Kleines Glück

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Heute war ich allein im Baumarkt, was sozusagen nie vorkommt, denn dort ist es unheimlich, unter so vielen fachkundingen Heimwerkern, die alles alleine können, auch wenn hier das Motto gilt: Schön, aber selbst gemacht! Ich wollte nur eine Pflanze für draußen kaufen, als Geschenk, das geht gut im Baumarkt. Ich wuselte also dort herum und schaute mir alles Grüne an. Eine Frau, ich kannte sie nicht, lächelte mich an und dachte vielleicht, ich hätte Ahnung von dem, was ich dort sah. Hatte ich nicht. Schließlich entschied ich mich für eine wunderschön lila blühende Pflanze und schleppte sie zur Kasse. Mit Erdfingern bezahlte ich und verließ den Markt.

Und dann blieb ich stehen.

Im Ausgang waren verschiedene Kamine zur Ansicht aufgebaut, ganz authentisch mit Holz gefüllt. Dort stand nun ein kleiner Junge und versuchte hochkonzentriert, mit der Zange eines Kaminbestecks einen Holzscheit von einem Kamin in den nächsten zu befördern. Sein Vater stand daneben und beobachtete das Ganze geduldig, gab Tipps, wie er die Zange am besten hielte und griff sonst nicht ein. Der Junge schaffte einen Holzscheit, dann den nächsten. Ich musste lächeln. Ein kleines Glück, mitten im Alltag, ein Junge, der mit "nichts" spielte, mit dem zufrieden, was sich ihm bot. Ein Vater, der ihn gewähren ließ und der so viel Zeit hatte, zuzusehen.

Ich vergaß Erde und Nässe der Pflanze, drückte sie an mich und nahm das Bild des kleinen Jungen mit.
 

anbas

Mitglied
Hi Doc,

ein schönes Bild, das Du da beschreibst. Auch Deine Gedanken kann ich gut nachvollziehen.

... außerdem fällt mir gerade ein, dass ich meinem vierjährigen Neffen noch das Stück Holzrinde nachschicken will (er wohnt in Süddeutschland und war hier im Norden zu Besuch), das er letzte Woche bei mir vergessen hat - es ist schließlich sein Handy ... ;)

Liebe Grüße

Andreas
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Andreas, das würde ich unbedingt tun, schließlich muss das Handy auch mal aufgeladen werden.
:)

Freut mich, dass Du meine Gedanken nachvollziehen kannst.

LG Doc
 
U

USch

Gast
Hallo Doc,
ein schöner Text. Nur so läuft es gut mit Erziehung. Erfahrungen kann man nicht vermitteln, sie erschließen sich im eigenen Tun (Ausnahme Gefahrensituationen). Erst das macht Erziehung erfolgreich - meine Erfahrung sogar auch noch in der Erwachsenenbildung. Wird da leider selten gemacht.
Wir wissen´s doch auch hier vom Schreiben.
Ratschläge werden halt oft nur als Schläge empfunden, wie das Wort schon sagt. Dann nur einsehbare Empfehlungen, so dass Trial und Error möglich bleiben.
LG USch
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo USch, mir ging es nicht so sehr um Erziehung, sondern eher das hier:

Ein kleines Glück, mitten im Alltag, ein Junge, der mit "nichts" spielte, mit dem zufrieden, was sich ihm bot. Ein Vater, der ihn gewähren ließ und der so viel Zeit hatte, zuzusehen.
LG Doc
 
U

USch

Gast
Hallo doc,
das war mir schon klar. Doch Glück entsteht eben, wenn Offenheit für das Geschehenlassen vom Vater da ist. In der Praxis sieht man ja leider oft das Gegenteil. Genervte, ungeduldige Eltern, die dauernd einschreiten und dem Kind somit Eigenerfahrungen vorenthalten. Das gilt doch auch für die Beziehung von Erwachsenen untereinander.
LG USch
 

Nosie

Mitglied
Servus, DocSchneider
Auch mir gefällt dein Text und er trifft sehr gut, was Glücklichsein auch für mich bedeutet. Es sind nicht die großen Ereignisse, sondern die alltäglichen Momente. Wir sind von ihnen immer umgeben, nur sind wir leider nicht immer in der Lage, sie auch als solche zu erkennen. Die Tage, an denen es uns aber gelingt, das sind die wahrhaft glückliche Tage.
Liebe Grüße
Gertraud
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Nosie,

freut mich, dass auch Du die kleinen Momente des Glücks, denn nur daraus besteht es, erkennst und magst. Manchmal übersieht man es im Alltag.

Viele Glücksmomente wünscht Dir

Doc
 
C

cellllo

Gast
Hallo DocSchneider

DANKE für dieses schöne "Bild": So schön beschrieben für die LL,
wo es hoffentlich von vielen jungen Eltern, jungen Babysittern und älteren Enkelsittern gelesen, ins Gedächtnis eingebrannt und dann vielfältig variiert verwirklicht werden möge...

Der zweite Abschnitt ist soooo schön und wichtig, dass mir der erste Teil nachträglich fast einen Tick zu lange erscheint, bzw. könnte deutlicher zum Ausdruck kommen, dass Du inmitten all der Fachkundigen hektisch Zweck-Orientierten als FachUNkundige, die "nur" etwas Grünes sucht, eigentlich bereits verwandt bist mit dem Kind, das sich "nur" auf diese paar Holzscheite konzentriert...

Sehr schön angedeutet, wie Du dann "nur" an das erlebte "Bild" denkst und Erde und Nässe deiner Pflanze vergisst..... Sehr schön !
cellllo
 



 
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