Nur ein Moment der Unachtsamkeit, ein kleiner Ausrutscher – es kann so schnell gehen und Jahre der Erinnerungen liegen in Scherben. Und natürlich – natürlich! – passiert es immer dann, wenn man am wenigsten damit rechnet. Noch schlimmer, gerade dann, wenn alles in Ordnung scheint, wenn alles fließt und harmonisch ist, wenn die Dinge, die materiellen und die immateriellen, ihren rechten Platz im Leben eingenommen haben, ja genau dann geschieht es. Die Gewissheit des Unvorhersehbaren, die Erwartung des Zufälligen, die Kontinuität des Bruchs ist Teil des Ganzen. Und immer dann, wenn es uns ereilt und wir nur vage spüren können, dass dieses Ereignis, das uns trifft, einen Sinn zu haben vermag, bemühen wir uns, das Warum zu ergründen, und scheitern an unserer begrenzten – oder auch übersteigerten – Phantasie.
Es war neulich, Sonntag Morgen, als mein neuer Freund zeitungslesend in der Küche saß, der Frühstückstisch war bereits mit Croissants und handgepresstem Orangensaft gedeckt. Frisch geduscht trat ich vom Flur aus hinein, bekam von diesem heimeligen Anblick Schmetterlinge im Bauch und von diesem zauberhaften Mann einen leidenschaftlichen Kuss. Es war Ende März, die erste Frühlingssonne strahlte Wärme auf uns Verliebte und durch den geöffneten Fensterspalt spülte eine sanfte Brise die Ahnung von neu erwachendem Leben in den Raum. Ich war sehr glücklich in diesem Moment, man kann es sich denken.
Nachdem ich einen tiefen Atemzug dieser Vollkommenheit genommen und mir einen Tee gekocht hatte, passierte es. Ein schwungvoller Dreh, heißes Wasser, das auf meine Hand schwappte, ein schmerzvoller Reflex und schon lag dieser schöne dunkelblaue Henkelbecher, den mir meine verstorbene Oma getöpfert hatte, als ich Neun war, in zwei Dutzend Scherben auf dem Küchenboden verteilt. Oh, welch ein Unglück! Wie unpassend das Zerbersten dieses erinnerungsbefüllten tönernen Hohlgefäßes gegenüber dieser hoffnungsvollen Verdichtung eines liebessatten Augenblicks doch war. Und doch empfand ich die Zerstörung meines großmütterlichen Kindheitsandenkens, so schmerzlich sie war, als fehlendes Puzzlestück eines noch unvollendeten Lebensmoments - ohne allerdings wirklich zu verstehen warum.
„Kein Beinbruch, nur ein Becherbruch“, scherzte mein Freund. „Scherben bringen Glück, mein Schatz!“ ergänzte er und gab mir einen weiteren Kuss.
Es war neulich, Sonntag Morgen, als mein neuer Freund zeitungslesend in der Küche saß, der Frühstückstisch war bereits mit Croissants und handgepresstem Orangensaft gedeckt. Frisch geduscht trat ich vom Flur aus hinein, bekam von diesem heimeligen Anblick Schmetterlinge im Bauch und von diesem zauberhaften Mann einen leidenschaftlichen Kuss. Es war Ende März, die erste Frühlingssonne strahlte Wärme auf uns Verliebte und durch den geöffneten Fensterspalt spülte eine sanfte Brise die Ahnung von neu erwachendem Leben in den Raum. Ich war sehr glücklich in diesem Moment, man kann es sich denken.
Nachdem ich einen tiefen Atemzug dieser Vollkommenheit genommen und mir einen Tee gekocht hatte, passierte es. Ein schwungvoller Dreh, heißes Wasser, das auf meine Hand schwappte, ein schmerzvoller Reflex und schon lag dieser schöne dunkelblaue Henkelbecher, den mir meine verstorbene Oma getöpfert hatte, als ich Neun war, in zwei Dutzend Scherben auf dem Küchenboden verteilt. Oh, welch ein Unglück! Wie unpassend das Zerbersten dieses erinnerungsbefüllten tönernen Hohlgefäßes gegenüber dieser hoffnungsvollen Verdichtung eines liebessatten Augenblicks doch war. Und doch empfand ich die Zerstörung meines großmütterlichen Kindheitsandenkens, so schmerzlich sie war, als fehlendes Puzzlestück eines noch unvollendeten Lebensmoments - ohne allerdings wirklich zu verstehen warum.
„Kein Beinbruch, nur ein Becherbruch“, scherzte mein Freund. „Scherben bringen Glück, mein Schatz!“ ergänzte er und gab mir einen weiteren Kuss.