Klimadioten (1/4)

Elso Damrow

Mitglied
Allgemeine Vorabinfo : Die Handlung ist in einem fiktiven Staat innerhalb Westeuropas angesiedelt, also nicht in Deutschland.


1
Montag

In einer Industriebrache im Westen der Hauptstadt.

Robert durchquert mit langen Schritten die fußballfeldgroße Montagehalle. Nach einer spektakulären Pleite steht der gesamte Gebäudekomplex schon seit Langem leer. Jeder Schritt hallt hohl in dem großen Raum wieder. Das spärliche Licht, das durch die wandhohen, zumeist geborstenen Fenster hineinfällt, sorgt mehr für lange Schatten, als dass es ihm hilft, den Durchgang zu den hinteren Räumlichkeiten zu finden.

Sein Ziel ist ein altes Büro, rechts neben der Tür meint er noch gerade eben das Wort ›Schichtleitung‹ erkennen zu können. Nachdem er den Raum betreten hat, stellt er fest, dass sich die restlichen Mitglieder der Gruppe versammelt haben. Kurz murmelt er einen Gruß, der nickend erwidert wird.

Wir kämpfen aktiv für den Schutz des Klimas und plappern nicht nur irgendwelche Parolen nach, weil es gerade modern ist. Wir sind diejenigen, die das Unangenehme, aber zwingend Notwendige tun.‹, denkt Robert mit Stolz, während er sich in dem Raum umschaut. Unter der Decke brummte eine unverkleidete Leuchtstoffröhre vor sich hin. Auf einem Tisch steht ein Laptop mit angeschlossenem Beamer.

Wo holen die hier bloß den Saft für die Gerätschaften her?‹, geht es ihm durch den Kopf ›, …hier ist der Strom garantiert abgesperrt und einen Dieselgenerator vermag ich nicht zu hören.

Gestern war er noch im Einsatz und hat als Zeichen für den Klimaschutz einen Strommast flachgelegt. Ein Vorort im Süden der Stadt lag deshalb über drei Stunden im Dunkeln. Mit Wohlbehagen erinnerte er sich an das erhebende Gefühl, welches ihn befiel, als er dort anschließend mit seinem Wagen durch die Straßen fuhr. Nur seine Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit. Keine Laterne spendete Helligkeit, alle Fenster waren tiefschwarz. Fast schon ein kleiner Triumphzug, nur der Konfettiregen fehlte.

Ungünstig für ihn war lediglich der Umstand, dass Robert vorher vergessen hatte zu tanken, so musste er drei Stunden an einer Zapfsäule ausharren. Erst als der Strom wieder da war, funktionierten die Pumpen und er konnte seinen nimmersatten Geländewagen betanken.

Das war mir eine Lehre, so eine Pleite passiert mir nicht noch mal …‹, dachte er selbstkritisch mit leicht verzerrtem Gesicht, ›Scheiße, wenn die Bullen was gedibbert hätten, wäre ich nicht mal da weggekommen.

Das Öffnen der Türe an der Stirnseite des Raumes reißt ihn aus seinen Gedanken. Schlagartig wird es still. Gespannt blicken alle der Person entgegen, die den Raum betritt. Mit einem Nicken grüßt der Gruppenleiter Edwin Kuhnert die Mitglieder seine Gruppe und sagt: »Männer …«

Ein lautstarkes Räuspern unserer weiblichen Mitglieder unterbricht ihn.

»Entschuldigung … Ähhh Kämpfer …, Nee … Moment … Kämpferinnen und Kämpf… Mmmm blöd … Ahh! Kämpfende für das Klima, es ist an der Zeit, unsere Aktionen auf eine andere Stufe zu stellen.«, beginnt er erneut mit seiner Rede.

Erstaunt blickt Robert auf und denkt verwundert, ›Wieso denn das, läuft doch ganz gut, ständig sind wir in den Nachrichten, passt doch alles.

Als hätte Kuhnert seine Gedanken erahnt, fährt er fort, »Das Kappen der Stromversorgung, das Sprengen von Tankstellen oder das Abfackeln von Autohändlern bringt uns nicht weiter.«

Na ja, das mit den Tankstellen ist auch wirklich blöd, bei meiner Karre ist der Tank laufend leer …‹, stimmt Robert ihm nickend zu.

»Nicht die Zerstörung ist Ziel unseres Handelns, sondern das Bewahren und der Schutz der Umwelt. Män… ähhh Anwesende, wir können noch Jahre so weitermachen wie bisher, es wird nichts bringen. Wir müssen die Entscheider überzeugen.«, wieder unterbricht ein vehementes Räuspern seinen Redefluss.

Leicht irritiert blickt er auf, bis sich sein Blick verstehend klärt, »Richtig ist natürlich, die Entscheidenden überzeugen.«, fährt er fort.

»Und wie soll das funktionieren, die behaupten wir wären Terroriste… ähh nee … Terrorisierende! Die Einzigen, die mit uns reden würden, wären die von der Staatsanwaltschaft und mit denen will ich nicht reden müssen.«, wirft Robert irritiert ein.

»Dessen sind sich die Mitglieder der Leitungsebene bewusst und genau deshalb ändern wir unsere Handlungsstrategie.«, fährt Kuhnert in seine Richtung blickend fort, »Und genau wir haben die Ehre den ersten Schlag der neuen Strategie durchzuführen.«

Ein erstauntes Gemurmel erhebt sich im Raum. Gespannt blicke ich mich um, Edwin hat unsere vollständige Aufmerksamkeit. Bevor er seine Ausführungen fortsetzt, schaltet er den Beamer ein. Nach kurzer Zeit wird das Bild der Wirtschaftsministerin an die Wand geworfen.

»Das ist Lydia Musalke, die Wirtschaftsministerin unseres Landes.«, dozierte Kuhnert überflüssigerweise.

Was soll das, wir werden garantiert nichts aus irgendwelchen Fördertöpfen bekommen …‹, denkt Robert stirnrunzelnd.

»Ihrem Ministerium ist die Energiepolitik zugeordnet. Was dort entschieden und geplant wird, ist also für unsere Ziele von zentraler Bedeutung.«, fährt der Gruppenleiter in ruhiger Tonlage fort.

»Keine wirklich neue Erkenntnis, was soll das? Soweit man weiß ist die Musalke knallhart, durch einen höflichen Anruf oder ein paar gesäuselte Worte werden wir die nicht beeindrucken.«, wirft einer meiner Mitstreiter unwirsch ein.

»Geduld, Geduld, dazu komme ich gleich.«, sagte Kuhnert mit beschwichtigender Geste, während er eine Taste des Laptops drückt und sich das Bild an der Wand ändert. Nun blickt uns das Gesicht eines jungen, vielleicht vierzehn- oder fünfzehnjährigen Mädchens entgegen.

»Dies hier ist Melissa Musalke, das einzige Kind unserer geschätzten Ministerin.«, fährt Edwin fort.

Ja toll, die hat ´ne Tochter … Und weiter?‹, denkt Robert irritiert.

»Haben wir Melissa, so sollte es uns möglich sein, die ach so knallharte Ministerin zu beeindrucken.«, lässt der Gruppenleiter süffisant die Katze aus dem Sack.

Schweigen, kein Mucks ist zu hören, fast scheint es als hätten die Anwesenden das Atmen vergessen.

Nach fast einer Minute reißt sich Saskia aus der Schockstarre los und fragt, »Moment, wir reden hier über Kidnapping … Über Kidnapping an dem Kind einer Ministerin … Verstehen wir das richtig.«

»Das versteht ihr vollkommen richtig.«, wird sachlich kühl erwidert.

Eine andere Mitkämpferin will wissen. »Wer A sagt, muss auch B sagen, wenn die Frau Ministerin nicht mitspielen sollte, was wird dann aus dem Mädchen?«

»Um es klar zu sagen, unser Gesicht dürfen wir nicht verlieren, wenn wir da dann klein beigeben können wir auch direkt einpacken. Hoffen wir das Beste.«, antwortete Kuhnert mit unbewegtem Gesicht und fährt fort »Wenn wir das Ziel des unbedingten Klimaschutzes nicht erreichen, wäre das Leben der Kleinen sowieso nicht lebenswert. Wir müssen das große Ganze im Blick behalten und standhaft bleiben.«

Phuu, harter Tobak, nicht leicht zu schlucken, nach langer Diskussion einigt man sich darauf, dass eine Mutter ihr Kind nicht hängen lässt und die Ministerin deshalb sehr wahrscheinlich nach einem bisschen Hin und Her einlenken wird.

Nachdem die Gruppe sich für den Strategiewechsel entschieden hat, befasst man sich mit der Frage, wie man sich denn des Kindes der Ministerin bemächtigen soll.

»Melissa geht noch zur Schule und wir haben dort einen Mittelsma… ähhh ich meine natürlich eine Vertrauensperson, die uns intern unterstützt. Am Ende der Sportstunde müssen immer zwei Schü… Ach man egal …ler die genutzten Sportgeräte zurückräumen. Dabei sind sie rund zehn bis fünfzehn Minuten allein und die Sporthalle wird von außen zugänglich sein. Übermorgen wird Melissa dazu eingeteilt. Das ist unsere Chance.«, doziert Kuhnert.

»Also, Übermorgen nach der Sportstunde ist Melissa und ein weiteres Mädchen allein in der Sporthalle, wir schnappen uns Melissa und was ist mit dem anderen Kind?«, will Norbert skeptisch wissen.

»Das Zauberwort heißt Chloroform, ihr lasst beide Mädchen daran schnuppern und schnappt euch Melissa. Das andere Mädel bleibt einfach da.«, wird geantwortet.

Nickend denkt Robert, ›Hört sich gut an, das Wort Penne für Schule bekommt so eine ganz neue Bedeutung.‹

Rechts von mir wird gefragt, ob wir mit Personenschutz oder Ähnlichem rechnen müssen.

»Nein, Melissa wird lediglich gebracht und wieder abgeholt, in der Schule gibt es keinerlei besondere Schutzmaßnahmen.«, wird uns beruhigend mitgeteilt.

Abschließend werden noch einige Feinheiten besprochen und schon ist die Gruppe im Kidnappergeschäft für die gute Sache.




2
Mittwoch

Zwei Tage später fährt Robert mit Norbert und Saskia in einem stilecht grünen Lieferwagen an der Schule vor. In Windeseile hatte man die Karre noch am Tag zuvor organisiert. Links und rechts an der Seite prangt jeweils ein notdürftig angebrachtes Schild mit der Aufschrift ›Fit for all Sportgeräte GmbH‹. Klasse was man heute so alles auf die Schnelle mit dem Computer hervorzaubern kann. Sieht alles total echt aus.

Die Zufahrt zum Hof wird durch ein geschlossenes Tor verwehrt. Saskia steigt aus, um den Hausmeister zu suchen. Während sie unterwegs ist, lässt sich Robert den Plan noch einmal durch den Kopf gehen. ›Von zentraler Bedeutung ist es, dass wir mit der Karre bis an die Turnhalle kommen, welche ein wenig abseits im hinteren Bereich des Schulgeländes liegt. Der Mittelsmann hätte unser, als Handwerker getarntes Team angemeldet und wir könnten über den Hof bis an den Seiteneingang der Turnhalle vorfahren. Dort dann ein wenig geschäftig herumwuseln, bis das Ertönen des Schulgongs der Sportstunde ein Ende setzt. Kurz warten, um den restlichen Schülern der Klasse die Gelegenheit zu geben, den Ort des Geschehens zu verlassen, ich schnappe mir Melissa und Norbert kümmert sich um die andere Göre. Saskia sichert den Ausgang und hält die Augen auf.

Ein wenig nervös öffnet er das Handschuhfach und stellt erleichtert fest, dass dort das Chloroform mit zwei Tüchern bereitliegt. Beruhigt setzt Robert seinen Gedankengang fort, ›Die restlichen zwei Leute unserer Gruppe stehen mit einem anderen Fahrzeug in einer ruhigen Seitenstraße unweit der Schule bereit. Nach dem Fahrzeugwechsel gehen dann auch die Sofortmaßnahmen der Bullen erst mal ins Leere. Super, das Ganze wird ein Kinderspiel und ist auch viel weniger Maloche als so einen Strommast flachzulegen.‹ Während er seinen Gedankengang beruhigt abschließt, kommt Saskia mit einem älteren Mann um die Ecke. Ein grauer Kittel, Hut und Zigarrenstummel zwischen den Zähnen lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie den Hausmeister gefunden hat. Das Tor wird geöffnet und keine zwei Minuten später stehen wir mit dem Wagen einsatzbereit vor dem Seiteneingang der Turnhalle.

*​

»Sag mal Melissa, hattest Du nicht letztens erst den Job die Sportgeräte wegzuräumen?«, fragt Fiola verwundert.

»Hmm, ja klar. Verstehe ich auch nicht, als ob der Mist hier mein Hobby wäre. Was meinst Du, hat der Kappler was gegen mich?«, fragt Melissa missmutig.

»Dr. Kappler? Der Typ ist schon ziemlich daneben. Ich glaube aber nicht, dass der Dich irgendwie auf dem Kieker hat.«, antwortete Fiola nachdenklich.

»Ach was solls. Ist heute nicht viel, Du die Bälle, ich die Pylonen. Keine zehn Minuten dann sind wir fertig«, sagt Melissa und greift sich die erste Pylone.

Bevor Fiola ihre Zustimmung signalisieren kann, öffnet sich die große Außentür und zwei Männer betreten die Halle. Obwohl diese mit einem Arbeitsoverall bekleidet sind, vermitteln sie nicht den Eindruck von Handwerkern, auf dem Weg zu ihrem Arbeitsort.

Was wollen die denn hier?‹, fragt sich Melissa unwillkürlich, ›Nach der Pause ist die Halle doch wieder belegt. Was wollen die, in den paar Minuten denn erledigen. Und dann noch ohne Werkzeug … Da stimmt doch was nicht!‹, führt sie alarmiert ihren Gedankengang fort.

Ein kurzer Seitenblick auf Fiola, lässt sie erkennen, dass auch diese, voller Misstrauen den obskuren Handwerkern entgegenblickt.

Nach kurzer Orientierung kommen beide Männer, spöttisch grinsend auf die Mädchen zu. Deutlich sind helle Tücher zu erkennen, welche sie jeweils in einer Hand halten.

»Entspannt euch Mädels, dann wird niemandem etwas Ernstes geschehen«, sagt der rechte Handwerker. Erst jetzt fällt den Schülerinnen auf, dass große dunkle Sonnenbrillen jeweils weite Teile des Gesichtes verbergen.

Norbert erreicht Fiola und hebt die Hand, um dem Mädchen das Tuch vor Mund und Nase zu drücken. Als er zu diesem Zwecke die tuchumschließende Hand öffnet, greift sich Fiola seinen Mittelfinger und biegt diesen, bis es deutlich vernehmbar knackt, nach hinten um. Norbert wird blass und reißt erschrocken die Augen auf, das Tuch entgleitet seiner Hand und fällt zu Boden. In einer geschmeidigen Bewegung tritt Fiola einen Schritt zurück, dreht sich in einer fließenden Bewegung, fast schon pirouettenhaft elegant, auf einem Bein. Der anschließende Tritt, der Norbert zielgerichtet und kraftvoll auf dem Solarplexus trifft, raubt diesem den Atem und sorgt dafür, dass sein anstehender Schmerzensschrei lediglich in einem leisen Röcheln endet. Fiola ist die amtierende Karatejugendmeisterin der Stadt. Während Norbert zu Boden geht, denkt sie, ›Prima, endlich kann ich mal durchziehen, ohne auf meinen Sparringspartner Rücksicht nehmen zu müssen … Eigentlich schade, dass dieser Schlappschwanz schon fertig ist … Aber da ist ja noch jemand.

*​

Mit Entsetzen sieht Robert, wie Norbert innerhalb von maximal zwei Sekunden von einem aufrechten Kämpfer für das Klima in ein wimmerndes vor sich hin röchelndes Etwas auf dem Hallenboden degeneriert ist. Gegen diese kampferprobte Killeramazone hat er nicht den Hauch einer Chance.

Als sich eine Pylone mit aller Kraft in sein Gesicht bohrt, wird ihm klar, dass er ob der jüngsten Ereignisse Melissa völlig vergessen hat. Nach der Attacke hängt die Sonnenbrille schräg über seiner Nase, während er zurückwankt und dabei über einen Medizinball stolpert, registriert er, dass ihn dieser feige und hinterhältige Angriff mindestens einen Schneidezahn gekostet hat. Als Robert sich leicht benommen wieder aufrappeln will, hört er Melissas Freundin sagen, »Lass ihn mir, endlich kann ich mich einmal richtig einbringen.«

Darauf hoffend, dass man, in den Kreisen seiner Kontrahentinnen, auf dem Boden liegenden Gegnern Gnade entgegenbringt, verzichtet er vorsichtshalber auf das Aufstehen und versucht, rückwärts kriechend den Ausgang zu erreichen.

Während er zentimeterweise der rettenden Türöffnung entgegenkraucht, hört er hinter sich Saskia rufen »Genug gespielt, das war es dann. Hände hoch … Sofort, sonst knallt es.«

Erstaunt sieht er, dass die beiden Mädchen erstarrt verharren und mit aufgerissenen Augen auf einen Punkt hinter ihm blicken. Als er sich umwendet, sieht er Saskia breitbeinig mit einer Pistole im Anschlag in der Türöffnung stehen.

Erleichtert atmet Robert auf, noch kann sich alles zum Guten wenden.

Der Rest ist dann einfach, zuerst wird die feminine Kampfmaschine mit äußerster Vorsicht und einer doppelten Portion Chloroform schlafen gelegt. Nachdem dann auch Melissa sanft schlummert, wird sie zum Wagen geschleppt. Extra für ihren Transport hatte man am Vortag noch eine Kiste umgebaut. Gepolstert und mit jeder Menge Luftlöchern versehen, wird das Ministertöchterlein darin, so sicher wie in Abrahams Schoß, an Ihrem Bestimmungsort eintreffen.

Langsam lenkt Saskia den Wagen vom Schulhof auf die Straße, während Robert mit der Zunge die neue dentale Topografie in seinem Mund erkundet und Norbert hinten irgendetwas von gebrochen, Schmerzen und Arzt brabbelt, fahren wir unserem Ziel entgegen.

Die Mission wurde allen Widrigkeiten zum Trotz erfolgreich beendet. Nun hat man das ultimative Argument, um die Wirtschaftsministerin zu beeindrucken, auf seiner Seite.




3
Als Chefinspektor Lars Winkleer und seine Kollegin Rhea Bruchheim am Tatort eintreffen, ist Winkleer stinksauer, der altehrwürdige Dienstwagen hatte schon wieder den Dienst verweigert. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, sind sie der Einfachheit halber mit Bruchheims Privatwagen zum Einsatzort gefahren. Sich in diese tiefergelegte Flunder zu quälen ist nun wirklich nichts mehr für Menschen in seinem Alter. Das höhnische Grinsen seiner Kollegin versucht er tapfer zu ignorieren.

Das geht so nicht weiter, zwei Beschaffungsanträge für einen neuen Wagen wurden schon abgelehnt, jetzt mach ich Druck …‹, nimmt sich der Chefinspektor grimmig vor, während ein junger Streifenpolizist sie über das Schulgelände zum eigentlichen Tatort führt.

Alles ist abgesperrt, außer einem Krankenwagen, welcher unweit des Halleneingangs mit offenen Hecktüren steht, vermag er keine polizeifremde Person zu erblicken. ›Da haben unsere Kollegen saubere Arbeit geleistet.‹, denkt er anerkennend nickend.

Ein älterer uniformierter Beamter kommt zielstrebig auf sie zu und stellt sich als Peer Thorba vor.

»Um 10:48 Uhr ging der Notruf ein, knapp zehn Minuten später traf der erste Streifenwagen ein.«, beginnt Thorba seine Ausführungen.

»Fahren Sie fort.«, sagt Bruchheim ungeduldig.

»Ein Lehrer wollte vor seiner Sportstunde kurz nachschauen, ob alles ›Klar‹ sei, wie er sich ausdrückte, dabei fand er die besinnungslose Schülerin vor, rief den Rettungsdienst und leistete Erste Hilfe, an eine Straftat hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedacht. Irritiert hätte ihn jedoch, dass die große Seitentür sperrangelweit offenstand.«, setzt Thorba seinen Bericht fort.

»Das hört sich erst mal alles plausibel an, wie ging es weiter?«, will Winkleer nickend wissen.

»Kurz nachdem der Krankenwagen gekommen war, wäre das Mädchen dann erwacht. Zunächst seien ihre Angaben noch etwas wirr und unklar gewesen. Deshalb hätte man ihr nicht sofort geglaubt, als sie von der Entführung berichtete. Erst als das Entführungsopfer in der Schule nicht auffindbar war, rief man dann viel zu spät die Polizei.«, führt der Polizist weiter aus, wobei er den letzten Satz deutlich betont.

»Wieso viel zu spät?«, hakt Winkleer sofort nach.

»Oh, ich nahm an, Sie wüssten es schon, die Meldung ging sofort per Polizeifunk an alle Einheiten raus … Das Entführungsopfer ist Melissa Musalke, die Tochter der Wirtschaftsministerin.«, erklärt Thorba.

»Nein, das wussten wir noch nicht, wir sind mit dem Privatwagen meiner Kollegin hier, der hat kein Funkgerät. Schöne Scheiße«, murmelt der Chefinspektor überlegend.

»Rhea, sorge bitte dafür, dass unverzüglich eine Warnung an die Mitglieder der Regierung herausgeht und alle notwendigen Schutzmaßnahmen ergriffen werden, auch für die direkten Angehörigen.«, weist Winkleer seine Kollegin an. Diese nickt verstehend und zieht sich mit ihrem Mobiltelefon in den Hintergrund zurück.

»Welche Sofortmaßnahmen laufen hier vor Ort?«, will Winkleer wissen.

»Die Spurensicherung ist bereits am unmittelbaren Tatort zugange, der Schuldirektor wurde angewiesen, dafür zu sorgen, dass alle Schüler in den jeweiligen Klassenzimmern verbleiben. Zurzeit wird das gesamte Personal befragt, wer gerade keine Klasse beaufsichtigt wurde aufgefordert, sich im Lehrerzimmer einzufinden. Der Hausmeister berichtet von einem grünen Lieferwagen einer Sportgerätefirma, eine entsprechende Fahndung ist bereits eingeleitet.«, wird dem Chefinspektor mitgeteilt.

»Hmm gute Arbeit, was ist mit dem bewusstlosen Mädchen?«, fragt Winkleer abschließend, während er die Befragung des Hausmeisters ganz oben auf seine Agenda setzt.

Kurz zieht Thorba seine Notizen zurate, bevor er antwortet, »Sie heißt Fiola Korbas, der Notarzt nimmt an, dass sie mit Chloroform betäubt wurde. Die Kleine ist schon wieder erstaunlich fidel und möchte unbedingt noch aussagen, bevor sie zur Sicherheit ins Krankenhaus gebracht wird. Sie sitzt auf der Liege im Krankenwagen, bis jetzt bin ich noch nicht dazu gekommen, mit ihr zu sprechen.«

»Kein Problem, das erledige ich gleich. Sonst noch was?«, erkundigt sich der Chefinspektor.

»Ja, der Direktor will wissen, ob beziehungsweise wann er die Schüler nach Hause schicken kann.«, fragt Thorba.

Kurz überlegt Winkleer, bevor er antwortet »Ich denke die Schüler können gehen … Wobei … Moment, vorher soll er über die Sprechanlage eine Durchsage machen. Alle Schüler, die etwas gesehen oder gehört haben, sollen sich bei ihren Lehrern melden. Der Rest kann dann gehen.«

Der Polizist nickt verstehend und zieht sich zurück.

Grübelnd geht Winkleer in Richtung des Krankenwagens, ›Die Tochter der Ministerin ist garantiert kein Zufallsopfer und so wie sich das abzeichnet, wussten die Entführer genau, wo sich Melissa wann aufgehalten hat, ohne hier einen Informanten zu haben, ist das undenkbar.

Nachdem er dem Rettungssanitäter grüßend zugenickt hat, steigt er in den Krankenwagen, auf der Trage sitzt ein etwa vierzehn Jahre altes Mädchen. Freundlich und ruhig stellt der Chefinspektor sich vor.

»Mensch das wird auch Zeit, seid ihr immer so lahm?«, sagt Fiola genervt.

Winkleer schmunzelt und sagt, »Nun bin ich ja da, dann leg mal los.«

Während die Zeugin die Geschehnisse schildert, macht Winkler sich Notizen und denkt, ›Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt … Den Ablauf hatten sich unsere Entführer sicherlich anders vorgestellt, die haben Federn lassen müssen, wir können also auf Spuren hoffen.

Als der Ermittler sich dankend verabschiedet und den Krankenwagen wieder verlassen hat, wird er direkt von Bruchheim empfangen, »Alles erledigt, in der Turnhalle war ich auch schon, da geht alles seinen Weg. Hoffentlich haben die Kollegen von der Spurensicherung Erfolg.«, informiert sie ihren Kollegen.

Winkleer berichtet Rhea seinerseits über das, was er bisher erfahren hatte.

»Du hast recht, dem Hausmeister sollten wir jetzt direkt als Erstes auf den Zahn fühlen. Die Entführer saßen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in diesem grünen Lieferwagen.«, stimmt sie Winkleer zu.

*​

Kurze Zeit später sitzt der Chefinspektor mit seiner Kollegin in einem Klassenzimmer, nur Minuten später betritt ein älterer Mann den Raum. Ausgestattet mit Hut, grauem Kittel und einer Zigarre zwischen den Zähnen wirkt er wie irgendwie nicht an diesen Ort gehörend. »N’Tach, Pawel Tagmann mein Name, der Direktor sacht sie wollen mir sprechen.«, stellt er sich vor, bei jedem Wort tanzt die Zigarre wild auf und ab.

»Ich bin Chefinspektor Winkleer, dies hier neben mir ist die Inspektorin Bruchheim. Sie sind der Hausmeister dieser Schule, richtig?«, stellt Winkleer seine Kollegin und sich vor.

»Schon übba dreißig Jahre, hier jibbet keene Ecke die icke nich kenne. Wat wollnse wissen, Meester?«, antwortet Tagmann, während er sich umständlich auf den bereitstehenden Stuhl fläzt.

»Soweit ich weiß ich das Rauchen in der Schule nicht gestattet, wie passt Ihre Zigarre dazu?«, kann es sich Bruchheim nicht verkneifen den Hausmeister zu fragen.

»Brauchen Gnädigste ‘ne Brille, sehn se dat Dingen qualmen? Rauchen tue ick schon zehn Jahre lang nich mehr, brauch aber wat zwischen de Zähne. Sind Gnädigste wirklich von ´ner Polente oder vielleicht von ´ne Schulaufsicht?«, antwortete der Hausmeister.

Winkleer grinste, Bruchheim erwiderte leicht pikiert, »Ist ja schon gut … und ich bin nicht ihre Gnädigste.«

»Is schon klar, Gnädigste.«, kam als Antwort.

»Lassen wie das, wir haben Wichtigeres zu tun. Herr Tagmann, zunächst möchten wir wissen, ob das Tor zum Hof normalerweise verschlossen oder nur zugezogen ist.«, lenkt Winkleer das Gespräch in die wesentlichen Bahnen.

»Offen is tagsüber nur dat kleene Türchen für dat Fußvolk, also für de Schüler und so. Dat jroße Tor is dicht. Den Schlüssel dazu den hab ick immer am Mann.«, erklärt der Hausmeister.

»Und die Außentür zur Turnhalle, wie sieht es damit aus?«, will der Chefinspektor es genau wissen.

»Is’n Fluchtweg, von außen eigentlich immer dicht, von Inne kannste so raus. Kannste aba auch aufschließen, dann kannste och von draußen rein.«, brilliert der Hausmeister mit seinem umfangreichen Fachwissen.

Winkleer nickte und Bruchheim stellt fest »Also ohne Sie oder zumindest ohne ihre Kenntnis kommt hier kein Fahrzeug rein.«

»Genau, Gnädigste so isset.«, wird ihr erwidert.

»Wenn Sie ein Fahrzeug eingelassen haben, verschließen sie das Tor dann wieder oder lassen Sie es auf?«, bohrt der Chefinspektor nach.

»Hmm, kommt drauf an, wenn die nich lange brauchen, also nur wat abholen oder so, dann lass ick scho‘ma auf und mach dann nachher zu. Und ick sach‘et direkt, dat war vorhin och so. Die wollten wat vonne Turnhalle zum Reparieren holen.«, antwortet Tagmann.

Bruchheim hakt mit zusammengekniffenen Augen nach, »Moment, hier kann also jeder anklopfen, sagen er wolle irgendwas abholen und Sie lassen den dann einfach so rein?«

»Mitnichten Gnädigste, entweder hab ick dat eingestielt, dann weeß ick och Bescheid oder der, der dat angeleiert hat, schreibt mir wer, wat wann machen soll un so weiter. Da ham ’wa sogar extra ´ne Formular für. Dat für die von heut‘ Morgen hab’ ich direkt ma eingepackt, weil ick mir jedacht hab, dat se dat interessieren tut.«, während die tanzende Zigarre zur Ruhe kommt, fängt Tagmann an, in seinen Taschen zu kramen, einige Fehlversuche später, zieht er ein Blatt Papier hervor, legt es mit einem »Bitte schön, Gnädigste« auf den Tisch.

Mit spitzen Fingern zieht die Inspektorin das Blatt Papier zu sich über den Tisch. Tatsächlich wird die Abholung eines Sportgerätes durch die Firma ›Fit for all – Sportgeräte GmbH‹ angekündigt, Abholtermin und Zeit passen, die Unterschrift ist allerdings unleserlich.

Obwohl Winkleer nicht glaubt, dass sich nach dem Transport durch den Hausmeister noch viele Spuren finden lassen, tütet er das Schreiben vorsichtig in einen Beweismittelbeutel ein.

Bruchheim will wissen, »Von wem ist dieses Schreiben hier?«

Erstmalig wird Tagmann etwas nervös, die Zigarre nimmt er aus dem Mund, während er sagt, »Nun, Gnäd… ähh Frau Bruchheim, dat is jetzt ´ne echte Pleite, dat weeß ick nämlich nich. Dat Dingen lag so inne Verteiler, auffe Unterschrift hab ick nich richtig geguckt. Da kommt doch auch keener dran der nich vonne Schule is. Dat hat alle Jahre lang gepasst. Also echt, ick schwör dat lag so inne Verteilerfach.«

Bruchheim schnaubt und bohrt nach, »Und wann wollen Sie das Schreiben in Ihrem Verteilerfach gefunden haben? Oder ist es nicht vielleicht eher so, dass Sie das Formular gerade eben auf die Schnelle selbst gebastelt haben?«

Der Hausmeister reißt erschrocken die Augen auf und sagt mit überschlagender Stimme, »Nein ehrlich, dat ist echt wahr, dat Dingen lag heut‘ Morgen in mein Fach, einfach so. Ich war dat nich, ehrlich so wat mach ich nich.«

»Wo wir gerade beim Thema Pleiten sind, wie sind die Täter in die Turnhalle gekommen? Die Außentüre der Halle müsste, Ihren Angaben nach, ja verschlossen gewesen sein.«, legt der Chefinspektor den Finger in die Wunde.

»Jaaa, nun ähhh ...«, windet sich Tagmann und streicht fahrig mit seiner Hand über das Gesicht, »also ... so als Hausmeester von son’ne Schule wie die hier, dat is’n totale Stressjob, da kannste nicht ewig überall hinrenne ..., wenn icke da weeß da kommt einer, dann mach ick scho’ma’ morgens uff, wenn da eener kommen will.«

»Schon mal?«, will Bruchheim es konkreter.

»Nun ... ähhh ... also ... eigentlich immer«, wird Tagmann immer kleinlauter.

Winkleer überdenkt das Gehörte, während Bruchheim zu ihm herüberblickt, ›Hmm, die Sache mit dem Formular ist dünn. Gut möglich, dass man es ihm untergejubelt hat, genauso gut kann er es selbst erstellt haben, um etwas vorweisen zu können. Auf der anderen Seite passt eine solche Raffinesse nicht zu ihm. Das mit dem Offenlassen der Außentüre wird hier wahrscheinlich auch fast jeder gewusst haben. Nein, ich glaube nicht, dass der etwas mit der Sache zu tun hat. Auch wenn er nicht vom Haken ist, tippe ich darauf, dass sich jemand seine fahrlässigen Gewohnheiten zunutze gemacht hat.

»Herr Tagmann, haben Sie mitbekommen, wann der Lieferwagen das Schulgelände verlassen hat?«, fragt Winkleer.

»Nee dat hab ick nich jemerkt.«, sagt der Hausmeister.

»Gut, dann Danke ich Ihnen erst einmal, Sie können dann gehen, halten sich aber bitte zu unserer Verfügung, also keine Urlaubsreisen in der nächsten Zeit. Ich denke auch, dass Ihnen demnächst ein unangenehmes Gespräch mit dem Schuldirektor bevorsteht.«, sagt der Chefinspektor in scharfem Tonfall.

»Allet klar, verstanden.«, antwortet der Hausmeister bedröppelt, während er fluchtartig den Raum verlässt.

Einen Moment blieben beide Polizisten nachdenklich nebeneinander sitzen, dann sagt Rhea, »Ich glaube zwar nicht dran, aber wir sollten diesen Hausmeister mal kräftig durchleuchten.«

»Ja, das müssen wir auf alle Fälle machen, vor allen Dingen sollten wir uns mal sein Konto anschauen, vielleicht gibt es verdächtige Kontobewegungen. Aber eigentlich sehe ich es so wie Du, ich denke nicht, dass das unser Mann ist.«, antwortet der Chefinspektor.

»Kindesentführung ist eine böse Sache, ich glaube zwar nicht, dass Melissa momentan in akuter Lebensgefahr ist, sonst hätte man das direkt hier zu Ende bringen können. Aber wer weiß schon, wie das weiterläuft. Eins ist klar wir müssen sie so schnell wie möglich finden und das wird verdammt schwer, viel haben noch nicht mit dem wir arbeiten können.«, gibt Winkleer seine Gedanken preis.

»Also ich denke von einem Insider hier an der Schule können wir fast schon gesichert ausgehen, die hatten zu viele Informationen, das hat denen jemand von hier gesteckt. Wenn nicht der Hausmeister, wer dann?«, fragt Bruchheim grübelnd.




4
Endlich sind sie weg.‹, stellt Franco Kieselmaier erleichtert fest, ›Alle wurden wir befragt, teilweise mehrfach, keiner durfte die Schule verlassen. Von jedem wollten sie wissen, ob er dem Tagmann etwas ins Fach gelegt oder gesehen hat, wer da, etwas hineingelegt hat. Aber meine Vorsicht hat sich gelohnt, die haben keine Ahnung.

Schon seit geraumer Zeit, hatte er immer mal wieder Tipps gegeben, welche Schüler sich eventuell für die Ziele der Gruppe vereinnahmen lassen. Als man dann wegen der Entführung an ihn herantrat, brauchte es nicht viel Überredungskunst, er war fest davon überzeugt, dass nur noch drastische Maßnahmen helfen. Seiner festen Überzeugung nach müssen die Menschen zu ihrem Glück gezwungen werden.

Wenn wir heute zaudern, ist es morgen vielleicht schon zu spät. Auf dieses sicherlich unschöne Einzelschicksal kann leider keine Rücksicht genommen werden. Wo gehobelt wird, da fallen Späne.‹, rechtfertigt Franco sein Handeln in Gedanken.

Während er gerade seine Tasche zusammenpackt denkt er fast schon amüsiert daran, wie hilflos der Direktor gewirkt hat. Er wäre mit der Situation sicherlich deutlich souveräner umgegangen als dieser alte Schlappschwanz. ›Morgen hat der die Schüler vom Unterricht freigestellt, wir sollen aber alle erscheinen … Ausarbeitung eines pädagogischen Konzeptes zur Aufarbeitung der Krisensituation … Pah, ich denke die Staatsbüttel werden wieder aufschlagen und weiterbohren.‹, geht er das vom Schulleiter vorgetragene nochmals in Gedanken durch, während er sich seine Jacke von der Garderobe nimmt.

Als er sich das Kleidungsstück gerade überstreift, fällt sein Blick auf den Verteilerschrank im hinteren Bereich des Lehrerzimmers. Ein Umschlag befindet sich deutlich sichtbar in seinem Fach. Nicht einfach achtlos hineingeworfen, sondern fein akkurat an die Rückwand gelehnt, sodass er garantiert nicht übersehen werden kann. Irritiert blickt er sich um, die meisten seiner Kollegen sind bereits gegangen, einige stehen vor dem Lehrerzimmer im Flur und diskutieren angeregt über die jüngsten Ereignisse. Momentan ist er in dem recht großen Raum allein. Stirnrunzelnd durchquert Kieselmaier das Zimmer und nimmt den Umschlag aus dem Fach, ›Wichtig: Sofort öffnen. Eine Freundin‹ liest er und stutzt. ›Was soll das denn, will da wer anbändeln, oder was?

Verstohlen schaut er sich um, ob jemand den Raum betreten hat. Anschließend reißt er ungeduldig den Umschlag auf.

Hallo,

als die Polizei mich heute befragte, musste ich direkt daran denken, wie Sie gestern kurz vor Dienstende etwas in das betreffende Fach legten. Zwar hatten Sie sich so davorgestellt, dass man es von hinten nicht sehen konnte, da ich aber etwas seitlich stand, konnte ich es von meinem Blickwinkel aus genau beobachten.

Wahrscheinlich nur ein banaler Zufall, ein anderes Schriftstück oder das Nachbarfach. Bei der Polizei habe ich erst einmal nicht die Pferde scheu gemacht, wer weiß schon, was für einen Elefanten die aus einer solchen Mücke machen.

Heute Abend um acht Uhr im italienischen Restaurant Luigi, haben sie die Möglichkeit, diesen misslichen Umstand aufzuklären.

Setzen Sie sich dort an einen Tisch, ich werde später dazu stoßen, sollte ich sie nicht antreffen, muss ich eine Neubewertung vornehmen und ein weiteres Gespräch mit der Polizei führen.

Hilfreich wäre es, wenn Sie als vertrauensbildende Maßnahme Ihre Kreditkarte dabei hätten.

Eine Freundin


Jede Zeile dieses Briefes gleicht einem Schlag in die Magengrube, ihm wird abwechselnd warm und kalt. Die einzelnen Worte verschwimmen und tanzen auf dem Papier umher. Die aufsteigende Panik kämpft er nieder, nur mühsam beherrscht verlässt er Lehrerzimmer und Gebäude. Fast schon fluchtartig laufend überquert er den Hof, um zu seinem Wagen auf dem angrenzenden Parkplatz zu gelangen.

Nachdem er die Wagentür hinter sich geschlossen hat, wähnt er sich allein und unbeobachtet, er holt den Brief erneut hervor, atmet tief durch und liest ihn nochmals.

Erpressung, das wird eine Erpressung.‹, resümiert er, unwillkürlich erinnert Franco sich an den Film, in dem ein Erpressungsopfer erst monatelang finanziell ausgequetscht wurde, bevor es dann verzweifelt als gebrochener Mensch Selbstmord beging. ›Wird meine Zukunft diesem Schicksal gleichen?‹, fragt er sich.

»Scheiße nein, nicht mit mir …«, ruft er laut aus und startet seinen Wagen, während in Kieselmaiers Gedanken eine Problemlösung schon erste Konturen annimmt.

*​

Das Erste, was Melissa wahrnimmt, sind Kopfschmerzen, bohrende Kopfschmerzen. Vorsichtig öffnet sie die Augen, sofort fängt die Welt an, sich zu drehen. Schnell klappt sie ihre Lider wieder zu, eine leichte Übelkeit steigt in ihr auf.

Mehrfach atmet sie tief durch und versucht sich zu entspannen. Nach einer Weile, probiert sie es erneut, diesmal gelingt es ihr nach mehrmaligem Zusammenkneifen der Augen ihre Umgebung zu stabilisieren. ›Scheiße, wo bin ich?‹, denkt sie verzweifelt.

Die ersten Eindrücke sind trostlos, eine graue Betonwand mit einer massiven Stahltür. Vorsichtig wendet sie den Kopf. Auf der anderen Seite des Raumes findet sich eine Toilette und ein Waschbecken. In der Mitte ihres Gefängnisses steht das Bett, in dem sie liegt.

Langsam richtet sie sich auf, um die Umgebung genauer zu erkunden. Der Raum, in dem sie sich befindet, misst rund zwei mal vier Meter, an der Wand über der Toilette findet sich eine große festverschraubte Platte. Melissa nimmt an, dass dahinter ein Fenster verborgen ist. ›Das ist wohl irgendeine Toilette, in die man einfach ein Bett gestellt und so in ein Wohnklo verwandelt hat.‹, nimmt Melissa an.

Neben der Türe findet sich ein Tablett mit ein paar Broten, je ein Streuer für Salz und Pfeffer und ein leerer Kunststoffbecher. Zwei Rollen Toilettenpapier, eine Leuchtstoffröhre unter der Decke, ein Stapel Bücher und eine Wolldecke runden das gastliche Ambiente ab.

Als Nächstes inspiziert sie die Türe, ›Sieht neu aus, als wäre die extra für diesen Zweck eingebaut worden.‹, denkt Melissa. Auf dem Boden vor der Tür finden sich ein paar Kratzspuren. ›Die geht nach innen auf … Viel Mühe haben die sich mit dem Einbau nicht gegeben, die schleift.‹, geht ihr durch den Kopf, während ihr auffällt, dass zumindest auf ihrer Seite weder eine Klinke noch ein Knauf vorhanden ist. Sie steht vor einer kalten glatten Metallfläche. ›Keine Chance, die aufzubekommen.‹, resümiert sie verzweifelt, während sie voller Wut und mit aller Kraft vor die Türe tritt. Außer, dass ihr Fuß nun pochend schmerzt, passiert nichts.

»Lasst mich hier raus ihr Wichser.«, brüllt sie.

Keine Reaktion.

Eine Weile tigert sie durch den Raum, schließlich setzt sie sich wieder auf das Bett und fängt an zu weinen, »Ich will hier raus.«, schluchzt sie immer wie vor sich hin.

Irgendwann fällt sie wimmernd in einen unruhigen Schlaf.

*​

Als Winkleer nach Hause kommt, ist es bereits dunkel, er ist einfach nur noch fertig, trotzdem füllt er zuerst den Napf seines Katers, bevor er sich irgendein Fertiggericht in die Mikrowelle schiebt.

Obwohl jeder von uns alles gegeben hat, ist bis jetzt schon beim Hausmeister das Ende der Ermittlungskette erreicht.‹, lässt er den Tag im Geiste an sich vorüberziehen. ›Und der hat wahrscheinlich nichts damit zu tun. So viel Arbeit für so wenig Ergebnisse.‹, denkt er ernüchtert, während er auf das Pling seiner Mikrowelle wartet.

Einziger Hoffnungsschimmer ist momentan, der Schneidezahn, den die Spurensicherung in der Turnhalle gefunden hat. Hoffentlich bringt die DNA Analyse etwas …‹, denkt er, als er den dampfenden Teller vor sich auf den Tisch stellt. Bevor er mit dem Essen anfängt, geht ihm auf, dass er gar nicht so genau weiß, was er da aus den Untiefen seines Gefrierschrankes hervorgeholt hat. Das Aussehen lässt unterschiedliche Interpretationen zu, seine Nase sagt ihm allerdings, dass er schon wieder Lasagne erwischt hat. ›Verdammt, wie viele Packungen habe ich von dem Zeug eigentlich gekauft?‹, fragt er sich.

Sein Kater Samson springt elegant auf den anderen Küchenstuhl und lugt über den Tischrand, um zu erkunden, ob sein Dosenöffner eventuell besser verpflegt wird als er selbst. Nach zweimaligem Schnuppern verzieht er sich wieder an seinen Napf und setzt sein unterbrochenes Mahl fort.

Winkleer zieht sich, nachdem sein Hunger gestillt ist, mit einer Flasche Bier auf die Wohnzimmercouch zurück. Lange bleibt er nicht allein, denn Samson fordert seine täglichen Streicheleinheiten ein, das gleichmäßige Schnurren des Katers sorgt dafür, dass auch der Chefinspektor ruhiger wird und etwas zuversichtlicher in die unmittelbare Zukunft blickt, ›Warten wir ab, Morgen kommen die Ergebnisse aus dem Labor, bestimmt bringt uns das weiter und wer weiß, vielleicht hat man bis dahin den Lieferwagen gefunden.

Noch bevor er die Flasche Bier geleert hat, geht er müde ins Bad und verschwindet danach im Bett. Der morgige Tag wir sicherlich wieder arbeitsam.




5
Seit Kieselmaier die Schule verlassen hatte, war er mit Vorbereitungen beschäftigt. Was als vage Idee begann, wurde nach reiflicher Überlegung zu einem handfesten Plan. Nach einigem Hin und Her ist er sich sicher, an alle Eventualitäten gedacht zu haben. Selbstzufrieden und stolz über sein geniales Vorhaben denkt Franco, ›Wenn alles sauber läuft, nutze ich die Sache sogar zu meinem Vorteil.

Schon seit einer halben Stunde steht er mit seinem Wagen in einer dunklen Ecke auf dem Parkplatz neben der Gaststätte und beobachtet das Gebäude und dessen Umgebung. Seine Hoffnung, ein bekanntes Gesicht zu erblicken, erfüllt sich jedoch nicht. Diese Mühe war vergebens, noch immer hat er keinen blassen Schimmer, wer da versucht, ihm in die Suppe zu spucken. Noch nicht einmal sicher ist Kieselmaier sich, dass es sich bei dem Absender wirklich um eine Frau handelt, Papier ist schließlich geduldig.

Fünf Minuten vor der Zeit gibt er dann die Observation auf und betritt das Lokal. Kurz schaut er sich um, mitten in der Woche ist hier wenig Betrieb, die meisten Tische sind deshalb frei. Er steuert einen, etwas abseitsstehenden Ecktisch an. Seinen Platz wählt er so, dass er mit dem Rücken zum Lokal sitzt. Je weniger Leute sich hinterher an sein Gesicht erinnern können, desto besser. Als er zum Fenster schaut, bemerkt er, dass sich die Eingangstür in dessen Verglasung spiegelt, Franco kann also unauffällig beobachten, wer das Lokal betritt. Bei dem eifrigen Kellner bestellt er sich eine Cola.

Das feuchtbeschlagene Glas schiebt er nervös auf dem Bierdeckel hin und her, während er wartet.

Knapp zehn Minuten später betritt eine junge Frau die Gaststätte und schaut suchend umher, aufmerksam betrachtet er ihr Spiegelbild in der Fensterverglasung, durchaus attraktiv, etwa Mitte zwanzig, dunkler Teint, lange schwarze Haare. Nicht sonderlich kostspielig, aber doch ordentlich bekleidet. Obwohl es niemand aus dem Lehrerkollegium ist, kommt ihm das Gesicht merkwürdig vertraut vor.

Der suchende Blick der Frau bleibt an seinem Rücken hängen, zielstrebig geht sie in seine Richtung, als sie ihn erreicht, sagt sie freundlich, »Guten Abend Herr Kieselmaier, ich denke wir beide haben eine Verabredung.«

Noch immer angestrengt grübelnd, woher ihm das Gesicht so wohlbekannt ist, erhebt er sich und sagt, »Aber natürlich, welch angenehme Überraschung. Nehmen Sie doch bitte Platz.«

Kaum hat sich sein Blind Date niedergelassen, da ist auch schon der eifrige Kellner zur Stelle und erkundigt sich eilfertig nach ihren Wünschen.

»Oh ja, lassen Sie uns bestellten, ich bin ausgesprochen hungrig.«, sagt die dunkelhaarige Frau mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen.

»Selbstverständlich gerne, nach dem heutigen Tag kann auch ich eine ordentliche Portion vertragen«, stimmt Franco zu, während er immer noch krampfhaft überlegt, woher er die Frau kennt. Sie scheint ihn, zumindest vom Aussehen her, genau zu kennen.

Nachdem der Kellner die Bestellungen aufgenommen, die Kerze auf dem Tisch entflammt und sich in Richtung Küche entfernt hat, sagt Kieselmaier, »Lassen Sie mich zuallererst dafür danken, dass Sie heute bei der Polizei diesen missverständlichen Umstand nicht erwähnten. Wir wollen doch alle, dass die Sache so schnell wie möglich bereinigt wird, da wäre es sicherlich unvorteilhaft die Beamten mit solchen ähhm Nebensächlichkeiten abzulenken.«

»Ja, genau das habe ich mir auch gedacht, nebenbei, fühle ich mich geschmeichelt, dass Sie mich überhaupt erkannt haben, für die meisten Ihrer Kollegen sind wir mit unseren Putzutensilien fast schon unsichtbar.«, antwortete sein Gegenüber.

Eine verdammte Putze, das ist eine der Schulputzen. Deshalb kommt mir das Gesicht so bekannt vor.‹, schießt es Franco erkennend durch den Kopf, während er freundlich lächelnd sagt, »Keine Rede, selbstverständlich ist mir eine charmante junge Dame, wie Sie es sind aufgefallen. Wie könnte es denn anders sein.«

»Sie schmeicheln mir, eigentlich wollte auch ich Lehrerin werden und hatte sogar schon ein Studium begonnen. Dann jedoch kamen meine Eltern bei einem Verkehrsunfall ums Leben und ich musste mich um meinen kleinen Bruder kümmern. Das kostet Zeit und Geld, also habe ich die Ausbildung leider aufgeben müssen. Wie Sie sehen, wären wir fast Kollegen geworden.«, erzählt die junge Frau, während sie an ihrem Wein nippt.

»Schade, dass es nicht funktioniert hat, wo Sie doch einen so bewundernswerten Einsatz gezeigt haben. Das Zusammenleben mit dem kleinen Bruder wäre für mich in Ihrem Alter ziemlich belastend gewesen … Hochachtung.«, sagt Kieselmaier lauernd, während er gerade ein besonders gut belegtes Stück aus seiner Pizza herausschneidet.

»Ja, das war schon nicht immer ganz leicht, seit einem Jahr steht er nun aber auf eigenen Beinen und ist ausgezogen. Seitdem lebe ich allein. Zum Semesterbeginn will ich dann mein Studium wieder aufnehmen.«, antwortet sie ihm arglos.

»Dann werden wir ja vielleicht doch noch Kollegen, eine erfreuliche Aussicht.«, antwortet Franco und denkt, ›Planänderung, die wohnt allein … Das Finale kann also bei ihr stattfinden, umso besser.

»Wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt, ich heiße Jale Seymen und finde, wo wir uns so nett unterhalten, sollten wir uns auch duzen.«, schlägt Jale ihm strahlend vor.

»Ja aber gerne … Jale, das ist aber ein schöner Name, mein Vorname ist Franco.«, erwidert er lächelnd.

»Jale ist ein persischer Name, meine Mutter hat wohl darauf bestanden. Franco sagst Du, hast auch Du südländische Wurzeln?«, fragt Seymen, bevor sie ein aufgespießtes Stück Pizza mit der Gabel zum Mund führt.

Kieselmaier schüttelt mit einem Lächeln den Kopf und antwortet erklärend, »Nein, nein, das ist wohl eher einer Sommerurlaubsreminiszenz meiner Eltern geschuldet. Dein Bruder hat sich doch sicherlich, unter solch einer liebevollen Fürsorge, prächtig entwickelt.«

Ein Schatten zieht über Jales Gesicht, als sie sagt, »Leider ist das nicht so gut gelaufen, erst die falschen Freunde, dann ging er nicht mehr zur Schule, kurz danach stand dann immer mal wieder die Polizei vor der Türe. Erst nur ein kleiner Diebstahl, später dann … Ich konnte reden, was ich wollte, es war vergebens.«

Kieselmaier dachte, ›Das war ja wohl zu erwarten, die wird auch gleich damit rausrücken, was sie für ihr Schweigen will …‹, sagte aber teilnahmsvoll mit fürsorglichem Gesichtsausdruck, »Sie trifft sicherlich keine Schuld und, wenn er jetzt eine eigene Wohnung hat, hat er doch sicherlich doch noch die Kurve gekriegt, oder?«

»Tja, nun … also … demnächst steht ihm eine Gerichtsverhandlung bevor, er ist natürlich unschuldig, sein Anwalt verlangt trotzdem eine Anzahlung, weil er bei ihm schon einmal auf sein Geld warten musste.«, erklärt Jale die missliche Lage jammervoll.

Franco legt das Besteck aus den Händen und schüttelt mit empörtem Blick den Kopf, während er sagt, »Ja, denkt dieser Winkeladvokat denn gar nicht an das Wohl seines Mandanten?«, denkt aber, ›Der wird schon wissen warum.

»Ich weiß auch nicht, warum sich mein Bruder immer wieder ausgerechnet diesen Anwalt aussucht … Er hat das Geld nicht und wenn ich ihm aushelfe, reicht mein Erspartes nicht mehr für das Studium.«, antwortet Jale schluchzend.

Jetzt fang bloß nicht an zu flennen, das erregt Aufmerksamkeit, ich habe auch so schon verstanden, worauf das hinausläuft.‹, lautet Francos Gedankengang, während er seine Hand tröstend auf Jales legt und hoffnungsspendend sagt, »Ich verstehe, eine wirklich missliche Lage, vielleicht kann ich ja helfen?«

Schniefend wird ihm geantwortet, »Der Anwalt will 2000, nun ähh ich dachte, wo ich Dir heute doch so, sagen wir mal geholfen habe …, nun also, vielleicht könntest Du mir das Geld leihen? Ich würde es auch zurückzahlen, ehrlich … Irgendwann werde dann recht gut verdienen. «

Na endlich ist die Katze aus dem Sack, 2000 will dieses kleine Miststück für ihr Schweigen und das ist garantiert nur die erste Rate.‹, überlegt Kieselmaier und sagt, »Aber Jale natürlich, wenn ich einer künftigen Kollegin, übrigens einer besonders liebreizenden Kollegin, helfen kann, so ist mir das eine besondere Freude.«

»Das würdest Du tun?«, fragt die junge Frau mit hoffnungsvollem Blick und setzt nach, »Trotz meines etwas, ähhh zweideutigen Briefes … Es war wirklich nicht so gemeint gewesen, wie es da drin stand, aber ich hatte Angst, dass Du sonst erst gar nicht kommst. Ich habe eigentlich nie angenommen, dass Du irgendetwas mit der Sache zu schaffen hast.«

»Aber natürlich, Du hast mir geholfen, da revanchiert man sich doch gerne. Meine Kontokarte habe ich dabei, wenn Du möchtest, dann können wir nach dem Essen an einem Geldautomaten haltmachen, bevor ich Dich zu Hause absetzte.«, antwortet der Mann mit einer generösen Geste.

»Mir fällt ein Stein vom Herzen, ich bin so froh, alles kann sich zum Besseren wenden. Danke«, sagte Jale freudestrahlend.

Mit einer abwehrenden Geste antwortet der Mann, »Nicht dafür, komm lass uns weiteressen und über angenehmere Dinge reden.«

Mit belanglosem Small Talk werden die letzten Reste der Pizza vertilgt und die Gläser mit dem Rotwein geleert. Nachdem Franco die Rechnung beglichen hatte, verlassen sie die Gaststätte und begeben sich zu seinem Fahrzeug.

Galant öffnet er die Beifahrertür, damit sie bequem in seinem Wagen Platz nehmen kann.

»Ich lege nur schnell meine Jacke auf die Rückbank, dann sind wir auch schon unterwegs.«, informiert er Jale, während er die Türe schließt. Umständlich schält er sich aus seiner Jacke, wobei er sich geschickt den Strick in der Seitentasche greift. Anschließend öffnet er die Fondtür, wirft die Jacke hinein, schwingt sich geschwind auf den Platz hinter dem Beifahrersitz, legt mit einer raschen Bewegung den Strick von hinten um Jales Hals und zieht sofort zu. Da er, im Rahmen der Vorbereitungen, die Innenbeleuchtung des Fahrzeuges ausgeschaltet hatte und der Wagen im Dunklen steht, ist von außen praktisch nichts von den dramatischen Szenen zu erkennen, welche sich im Auto abspielen. Er zieht direkt mit aller Kraft an der Schnur, so kommt Jale nur noch zu einem unartikulierten Krächzen, die Augen weit aufgerissen, versucht sie vergeblich ihre Finger zwischen Strick und Hals zu bekommen, im Todeskampf strampeln ihre Füße, ohne Halt zu finden, im Fußraum umher.

Scheiße, die verschrammt mir da unten alles, die Karre ist doch fast neu.‹, denkt Franco mit vor Anstrengung gerötetem Gesicht. Die Zeit vergeht wie in Zeitlupe. Ohne Unterlass zieht er mit beiden Händen an dem Strick, der Todeskampf seines Opfers dauert für ihn schier endlos an, ›Oh Mann, wie lange denn noch? Wenn das doch noch zufällig jemand sieht, bin ich geliefert.

Schließlich werden Jales Bewegungen spärlicher und gehen mehr in ein Zucken über. Irgendwann dann regt sich nichts mehr, zur Sicherheit hält er den Zug aufrecht, ›Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.‹, geht es Kieselmaier entschlossen durch Kopf.

Als Franco sich sicher ist, dass sein Opfer wirklich nicht mehr am Leben ist, steckt er den Strick in seine Hosentasche, steigt aus und öffnet die Beifahrertür, um sein Werk zu begutachten. Von Jales attraktivem Äußeren ist nicht viel geblieben, um den Hals zieht sich ein dicker roter Striemen, die Gesichtszüge sind verzerrt, die Augen aufgerissen, fast sieht es aus, als seien die Augäpfel hervorgequollen. Die Zungenspitze lugt zwischen den leicht geöffneten Lippen hervor.

»Die kann ich nicht wie geplant einfach auf dem Beifahrersitz lassen, das wird mir schon beim ersten Ampelstopp um die Ohren fliegen.«, murmelt er vor sich hin, während er sich zum Fahrzeugheck begibt, um den Kofferraum zu öffnen. Mit mehr Mühen als gedacht, hievt er dann den toten Körper vom Beifahrersitz dort hinein.

Bevor er sich dann hinter das Lenkrad klemmt, schaut sich Franco noch einmal gründlich nach eventuellen Zeugen um.

Kein Schwein zu sehen.‹, stellt er zufrieden fest, steigt ein, startet den Wagen, verlässt den Parkplatz und fährt in Richtung Innenstadt. An der ersten Kreuzung geht ihm auf, dass er gar nicht weiß, wo sein Opfer wohnt, also hält er bei der ersten Gelegenheit an. Gerade will er die Handtasche aus dem Fußraum der Beifahrerseite klauben, da fällt ihm siedend heiß ein, dass er vergessen hat, sich die bereitliegenden Gummihandschuhe überzustreifen. Flugs holt er das Versäumte nach. So ausstaffiert, kostet es Franco keine Minute, bis er den Ausweis und den Wohnungsschlüssel der jungen Frau in seinen Händen hält und feststellt, dass sein Ziel gerade mal ein paar Hundert Meter entfernt zu finden ist.

Sein Fahrzeug stellt er nach kurzer Fahrt in der Nähe des Hauseingangs der Zieladresse ab. Ernüchtert stellt er fest, dass es sich um ein Mehrfamilienhaus handelt, ›Scheiße, wenn die jetzt unter dem Dach wohnt, dann kann ich das vergessen. Die Leiche durch das ganze Haus zu schleppen ist zu gefährlich.‹, denkt er frustriert, entschließt sich aber dennoch erst einmal die Gegebenheiten zu erkunden. Als er vor der Haustüre steht, um auf dem Klingelblock nach dem Namen Seymen zu suchen, weist ihn ein kleines Schild darauf hin, dass Jale im Souterrain wohnt. Eine kleine Treppe, ein stückweit links, führt hinab zu einer separaten Eingangstür.

Besser kann ich es kaum treffen, nur das kleine Stück über die Straße könnte ich erwischt werden. Sobald ich die Treppe erreicht habe, bin ich außer Sicht.‹, fasst Franco das Gesehene zusammen, während er mit dem Schlüssel die Eingangstür entriegelt und so anlehnt, dass später nur noch ein Stupser vonnöten ist, um in die Wohnung zu kommen.

Nach einem prüfenden Blick himmelwärts, nimmt er sich vor, noch abzuwarten, bis es vollständig dunkel ist. Der betreffende Straßenbereich würde dann nur durch die Beleuchtung der nächsten Straßenlaterne in ein diffuses Licht getaucht. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn er mit seiner entlarvenden Last auf den Schultern von jemandem gesehen würde.

Nach rund einer halben Stunde blickt er sich nochmals sorgfältig um, keine Menschenseele ist zu sehen, kein Scheinwerfer zerschneidet die Dunkelheit, ›Gut, dass die in einer ruhigen Seitenstraße wohnt.‹, denkt er dankbar, während er den Kofferraumdeckel öffnet, um den erschlafften Körper herauszuheben. Ein letzter prüfender Blick, ein paar schnelle Schritte und schon steht er mit seiner problembehafteten Last in der Wohnung. Nachdem er die Leiche abgelegt hat, hastet er zurück zum Wagen, um die restlichen Requisiten für das geplante Bühnenbild zu holen.

In rund zwanzig Minuten richtet er alles so her, wie von ihm vorausgeplant, es wird ein Abschiedsbrief mit Geständnis bereitgelegt, in einer Schublade deponiert er einen USB-Stick mit ein paar belastenden Dateien. Den mitgebrachten Strick führt er über ein stabiles Wasserrohr oberhalb der Badewanne so, dass die bereits geknüpfte Schlinge ein kleines Stückchen über dem Wannenboden baumelt. Anschließend holt er Jales Leichnam herbei und wuchtet diesen über den Rand ebenfalls hinein. Nun legt er die Schlinge um Jales Hals und zieht anschließend den Körper an dem Strick so hoch, dass der Eindruck entsteht, sie hätte sich vom Wannenrand in die Schlinge fallen lassen. Das Endstück des Seils verknotet er an der Heizung.

Zum Abschluss checkt er nochmals, ob die von ihm gestaltete Kulisse perfekt ist. Danach schlüpft er wieder vorsichtig, ohne gesehen zu werden, aus der Wohnung, wobei er die Türe leise hinter sich zuzieht. Während er davonfährt resümiert er selbstzufrieden, ›Perfekte Planung ist die halbe Miete, das ist alles sauber über die Bühne gegangen. Das Geständnis und der Selbstmord sollten für die Polizei reichen, somit bin ich endgültig aus dem Schneider.




6
Donnerstag

Die Nacht war kurz und der nahende Herbst macht durch eine unangenehme Frische auf sich aufmerksam. Winkleer steht leicht fröstelnd vor seiner Haustür und wartet auf Bruchheim, die sich angeboten hat, ihn abzuholen. Die Fahrzeugtechnik hat es gestern nicht geschafft, den altehrwürdigen Dienstwagen wieder in Gang zu bekommen. Ein Ersatzfahrzeug steht zwar auf dem Präsidiumsparkplatz für ihn bereit. Am Vorabend ist es jedoch spät geworden und so hat er sich von seiner Kollegin direkt zu Hause absetzen lassen.

Er macht sich keine Hoffnungen darauf, dass der Ersatzwagen deutlich besser sein wird als der bisherige, bei den Fahrzeugen des Reservepools handelt es sich durchweg um alte ausrangierte Dienstwagen.

Gerade, als er sich ungeduldig Gedanken darüber macht, wo seine Kollegin bleibt, hört er den laut brummenden Motor ihres platt gedrückten Flitzers. Sekunden später bremst der Wagen, mit quietschenden Reifen, unmittelbar vor ihm ab. Umständlich steigt Winkleer hinab in die Sportsitze dieses tiefergelegten Vehikels und hofft, dass seine Bandscheiben durch die straffe Federung nicht allzu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden.

Nach einer kurzen Begrüßung strebt man wortkarg dem Präsidium entgegen. Beide hoffen darauf, dass sich durch die Arbeit der Spurensicherung neue Ermittlungsansätze ergeben haben und sind gespannt, welche Neuigkeiten sie erwarten.

*​

Während der Dienstrechner gerade hochfährt, organisiert der Chefinspektor je einen Becher Kaffee für seine Kollegin und sich. Auf seinem Schreibtisch findet sich der vorläufige Bericht der Spurensicherung. Die Ausbeute jedoch ist mager, die DNA der Zahnwurzel des gefundenen Zahnes konnte nicht zugeordnet werden, Anfragen im benachbarten Ausland würden bereits laufen. ›Zumindest eine DNA-Spur haben wir, könnte sehr hilfreich sein, wenn wir demnächst jemanden am Wickel haben.‹, denkt sich Winkleer das Ergebnis schön.

In seinem Email-Postfach findet sich eine Meldung der Schutzpolizei, eine Streife hat in der Nacht, in einer Seitenstraße, den grünen Lieferwagen entdeckt. Es handelt sich um ein bereits am Diensttag gestohlenes Fahrzeug. Eine erste grobe Durchsicht habe nichts zutage befördert, weitere Untersuchungen würden bereits laufen.

Die Befragungen in der Schule hätte man sich fast schon sparen können, zwar haben einige Schüler und Lehrer den Lieferwagen gesehen, niemand jedoch kann brauchbare Angaben über die Insassen machen. Auch hat keiner gesehen, wer da dem Hausmeister etwas ins Fach gelegt hat.

Bruchheim sagt resigniert, »Ich habe hier gerade die Personenbeschreibung von der Frau aus dem Lieferwagen. Der Hausmeister kann sich hauptsächlich an die … ähh besonderen weiblichen Attribute und eine Sonnenbrille erinnern, aber noch nicht einmal sagen, welche Haarfarbe, die hatte.«

Winkleer nickt frustriert und sagt, »Überrascht mich jetzt nicht wirklich … Rhea, ich überlege gerade … Der, nennen wir ihn Informant, muss Tage vorher gewusst haben, dass Melissa genau dann die Sportgeräte verräumt, vielleicht hat er sie ja selbst dazu eingeteilt?«

Seine Kollegin schüttelt den Kopf, »Nee Lars, daran habe ich gestern schon gedacht. Die haben da für jede Sportgruppe eine Liste, auf der alle Schüler stehen. Die wird von oben nach unten abgearbeitet und wer dran war, wird gestrichen.«

»Hmm, also jeder mit Zugang zur Liste, konnte sich an drei Fingern abzählen, wann Melissa dran sein wird. Moment mal, kann die jeder einsehen?«, fragt Winkleer.

»Tja, auch das ist eine Sackgasse, die Liste ist einfach eine simple Excel Tabelle im Netzwerk der Schule, da hat jeder Lehrer Zugriff drauf.«, wird ihm geantwortet.

»Mist, wäre auch zu schön gewesen. Nebenbei, ich habe hier gerade die Kontoauszüge des Hausmeisters in der Hand, absolut unverdächtig, auch das können wir abhaken.«, erklärt der Chefinspektor ernüchtert.

Das Klingeln des Telefons reißt ihn aus seinen Gedanken. »Wink…«, versucht er sich zu melden, wird jedoch direkt unterbrochen. Maardam die Abteilungsleiterin zitiert ihn und seine Kollegin zu sich ins Büro.

Der Dienstraum seiner Vorgesetzten ist für den Chefinspektor immer wieder faszinierend, alles nüchtern Grau in Grau, kein Bild und keine Pflanze lockern die Atmosphäre auch nur geringfügig auf. ›Ob deren Wohnung genauso aussieht?‹, fragt sich Winkleer, nachdem er mit Bruchheim vor Maardams Schreibtisch sitzt.

»Herr Winkleer, Ihre bisherigen Ermittlungsergebnisse in dem Entführungsfall sind mehr als armselig.«, trägt die Abteilungsleiterin vor.

Wir haben doch noch gar nichts berichtet, woher weiß die das?‹, fragt sich Winkleer, stellt aber fest, dass sie, wie eigentlich immer, genau auf dem Laufenden ist, »Wir stehen no…«, versucht er sich zu rechtfertigen, wird aber unterbrochen.

»Ja, auch mir ist klar, dass Sie noch am Anfang der Ermittlungen stehen.«, sagt Maardam.

Was soll der Spruch dann?‹, denkt sich der Chefinspektor, verkneift sich aber die Frage laut zu stellen.

»Mich hat gerade unser Premierminister angerufen …«, erklärt die Abteilungsleiterin.

»Platzky? Persönlich? Ohne Umweg über die Innenministerin?«, platzt es aus Bruchheim heraus.

»Ja genau, dieser Sachverhalt sollte doch eigentlich auch ohne die Notwenigkeit einer Nachfrage verständlich sein.«, sagt Maardam ironisch und fährt fort, »Im Wirtschaftsministerium ist ein Bekennerschreiben der Ökologischen Armee Fraktion eingegangen. Die ÖAF übernimmt darin die Verantwortung für die Entführung der Tochter der Ministerin.«

Überrascht richtet Winkleer sich im Stuhl auf und fragt, »Die ÖAF? Die haben sich doch bis jetzt nur an Sachen vergriffen, ist das glaubhaft? Könnten das nicht auch Trittbrettfahrer sein?«

»Laut Platzky wäre der erste Eindruck authentisch, das Schriftstück wird uns per Bote zugeleitet.«, lautet die Antwort.

»Forderungen?«, fragt Bruchheim.

»Momentan wird nur verlangt, dass die Presse nichts von der Täterschaft der ÖAF erfährt. Dabei wird es aber nicht bleiben. Ich möchte also, dass der Ermittlungsschwerpunkt in diese Richtung zielt.«, erklärt die Abteilungsleiterin und wendet ihre Aufmerksamkeit wieder den Unterlagen auf ihrem Schreibtisch zu, Maardams charmante Art zu signalisieren, dass das Gespräch beendet ist.

Die beiden Ermittler sind gerade auf dem Weg zurück in ihr Büro, da klingelt Winkleers Mobiltelefon.

»Chefinspektor Winkleer.«

»Hier ist Fiola Korbas, Sie haben mir gestern Ihre Karte gegeben und gesagt, ich könne mich melden, wenn mir noch etwas einfallen würde.«

»Das ist richtig, was gibt es?«

»Na ja, mir ist noch eingefallen, dass die Melissa erst vor Kurzem zum Aufräumen der Halle eingeteilt war und jetzt schon wieder dran war.«

»So, wie Du das sagst, ist das sonst nicht so, richtig?«

»Genau, wer dran war, hat eigentlich, erst mal lange Zeit ruhe.«

»Ich verstehe, vielen Dank Fiola, das könnte sehr wichtig sein.«

Winkleer beendete das Gespräch, und informiert seine Kollegin über den Inhalt.

Zurück im Büro sagt Bruchheim, »Ich schaue auf der Liste mal nach, ob Melissa mehrfach eingeteilt wurde, könnte ja sein.«

Ihr Kollege nickt, während er an dem inzwischen kalt gewordenen Kaffee nippt, die Tasse angewidert, mit dem Gedanken, ›Buoahh, Waterboarding ist nichts dagegen.‹, wieder abstellt.

Nachdem Bruchheim die Liste zweimal durchgesehen hatte, sagt sie, »Nein Lars, Melissa ist nur einmal zu finden, und zwar ist sie die Letzte, die gestrichen wurde.«

»Hmm, ich sehe keinen Grund, warum Fiola uns die Unwahrheit sagen sollte, das würde dann bedeuten, dass irgendjemand die Liste manipuliert hat.«, folgert der Chefinspektor und fragt, »Wir haben doch sicherlich eine Kopie der Datei, kann man da irgendwie feststellen, wer die geändert hat?«

»Klar haben wir eine Kopie, da wirst Du aber nur die letzte Änderung sehen können … Moment ich schaue mal …«, sagt Bruchheim, während sie auf ihren Monitor starrt und mehrere Mausklicks tätigt. »Hier hab‘ ich’s – Die letzte Änderung wurde von ›kapplera‹ vorgenommen, das wird der Sportlehrer Anselm Kappler sein und der hat wohl einfach die Streichung vorgenommen.«

»Verstehe, durch seine Änderung hat er die wahrscheinlich entlarvenden Daten überschrieben.«, resümiert Winkleer überlegend.

»Sag mal Rhea, Du hast mir doch letztens von diesem schmachtenden Verehrer erzählt, ist der nicht Computerspezialist …«, fragt Lars lauernd.

Bruchheim verzieht das Gesicht, »Ich verstehe schon, Schmachten und Verehrung ist aber ziemlich einseitig … Können wir nicht besser unsere Computerfuzzis mit einer Analyse beauftragen?«

»Das dauert zu lange, Du weißt doch selbst, welchen elitären Dünkel die haben, ich bin mir sicher, dass wir die benötigten Informationen durch ein, mit ein paar Süßholzraspeln gespicktes, Telefonat deinerseits, quasi sofort bekommen.«, führt Winkleer aus.

»Ist ja schon gut, aber dafür gibst Du einen aus und ich bestimme das Lokal.«, sagt Rhea, während sie zum Telefon greift.

Gerade als der Chefinspektor sich eine frische Tasse Kaffee holen will, klingelt sein Handy erneut.

»Chefinspektor Winkleer.«

»Hier ist Tadeusz Naglar, der Schuldirektor.«

»Was kann ich für Sie tun Herr Naglar?«

»Nun ja, Sie hatten mir gestern gesagt, dass ich Sie informieren soll, wenn etwas Ungewöhnliches passiert.«

»Das stimmt wohl, kommen Sie bitte zur Sache.«

»Heute hat eine unserer Reinigungskräfte ihren Dienst nicht angetreten und sich auch nicht krankgemeldet.«

»Kommt so etwas bei dieser Dame häufiger vor?«

»Nein, nie – Das ist ansonsten die Zuverlässigkeit in Person.«

»Ich verstehe, um wen handelt es sich?«

»Jale Seymen, brauchen Sie die Adresse?«

»Ja«

»Salvatorgasse 5«

»Vielen Dank für die Information wir melden uns.«

Der Ermittler beendet das Gespräch, kurze Zeit später legt auch Rhea mit genervtem Gesichtsausdruck den Hörer auf die Gabel.

»Was Du zu berichten hast, kannst Du mir im Wagen erzählen, wir müssen in der Salvatorgasse einen Hausbesuch machen.«, informiert Winkleer seine Kollegin.

»Gehe schon mal vor, ich muss erst noch etwas anschieben.«, sagt Bruchheim, während sie direkt wieder zum Telefon greift.

7
Als Melissa aus ihrem unruhigen Schlaf hochschreckt, hat sie keinen blassen Schimmer, wie spät es ist. Die Neonröhre füllt ihre Zelle mit kaltem sterilem Licht.

Sie nimmt den Becher vom Tablett und füllt diesen mit Wasser vom Hahn am Waschbecken. Widerwillig greift sie sich eines der bereitliegenden Brote und beißt hinein, der, wahrscheinlich äußerst gesunde, dummerweise jedoch hochgradig geschmacksneutrale Aufstrich, lässt sie das Gesicht verziehen. ›Hat mich die vegane Liga entführt oder soll das eine besonders perfide Art der Folterung werden?‹, denkt sie, während sie versucht das Geschmackserlebnis mit Salz und Pfeffer aufzupeppen.

Als sie die Gewürzstreuer zurückstellt, stutzt sie überlegend, ›Hmmm, warum nicht, das könnte klappen, besser als nichts.‹, geht es ihr durch den Kopf.

*​

»Stell Dich nicht so mädchenhaft an.«, sagt Saskia zu Robert, »Bring endlich, das Tablett mit dem Essen in die Zelle.«

»Aber ich bin allein, ich fände es besser, wenn wir das zu zweit machen könnten.«, entgegnet Robert kleinlaut, »Die ist gefährlich ...«, fügt er hinzu, während er mit seinem Zeigefinger auf die Lücke deutet, in der noch vor Kurzem einer seiner Schneidezähne beheimatet war.

»Was bist Du bloß für ein Feigling, Du bist ein ausgewachsener Mann und hast die Hosen voll, wenn Du einem vierzehnjährigen Mädchen das Essen bringen sollst. Ich fasse es nicht, was glaubst Du eigentlich, was wir hier machen? Jetzt schnapp Dir das Tablett und schieb’ endlich ab.«, sagt Saskia in sich stetig steigender Lautstärke.

Während Robert sich zerknirscht das Tablett greift und mit mulmigem Gefühl auf die Treppe zugeht, denkt er, ›Die blöde Ziege hat auch noch alle ihre Zähne beisammen, die ist nur zu faul mitzukommen und überhaupt, was die sich nach ihrem Aufritt in der Turnhalle herausnimmt ... Nur weil sie die Aktion quasi gerettet hat, muss die nicht meinen hier den Boss raushängen lassen zu können.

Auf den ersten Stufen hört er noch, wie Saskia ihm herrisch, »Und vergesse bloß das Foto nicht, sonst musst Du gleich noch mal runter.«, hinterherruft.

Wütend setzt er seinen Weg ins Kellergeschoss fort und folgt schließlich den Gängen in Richtung der selbst gebauten Zelle.

Warum hat der Kuhnert uns die Toilette eigentlich schon vor einem Monat umbauen lassen, wenn die Leitungsebene erst vor Kurzem den Strategiewechsel beschlossen hat? Verstehe ich nicht, muss ich mal nachhaken.‹, fragt sich Robert kurz bevor er die Zellentür erreicht.

Das Tablett stellt er auf einem Tischchen ab und streift sich eine der bereitliegenden Masken über.

So ausstaffiert schiebt er die Riegel zurück, nimmt das Tablett wieder auf und öffnet die Türe.

Melissa sitzt auf dem Bett und blickt ihm entgegen, seine frische gewonnene Zahnlücke im Hinterkopf, ist Robert auf der Hut.

Ihr das Tablett hinhaltend, sagt er, »Hier ist etwas zu Essen für Dich, morgen um die gleiche Zeit bekommst Du dann wieder etwas.«

Langsam steht Melissa auf, geht zwei Schritte auf Robert zu und übernimmt vorsichtig mit der linken Hand das Tablett. Noch während Robert seine Hand zurückzieht, wirft sie ihm, den in der rechten Faust verborgen gehaltenen Pfeffer, welchen sie zuvor dem Streuer entnommen hatte, in die Augen. Der überraschende brennende Schmerz lässt Robert die Hände hochreißen. Während er sich aufjaulend das brennende Pulver aus den Augen reiben will, nutzt Melissa die Lücke in seiner Verteidigung dazu, ihm das Tablett mit aller Kraft in den Unterleib zu rammen. Mit einem unwillkürlichen Stöhnen klappt ihr Entführer zusammen, die sich daraus ergebene gebückte Haltung nutzt sie dazu, ihm abschließend das Tablett mit großem Schwung auf den Hinterkopf zu schlagen.

Wow, so einfach geht das … Oder ist der Fachkräftemangel in der Entführungsbranche besonders groß?‹, denkt Melissa belustigt, während sie ihre Zelle verlässt, die Türe schließt und von außen verriegelt.

Nachdem sie ihr Gefängnis verlassen hat, befindet sie sich am Ende eines nur spärlich beleuchteten längeren Ganges. Vom wimmernden Robert, ist hier hinter der Türe, so gut wie nichts zu vernehmen.

So wie es für sie von ihrem Standort aussieht, knickt der Gang an seinem Ende nach rechts ab, da niemand etwas von ihrer Zwistigkeit mit dem Essenträger mitbekommen hat, geht sie nicht davon aus, dass sich jemand in unmittelbarer Nähe befindet. Leise schleichend bewegt sie sich auf das Ende des für sie sichtbaren Ganges zu, an dessen Ende lugt sie vorsichtig um die Ecke und sieht einen weiteren, deutlich kürzeren, Gang, welcher an seinem Ende in ein Treppenhaus mündet.

Es geht aufwärts …‹, frohlockt Melissa, während sie fast geräuschlos dem Treppenhaus entgegen schleicht.

Vorsichtig nach oben spähend nimmt sie die erste Stufe, hält kurz inne, lauscht und fügt ihrem Aufstieg eine Zweite hinzu.

Als sie so die fünfte Stufe der Treppe erreicht hat, hört sie von oben, »Verdammt noch mal, wo bleibt diese Flachpfeife … Das gibt es doch gar nicht … Norbert geh mal Nachschauen, was der da treibt.«

Erschrocken verharrt Melissa mitten in der Bewegung.

»Was soll da passiert sein?«, ist zu hören, gefolgt von »Ist ja schon gut Saskia, ich geh ja schon.«

Als sie das Rücken eines Stuhles hört, geht sie schnell die Treppe wieder herunter. In Ermangelung eines Versteckes duckt sie sich unter die Treppe in den Schatten.

Hoffentlich dreht der sich nicht um, sonst sieht der mich und ich bin geliefert.‹, denkt Melissa, während über ihr Tritte die Stufen hinabsteigen.

Ein Mann verlässt die Treppe und geht in den Gang in Richtung Zelle.

Während Melissa noch überlegt, ob sie ihr Versteck verlassen soll, hört sie zunächst wie die Riegel zurückgeschlagen werden, kurz danach dann ertönt ein lautstarkes »ALARM, ALARM – SIE IST WEG!«

Von oben vernimmt sie ein lautes Poltern, so als wäre jemand aus dem Sitzen aufgesprungen und hätte dabei den Stuhl umgestoßen, einen Fluch und schon trappeln wieder Tritte über sie hinweg die Treppe hinab.

Als auch diese Person in dem Gang zur Zelle verschwunden ist, traut sich Melissa aus ihrem Versteck hervor und steigt flugs die Stufen empor. Oben angekommen, versucht sie zunächst vergeblich die Tür vor ihr zu öffnen. Verschlossen … Es bleibt also nur die Möglichkeit, sich dem linkerhand liegenden provisorisch eingerichteten Aufenthaltsraum zuzuwenden. An der gegenüberliegenden Seite des menschenleeren Zimmers sieht sie eine weitere Tür, von welcher sie mutmaßt, dass diese ihr die Freiheit bringen wird. Sie stürmt durch den Raum, greift die Klinke und drückt diese herunter – ebenfalls verschlossen.

Scheiße …‹, denk sie, ›Was jetzt, die werden hier gleich wieder aufschlagen.

Verzweifelt blickt sie sich in dem Raum um, ihr Blick verharrt auf dem Schlüsselbund, welcher mitten auf dem Tisch liegt.

Während von unten die ersten Rufe laut werden, schnappt sie sich den Bund und versucht, die Türe aufzuschließen.

Der erste Schlüssel passt nicht in die Öffnung des Schlosses.

Von unten schallen hastige Trittgeräusche hinauf.

Der nächste Schlüssel passt ins Loch, lässt sich jedoch nicht drehen.

Die Schritte kommen näher, deutlich ist zu vernehmen, dass ihre Peiniger bereits die Treppe hinauf hetzen.

Mit inzwischen zittrigen Händen versucht das Mädchen den dritten Schlüssel einzuführen, obwohl sie sich nicht umschaut, merkt sie, dass der Erste ihrer Verfolger die Treppe erklommen hat und in den Aufenthaltsraum stürmt, der Bart gleitet ins Schloss, hastig dreht Melissa den Schlüssel - passt, die Tür ist entriegelt. Hinter ihr werden Möbelstücke beiseite gestoßen, um ein schnellstmögliches Vorankommen zu garantieren, Melissa reißt die Türe auf und strebt hinaus, aber von hinten greift eine Hand in ihren Haarschopf. Schmerzhaft wird so ihre Vorwärtsbewegung gestoppt. Ein zweiter Griff umschließt ihren Arm, ein Tritt in die Kniekehle bringt sie zu Fall.

Von hinten hört sie, »Haltet sie, ich komme mit dem Chloroform.«, kurz danach, wird ihr dann ein getränktes Tuch über Mund und Nase gedrückt. Als der Atemreflex einsetzt, schwinden ihr die Sinne.

8
Franco Kieselmaier steht während einer Pause mit einigen Kollegen auf dem Flur und palavert über das auszuarbeitende pädagogische Konzept. Für ihn ist die ganze Aktion nur Ausdruck eines hilflosen Aktionismus des Direktors.

Als sein Mobiltelefon klingelt, entfernt er sich etwas aus dem Kreis seiner Kollegen, um zu schauen, wer ihn denn da zu erreichen versucht.

Meine Frau? Was will die denn?‹, fragt er sich verwundert, während er das Gespräch annimmt.

Bevor er auch nur einen Ton sagen kann, hört er die hysterische, fast schon panisch kreischende Stimme seiner Gattin.

»Franco Du musst sofort kommen.«

»Moment Schatz, was ist denn passiert?«

»Komm schnell, hier hat gerade jemand einen Stein durch das Wohnzimmerfenster geworfen.«

»Wie, was … wann?«

»Jetzt gerade … Und dann hat draußen einer gebrüllt, ›Hurensohn, ich fick dich, Alder, ich mach dich fertig, ich schwör.‹«

»Ich … ich … ich brauch Dich … Komm sofort her.«

»Hat er sonst noch etwas gesagt?«

»Ja, aufschlitzen will er auch. Irgendwas wegen seiner Schwester oder so, das habe ich nicht richtig verstanden.«

»Wo bist Du jetzt?«

»In der Küche unter dem Tisch, ich habe so eine Angst, Franco komm schnell her … Hilf mir.«

»Was ist mit den Nachbarn, kannst Du Dich da in Sicherheit bringen?«

»Die sind doch im Urlaub, jetzt komm doch endlich, soll ich die Polizei rufen?«

»Nein, nein – Das lass erst mal, vielleicht hat das nur was mit der Schule zu tun, ein Racheakt für schlechte Noten oder so. In zehn Minuten bin ich da, schneller sind die auch nicht.«

Franco beendet das Gespräch und denkt, ›Wegen seiner Schwester? Hat diese blöde Putze vielleicht vorher mit ihrem Bruder geredet? Oh Scheiße …

Er entschuldigt sich kurz mit einem familiären Notfall beim Direktor und hastet zu seinem Fahrzeug.

Unter Missachtung, aller ihm geläufigen Verkehrsregeln rast er seiner Heimstatt entgegen und erreicht diese bereits sieben Minuten später.

Vorsichtig blickt er sich, nach dem Verlassen des Fahrzeugs um, das etwas abseits gelegene Doppelhaus steht friedlich in der Mittagssonne. Nur das große, grobgezackte Loch, in der Wohnzimmerscheibe, seiner Hälfte stört die Idylle. Obwohl er das Wimmern seiner Frau bis auf die Straße hört, will er auf Nummer sicher gehen und inspiziert zunächst die nähere Umgebung, kann jedoch nichts Verdächtiges entdecken.

Schließlich betritt er sein Haus, obwohl er sich direkt zu erkennen gibt, traut sich seine Frau nicht die vermeidliche Deckung unter dem Küchentisch zu verlassen. Erst als sie ihn erkennt, kriecht sie hervor und wirft sich ihm schutzsuchend um den Hals.

Schluchzend, kaum verständlich jammert sie, »Franco, Gott sei Dank bist Du endlich da, was ist nur passiert – ich bin tausend Tode gestorben vor Angst.«

Für sie nicht zu sehen, verdreht Franco die Augen sagt aber tröstend, »Elke, ich bin ja da. Alles ist gut, die Gefahr ist vorbei. Komm, setz Dich erst mal in die Küche. Ich bring Dir was Starkes zur Beruhigung.«

Zwar noch immer schniefend aber etwas beruhigter, lässt sich seine Frau von ihm begleitet auf einem Küchenstuhl nieder.

Kieselmaier füllt ein Wasserglas mit einem dreistöckigen Cognac und reicht das Getränk seiner leise vor sich hin schluchzenden Frau.

»Schatz, ich möchte mir mal das Desaster im Wohnzimmer anschauen, ist es in Ordnung, wenn ich Dich dazu mal kurz allein lasse?«, möchte er mir fürsorglicher Stimme wissen.

Elke nickt mit jammervollem Blick.

Vorsichtig begibt sich Franco ins Wohnzimmer, der Stein hat die große Scheibe durchschlagen, das dahinterstehende Sofa ist mit Scherben übersät. Der kostspielige Wohnzimmertisch hat eine dicke Macke in der Oberfläche.

Scheiße, das Dingen war doch so teuer und ist praktisch neu.‹, denkt Kieselmaier verärgert.

Als er um den, der Couch gegenüberstehenden, Sessel herumgeht, sieht er den Stein, auf dessen Sitzfläche liegen.

Irre, da ist ja ein Zettel drumgebunden.‹, bemerkt Franco erstaunt, löst die dünne Kordel, nimmt den Zettel und liest.

Du Wixer hast mein Schwester gemordet. Ich mach dich feddich du Hurenson. Ich schliz dir auf. Ich schwör.

Kieselmaier wird es abwechselnd heiß und kalt, nun ist er es, der etwas Hochprozentiges zur Beruhigung benötigt, mit dem Abfüllen in ein Glas hält er sich nicht auf, er nimmt sich sein Quäntchen direkt aus der Flasche.

»Schaaatz, ist alles klar im Wohnzimmer«, ruft seine Frau.

»Ähhh … Ja ja, das ähhh wird ein Racheakt für eine schlechte Note oder so sein.«, antwortet er, um seine Frau zu beruhigen, während er den Zettel schnell in der Tasche verschwinden lässt.

»Meinst Du wirklich? Ist denn viel kaputt?«, will Elke wissen, während auch sie sich langsam aus der Küche traut und zu ihm ins Wohnzimmer kommt.

»Die Scheibe und der Tisch, vielleicht kann man die Macke in der Platte rausschleifen und neu versiegeln. Für das Fenster brauchen wir einen Glaser.«, erklärt Franco seiner Frau.

Elke nickt, kramt ein Papiertaschentuch hervor und schnäuzt kräftig hinein.

Ich muss die jetzt erst mal loswerden, wer weiß, wann der Typ wiederkommt.‹, grübelt der Pädagoge und sagt, »Ich weiß, was wir tun, Du fährst zu Deinen Eltern und ich regele das hier. Der Polizei sage ich, dass ich momentan Strohwitwer wäre und das so vorgefunden hätte, als ich vom Dienst nach Hause gekommen bin. Dann wirst Du erst gar nicht mit den quälenden und pingeligen Fragen der Polizei belastet. Ich hole Dich dann ab, wenn alles wieder in Ordnung ist.«

Elke schaut ihren Gatten dankbar an und sagt, »Das würdest Du für mich tun, das ist aber lieb von Dir.«

»Keine Rede, pack ein paar Sachen zusammen. Ich fahre dich.«, erwidert Kieselmaier mit fürsorgevoller Stimme.

>Fortsetzung folgt<
 
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jon

Mitglied
Teammitglied
Redakteurshinweis: Entferne bitte noch das Vorwort. Die Titelzeile habe ich angepasst - der Autornamen gehört dort nicht rein.
 

ahorn

Mitglied
Hallo Elso Damrow,
erst einmal herzlich willkommen.
Da sich niemand erbarmt, etwas zu deinem Text zu sagen, will ich den Reigen beginnen.
Vorab, soweit ich den Text überflogen habe, könnte er spannend sein. Was mir jedoch sofort auffiel, waren deine Absätze. Liegt es an deinem Editor?
Dann wunderte ich mich über seine Gedanken. Warum verwendest du gleichzeitig Anführungszeichen und kursive Schrift?

In einer Industriebrache im Westen der Hauptstadt PUNKT
Robert durchquert die große leere Montagehalle, der gesamte Gebäudekomplex steht schon seit Langem leer.
Was ist groß? Stelle einen Vergleich her. Die fußballfeldgroße/ tennisplatzgroße ...
Den Satzteil: Der gesamte Gebäudekomplex steht schon seit Langem leer, würde ich mir schenken.

Seine Schritte hallen laut in dem großen Raum.
Wie soll ich mir ‚leises hallen‘ vorstellen?

Das spärliche Licht, welches das durch die großen wandhohen, zumeist geborstenen Fenster hineinfällt, sorgt mehr für lange Schatten, als dass es ihm den Weg zu dem Durchgang im hinteren Bereich weist.
Ich nehme selbst gern ‚welche‘, jedoch nur dann, wenn die Aussage eher fragwürdig ist, was in diesem Fall, nicht der Fall ist.
Das mit den Schatten verstehe ich nicht. Warum soll ihm das Licht einen Weg weisen?

An seinem Ziel angekommen, stellt er fest, dass sich die restlichen Mitglieder der Gruppe bereits versammelt haben. Kurz murmelt er einen Gruß, welcher der nickend erwidert wird.
›Wir kämpfen aktiv für den Schutz des Klimas und plappern nicht nur irgendwelche Parolen nach, weil es gerade modern ist. Wir sind diejenigen, die das Unangenehme, aber zwingend Notwendige tun.‹, denkt Robert stolz, während er sich in dem Raum umschaut.
Er denkt stolz? In welchem Raum schaut er sich um. Ist er nicht gerade durch diesen gegangen.

Unter der Decke brummte eine nackte Leuchtstoffröhre vor sich hin , a PUNKT Auf dem Tisch im vorderen Bereich steht ein Laptop mit angeschlossenem Beamer.
Zeige mir eine angezogene Leuchtstoffröhre? Was meinst du mit vorderen Bereich?

›Wo holen die hier bloß den Saft für die Gerätschaften her?‹, geht es ihm durch den Kopf KEIN KOMMAKOMMA hier ist der Strom garantiert abgesperrt und einen Dieselgenerator vermag ich nicht zu hören.‹
Gestern noch war er noch im Einsatz und hat als Zeichen für den Klimaschutz einen Strommast flachgelegt.
Fast schon m Mit Wohlbehagen erinnerte er sich an das erhebende Gefühl, welches ihn befiel, als er dort anschließend mit seinem Wagen durch die Straßen fuhr.
Nur seine Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit , k PUNKT Keine Laterne spendete Helligkeit, alle Fenster waren/schien/schien für ihn tiefschwarz. Fast schon ein kleiner Triumphzug, nur der Konfettiregen fehlte PUNKT
Dunkelheit ist die Abwesenheit von Licht. Wie seine Scheinwerfer diese durchschneiden können, ist mir ein Rätsel.

Unvorteilhaft Für ihn blöd (Beispiel) war lediglich, dass Robert vorher nachher geht schlecht vergessen hatte zu tanken, so musste er drei Stunden an einer Zapfsäule ausharren.
Erst als der Strom wieder da war, funktionierten die Pumpen und er konnte seinen nimmersatten Geländewagen wieder betanken.
›das war mir eine Lehre, so eine Pleite passiert mir nicht noch mal ‹, dachte er selbstkritisch mit leicht verzerrtem Gesicht , PUNKT ›Scheiße, wenn die Bullen was gedibbert hätten, dannwäre ich noch nicht mal da weggekommen.‹
Ich für mein Teil denke mit meinem Gehirn.

Das Öffnen der Türe an der Stirnseite des Raumes reißt ihn aus seinen Gedanken , s PUNKT Schlagartig wird es still , g PUNKT Gespannt blicken alle der Person entgegen, welche gerade dieden Raum betritt.
Welcher Raum? Für mich steht er weiterhin in der Halle.

Grüßend nickt Nickend grüßt oder mit einen Nicken grüßt der Gruppenleiter Edwin Kuhnert den Mitgliedern seiner Gruppe zu und sagt , DOPPELPUNKT »Männer …«
Gruß
Ahorn
 

Elso Damrow

Mitglied
Hallo,

vielen herzlichen Dank für die Mühen, genau einen solchen Blick auf den Text brauche ich.

Ich schreibe momentan ganz normal mit Word und entsprechend definierten Formatvorlagen.

Der Originaltext ist auf Papiergröße A6 geschrieben, das sieht dann ganz anders aus. Auch wurden nicht alle Formatierungen übernommen.

Die Gedankenformatierung hat sich irgendwie in meine erste Geschichte (Klimadioten ist die Nummer 3) eingeschlichen.

Über das denkende Gehirn und die schneidenden Scheinwerfer denke ich mal nach.

Elso
 

ahorn

Mitglied
Hallo Elso

Officeprogramme sind etwas Schönes. Wie der Name schon sagt; Eierlegende Wollmichsäue, fürs Büro ideal. Wenn jemand verschiedene Zeichensätze benutzen will, Tabellen oder Bilder einfügen - echt super.
Jedoch, was willst du? Schreiben.
Eine Schreibmaschine!
Damit genügt ein guter Editor, in dem man auf Normseite schreiben kann. (30 Zeilen - 60 Anschläge) und ein Rechtschreib-Grammatik-Tool, wie zum Beispiel LanguageTool - ein anders fällt mir zurzeit nicht ein.
Ich weiß zwar nicht, was es da bei Windows gibt - habe Linux - könnte man vielleicht fündig werden.
Wenn du ein paar EURO in die Hand nimmst, wäre ein Autorenprogramm passend. Gibt es teilweise als OpenSource oder in abgespeckter Version kostenfrei zum Testen.
Zum Beispiel:
Patchwork, DramaQueen, Scrivener oder Papyrus Autor
Ich schreibe mit Papyrus. Das ist aber Geschmackssache.
Eben in diesen Editor mit LanguageTool, wegen der Tippfehler bei Sechsfingersuchmethode.


Gruß
Ahorn
 
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Elso Damrow

Mitglied
Hallo,

ja, klar Linux ist eine super Sache, Plasma ist meiner Meinung nach, der beste Desktop. Da kommt Win10 nicht dran, aber wenn man ehrlich ist, sobald regelmäßig Daten ausgetauscht werden, wird es auf die Dauer haarig. Das liegt dann natürlich nicht an Lx, sondern am Office. Der ewige Formatkleinkrieg ist dann doch nervtötend.

Papyrus teste ich gerade, gefällt mir ganz gut. Wenn ich das also richtig lese, dann läuft Papyrus unter Wine. Problemlos?

Schreiben mit xed, kate und Co. (Vim!!!) ist dann doch mehr etwas für Puristen.

Einen schönen Tag

Elso
 
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