Kleiner Rasenmähroboter

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Hera Klit

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Kleiner Rasenmähroboter

Im Mutterleib wirst du mit Hormonen befeuert, die dem Denken und Fühlen
deiner Mutter entspringen. Doch das ist nur der Anfang.
Die Einflussnahme der Mutter währt durch dein ganzes Leben,
und endet auch mit deren Tod nicht, denn du trägst sie längst in dir.
An keinen Ort der Welt kannst du fliehen.

Deine Mutter ist stets hier, und deren Mutter und deren Mutter und deren M...
Und alle haben dein Blatt gemischt, das du nun ausspielst, als wäre es deins.
All ihre Ängste, Wünsche, Hoffnungen, Erfolge und ihr Versagen haben dich gebaut.
Ein Berg von Fleisch, Knochen, Glibber und Haaren, mit einem Hirnkasten voll unlösbarer Probleme
und einem Hasenherz, das nichts als fliehen will, vor allem und jedem.



Und deine Väter und Vorväter, die Kriege führten, Betriebe leiteten oder Müll schippten,
die sich einen Stammhalter wünschten oder aus Spaß an der Freude ihren Samen spendeten,
um auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden?
Ihre Wunden, geschlagen von Granatsplittern und Maschinengewehren,
trägt dein Ätherleib unsichtbar unter deinem unversehrt erscheinenden Fleisch.

Forsche nicht nach ihren Weissagungen, du tausendfältiges Mosaik, das keinem gleicht.
Schaue in den Tag, als wärest du ein völlig neues Fabrikat, entstanden ohne Bauplan.
Tue, was getan werden muss, auch wenn es dir manchmal vorkommt,
als seist du ein Rasenmähroboter, der unteren Preisklasse,
den die NASA fälschlicherweise zum Mars hochgeschossen hat.
Die Bodenstation kann deine Bahnen auf dem roten Planeten nur noch verfolgen,
ohne eingreifen zu können und wenn sie noch so sehr an ihren Computern schrauben.

Fahre, kleiner Rasenmähroboter, fahre und lass dein Mähwerk rattern,
auch wenn kein Gras wächst, dort wo du jetzt bist.

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Geschrieben unter dem Eindruck der Lektüre, der ersten 80 Seiten von Kim de L'Horizons Buch Blutbuch,
obwohl die Mütter in mir nicht auf Jungspunde stehen und die Väter in mir den Burschen in den Schwitzkasten nehmen wollten.

Ergebenst, Ihre Hera Klit
 
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petrasmiles

Mitglied
So ist es, immer und bei allen.
Aber es ist die einzige Chance, die wir haben und müssen sie nutzen!
Und am Ende der beschwerlichen Reise kann das wunderbare selbst stehen.

Liebe Grüße
Petra
 



 
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