Hagen
Mitglied
‘Kettenhunde‘
Ich komme viel zu selten dazu, in den Chroniken meines Großvaters zu lesen, sie sind nämlich in Sütterlin geschrieben. Mit Sütterlin tue ich mich zugegebenermaßen schwer, aber seine Kriegserinnerungen sind für mich hochinteressant.
Zu Ende des Krieges war mein Großvater längst ‚ausgemustert‘, weil er wirklich schon zu alt war, um noch an irgendwelchen Kämpfen teilzunehmen, schließlich hatte er im ersten Weltkrieg schon vor Verdun gelegen. Dass es eine ‘Posttraumatische Belastungsstörung‘ gab, die als Kriegszitterer bezeichnet wurden, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand, mein Großvater hatte nach und in dem Krieg weiterzuarbeiten, als wäre nichts geschehen. Kriegszitterer wurden im Ersten Weltkrieg und auch danach Soldaten bezeichnet, die an einer spezifischen Form der posttraumatischen Belastungsstörung, dem sogenannten Kriegstrauma, der Kriegsneurose litten. Unter anderem war der ständige Artilleriebeschuss sehr belastend.
Während der letzten Kriegstage des zweiten Weltkriegs veranstaltete die Feldgendarmerie nochmal einen ‘Heldenklau‘, das heißt alle nach Ansicht des Feldjägerkommandos noch waffenfähigen Männer hatten sich in einer Kaserne einzufinden, zum ‘Volkssturm‘. Mein Großvater sollte auch wieder einrücken und meine Großmutter war ganz aufgelöst, denn wenn er sich nicht meldete, galt er als ‘Fahnenflüchtig‘ oder ‘Deserteur‘.
Er schleppte sich also mühsam zu der Kaserne und traf dort andere Invaliden und Angehörige eines Flüchtlingstrecks aus dem Osten, der noch nach potenziell waffenfähigen Männern abgesucht wurde.
Als die alten Herren gerade von schneidigen Offizieren angebrüllt wurden, weil sie noch nicht mal in der Lage waren, anständig Aufstellung zu nehmen, ratterten zwei Motorräder, gefolgt von einem Opel-Blitz-Lastwagen auf den Hof.
Von den Motorrädern stiegen vier sogenannte ‘Kettenhunde‘, also Feldgendarmen. In Anspielung auf die zur Uniform gehörende metallene Plakette mit der Aufschrift Feldgendarmerie, die an einer Kette um den Hals getragen wurde. Diese ‘Kettenhunde‘ begannen sofort die Front der alten Herren abzuschreiten und einige herauszugreifen.
In diesem Moment ergriff ein furchtbarer Gedanke meinen Großvater: Die stellen ein Erschießungskommando zusammen! – Hoffentlich bin ich nicht dabei!
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs hin fielen den deutschen Feldgendarmen der Wehrmacht und der Waffen-SS Zehntausende “Fahnenflüchtiger“ in die Hände und wurden entsprechend Hitlers Parole „Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben“ exekutiert.
Selbst als mein Großvater vor Verdun im Trommelfeuer lag, hat nicht so intensiv gebetet, wie in dieser Situation.
Ob seine Gebete geholfen hatten, vermochte er nicht zu beurteilen, aber die Kettenhunde suchten sechs andere Männer aus, befahlen denen, auf den Opel-Blitz aufzusitzen, setzten sich auch auf ihre Motorräder und fuhren weg.
Von diesen Männern hat mein Großvater nie mehr etwas gehört. Die Operation ‘Heldenklau‘ verlief sich glücklicherweise irgendwie im Sande, jedenfalls waren die schneidigen Offiziere plötzlich nicht mehr da. Die alten Herren harrten aus, bis sie von grinsenden Gis ‘befreit‘ wurden.
Aber irgendwie war mein Großvater seit dem sehr gottesgläubig.
Ich komme viel zu selten dazu, in den Chroniken meines Großvaters zu lesen, sie sind nämlich in Sütterlin geschrieben. Mit Sütterlin tue ich mich zugegebenermaßen schwer, aber seine Kriegserinnerungen sind für mich hochinteressant.
Zu Ende des Krieges war mein Großvater längst ‚ausgemustert‘, weil er wirklich schon zu alt war, um noch an irgendwelchen Kämpfen teilzunehmen, schließlich hatte er im ersten Weltkrieg schon vor Verdun gelegen. Dass es eine ‘Posttraumatische Belastungsstörung‘ gab, die als Kriegszitterer bezeichnet wurden, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand, mein Großvater hatte nach und in dem Krieg weiterzuarbeiten, als wäre nichts geschehen. Kriegszitterer wurden im Ersten Weltkrieg und auch danach Soldaten bezeichnet, die an einer spezifischen Form der posttraumatischen Belastungsstörung, dem sogenannten Kriegstrauma, der Kriegsneurose litten. Unter anderem war der ständige Artilleriebeschuss sehr belastend.
Während der letzten Kriegstage des zweiten Weltkriegs veranstaltete die Feldgendarmerie nochmal einen ‘Heldenklau‘, das heißt alle nach Ansicht des Feldjägerkommandos noch waffenfähigen Männer hatten sich in einer Kaserne einzufinden, zum ‘Volkssturm‘. Mein Großvater sollte auch wieder einrücken und meine Großmutter war ganz aufgelöst, denn wenn er sich nicht meldete, galt er als ‘Fahnenflüchtig‘ oder ‘Deserteur‘.
Er schleppte sich also mühsam zu der Kaserne und traf dort andere Invaliden und Angehörige eines Flüchtlingstrecks aus dem Osten, der noch nach potenziell waffenfähigen Männern abgesucht wurde.
Als die alten Herren gerade von schneidigen Offizieren angebrüllt wurden, weil sie noch nicht mal in der Lage waren, anständig Aufstellung zu nehmen, ratterten zwei Motorräder, gefolgt von einem Opel-Blitz-Lastwagen auf den Hof.
Von den Motorrädern stiegen vier sogenannte ‘Kettenhunde‘, also Feldgendarmen. In Anspielung auf die zur Uniform gehörende metallene Plakette mit der Aufschrift Feldgendarmerie, die an einer Kette um den Hals getragen wurde. Diese ‘Kettenhunde‘ begannen sofort die Front der alten Herren abzuschreiten und einige herauszugreifen.
In diesem Moment ergriff ein furchtbarer Gedanke meinen Großvater: Die stellen ein Erschießungskommando zusammen! – Hoffentlich bin ich nicht dabei!
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs hin fielen den deutschen Feldgendarmen der Wehrmacht und der Waffen-SS Zehntausende “Fahnenflüchtiger“ in die Hände und wurden entsprechend Hitlers Parole „Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben“ exekutiert.
Selbst als mein Großvater vor Verdun im Trommelfeuer lag, hat nicht so intensiv gebetet, wie in dieser Situation.
Ob seine Gebete geholfen hatten, vermochte er nicht zu beurteilen, aber die Kettenhunde suchten sechs andere Männer aus, befahlen denen, auf den Opel-Blitz aufzusitzen, setzten sich auch auf ihre Motorräder und fuhren weg.
Von diesen Männern hat mein Großvater nie mehr etwas gehört. Die Operation ‘Heldenklau‘ verlief sich glücklicherweise irgendwie im Sande, jedenfalls waren die schneidigen Offiziere plötzlich nicht mehr da. Die alten Herren harrten aus, bis sie von grinsenden Gis ‘befreit‘ wurden.
Aber irgendwie war mein Großvater seit dem sehr gottesgläubig.
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