Kein Tag, wie jeder andere

traumtänzer

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Kein Tag, wie jeder andere

Der Wecker klingelt, wie jeden Morgen. Und wie jeden Morgen, bleibe ich noch liegen und warte darauf, dass Elisabeth sich Kaffee aufsetzt und mir mein Frühstück bringt. Nach zehn Minuten stehe ich auf, denn es rührt sich noch nichts. Ich darf nicht ins Schlafzimmer, aber sie läßt ihre Tür immer einen Spalt auf, so dass ich mich unbemerkt hereinschleichen kann. Die Mühe hätte ich mir diesmal sparen können, denn sie schläft tief und fest. Sie liegt im Bett, auf dem Bauch. Ich betrachte mir ihre Hand, die über die Bettkante ragt, faltig und rissig ist sie. Durch die Ritzen der Jalousien spenden die Sonnenstrahlen Licht und lassen den Ring an ihrem dünnen Finger glänzen. Ich entscheide mich, die Reste der Mahlzeit vom Vortag zu essen und noch ein wenig zu schlafen.

Am Abend ist Elisabeth immer noch nicht wach. Ich schlendere ein wenig durch die Wohnung und denke, irgendetwas stimmt da nicht. Ich werde unruhig. Mein Magen zieht sich zusammen. Irgendetwas stimmt da nicht. Ich laufe auf und ab. Ich gehe noch einmal ins Schlafzimmer. Elisabeth liegt immer noch genau so da wie am Morgen. Ihre Hand ist nun allerdings etwas angebläut. Ich rieche an ihr. Sie hat einen anderen Geruch als sonst. Ich berühre sie. Sie ist kalt. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich setze mich aufs Bett und schaue auf ihr graues Haar. Ich stoße sie an. Sie soll aufwachen und mir mein Essen bringen, doch sie ist starr. Ich setze mich neben sie und weine. Ich weine die ganze Nacht.

Es klingelt an der Tür, die ganze Zeit. Ich blicke auf die Tür und warte. Es hört nicht auf zu läuten. Später fummelt jemand am Schloß und kurz danach sehe ich, wie ein blauer Arm die Tür aufstößt. Zwei grüne Männer kommen herein. Ich schimpfe sie aus. Sie haben hier nichts zu suchen! Sie gehören nicht hierher! Hier wohnen nur Elisabeth und ich! Sie verstehen mich nicht. Ein blauer Mann folgt den beiden. Ich schreie sie an. Sie sollen verschwinden, uns in Ruhe lassen! Einer der grünen Männer sagt nur, daß ich ruhig bleiben soll. Er nennt mich „mein Alter“. Ich brülle immer lauter. Sie verstehen mich nicht. Sie gehen zu Elisabeth ins Schlafzimmer. Nach einigen Minuten kommt ein Mann in Weiß und grabscht nach Elisabeth. Dann ein schwarzer Mann. Nun sind grüne, blaue, weiße und schwarze Männer in unserem Haus und ich schimpfe. Sie sollen verschwinden! Vergeblich. Sie verstehen mich nicht. Sie nehmen Elisabeth mit. Und ich, ich schimpfe...

Die ersten Nächte mit den fremden Hunden, ohne Elisabeth, weine ich nur.
 



 
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