Von hier aus hat man Aussicht auf die ganze Stadt und muss noch nicht einmal aus dem Auto steigen. Er kurbelt das Fenster herunter, damit der Zigarettenrauch abziehen kann. Der Motor des Strich Achters macht knackende Geräusche, als er abkühlt. Die Häuser dort unten haben fast alle rote Dächer, dicht gedrängt in dem Rund des alten Stadtwalls. Er sieht den Turm der Jacobi Kirche, das neue Rathaus und einige Uni-Gebäude. Seine Augen suchen die Bar, in der sie arbeitet, direkt neben der Nikolaikirche, aber die Gebäude sind zu klein, er kann sie nicht zuordnen. Er schiebt die Cassette in den Schlitz, Deine blauen Augen von Ideal läuft, ihr Lieblingsstück, er spult vor. Sie hat jetzt Schicht in der Bar. Vermutlich hat sie Jeans an und diese weiße Bluse, die nicht besonders viel verdeckt, und es sitzen die üblichen Verdächtigen an der Theke, die so tun, als wären sie mit ihrem Bier beschäftigt. Und sie tut so, als würde sie die Blicke nicht bemerken. Gottverdammte Scheiße, wie er sie hasste, diese Typen, sich selbst und sie auch, ja!
„Ich bin nicht monogam unterwegs“, sagte sie bei ihrem ersten Treffen.
„Ich auch nicht“, antwortete er. Und das stimmte auch. Ein paar Affären hatte er vorzuweisen, on and off, die Welt ist voller interessanter Menschen, so what? Er hätte nur gern mehr Leben mit ihr verbracht, das ist doch kein Verbrechen!
Langsam verschwindet die Sonne, Schatten huschen über die Dächer, tauchen das Licht in ein Orange, das ins Rot gleitet. Was bei ihm schiefgelaufen ist, weiß er nicht. Den schwarzen Gurt im Versagen hatte er schon immer, nicht nur weil er die Biologie-Zwischenprüfung versemmelt hat. Beim Fußball spielt er links. Man sagt, auf dem Feld sind zwei Leute problematisch: Der Torwart und der Linksaußen; schräge Vögel, mit denen irgendwas nicht stimmt.
„Hast du was Wichtiges vor heute Abend?“, fragte sie. Hatte er nicht. Sie gingen zu ihr.
„Zieh dich aus!“, sagte sie.
„Ich dachte, der Spruch wäre mein Part“, sagte er.
„Bist du spießig oder verklemmt?“, kam von ihr.
„Vermutlich beides.“
Er zog sich aus. Sie auch. Der Abend war sehr erfreulich. Der nächste Morgen weniger.
„Du musst verschwinden, mein Freund kommt gleich!“, sagte sie.
„Ich denke, du bist nicht monogam unterwegs?“, fragte er.
„Bin ich auch nicht, aber das muss nicht jeder wissen!“
Später erzählte sie, dass sie das nach jedem One-Night-Stand sagte, ein Standardspruch.
„Ich trinke meinen Kaffee morgens gern allein, kann Gespräche so früh nicht ausstehen! Manche Typen wollen dann irgendwas von mir hören, dass es gut war, wir uns wiedersehen sollten, so`n Zeug, verstehst du?“
Er verstand. Er trank auch gern seinen Kaffee in Ruhe, ohne Gespräche, bei ihr hätte er eine Ausnahme gemacht.
Das Rot des Himmels verschwindet langsam, unten in der Stadt springen die Straßenlaternen an, flackern zunächst, gewinnen dann an Helligkeit. Es wirkt so friedlich. Er sieht die Scheinwerfer der Autos auf der Landstraße, aneinandergereiht wie Perlen an einer Schnur. Alle mit einem Ziel, etwas, dass ihm fehlt. Aber die Aussicht ist grandios. Es geht steil bergab, würde man springen, gäbe es kein Problem mehr, ein Aufprall und Ruhe.
„Du bist durchtrainiert“, sagte sie und fasste ihn an, prüfend, überall.
„Fußball“, antwortete er.
„Hoffentlich kein Linksaußen!“, sagte sie.
„Kennst du dich aus?“, fragte er.
„Nein, ich hatte mal einen, der spielte links. Ein echt schräger Vogel!“
„Mittelfeld“, log er. „Offensives Mittelfeld!“
Sie fasste ihn weiter an.
„Da bin ich aber gespannt!“
„Soll ich was zu dir sagen?“, fragte er.
„Nein, ich weiß, wie ich aussehe. Außerdem fühle ich ziemlich gut, was du denkst.“
Es ist dunkel geworden, die Konturen der Häuser sind verschwunden, nur Lichter, Scheinwerfer und eine Mondsichel am Himmel, begleitet von ein paar Sternen.
„Es sind nicht alles Sterne“, hatte sie gesagt. „Die hellsten sind Planeten, so wie die Erde. Venus, Jupiter, Mars, sowas. Sie umkreisen die Sonne und können nicht weg, sie sind da. Bei den Sternen weiß man nicht, vielleicht existieren sie gar nicht mehr und wir sehen nur das Licht, weil es solange braucht.“
Er kam auch nicht weg, sie war das Zentralgestirn seiner Umlaufbahn und ließ ihn nicht los.
Er steigt aus, wirft die Tür zu, es gibt ein knallendes Geräusch, sie schließt nicht. Er ärgert sich, nimmt die Tür, hebt sie etwas an und drückt sie zu. Die Tür ist im Arsch, der Beifahrersitz auch, irgendwas ist mit Tür und Sitz passiert. Die Scheibenwischer funktionieren nicht richtig, seit Tagen ist die Frontscheibe verklebt mit zerplatzten Insektenleichen. Dafür war die Karre günstig. Dreitausend Mark, ein Schnäppchen. Der Tank ist praktisch leer, für die Rückfahrt reicht es noch, hoffentlich. Ein Großteil der Strecke führt bergab, im Leerlauf verbraucht der Wagen nicht viel.
Er geht an den Abhang, ganz an den Rand. Man sieht nichts, aber hier geht es runter, richtig tief. Er bückt sich, tastet nach einem Stein und findet einen, nicht zu groß, nicht zu klein, einen, den man hören wird, wenn er herunterfällt. Dann sieht er den Schatten direkt neben sich und schreckt zurück. Da sitzt jemand am Abhang, vor der rechten Seite des Strich Achters. Er kann noch nicht lange dort sitzen, er hätte es bemerkt.
„Hallo“, sagt er. Der Schatten bewegt sich leicht, antwortet aber nicht.
„Schöne Aussicht hier“, schiebt er nach.
„Wenn der Wagen nicht den ganzen Platz einnehmen würde, wäre es noch schöner!“, sagt der Schatten. Eine helle Stimme, leise, eine junge Frau vermutlich. Er geht auf sie zu und setzt sich neben sie, die Füße baumeln über dem Abgrund, so wie ihre. Er kann lange Haare erkennen, viel mehr ist nicht auszumachen. Er kramt die Zigaretten hervor, steckt sich eine in den Mund und hält ihr die Schachtel hin. Sie zögert.
„Aufgehört?“ Im Schein der Zündflamme sieht er kurz ihr Gesicht, das Mädchen ist hübsch und ziemlich jung, aber wortkarg. Sie antwortet nicht. Er überlegt, wie er das Eis brechen kann.
„Ich könnte Musik laufen lassen, willst du was hören? Alles außer Deine blauen Augen.“
Sie dreht den Kopf zu ihm. „Warum das nicht?“
„Erinnert mich an jemanden, an den ich nicht denken will.“
„Bist du deshalb hier oben?“, fragt sie.
Er inhaliert tief und bläst den Rauch aus. „Ich weiß nicht, vielleicht, und du?“
Das Mädchen sagt nichts.
„Hast du einen Namen?“, fragt er.
Das Mädchen sagt nichts. Da unten schlängeln sich noch immer Scheinwerfer durch die Nacht, aber es sind weniger geworden. Er tastet nach dem Stein, den er aufgehoben hat und wirft ihn den Abhang herunter. Es gibt ein paar klackernde Geräusche, dann ist es wieder still. Er hatte mehr erwartet.
„Der hat`s hinter sich“, sagt sie.
Er schaut überrascht in ihre Richtung, die Hoffnung auf eine Unterhaltung hatte er schon aufgegeben.
„Was meinst du?“
„Der Stein“, antwortet sie.
Das Mädchen ist schwierig, soviel ist klar.
„Wie heißt deine Freundin?“, fragt sie.
„Anne, aber sie ist nicht meine Freundin, nicht wirklich“, sagt er und drückt die Zigarette aus. „Ich glaube, sie will mich nicht. Nicht als Beziehung, verstehst du?“
„Also wart ihr nur im Bett?“
Er überlegt eine Antwort, weiß nicht, was er sagen soll. Die Frage missfällt ihm, worauf will sie hinaus und was geht es sie überhaupt an?
„Habt ihr verhütet?“, fragt sie weiter.
„Herrgott, woher soll ich das wissen?“, entfährt es ihm, etwas zu barsch. „Warum fragst du sowas?“
„Mein Freund hat sich getrennt, weil er kein Kind will.“
„Ja, und?“
„Ich bin schwanger“, sagt sie.
„Man kann abtreiben heutzutage.“
Sie atmet heftig aus, vielleicht soll es Empörung ausdrücken. Verglichen mit ihrer Schweigsamkeit zu Anfang redet sie mittlerweile wie ein Wasserfall. Er blickt hinunter in das Tal, es sind keine Autos mehr zu sehen, dafür blinken kleine Lichter am Rand des Abhangs auf der rechten Seite, weiter unten, in der Nähe des Baches, der irgendwo dort verlaufen muss.
„Glühwürmchen!“, ruft sie.
„Es sind Käfer“, berichtigt er. „Sie haben sich als Larve zwei, drei Jahre fett gefressen, nach der Verpuppung nehmen sie keine Nahrung mehr auf. Sie paaren sich und sterben dann. Wir sehen ihren letzten Tagen zu.“
Sie sagt nichts, blickt vermutlich auf das Lichtspektakel der Käfer. Kleine Sterne in der Nacht, die funkeln, verlöschen und wieder leuchten, wirklich beeindruckend. Es ist spät geworden, Annes Schicht in der Bar dauert nicht mehr lange. Er steht auf und klopft die Hinterseite der Jeans ab.
„Soll ich dich in die Stadt mitnehmen?“, fragt er. Sie antwortet nicht.
Er geht zum Auto, hebt die Tür leicht an und öffnet sie. Als er die Zündung betätigt und das Licht anschaltet, sieht er ihre Silhouette durch die verschmierte Frontscheibe, die Knie angezogen, ihre Arme um die Beine geschlungen. Er legt den Rückwärtsgang ein und drückt auf das Gaspedal.
„Ich bin nicht monogam unterwegs“, sagte sie bei ihrem ersten Treffen.
„Ich auch nicht“, antwortete er. Und das stimmte auch. Ein paar Affären hatte er vorzuweisen, on and off, die Welt ist voller interessanter Menschen, so what? Er hätte nur gern mehr Leben mit ihr verbracht, das ist doch kein Verbrechen!
Langsam verschwindet die Sonne, Schatten huschen über die Dächer, tauchen das Licht in ein Orange, das ins Rot gleitet. Was bei ihm schiefgelaufen ist, weiß er nicht. Den schwarzen Gurt im Versagen hatte er schon immer, nicht nur weil er die Biologie-Zwischenprüfung versemmelt hat. Beim Fußball spielt er links. Man sagt, auf dem Feld sind zwei Leute problematisch: Der Torwart und der Linksaußen; schräge Vögel, mit denen irgendwas nicht stimmt.
„Hast du was Wichtiges vor heute Abend?“, fragte sie. Hatte er nicht. Sie gingen zu ihr.
„Zieh dich aus!“, sagte sie.
„Ich dachte, der Spruch wäre mein Part“, sagte er.
„Bist du spießig oder verklemmt?“, kam von ihr.
„Vermutlich beides.“
Er zog sich aus. Sie auch. Der Abend war sehr erfreulich. Der nächste Morgen weniger.
„Du musst verschwinden, mein Freund kommt gleich!“, sagte sie.
„Ich denke, du bist nicht monogam unterwegs?“, fragte er.
„Bin ich auch nicht, aber das muss nicht jeder wissen!“
Später erzählte sie, dass sie das nach jedem One-Night-Stand sagte, ein Standardspruch.
„Ich trinke meinen Kaffee morgens gern allein, kann Gespräche so früh nicht ausstehen! Manche Typen wollen dann irgendwas von mir hören, dass es gut war, wir uns wiedersehen sollten, so`n Zeug, verstehst du?“
Er verstand. Er trank auch gern seinen Kaffee in Ruhe, ohne Gespräche, bei ihr hätte er eine Ausnahme gemacht.
Das Rot des Himmels verschwindet langsam, unten in der Stadt springen die Straßenlaternen an, flackern zunächst, gewinnen dann an Helligkeit. Es wirkt so friedlich. Er sieht die Scheinwerfer der Autos auf der Landstraße, aneinandergereiht wie Perlen an einer Schnur. Alle mit einem Ziel, etwas, dass ihm fehlt. Aber die Aussicht ist grandios. Es geht steil bergab, würde man springen, gäbe es kein Problem mehr, ein Aufprall und Ruhe.
„Du bist durchtrainiert“, sagte sie und fasste ihn an, prüfend, überall.
„Fußball“, antwortete er.
„Hoffentlich kein Linksaußen!“, sagte sie.
„Kennst du dich aus?“, fragte er.
„Nein, ich hatte mal einen, der spielte links. Ein echt schräger Vogel!“
„Mittelfeld“, log er. „Offensives Mittelfeld!“
Sie fasste ihn weiter an.
„Da bin ich aber gespannt!“
„Soll ich was zu dir sagen?“, fragte er.
„Nein, ich weiß, wie ich aussehe. Außerdem fühle ich ziemlich gut, was du denkst.“
Es ist dunkel geworden, die Konturen der Häuser sind verschwunden, nur Lichter, Scheinwerfer und eine Mondsichel am Himmel, begleitet von ein paar Sternen.
„Es sind nicht alles Sterne“, hatte sie gesagt. „Die hellsten sind Planeten, so wie die Erde. Venus, Jupiter, Mars, sowas. Sie umkreisen die Sonne und können nicht weg, sie sind da. Bei den Sternen weiß man nicht, vielleicht existieren sie gar nicht mehr und wir sehen nur das Licht, weil es solange braucht.“
Er kam auch nicht weg, sie war das Zentralgestirn seiner Umlaufbahn und ließ ihn nicht los.
Er steigt aus, wirft die Tür zu, es gibt ein knallendes Geräusch, sie schließt nicht. Er ärgert sich, nimmt die Tür, hebt sie etwas an und drückt sie zu. Die Tür ist im Arsch, der Beifahrersitz auch, irgendwas ist mit Tür und Sitz passiert. Die Scheibenwischer funktionieren nicht richtig, seit Tagen ist die Frontscheibe verklebt mit zerplatzten Insektenleichen. Dafür war die Karre günstig. Dreitausend Mark, ein Schnäppchen. Der Tank ist praktisch leer, für die Rückfahrt reicht es noch, hoffentlich. Ein Großteil der Strecke führt bergab, im Leerlauf verbraucht der Wagen nicht viel.
Er geht an den Abhang, ganz an den Rand. Man sieht nichts, aber hier geht es runter, richtig tief. Er bückt sich, tastet nach einem Stein und findet einen, nicht zu groß, nicht zu klein, einen, den man hören wird, wenn er herunterfällt. Dann sieht er den Schatten direkt neben sich und schreckt zurück. Da sitzt jemand am Abhang, vor der rechten Seite des Strich Achters. Er kann noch nicht lange dort sitzen, er hätte es bemerkt.
„Hallo“, sagt er. Der Schatten bewegt sich leicht, antwortet aber nicht.
„Schöne Aussicht hier“, schiebt er nach.
„Wenn der Wagen nicht den ganzen Platz einnehmen würde, wäre es noch schöner!“, sagt der Schatten. Eine helle Stimme, leise, eine junge Frau vermutlich. Er geht auf sie zu und setzt sich neben sie, die Füße baumeln über dem Abgrund, so wie ihre. Er kann lange Haare erkennen, viel mehr ist nicht auszumachen. Er kramt die Zigaretten hervor, steckt sich eine in den Mund und hält ihr die Schachtel hin. Sie zögert.
„Aufgehört?“ Im Schein der Zündflamme sieht er kurz ihr Gesicht, das Mädchen ist hübsch und ziemlich jung, aber wortkarg. Sie antwortet nicht. Er überlegt, wie er das Eis brechen kann.
„Ich könnte Musik laufen lassen, willst du was hören? Alles außer Deine blauen Augen.“
Sie dreht den Kopf zu ihm. „Warum das nicht?“
„Erinnert mich an jemanden, an den ich nicht denken will.“
„Bist du deshalb hier oben?“, fragt sie.
Er inhaliert tief und bläst den Rauch aus. „Ich weiß nicht, vielleicht, und du?“
Das Mädchen sagt nichts.
„Hast du einen Namen?“, fragt er.
Das Mädchen sagt nichts. Da unten schlängeln sich noch immer Scheinwerfer durch die Nacht, aber es sind weniger geworden. Er tastet nach dem Stein, den er aufgehoben hat und wirft ihn den Abhang herunter. Es gibt ein paar klackernde Geräusche, dann ist es wieder still. Er hatte mehr erwartet.
„Der hat`s hinter sich“, sagt sie.
Er schaut überrascht in ihre Richtung, die Hoffnung auf eine Unterhaltung hatte er schon aufgegeben.
„Was meinst du?“
„Der Stein“, antwortet sie.
Das Mädchen ist schwierig, soviel ist klar.
„Wie heißt deine Freundin?“, fragt sie.
„Anne, aber sie ist nicht meine Freundin, nicht wirklich“, sagt er und drückt die Zigarette aus. „Ich glaube, sie will mich nicht. Nicht als Beziehung, verstehst du?“
„Also wart ihr nur im Bett?“
Er überlegt eine Antwort, weiß nicht, was er sagen soll. Die Frage missfällt ihm, worauf will sie hinaus und was geht es sie überhaupt an?
„Habt ihr verhütet?“, fragt sie weiter.
„Herrgott, woher soll ich das wissen?“, entfährt es ihm, etwas zu barsch. „Warum fragst du sowas?“
„Mein Freund hat sich getrennt, weil er kein Kind will.“
„Ja, und?“
„Ich bin schwanger“, sagt sie.
„Man kann abtreiben heutzutage.“
Sie atmet heftig aus, vielleicht soll es Empörung ausdrücken. Verglichen mit ihrer Schweigsamkeit zu Anfang redet sie mittlerweile wie ein Wasserfall. Er blickt hinunter in das Tal, es sind keine Autos mehr zu sehen, dafür blinken kleine Lichter am Rand des Abhangs auf der rechten Seite, weiter unten, in der Nähe des Baches, der irgendwo dort verlaufen muss.
„Glühwürmchen!“, ruft sie.
„Es sind Käfer“, berichtigt er. „Sie haben sich als Larve zwei, drei Jahre fett gefressen, nach der Verpuppung nehmen sie keine Nahrung mehr auf. Sie paaren sich und sterben dann. Wir sehen ihren letzten Tagen zu.“
Sie sagt nichts, blickt vermutlich auf das Lichtspektakel der Käfer. Kleine Sterne in der Nacht, die funkeln, verlöschen und wieder leuchten, wirklich beeindruckend. Es ist spät geworden, Annes Schicht in der Bar dauert nicht mehr lange. Er steht auf und klopft die Hinterseite der Jeans ab.
„Soll ich dich in die Stadt mitnehmen?“, fragt er. Sie antwortet nicht.
Er geht zum Auto, hebt die Tür leicht an und öffnet sie. Als er die Zündung betätigt und das Licht anschaltet, sieht er ihre Silhouette durch die verschmierte Frontscheibe, die Knie angezogen, ihre Arme um die Beine geschlungen. Er legt den Rückwärtsgang ein und drückt auf das Gaspedal.
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