Werbung zu machen. Aber sie haben große Familien. Auch für Mäusekinder ist es ein Riesenvergnügen(Komma) überall hin zu laufen und jedem vom bevorstehenden Konzert zu erzählen.
Besonders toll ist das, wenn man selber bei dem Konzert mitmachen darf.
„Hei, Hei, Hei – heut ist jede Maut dabei“. Lea lief unvorsichtig über den Platz zum Café Buda, wo ihre Tanten wohnten.
„Kleine(Komma) schnell! Komm rein! Denk doch an die Katzen!“ Tante Albertine, eine alte Freundin ihrer Mutter(Komma) zog sie hinter das Mauseloch in der Ecke des Türrahmens.
Aber die Katzen schienen heute mit etwas anderem beschäftigt zu sein.
Lea war so aufgeregt, dass sie die Gefahr gar nicht bemerkt hatte.
„Heute! Um Mitternacht! Kontert der grotartigen und eintigartigen K-Family“. Lea fand(Komma) dass der Bandname „Klugbart Familie“ zu altmodisch klang und sprach ihn Englisch als „Keij Fämili“ aus. Das klang schon viel flotter. Leider konnte sie noch kein „s“ und „z“ aussprechen und verwendete statt dessen immer ein „t“ oder „d“.
„Das wächst sich aus“(Komma) sagte Mutter Mini immer. Sie sagte das mehr um sich selber Mut zu machen als aus Überzeugung.
„Tante Albertine“ Lea war nicht zu stoppen
„Du mutt kommen! Bennie pielt den Batt und ich habe von Benni eine Rattel bekommen. Total geil!.(kein Punkt) Du mutt kommen!“
„Sicher. Ich habe es ja auch schon Albi und Nina versprochen. Außerdem will ich deine Mutter auf der Bühne sehen.“
Man kann sich also vorstellen, dass es keine Maus in der Nachbarschaft gab, die nicht mindestens ein- bis zweimal von einem der drei Kinder von Mini besucht und eingeladen worden war.
Die meisten fanden die Idee eines Mäuseorchesters lächerlich und überflüssig. Zugesagt hatten aber dennoch alle. Nicht zuletzt(Komma) um den Kleinen den Spaß nicht zu verderben.
Einige allerdings mit dem Hintergedanken, dass sie sich später über die erwartete Riesenblamage lustig machen könnten.

Mittwochs war das Restaurant geschlossen und so konnten ungestört die Vorbereitungen für das Ereignis beginnen.
Christoph hatte vergessen(Komma) ein Licht im Lager auszuschalten und durch einen Türspalt wurde ein Teil des Bodens beleuchtet. Hier entstand die Bühne. Leo, Benni und Mini schafften die Instrumente an ihren Platz.
Für die Zuschauer wurden in einigem Abstand von der Band mit Brotkrumen Plätze markiert.
Zwei Plätze in der Mitte der 1. Reihe waren mit einem Stück süßer Butterwaffel für Albert und Schnäuzchen freigehalten, damit sie nichts von der tollen Leistung ihrer Kinder, Schwiegerkinder und Enkel verpassten.
Bei Schnäuzchen war die anfängliche Sorge, ihre Familie sei verrückt geworden, einer gespannten Erwartung gewichen.
„Ihre Familie! Wer sonst könnte so ein Ereignis ins Leben rufen!“
Irgendwie war sie schon stolz(Komma) bevor das Konzert angefangen hatte[blue] hatte[/blue] (doppelt).
Albert gab sich viel gelassener, obwohl er innerlich mindestens so aufgeregt wie seine Frau war.
Schon dreimal war er schon den Weg durch das Oberlicht und das Gitter rein und raus gelaufen(Komma) um zu sehen(Komma) „ob alles für die Gäste in Ordnung ist“.

Die Menschen hatten ihren Tanz auf dem Sportplatz beendet und die Besucher aus den Nachbarorten waren in [red] ihnen [/red] Bussen wieder nach Hause gefahren. Die Sänger aus dem Ort genehmigten sich noch einen Kaffee, ein Wasser und einige sogar ein Bier in einem der Cafés. Aber auch hier brachen die meisten gerade nach Hause auf.

Die Katzen waren schon unterwegs zu ihrem Konzert auf dem Campingplatz und die Mäuse stellten zufrieden fest, dass der Platz vor dem Restaurant heute sicherer als üblich war.

Der Weg über das Gitter vor dem großen Fenster und durch das Oberlicht war ziemlich beschwerlich und die jüngeren Mäuse mussten denen, die nicht mehr so gut klettern konnten, helfen.
Albi tat sich besonders hervor. Obwohl er – wie die anderen Musiker auch – unter heftigem Lampenfieber litt, half er den Nachbarn bei dem beschwerlichen Weg in das Restaurant.
„Guten Abend(Komma) Großonkel Michi“ - irgendwie waren hier alle mit allen verwandt - „hier diese Ecke ist ein bisschen schwierig. Darf ich [red] Dir [/red] helfen?“
Michi, der schon älter war und unter Rheuma litt, nahm die angebotene Hand.
Albi half ihm mit einem sanften Ruck auf die andere Seite des Oberlichts.
„Ich finde es toll, dass [red] Du [/red] gekommen bist. Du wirst nicht enttäuscht werden!“
Michi, der sich erst nach langen Diskussionen mit seiner Frau bereit erklärt hatte, zum Konzert zu kommen(Komma) entspannte sich etwas.
„Na ja. Wir werden ja sehen“(Komma) murmelte er noch immer schlecht gelaunt und da er Albi gerne mochte, fügte er an;(besser Doppelpunkt) „Wird schon werden!“ Das klang ein bisschen so, als würde er mit einem Kranken reden.

Langsam füllte sich der Raum und die Spannung der Musiker stieg. Unter dem Tisch, der ihnen als Probenraum gedient hatte, warteten sie auf das Startzeichen von Mini.
Mini war draußen bei den Gästen und hatte ihren Freunden angeboten, vor dem Konzert ein paar Worte zur Erklärung zu sagen.
Jetzt war es soweit.
Mini stellte sich in die Mitte der Bühnenfläche und wartete. Es waren alle da. Fast 40 Mäuse in allen Altersstufen. Das Gemurmel der Älteren und das Quieken der Jungen, die sich mit Spielen und Toben die Wartezeit vertrieben, klang fast wie das Meer bei schlechtem Wetter.
Mini räusperte sich. Das Gemurmel wurde eher noch stärker.
Mini räusperte sich etwas lauter.
Ohne Erfolg.
„Hallo(Komma) Freunde und Nachbarn!“
Niemand schien auf Mini zu achten.
Da hatte sie eine Idee. Mitten in das allgemeine Geräusch ließ sie den lautesten Pfiff los, den sie konnte.
Alle anderen verstummten, nur Onkel Michi schnappte – zu Tode erschrocken – hörbar nach Luft.
Mini wartete ein paar Sekunden, bis sie sicher war, dass alle auf die Bühne schauten und begann mit ruhiger und fester Stimme ihre Ansage.
„Guten Abend(Komma) Nachbarn und Freunde.
Heute Abend werden wir [red] Euch [/red] etwas vorführen, was ihr von uns Mäusen nicht kennt. Musik. Musik von Mäusen für Mäuse mit selbst gebauten Instrumenten.
Ich weiß, dass uns viele hier für verrückt halten und vielleicht sind wir das ja auch ein bisschen. Aber ich glaube, wir sind einfach nur neugierig.“
Sie machte eine kurze Pause und ein leises Raunen und Räuspern ging durch das Publikum.
„Wie ihr das findet, was wir machen, müsst ihr selber wissen. Wir finden es gut und haben auf jeden Fall [red] Spass [/red] (Spaß) gehabt. Mehr [red] Spass [/red] auf jeden Fall als der Rest meiner Familie“
Sie schaute zu Albert und Schnäuzchen: (kein Absatz)
„Tut uns Leid, dass wir so viel Durcheinander gemacht haben. Aber vielen Dank, dass ihr die ganze Zeit zu und gehalten habt.
Und jetzt: MUSIK!!“

Auf dieses Stichwort hin begann Benni einige Töne auf dem Zupfbass zu spielen. Töne, die für Mauseohren so tief waren, [red] das [/red] (dass) die älteren sie mehr als Kitzeln im Magen spürten.
Nach ein paar Sekunden stieg Leo mit einem schnellen Lauf auf seiner Strohhalmflöte ein. Benni und Leo spielten so, dass es klang(Komma) als würden sich zwei Leute – einer mit hoher und einer mit tiefer Stimme – unterhalten. Das musikalische „Gespräch“ der beiden wurde immer schneller. Man konnte fast meinen, zwei Mäuse würden sich heftig streiten.
Plötzlich schlug Mini mit aller Kraft auf die große Trommel und der Bass und die Flöte verstummten. Albi und Lea begannen nun mit der Rassel einen Rhythmus zu spielen. Langsam setzte die Flöte und Bennies Bass wieder ein und Mini gab auf der großen Trommel den Takt dazu.
Jetzt klang es so, als hätten sie noch nie etwas anderes getan, als zusammen Musik zu machen.
Das Stück (sie hatten es übrigens: „Jazzt geht’s los“ genannt) ging mit einem großen gemeinsamen Klang[red] zuende[/red] (zu Ende) . Jeder gab alles. Die Kleinen und Mini machten soviel Krach auf ihren Trommeln, mit ihren Rasseln und Kaffeelöffeln(Komma) wie sie konnten. Leo spielte die höchsten Töne auf seiner Strohhalmflöte und Bennie hatte einen roten Kopf vor lauter Anstrengung. So heftig bearbeitete er seinen Zupfbass.
Da gab Leo mit seinen Schwanz ein Zeichen: er zuckte dreimal und richtete den Schwanz dann senkrecht nach oben.
Auf dieses Zeichen hin hörten alle gemeinsam auf. Genau wie sie es geübt hatten.
Plötzlich war Stille. Auch im Publikum war keine Regung zu hören.
Einige lange Sekunden – die Leo wie Stunden[red] vor kamen [/red] (vorkamen) – passierte nichts.
Ausgerechnet Onkel Michi war der erste, der die Fassung[red] wiederfand[/red] (wieder fand) .
Er stieß einen spitzen, kurzen Pfiff aus und rief „Bravo“.
Die anderen Mäuse, die so etwas wie dieses Konzert noch nie erlebt hatten, machten es Onkel Michi nach und das ganze Restaurant war ein einziges Pfeifen und „Bravo“-Rufen.
Mini und Leo fielen sich vor Erleichterung um den Hals. Soviel Angst hatten sie vor der Reaktion der anderen Mäuse gehabt.
„Benni, Albi, Lea, Nina! Komm her zu uns!“ Die ganze Familie hielt sich an den Pfoten und versuchte die Tränen der Freude zurückzuhalten. Super! Super! (oder „Supergeil“ wie es in der Jungmäusesprache hieß).

„Danke,(Leerfeld)Danke“. Mini fand nur langsam ihre Sprache wieder.
„Wenn ihr wollt, spielen wir jetzt noch ein paar andere Stücke, die wir geübt haben“(Punkt)
Aus dem Publikum kam wieder ein lautes Pfeifen, das als Zustimmung gemeint war.
Leo ergriff das Wort
„Jetzt ein Stück(Komma) das ich für Mini geschrieben habe, die phantasievollste Maus und meine große Liebe: „Braune Augen, spitze[red] Schnautze[/red] , langer Bart.“
Es folgte ein ruhiges Lied voller Sehnsucht und Zärtlichkeit, das vor allem den jüngeren Mausemädchen ans Herz ging.
Auch Tante Albertine konnte sich der Stimmung nicht entziehen. „Ach, so einen tollen Mann möchte ich auch noch einmal kennen lernen. Wenn ich nur jünger wäre!“(Komma) flüsterte sie den anderen Mausemädchen aus dem Café Buda zu.

Was soll ich lange erzählen: der Abend wurde ein voller Erfolg, wie es ihn in der Mäusegeschichte seit der Erfindung es Mäusejazz in Amerika selten gegeben hatte.
Nur ein kleiner Zwischenfall trübte Minis Freude etwas: Albi, ihr verfressener Jüngster,
hatte vor lauter Aufregung vor dem Konzert einen ganzen Fingerhut voll Linsen gefressen, die Christoph aus der Tüte unter den Kühlschrank gekullert waren. Und da trockene Linsen furchtbar viel Durst machen(Komma) hatte er natürlich auch in den Pausen zwischen den Stücken reichlich Wasser getrunken.
Was soll ich sagen: in seinem Bauch rumorte es so heftig, dass er Sorge hatte, ob man seine Trommel noch hören konnte.
Es kam wie es kommen[red] musste[/red] (musste): ausgerechnet beim letzten Stück des Abends, das den Traum von einer Welt ohne Katzen beschwor.
Es war wieder einer dieser Momente, an denen alle zusammen laut spielten und auf ein Zeichen von Leos Schwanz gleichzeitig aufhörten(Komma) um nach einer Sekunde Pause wieder zusammen einzusetzen.
Genau in dieser Pause der absoluten Stille passierte es. Albi konnte das Rumoren in [red] seinen [/red] (seinem) Bauch nicht mehr aushalten und ließ den Druck in einem langen und lauten Furz entweichen.
Die Mäuse im Publikum fingen an zu lachen und auch die anderen Mitglieder der „K-Family“ stimmten nach einer Schrecksekunde in das allgemeine Lachen ein.
Das Konzert war natürlich zu Ende.
Mini wandte sich an die Zuschauer, als sich alle etwas beruhigt hatten.
„Liebe Mausefreunde. Ich glaube(Komma) das war es für heute.
Ich hoffe, es hat [red] Euch [/red] gefallen. Nächstes Jahr zum Sommeranfang werden wir wieder ein Konzert machen. Und vielleicht gibt es bis dahin auch noch ein paar andere Gruppen.
Und übrigens: seit ich Musik mache, sind meine Kopfschmerzen wie weggeblasen“(Punkt)

.
Auf dem Campingplatz


Auch an ganz anderer Stelle liefen die Konzertvorbereitungen. Nicht so gut organisiert, wie bei der „K-Famliy“, aber mit mindestens gleich viel Begeisterung.
Niemand hatte Werbung gemacht. Niemand hatte eine Bühne aufgebaut oder Plätze reserviert.
Aber dennoch kamen, wie auf ein Zeichen, die Katzen der Region zum Platz vor dem Busch. Da es der Abend war, an dem sich normalerweise die Katzen des Reviers zu ihren monatlichen Treffen versammelten, waren es mehr als erwartet.
Cool und lässig, wie Katzen nun mal sind, begann auch der Abend: Vater Pinto ging auf die Mitte des freien Platzes und räkelte sich erst einmal ausgiebig ohne irgend jemanden anzuschauen. Dann noch ein langes Gähnen und er setzte sich entspannt hin.
Ähnlich machte es Toi, Bliny und die anderen Musiker, nur Simba konnte sich nicht ganz so cool geben, weil er sein Instrument an den Platz schaffen[red] musste[/red] (musste). Aber die gelangweilte Lässigkeit(Komma) mit der er den trockenen Ast vom Busch in die Mitte schaffte, suchte seinesgleichen.
Keiner gab ein Zeichen. Aber als Vater Pinto begann, einige lange Jaultöne auszustoßen, wussten alle: das Konzert hatte begonnen.
Es wurde ein langer Abend. Mal sangen nur einige, begleitet von Simbas Basstönen und Blätterrasseln, mal entstand ein großer Chorgesang, bei dem auch viele Katzen aus dem Publikum mitjaulten.
Bliny und Toi hatten ein langes Duett, das von zärtlich bis streitsüchtig fast alle Gefühle von Katzenpaaren wiedergab (ich glaube, die beiden waren inzwischen ein Paar).
Simba lief dann zu besonderer Form auf, wenn IA eine Solostelle hatte und die dankbaren Blicke des Katzenmädchens [red] machte [/red] (machten) ihn stolz und mutig.
Das Konzert ging – trotz verschiedener Störungen durch menschliche Nachbarn ohne Kunstverstand – bis zum Morgengrauen.

Im Bett ihres elterlichen Wohnwagens lag Laetitia, die wegen der ungewöhnlichen Klänge in ihrer Nachbarschaft nur unruhig schlief.
In ihrem Traum sah sie eine Bande betrunkener Biermäuse in Lederhosen und mit Hut um Bliny tanzen, die wie tot auf der Theke des Restaurants lag. Statt der üblichen Sauflieder sangen sie in jaulenden Tönen. Es klang wie eine Klage und manchmal wie ein Triumpfgeheul.
Laetitia wollte aufspringen(Komma) um Bliny zu helfen, aber sie war wie festgenagelt in ihrem Bett.
Dann sah sie in ihrem Traum, wie Bliny die Augen aufmachte, aufsprang und inmitten der Biermäuse einen wilden Indianertanz aufführe. Die Gesänge der Biermäuse und von Bliny wurden immer wilder und schriller.
„Ruhe jetzt! Weg hier! Wir wollen schlafen!“ Ihr Vater Franz stand außen vor dem Fenster des Wohnwagens.
Im Erwachen wusste Laetitia nicht so recht, wo sie war: wo waren die Biermäuse, wo war Bliny – und ging es der Katze wirklich gut?
Leise stand sie auf und schlich sich aus dem Wohnwagen neben Franz.
„Hallo Laetitia, hat [red] Dich [/red] das Katzengeheul auch geweckt?“ Franz legte einen Arm um seine Tochter.(Leerfeld)„Die waren vielleicht laut! Man könnte fast glauben, es war ein Katzen-Konzertabend“(Punkt)
„Es waren Bliny und die Biermäuse“(Komma) gab Laetitia zurück. „Alle haben gesungen und wie verrückt getanzt“.
„Ich glaube(Komma) [red] Du [/red] hast geträumt. Bliny war gerade hier bei den anderen und Simba aus dem Restaurant habe ich auch gesehen. Die haben einen Höllenlärm veranstaltet. Ich glaube, heute sind alle etwas neben der Spur.“
Laetitia war erleichtert, dass es Bliny gut ging, wenn sie auch nicht recht glauben konnte, dass alles nur ein Traum war.
„Komm mit rein. Wir wollen versuchen(Komma) noch etwas zu schlafen.“
Franz und Laetitia gingen zurück in den Wohnwagen und zurück in ihre Betten.
Die Kleine war in kürzester Zeit eingeschlafen und im Traum kam sie zurück zu den Biermäusen.
„Hallo Laetitia“(Komma) sagte ein alter Biermäuserich, von dessen Barthaaren an der langen rechteckigen [red] Schnautze [/red] Biertropfen auf die speckig glänzende Lederhose fielen.
„Kennst [red] Du [/red] ein Lied für uns?“
„Ein Lied??“
„Ja, ein Lied. Jeder Gast – auch im Traum –[red] muß [/red] (muss) ein Lied als Eintritt mitbringen. Also:“ Seine Stimme wirkte etwas ungehalten(Punkt) „[red] was hast Du [/red] (Was hast du) mitgebracht?“
Laetitia war verwirrt. Im Traum singen kannte sie noch nicht. Aber im Traum geht fast alles.

„Kennt ihr das: Das Fest bei den Fröschen am See?“
„Ein Lied über Frösche? Wer kommt denn auf eine so blöde Idee!“ Der dicke, schon ziemlich angetrunkene Biermäuserich machte das überlegenste Gesicht, das er konnte.
„Warte doch erst mal ab! Ja(Komma) Frösche! Frösche finde ich toll!“ Laetitia ärgerte sich über die überhebliche Art.
„Sing doch. Bitte“(Punkt) Die anderen versammelten Biermäuse drängten den dicken Mäuserich nach hinten. „Bitte, sing doch!“
„Na gut. Nur für[red] Euch[/red]. Und beim Refrain müsst ihr mir helfen. Also los:

Heut´ ist Fest bei den Fröschen am See(Komma)
Ball und Konzert und ein großes Dinner(Punkt)
Quack, quack, quack hier – quack, quack, quack da.

„Bravo. Bravo! Da Capo! Nochmal!“
Den Biermäusen gefiel das Lied so gut, dass Laetitia im Traum es siebenmal wiederholen musste.
Am Schluss sangen alle mit.
„Tschüss! Ich muss jetzt aber wirklich schlafen(Punkt)“
Laetitia sackte in einen tiefen traumlosen Schlaf(Komma) bis sie vom Duft des frischen Kaffees geweckt wurde. Franz saß am Tisch und hatte ein Glas Milch für seine Tochter neben sich stehen.
„Wie hast [red] Du [/red] geschlafen?“(Komma)fragte er und wunderte sich sehr über Laetitias Antwort: (kein Absatz)
„Ach so: Quack, quack, quack hier und quack, quack, quack da.“

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Christoph

inzwischen ist mir klar, dass das kapitel an der stelle richtig abgeschlossen ist.
ich war nur zu begierig, noch mehr zu lesen . . .
lg
 



 
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