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Bo-ehd

Mitglied
Warum, verdammt nochmal, kriege ich kein Auge zu? Wie spät ist es überhaupt? Ich schaue auf meine digitale Uhr. Dreiviertelzwei! Grundgütiger! Um halbsieben ist die Nacht zu Ende. Das Meeting in der Firma ist für halbacht angesetzt. Da muss ich den Vierteljahresbericht vortragen und erläutern. Ich kann doch nicht hundemüde vor die Chefetage treten! Es ist totenstill in meinem Schlafzimmer. Nur Evas Uhr ist zu hören.
Tick … tick … tick.
Eva, meine über alles geliebte Eva! Würde sie neben mir liegen, würde ich selig schlafen. Aber sie ist mal wieder auf Geschäftsreise. Seit sie die Marketingabteilung leitet, ist sie fast jede Woche für 2 oder drei Tage unterwegs. Das ist neu für mich. Sechzehn Jahre lang liegt sie jede Nacht neben mir. Wie man sich daran gewöhnt! Übernachtet sie auch nur eine Nacht auswärts, fehlt mir etwas. Ihr ruhiger sanfter Atem, ihre offenen Haare über ihrer Bettdecke, ihre schlanken Hände, auf denen manchmal ihr Kopf ruht, wenn sie auf der Seite liegt. Sie fehlt mir so sehr.
… tick … tick … tick.
Wie spät ist es? Fünf vor drei – und ich werde immer wacher. Warum sucht sie sich nicht einen ruhigeren Job? Dann wär‘ bei ihr der Stress raus, und ich könnte ruhiger schlafen wie immer. Aber nein, sie musste diesen mörderischen Job annehmen. Scheiß Karriere! Warum machts sie das nur? Am Geld kann es nicht liegen. Wir haben genug. Außerdem hat sie geerbt. Dieses Mal musste sie nach Kehl am Rhein, aber übernachten tut sie in Straßburg. Des Essens wegen, hat sie mir versichert. Kann ich gut verstehen.
Tick … tick … tick
Eva reist nie ohne ihren Assistenten. Lobinger kam frisch von der Uni und hat von der praktischen Arbeit null Ahnung. Er ist zehn Jahre jünger als Eva, ein richtiger Schnösel, der tut, was sie sagt, weil er mit ihrer Hilfe die Karriereleiter erklimmen will. Lobinger, der Shooting Star – träum weiter, du Dackel.
Einen Moment kommen mir meine Gedanken abhanden. Ich denke an nichts, dafür wird Evas Uhr immer lauter. Wieso stellt sie sich dieses unförmige Ding mit dem altmodischen Holzrahmen auf das Nachtschränkchen? Das Uhrwerk ist lauter als jede Billiguhr aus China. Wie nervig!
... tick … tick … tick
Ich schaue über das leere Bett hinweg. Die leuchtenden Zeiger bringen mich fast zur Verzweiflung. Viertel nach drei. Und es wird immer später. Tickticktickticktick.
Ich bin glockenwach. Eva, der Schnösel, mein Vortrag und immer wieder dieser verdammte Wecker. Mir platzt der Kragen. Ich beschließe, dieses Scheißding aus dem Fenster zu werfen und wälze mich in Evas Bett, strecke den Arm aus, um dieses penetrante Ungetüm zu ergreifen. Meine linke Hand legt sich auf das Gehäuse, und während ich sie aufhebe, spüren meine Finger Drähte auf der Rückseite. Ein Wecker, aus dem hinten ein paar Drähte heraushängen? Was ist das denn!
Tick … tick … tick
Tick … tick
Tick
 

rubber sole

Mitglied
Hallo Bo-ehd,

zwar weiß ich nicht, ob das Teil zum mörderischen Job gehört, aber eines ist sicher: Das Ding muss weg!

Gruß von rubber sole
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo rubber sole,
und was lernen wir daraus? Laute Wecker grundsätzlich wegschmeißen, bevor sie explodieren. Und ja, es gehört natürlich dazu.
Gruß Bo-ehd
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Horst,
danke für den Regen. Es ist immer schwierig, ultrakurze Geschichten zu schreiben. Da ist mehr manchmal weniger Arbeit. Schön, dass sie dir gefallen hat.
Gruß Bo-ehd
 
Hallo Bo-ehd,

ein unerwartetes Ende. Dabei hätte ich mir das eigentlich denken können - aber ich hatte die falsche Fährte, dachte eher daran, dass Eva mit dem Schnösel fremdgeht - auch wenn das eine das andere nicht ausschließt. Gut geschrieben!

LG SilberneDelfine
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo SilberneDelfine,
deine Fährte war schon richtig. Eva geht mit dem Schnösel fremd, und um sich vom "Ballast Ehemann" dauerhaft zu befreien, basteln sie die Bombe. Die Uhr als Zeitzünder ist perfekt, weil ihnen der das Alibi garantiert.
Danke für deinen Kommentar und die Sterne.
Gruß Bo-ehd
 



 
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