Kein Weg zurück

Volkmar

Mitglied
Lange stand er am Fenster und blickte hinaus in die Ferne.
Jonas beobachtete Ihn und es langweilte,ja ärgerte Ihn,daß
sich Igor nicht um Ihn oder sonst etwas kümmerte.
Jonas schlug wieder mit den schwachen Händen auf den harten Boden.
Immerzu schlug er hernieder,seine Kräfte mobilisierten sich und dazu brüllte er jetzt.
Lose Wortfetzen drangen durch den langen Flur.
Eitriger Speichel tropfte auf den grauen,altersgebleichten Fußboden.
Und Igor stand da und sah noch immer hinaus.
Gab es dort Draußen etwas verborgenes,etwa das große Geheimnis!
Das Geheimnis des schnellen Todes oder der nie scheinenden
schwarzen Sonne!
Igor hatte mal etwas erwähnt,aber er ließ es immer im Dunkel und auch alle anderen ärgerten sich und konnten es nicht verstehen.
Manche verstanden sowieso nichts und man hätte Ihnen einen toten Tierkadaver mit Konfetti garniert auf den Tisch stellen können,Sie hätten nur blöde geschaut und alles in sich reingeschlungen.
Ein plötzlicher kurzer Schrei veränderte die Situation.
Igor fuhr sich mit der Hand an den kahlgeschorenen Kopf.
Er drehte sich um und sah nur Jonas an.
Dieser wieherte wie ein Pferd und voller Ekstase schlug er Purzelbäume.
Der kleine Stein lag auf dem Boden und Igor erkannte den Übeltäter.
"Du kleine Mißgeburt" flüsterte er und sah das Treiben des armen Irren.
Einmal werde ich Dich maßregeln und dann kann nur der Gott der Einbeinigen Dich erretten.
In diesem Augenblick ertönte die Mittagsklingel und auf den Gängen und in allen anderen weißgetünchten Räumen erdröhnte das Treiben der verwunschenen Prinzengarde und all die Leprakranken und dreckigen Füße machten sich auf den Weg ins Nirwana.
Im Speisesaal war ein Zustand der Glückseligkeit.
All die glücklichen menschen betraten diesen Raum mit Ehrfurcht und jeder der auf zwei Beinen daherkam ,hatte
einen leeren Magen und die Wut im Bauche.
Die andere Meute wurde in Rollstühlen herbeigekarrt.
Entweder hatten Sie keine Füße mehr oder keine Lust zum Laufen,es gab auch die Elite der Bessergestellten,denen es Luxus genug war daherzufahren.
Das hat etwas mit der Moral der sogenannten Autofahrer zu tun.
Diese Menge denkt,daß Sie ebenfalls privilegiert zu sein scheinen und manchmal haben Sie dann ebenfalls keine Beine Beine mehr oder kein Leben oder sonst etwas.
Die Überschätzung gibt es in der Tierwelt und auch hier.
Aus den großen kybernetischen Lautsprechern ertönte die Mittagsfanfare und der Marschgesang durchzog Mark und Bein all der gebrechlichen Glücklichen.
Ein Doktor in blutdurchtränkten Kleidern und roten Hackenschuhen setzte zum Sprung auf die Bühne an.
Es wurde geklatscht und gebrüllt,noch bevor dieser auf der Bühne stand.
Im Fluge durchtraf Ihn ein Pfeil von Winnetou und anderen Häuptlingen.
All das farbenfrohe Getue hatte einen Verehrer weniger.
Die hungrige Meute stand Schlange und es gab Suppe.
In wenigen Minuten war der Saal eine Rutschbahn,weil jeder dem Herrgott oder dem Vorsteher oder seiner verstorbenen und geizigen Schwiegermutter einen Schluck Suppe opferte.
Manche schütteten auch einfach alles auf den Fußboden,zuwieder war Ihnen die Schmach und die Vorstellung von einfacher Kost,hatten Sie doch vorher nur edle Speisen genossen.
Aber all die hungrigen,tauben und Blinden krochen wie einzelliges Getier auf allen Vieren oder so durch den Saal.
Es war ein Kampf,es war Theater und Schicksal.
Viele verloren Ihr letztes Leben - Ihr Einziges.
Am Ende ertönte ein gemeinsames Rulpsen und man stieg voll Lachen und Witzeleien über die leblosen Körper hinweg.
Abmarsch.
Jonas und Igor trotteten fast nebeneinander.
es war wieder still.
Jeder mußte verdauen und sank auf sein Bett.
Kein Vogelgeräusch und auch nicht das tropfen des Wasserhahnes störte Ihren Schlaf.
Im Nebenzimmer hielt der Kapitän seine Rede.
Er stand auf dem klapprigen Stuhl und seine Hände formten die Erdkugel.
Der Neue stand an der Tür und lauschte begierig von Draußen.
Sein Ohr erzitterte und vor Aufregung wurde es puterrot.
Er unterdrückte den Harndrang und biß die Zähne zusammen.
Durch die Nacht drang das Schreien der Verlorenen.
Die Titanic sank und der Kapitän bäumte sich auf.
Er kämpfte den letzten Kampf gegen das Ungeheuer aus der Tiefe.
Während die Menschen Champagner tranken und die Huren ein letztes Lied sangen und die Matrosen kleine Kinder mordeten.
Das Ungeheuer hatte sich hinter einem Eisberg aus Zuckerwatte versteckt.
Teuflisch der Plan und nie aufgedeckt und der Käptn hatte die Harpune dabei.
Stolz und nach Ruhm hechelnd wurde es ein kurzes Duell.
Er hielt noch diese letzte Abschiedsrede und dann hörte man dieses Geräusch.
Es klang fast wie die Toilettenspülung,aber man konnte sich irren und irren war hier ja kein Fremdwort.
Alle klatschten und das plätschern eines Einsamen Verirrten verlor sich im Gebäude.

Igor saß auf dem Holzstuhl,noch etwas müde streckte er seinen Oberkörper nach vorne und spreizte die Arme auseinander.
Das tat gut und er wiederholte es.
Sein Kopf schmerzte etwas und er erinnerte sich an den Stein,den dieser wurmgesichtige Jonas Ihm an den Kopf gefeuert hatte.
Manchmal hatte er sich erinnert,das Vermögen sich in der Vergangenheit seines Ich's zu bewegen und die Schritte in diese Richtung zu lenken fiel Ihm schwer,und doch überkam es Ihn immer öfter.
Seine Stirn bewegte die Falten und seine Muskeln wollten dem Munde etwas entlocken,aber etwas wie eine Schranke versperrte seine Gefühlsregung.
So saß er da und blickte auf den Park hinaus.
Die vergitterten Fenster konnten Ihn nicht ablenken und auch die karge Möblierung des Zimmers wurde Ihm nie bewußt.
Er wußte,daß er einen Autounfall hatte und nun war er hier.
Basta.
Konnte er denn überhaupt Autofahren und hatte er überhaupt ein Auto besessen?
Hier gehörte Ihm nur das Bett und darauf schlief er ganz gut.
Aber auch Jonas hatte ein Bett und all die anderen in diesem Haus.
Hatten denn alle ein Auto,einfach so und basta !
Die Rätsel waren nicht zu lösen und seine Hände wurden feucht.
Plötzlich bemerkte er,wie Jonas Ihn anstarrte,typisch wie jedesmal,wenn er aufwachte.
Er erkundete naiv die Welt und seine runden Augen wollten gleichfalls sagen "Wo bin Ich denn überhaupt"?
Jonas kroch auf allen Vieren über den kalten Fußboden und leckte an seinen Füßen.
Ah,das tat gut und dann stieß er Ihn weg.
Böser Hund...kusch Dich,ab.
Sing ein Lied und laß den König in Ruhe.
Jonas sah Ihn von unten bösartig an und winselte doch in
Ehrfurcht vor seinem Herrn.

Der Winter war herreingezogen,hatte das Land und diese Stätte in Schweigen gehüllt.
Die Vögel waren fortgezogen und nur der Bär im Zoo trollte sich wollüstig vor lachenden,fröhlichen kleinen Kindern.
Stumme Eltern blickten auf die Idylle und trieben zur Eile.
Es war kalt und der Nebel kam.
Und da vernahm man die Mittagsklingel.
Die Erde bebte wieder.
Und alles nahm seinen gewohnten Gang.
Nichts hatte sich geändert und die Rätsel in diesem Leben hatten keine Grenzen und die Irren fanden Ihren Weg - wohin
auch immer!
 



 
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