KONTAKTE - Achtundvierzig

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Nachdem die Voraussetzungen für eine ungehinderte Kommunikation geschaffen waren, wurde es Zeit, sich der eigentlichen Aufgabe der Expedition zu widmen, der Erforschung der neuen Spezies, die man bei Kepler 186f gefunden zu haben glaubte. Das war zumindest die Formulierung, die man unter den Besatzungsmitgliedern sowohl des Pr'aksischen Kreuzers, als auch des Telonischen Forschungsschiffes gelegentlich hören konnte.
Die menschlichen Mitreisenden hatten bisher nur sehr wenig in Erfahrung bringen können. Alles, was man ihnen erklärt hatte, war, dass ein Telonisches Team auf einem der Planeten, die um die dortige Sonne kreisten, ein seltsames Phänomen entdeckt hatte. An mehreren Orten gab es eine Art Gallert oder Plasma, das ungewöhnliche Effekte erzeugte. Was für Wirkungen das genau waren, blieb geheim. Auf die gelegentlichen Nachfragen erhielten die Menschen nur ausweichende Antworten. Man sei sich nicht sicher, hieß es, inwieweit man den Ergebnissen der Expedition trauen könne.
Das führte die irdischen Teilnehmer zum nächsten Mysterium, nämlich der Frage nach dem Verbleib der Entdecker - Crew. Manche Mannschaftsmitglieder sprachen hinter vorgehaltener Klaue von verschwundenen Wissenschaftlern, andere ließen das Wort "Wahnsinn" fallen. Niemand, so schien es, hatte wirklich eine Ahnung, was sich abgespielt hatte und was aus den Teloni geworden war, die das Ganze entdeckt hatten.

* * *

Nadine und Kren hatten sich im Gemeinschaftsraum mit Jenny getroffen, die die sehr großen Freiheiten ausgenutzt hatte, welche die Teloni ihren Gästen bei der Untersuchung und Nutzung ihrer fantastischen Technologien einräumten.
"Es sieht tatsächlich so aus, als gäbe es keinerlei weiterführende Informationen über die fremden Wesen", sagte Jenny gerade, als sich Voan'Min, ihre Yemn'Inianische Freundin hinzugesellte.
Sie machte es sich in einem der Nester bequem, die dort der mitreisenden Schlangenwesen harrten.
"Ich nehme an, dass ihr die neue Spezies diskutiert?"
"Ja", antworteten Kren und Jenny wie aus einem Munde.
Nadine setzte versonnen hinzu: "Beziehungsweise den Mangel an verlässlichen Fakten."

Voan'Min streckte ihren Körper und hob ihren Kopf so auf Augenhöhe mit den Menschen. "Ich denke, es kann nicht schaden, wenn ich ein paar der Erkenntnisse beitrage, die unser Volk in dieser Sache gewonnen hat." Sie lachte, was sich ein Wenig wie das Zischen entweichenden Dampfes anhörte.
"Das wäre sicher eine gute Idee", bestätigte Nadine und setzte sich auf ihrem Stuhl bequem zurecht.
Auch Kren und Jenny bedachten die Schlangenfrau mit gespannten Blicken.
Diese ließ ihren Oberkörper leicht pendeln und züngelte heftig.
"Soviel unsere Kundschafter erfahren haben", hob sie an, "hat die Begegnung mit dem Plasma auch ... " Sie zögerte, wohl in dem Bestreben, das Ganze noch spannender zu machen.
"Welche Auswirkungen gehabt?" Jenny brachte einfach nicht die Geduld auf, die Fortsetzung abzuwarten. Voan'Min nickte zufrieden. Sie senkte ihre Stimme zu einem scharfen Zischen.
"Auswirkungen auf die mentalen und psychischen Aspekte der Telonischen Persönlichkeit gezeigt."
"Wie meinst du das?", diesmal unterbrach Kren die Darlegungen.
"Nun", setzte die Yemn'ina fort, "Man brachte die Mannschaft nach ihrer Rückkehr in eine Anstalt für psychisch anormale Patienten. Den Grund konnten unsere Agenten nicht sicher ermitteln. Wir haben unterschiedliche Krankenakten ... besorgt. Das Spektrum der Symptome reicht von vollkommen debil bis zu Fällen von Telepathie und sogar einem Auftreten von telekinetischen Fähigkeiten. Rückfragen an die Telonische Regierung haben keinen Erfolg gehabt."
"Aber es muss doch Dokumente, Berichte, Reporte, ...", hauchte Jenny, der die Aussagen Voan'Mins sichtlich zu schaffen machten.
Die Angesprochene nickte erneut. "Wir haben Einblick in verschiedene Dokumente erlangt. Leider sind die meisten von ihnen mit einem Verfahren verschlüsselt, das unsere ... Forscher ... noch nicht knacken konnten. Was wir aber sicher zu wissen glauben, ist, dass diese Gallertmasse in der Lage ist, ins Bewusstsein anderer Wesen einzudringen und auch in beträchtlichem Maße Einfluss auf ihre Umwelt ausüben kann."

"Aber", stieß Kren hervor, "Dann kann es ja völlig falsch sein, wenn wir mit einem schwer bewaffneten Kriegsraumer dort aufkreuzen!"

* * *

Damian war völlig übermüdet. In den letzten drei Tagen und Nächten hatte er fast pausenlos an den Maschinen gesessen und an der Serie von Szenarien gebastelt, die den Kontaktern zum 'zrrgll - Training', wie Marika es scherzhaft bezeichnet hatte, dienen würden.
Er richtete sich auf seinem Sitz auf und streckte stöhnend die Arme zur Decke.
Marika, die sich, wie schon in den letzten Tagen, auf der Couch zusammengerollt gehabt hatte, hob den Kopf.
"Kaffee, Schatz?"
Er blinzelte, hatte offensichtlich Mühe, sich wieder in der Realität einzufinden. Dann lächelte er ein fahlgraues Lächeln und nickte. "Ja, gern. Danke, Liebling."

Sie erhob sich und wankte hinaus. Damian wandte sich wieder seinem Code zu. Er hatte das damalige Simulat genau analysiert und sein aktuelles Werk basierte auf den gewonnenen Erkenntnissen. Mit fliegenden Fingern programmierte er einen neuen Observer - Thread, einen Programmteil, der für die Synchronisation der Nervenreize zuständig war.

Marika kehrte zurück und reichte ihm den Kaffeepott. Sie sah ihn besorgt an und schüttelte, wie schon so oft vorher, den Kopf.
"Du musst wirklich schlafen. Wer soll denn diese Sachen fertig bekommen, wenn du mir hier zusammenbrichst?"
Der Simultroniker antwortete nicht. Halb unbewusst nahm er einen großen Schluck von dem heißen Sud und ließ ihn die Kehle hinab rinnen. Er wechselte das Programmfenster und trank erneut.
Plötzlich schüttelte er heftig den Kopf und wandte sich seiner Partnerin zu.
"Schatz, hast du ..." Weiter kam er nicht. Sein Körper erschlaffte und er glitt vom Sitz.
Marika schaffte es gerade noch, ihn an einem harten Aufschlag auf dem steinernen Boden zu hindern.
"Ich sagte doch, dass du erst einmal schlafen musst, Dummkopf."
Sie versuchte, Damian ins Schlafzimmer zu bugsieren, doch der schlaffe Körper war bleischwer und entglitt ihrem Griff immer aufs Neue.
"Butler!", japste Marika schließlich.
"Wie kann ich helfen?"
"Bring Damian ins Bett!"
"Sehr wohl. Wünschst du Hygiene?"
"Nein, diesmal nicht."

Aus dem Wirtschaftsraum kamen zwei kleine, flache "Maulwürfe" gesaust; deckelförmig gewölbte Haushaltroboter, die vielseitig einsetzbar waren. Dennoch blieb Marika der Mund offen stehen, als sie sah, wie die beiden Geräte einander berührten, eine Art Netz ausspannten, das sie unter dem schnarchenden Damian hindurch zogen und diesen anschließend aus dem Zimmer bugsierten.
Als sie aus dem Blickfeld verschwunden waren, erhob sich die junge Frau neugierig und folgte ihnen. Sie wollte sehen, wie die Winzlinge ihre Last in das hohe Bett bekämen. Doch sie hatte Pech. Als sie ins Schlafzimmer trat, lag Damian bereits in seiner Koje.

Sie kicherte und legte sich dazu. Aber nach ihrer langen Couchphase konnte sie keinen Schlaf finden. Als keiner der üblichenTricks funktionierte, stand sie wieder auf und begab sich zum Heim - Illusor, mit dessen Hilfe Damian seine Simulate testete.

Sie legte sich in das komfortable Gerät hinein und startete Szene eins ...
 



 
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