Knabentraum

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Hera Klit

Mitglied
Knabentraum

Alaska, du von Jack London gepriesenes Land
gingst mir lange nicht aus meinen Knabenträumen.
Raue, unwirtliche Wälder, gerade recht
zum Fallen stellen für den glänzenden Fischmarder, den
schwarz-weißen Dachs und den roten listigen Fuchs.
Damals stimmten die Pelzpreise noch.
Die grob behauene Blockhütte
mit eigener schwieliger Hand erstellt.
Pfeilschnelle Fahrt über harsche Schneepisten
dank treuer, pflichtbewusster Schlittenhunde.
Hund und Mensch bilden dort eine Einheit.
Menschenleere, so weit das Auge schaut.
Nur einmal im Monat leider Menschenkontakt beim
Pelzeverkauf in der einsamen Poststation,
beim wortkargen, mürrischen Postmann.
Wer viel redet, gehört nicht in dieses Land.
Eine Indianerin freilich nenne ich mein eigen,
gewohnt ist sie die Abgeschiedenheit
und aufs Wort gehorchen ist ihre Natur.
Bei Wolfangriffen kenne ich keine Gnade,
ich kämpfe hart mit Büchse und brennender Fackel.
Die Büchse darf niemals einfrieren, hier ist Sorgfalt nötig,
das Leben hängt davon ab.
Bären sind aber noch beängstigender, man muss
ihnen genau ins Herz stechen, wenn sie sich turmhoch
vor einem aufbauen, das ist schon etwas gefährlich.
Die größten Grizzlys sind Zweimetervierzig, wenn sie stehen.
Und sie stehen oft und gern, diese zotteligen Monster.
Mit einem Prankenhieb reißen sie einem den Wanst auf,
dass die Därme spritzen.
Aber die nächtliche schützende Hütte mit ihrem
knisternden, wärmenden Feuerholz und den
heimelig flackernden Kerzen bietet viel dankbaren
Schutz für den genügsamen Trapper.
Medien braucht es nicht, es genügt alle Jack London
Bücher dabei zu haben, die sind unterhaltsam und lehrreich zugleich.
Mehr braucht es nicht, um bei Sonnenaufgang neuen Mut
zu fassen und ein Lächeln liegt auf dem gegerbten
Bartgesicht, in dem die ersten Morgensonnenstrahlen glitzern.
Dieses Land ist nichts für schwache Naturen, das ist klar.
Doch dort ist ein Mann noch ein Mann und
keiner redet ihm rein und die Zivilisation mit
ihrer krankhaften Verderbtheit ist endlos weit weg.
 

petrasmiles

Mitglied
Ach Knabenträume ... da hast Du schön reingeschaut und alles hervorgeholt, was dazu gehörte ...

Ja, damals, als alles noch so viel einfacher war - oder schien - und die Entbehrungen eines solchen Lebens als ein Klacks erschienen für den, der nie hungern oder frieren musste, und der seine Bedürfnisse - wenn nicht aus dem elterlichen Kühlschrank schon, dann doch wenigstens an der nächsten Straßenecke oder Ortschaft - befriedigen konnte.
Das sind die Träume, die Energien in uns freisetzen, aber man sollte sich hüten, sie Wirklichkeit werden zu lassen.
Die Natur ist nicht 'unschuldig' - sie ist einfach indifferent.
Wir lieben (und zerstören) sie - aber wir sind ihr ziemlich egal.
Die Zivilisation ist die Kuscheldecke der Menschen, die schon am finsteren Waldrand ihre Macht zu fürchten beginnen.
Der Trapper und die Indianerin - sie hatten einfach keine andere Wahl als dieses Leben. Überlebt wurde von Tag zu Tag.
Wenn wir es ihnen gleichtun wollen, müssen wir auf unsere Weise von Tag zu Tag überleben und mit unseren Möglichkeiten versuchen, unsere Zivilisation besser zu machen - auch, indem wir gegen die Härte(n) unserer Kultur anleben.
Vielleicht hat der Knabe das ja noch gelernt.

Liebe Grüße
Petra
 

Hera Klit

Mitglied
Ach Knabenträume ... da hast Du schön reingeschaut und alles hervorgeholt, was dazu gehörte ...

Ja, damals, als alles noch so viel einfacher war - oder schien - und die Entbehrungen eines solchen Lebens als ein Klacks erschienen für den, der nie hungern oder frieren musste, und der seine Bedürfnisse - wenn nicht aus dem elterlichen Kühlschrank schon, dann doch wenigstens an der nächsten Straßenecke oder Ortschaft - befriedigen konnte.
Das sind die Träume, die Energien in uns freisetzen, aber man sollte sich hüten, sie Wirklichkeit werden zu lassen.
Die Natur ist nicht 'unschuldig' - sie ist einfach indifferent.
Wir lieben (und zerstören) sie - aber wir sind ihr ziemlich egal.
Die Zivilisation ist die Kuscheldecke der Menschen, die schon am finsteren Waldrand ihre Macht zu fürchten beginnen.
Der Trapper und die Indianerin - sie hatten einfach keine andere Wahl als dieses Leben. Überlebt wurde von Tag zu Tag.
Wenn wir es ihnen gleichtun wollen, müssen wir auf unsere Weise von Tag zu Tag überleben und mit unseren Möglichkeiten versuchen, unsere Zivilisation besser zu machen - auch, indem wir gegen die Härte(n) unserer Kultur anleben.
Vielleicht hat der Knabe das ja noch gelernt.

Liebe Grüße
Petra
Vielen Dank, liebe Petra.

Solche Träume hat man, wenn man sich eingeengt fühlt und Fluchttendenzen entwickelt.
Aber gehe mal auf Youtube und schau dir Videos von Aussteigern an.
Da werden die "verrücktesten" Dinge gemacht, aber vieles funktioniert einwandfrei.
Eine Familie hat alles verkauft und fährt mit dem Pferdewagen und 3 Kindern durch die ganze Welt. Eine
junge Frau hat ihren Van umgebaut, damit sie ihren Esel mitnehmen kann, um mit ihm irgendwo in den Bergen wandern zu gehen etc..
Wenn man sich das und ähnliches anschaut, dann spürt man wie eingeschränkt und ängstlich man ist und lebt.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Der Glaube versetzt Berge.
Es gibt außerdem Männer aus Deutschland die nach Alaska gingen, um ein einsames Trapperleben zu leben, das war und ist nicht unmöglich.
Wäre ich aufgebrochen, hätte ich einen Weg beschritten, vielleicht aber einen anderen , als ich ursprünglich annahm.
So blieb ich im Land und ernährte mich redlich.

Liebe Grüße
Hera
 

petrasmiles

Mitglied
Aber gehe mal auf Youtube und schau dir Videos von Aussteigern an.
Ich verstehe, aber die Videos zeigen nur einen Teil der Geschichte - vielleicht den des Aufbruchs oder der Höhepunkt des 'Schönseins'. Es hat schon vorher 'Ausflüge' zurück zur Natur gegeben (siehe Thoreaus Walden) und nicht immer waren es die äußeren Umstände, die den Traum platzen ließen.
Aber ich will mich da gar nicht fest beißen oder in Gesellschaftskritik abdriften ...
Ein schöner Text.

Liebe Grüße
Petra
 

Hera Klit

Mitglied
Ich verstehe, aber die Videos zeigen nur einen Teil der Geschichte - vielleicht den des Aufbruchs oder der Höhepunkt des 'Schönseins'. Es hat schon vorher 'Ausflüge' zurück zur Natur gegeben (siehe Thoreaus Walden) und nicht immer waren es die äußeren Umstände, die den Traum platzen ließen.
Aber ich will mich da gar nicht fest beißen oder in Gesellschaftskritik abdriften ...
Ein schöner Text.

Liebe Grüße
Petra
Vielen Dank, liebe Petra.

Liebe Grüße
Hera
 

Hera Klit

Mitglied
Ich verstehe, aber die Videos zeigen nur einen Teil der Geschichte - vielleicht den des Aufbruchs oder der Höhepunkt des 'Schönseins'. Es hat schon vorher 'Ausflüge' zurück zur Natur gegeben (siehe Thoreaus Walden) und nicht immer waren es die äußeren Umstände, die den Traum platzen ließen.
Aber ich will mich da gar nicht fest beißen oder in Gesellschaftskritik abdriften ...
Ein schöner Text.

Liebe Grüße
Petra
Vielen Dank, liebe Petra.

Natürlich ist das dann nicht alles schön und leicht, aber schon mein Text lässt durchblicken,
dass Kargheit, Härte und Entbehrung wichtige Motive sind, solch ein Leben zu suchen.
Ob man dann hart genug ist dafür, das zeigt sich dann.
Wenn nicht, ruft man seine Mutter an und fragt, ob man wieder in seinem Kinderzimmer einziehen darf.

Liebe Grüße
Hera
 

aliceg

Mitglied
Petra und Hera,
euer Dialog ist ja mindestens so interessant wie der Text selbst:cool:

Des Beinhebers Einstern beleuchtet seine Engstirnigkeit. Der erhobene Daumen plus 'gefällt mir"
darunter prangt dort als trotziger Widerspruch!

lg aliceg
 

Klaus K.

Mitglied
Hera Klit,

ich finde das sehr gut gemacht, bezweifle allerdings, dass heutige jüngere Leser etwas mit "Jack London" als Autor anfangen können, geschweige denn etwas von ihm gelesen haben. Vielleicht konntest du ja zumindest deren Phantasie damit "zündeln", auch wenn der Stoff selbst nicht mehr zeitgemäß ist. Meine Phantasie, besser meine Erinnerungen, hast du zumindest aus der hintersten Ecke hervorgeholt. -

Die Träume sind geblieben. Man ist im Lande geblieben. Hat es nicht einmal bis "An die weiße Grenze" geschafft. Irgendwie armselig, bei dieser bereits darauf vorbereitenden und inspirierenden Literatur. Danke für diesen ernüchternden Blick in die Vergangenheit!
Mit Gruß, Klaus
 

Walther

Mitglied
@all

hier mal wieder der lyrische elchtest (einige verbesserung von rechtschreibung und co gleich umgesetzt:

Alaska, du von Jack London gepriesenes Land gingst mir lange nicht aus meinen Knabenträumen. Raue, unwirtliche Wälder, gerade recht zum Fallen Stellen für den glänzenden Fischmarder, den schwarz-weißen Dachs und den roten listigen Fuchs. Damals stimmten die Pelzpreise noch.
Die grob behauene Blockhütte, mit eigener schwieliger Hand erstellt. Pfeilschnelle Fahrt über harsche Schneepisten dank treuer, pflichtbewusster Schlittenhunde. Hund und Mensch bilden dort eine Einheit.
Menschenleere, so weit das Auge schaut. Nur einmal im Monat leider Menschenkontakt beim Pelzverkauf in der einsamen Poststation, beim wortkargen, mürrischen Postmann. Wer viel redet, gehört nicht in dieses Land.
Eine Indianerin freilich nenne ich mein Eigen, gewohnt ist sie die Abgeschiedenheit und aufs Wort gehorchen ist ihre Natur. Bei Wolfangriffen kenne ich keine Gnade, ich kämpfe hart mit Büchse und brennender Fackel. Die Büchse darf niemals einfrieren, hier ist Sorgfalt nötig, das Leben hängt davon ab.
Bären sind aber noch beängstigender, man muss ihnen genau ins Herz stechen, wenn sie sich turmhoch vor einem aufbauen, das ist schon etwas gefährlich. Die größten Grizzlys sind Zweimetervierzig, wenn sie stehen. Und sie stehen oft und gern, diese zotteligen Monster. Mit einem Prankenhieb reißen sie einem den Wanst auf, dass die Därme spritzen.
Aber die nächtliche schützende Hütte mit ihrem knisternden, wärmenden Feuerholz und den heimelig flackernden Kerzen bietet viel dankbaren Schutz für den genügsamen Trapper. Medien braucht es nicht, es genügt alle Jack London Bücher dabei zu haben, die sind unterhaltsam und lehrreich zugleich. Mehr braucht es nicht, um bei Sonnenaufgang neuen Mut zu fassen und ein Lächeln liegt auf dem gegerbten Bartgesicht, in dem die ersten Morgensonnenstrahlen glitzern.
Dieses Land ist nichts für schwache Naturen, das ist klar. Doch dort ist ein Mann noch ein Mann und keiner redet ihm rein und die Zivilisation mit ihrer krankhaften Verderbtheit ist endlos weit weg.
neeneenee. da wird nie poesie draus, wie man es auch dreht und wendet. das macht den text inhaltlich weder besser noch schlechter. ich will also das lobhudeln gar nicht bremsen, was das angeht (ich würde zwar nicht mitlobhudeln, aber hier gilt der geschmacksvorbehalt).

tagebucheintrag oder kurzprosa. rein unter dem gesichtspunkt lyrik oder nicht wäre also der einsterner nachvollziehbar. von mir ist er nicht, ich habe erklärt, warum ich das nicht mache.

nu haut mich mal schön.

lg W.
 



 
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