Anders Tell
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Katzenschmaus
Hermine von Schreckenheim, die wohlangesehene Witwe von Generaldirektor Karl von Schreckenheim wählte bei ihrem Gang zur Morgenandacht den Weg über den Friedhof, um ihrem Gatten noch einen kurzen Besuch abzustatten. Sie legte Wert auf ein damenhaftes Erscheinungsbild, wobei sie sich für eine elegante Schlichtheit aussprach. Ihre einzige großbürgerliche Attitüde zeigte sich in dem Hermelin-Kragen, den sie kunstvoll über ihren Kamelhaarmantel drapiert hatte. Nach einer kurzen Zwiesprache mit ihrem Karl merkte sie, dass der Herbstwind aufgefrischt hatte und so nahm sie die Abkürzung über einen Pfad, um möglichst schnell zur Kirche zu gelangen.
Mit der ihr eigenen Miene der Dienstbotenkontrolle bog sie um ein Gebüsch und konnte nicht glauben, was sie dort zu sehen bekam. Eine Horde streunender Katzen balgte sich um herumliegende, offenbar menschliche Körperteile. Hermine von Schreckenheim schloss gleich aus, dass sie einer Sinnestäuschung zum Opfer gefallen sein könnte. So etwas gab es bei ihr nicht. Mit befehlsgewohnten Gebärden und ihrem Regenschirm bewaffnet, wollte sie dem tierischen Treiben ein Ende bereiten. Sie stieß jedoch auf heftige Gegenwehr eines roten Katers, der fauchend über ihre Stiefel herfiel und Anstalten machte, an ihr hochzuklettern, um seinem Standpunkt Nachdruck zu verleihen.
Vor so unerwarteter Gegenwehr musste selbst die energische Dame des Hauses Schreckenheim weichen. Sie eilte in die Sakristei und unterrichtete den Küster über ihre soeben getätigten Beobachtungen. Natürlich hielt sie sich nicht damit auf, ihren Schrecken zu beschreiben, sondern sie hieß den guten Mann, umgehend tätig zu werden. Wie alle Küster wusste Herr Messmer mit unvorhergesehenen kleinen Katastrophen umzugehen.
Er rief einen Polizisten auf den Plan, mit dem er die Schulbank gedrückt hatte und erklärte ihm, dass hier diskret und ohne großes Besteck ermittelt werden sollte, um dem Ansehen der Gemeinde eine mögliche Peinlichkeit zu ersparen. Zum Glück für alle Beteiligten ließ sich die Angelegenheit schnell aufklären. Ein OP-Pfleger aus dem benachbarten Krankenhaus hatte spät am Vorabend einige Amputate aus der Chirurgie in das Zeughaus der Friedhofsverwaltung gelegt, damit diese einem Grab beigelegt werden konnten. Dies war schon immer geübte Praxis gewesen und hatte noch nie zu Problemen geführt. Nach mehreren langwierigen Operationen war der Pfleger aber so erschöpft gewesen, dass er beim Verlassen des Gebäudes die Tür nicht sorgfältig geschlossen hatte. So hatte das nächtliche Katzenkommando reiche Beute vorgefunden und diese in das Gebüsch gezerrt, um ungestört diese Delikatessen zu atzen. Dieses etwas makabre Ereignis machte zwar in Kirche und Krankenhaus die Runde, drang aber nicht in die Öffentlichkeit.
Hermine von Schreckenheim, die wohlangesehene Witwe von Generaldirektor Karl von Schreckenheim wählte bei ihrem Gang zur Morgenandacht den Weg über den Friedhof, um ihrem Gatten noch einen kurzen Besuch abzustatten. Sie legte Wert auf ein damenhaftes Erscheinungsbild, wobei sie sich für eine elegante Schlichtheit aussprach. Ihre einzige großbürgerliche Attitüde zeigte sich in dem Hermelin-Kragen, den sie kunstvoll über ihren Kamelhaarmantel drapiert hatte. Nach einer kurzen Zwiesprache mit ihrem Karl merkte sie, dass der Herbstwind aufgefrischt hatte und so nahm sie die Abkürzung über einen Pfad, um möglichst schnell zur Kirche zu gelangen.
Mit der ihr eigenen Miene der Dienstbotenkontrolle bog sie um ein Gebüsch und konnte nicht glauben, was sie dort zu sehen bekam. Eine Horde streunender Katzen balgte sich um herumliegende, offenbar menschliche Körperteile. Hermine von Schreckenheim schloss gleich aus, dass sie einer Sinnestäuschung zum Opfer gefallen sein könnte. So etwas gab es bei ihr nicht. Mit befehlsgewohnten Gebärden und ihrem Regenschirm bewaffnet, wollte sie dem tierischen Treiben ein Ende bereiten. Sie stieß jedoch auf heftige Gegenwehr eines roten Katers, der fauchend über ihre Stiefel herfiel und Anstalten machte, an ihr hochzuklettern, um seinem Standpunkt Nachdruck zu verleihen.
Vor so unerwarteter Gegenwehr musste selbst die energische Dame des Hauses Schreckenheim weichen. Sie eilte in die Sakristei und unterrichtete den Küster über ihre soeben getätigten Beobachtungen. Natürlich hielt sie sich nicht damit auf, ihren Schrecken zu beschreiben, sondern sie hieß den guten Mann, umgehend tätig zu werden. Wie alle Küster wusste Herr Messmer mit unvorhergesehenen kleinen Katastrophen umzugehen.
Er rief einen Polizisten auf den Plan, mit dem er die Schulbank gedrückt hatte und erklärte ihm, dass hier diskret und ohne großes Besteck ermittelt werden sollte, um dem Ansehen der Gemeinde eine mögliche Peinlichkeit zu ersparen. Zum Glück für alle Beteiligten ließ sich die Angelegenheit schnell aufklären. Ein OP-Pfleger aus dem benachbarten Krankenhaus hatte spät am Vorabend einige Amputate aus der Chirurgie in das Zeughaus der Friedhofsverwaltung gelegt, damit diese einem Grab beigelegt werden konnten. Dies war schon immer geübte Praxis gewesen und hatte noch nie zu Problemen geführt. Nach mehreren langwierigen Operationen war der Pfleger aber so erschöpft gewesen, dass er beim Verlassen des Gebäudes die Tür nicht sorgfältig geschlossen hatte. So hatte das nächtliche Katzenkommando reiche Beute vorgefunden und diese in das Gebüsch gezerrt, um ungestört diese Delikatessen zu atzen. Dieses etwas makabre Ereignis machte zwar in Kirche und Krankenhaus die Runde, drang aber nicht in die Öffentlichkeit.
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