KONTAKTE - Achtundzwanzig

Aufschreiber

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Telmoniq - was für eine verrückte Welt! Das Raumschiff der Teloni flog ... in den Planeten hinein, ohne dass die Umgebung von den beiden Frauen erfasst werden konnte. Sie sahen zwar Details, aber es gab keine Vorstellung vom Ganzen, der sie diese Bilder hätten zuordnen können.
Jenny hielt dieses Halb -, dieses Unwissen nicht mehr aus und begann, mittels des Terminals Anfragen an den Rechner des Schiffes zu formulieren.

Tek'Enh bemerkte die Verunsicherung der Beiden sehr wohl und beschloss, ihnen einige Einsicht in die Welt Telons zu gewähren. Er begab sich zum menschlichen Quartier und betätigte die Ruf - Funktion des Kommunikationsgerätes.
Anh öffnete die Tür. "Oh, Hallo", sagte sie und bedeutete dem Kapitän, dass er eintreten solle.
"Ich habe gesehen, dass ihr Erklärungen sucht, Informationen über die Umgebung. Deshalb möchte ich euch gern mehr von unserer Welt erkennbar machen."
Er trat an das Terminal heran und betätigte einige Tasten. Plötzlich schienen die Wände zu verschwinden. Ihr Zimmer lag mitten im Bau der Teloni.
Jenny, die beiseite getreten war, als Tek'Enh auf das Terminal zu gesteuert hatte, ließ ein tonloses "WOW!" vernehmen.
Der Anblick, den die Projektion bot, war ... ein Blick in den Ameisenhaufen, aus der Perspektive eines einzelnen Tiers.

Auch Anh war fasziniert. Sie hatte schon versucht, sich selbst ein solches Bild vorzustellen. Und nun wusste sie, warum es ihr misslungen war. Es gab keine Basis für die Assoziation.
"Es ist ... gigantisch!", brachte sie schließlich hervor.
Tek'Enh ließ wieder dieses klickende Lachen hören, verzichtete aber auf die Belustigungsgeste.
"Das ist Telmoniq, die Hauptwelt der Telonischen Unität. - Und ja, ich verstehe, dass es euch unglaublich fremd erscheinen muss. Es entspricht - wahrscheinlich - weitgehend einem planetengroßen irdischen Ameisenbau. Was, verzeiht, ein bisschen lustig ist, ist, dass wir euch in den letzten drei Tagen genau darauf vorzubereiten versucht haben."
Anh hatte sich inzwischen wieder besser im Griff. Sie nickte und lächelte den Telono an.
"Du siehst", sagte sie, "Die beste Schule ist immer noch der direkte Kontakt. Und du hast Recht, es ist wie ein Ameisenhaufen. Nur eben so riesig ..."

Jenny war an den Tisch getreten, nahm einen Schluck aus dem Trinkglas, das dort stand und fügte dann hinzu: "Jetzt weiß ich, warum es keine Arroganz gibt, bei den Teloni. Allein die Umwelt zeigt einem ständig, wie ... unbedeutend man eigentlich ist."
"Nein!", widersprach Tek'Enh, "Das ist nicht ... bis zum Ende durchdacht. Jedes Mitglied unserer Spezies ist wichtig. Und schon deshalb ist Basis unserer Politik, ja, unserer gesamten Weltanschauung, dass jeder unserer Mitbürger genau gleich viel Hilfe, Zuwendung, Unterstützung und Freiheit verdient. Bitte verwechselt unser hierarchisches berufliches Verhalten nicht mit unserem Leben!"

Darauf wusste keine der beiden Frauen etwas zu entgegnen.

* * *

Marika fehlte am nächsten Morgen. Sie hatte eine Message geschickt, dass sie sich noch zwei, maximal drei Tage frei nehmen werde. Die Fehlzeiten wollte sie mit der bisher erbrachten Mehrleistung verrechnen lassen, was im Zentrum durchaus gängige Praxis war.

Damian nutzte diesen und den halben nächsten Tag, um einmal alle Arbeiten, die die junge Frau abgeliefert hatte, vom Computer auswerten zu lassen und die Ergebnisse mit seinen eigenen Resultaten zu interpolieren. Die Erwartungshaltung, in die ihn das Warten auf den Schlussreport versetzte, ließ sein Inneres heftig vibrieren. Schon am Mittag hatte er sich die siebente Tasse Kaffee einverleibt, was der Unruhe nun nicht gerade entgegenwirkte.
Nach dem Essen war es soweit. Als er an seinen Arbeitsplatz zurück kam, wartete bereits ein dringlich rot blinkendes Meldungsfenster auf ihn: "Analyse beendet. Ergebnisse anzeigen, ausgeben oder archivieren?"
Er wählte alle drei Optionen an und bestätigte diese Vorgabe. In der Ecke des Raumes begann ein Holograf, die Informationen und Darstellungen auf ein Holosheet auszugeben. Gleichzeitig meldete eine Box am Monitor, dass die Daten in Damians Cloudspeicher abgelegt würden und mit seiner Identifikationssequenz verschlüsselt wären. Kurz danach erschien die Anzeige des gewonnenen Materials.

Der Simultroniker nahm auf seinem Sitz die typische Arbeitshaltung ein, schnappte sein Trinkgefäß, das er aber sofort wieder absetzte, denn es war leer. Für einen Augenblick kämpfte die Neugier gegen den Kaffeedurst, musste aber bald kapitulieren. Er erhob sich wieder und nahm wenige Minuten später mit einer Tasse dampfender Schwärze erneut am Arbeitstisch Platz.

Die Resultate waren begeisternd. Marika hatte, teilweise aufgrund seiner Anweisungen, teilweise durch eigene Initiative, herausgefunden, welche Struktur das fremde ... Wesen ...
Moment! - Konnte man das eigentlich als ein Wesen bezeichnen, wenn es doch aus einem Konglomerat verschiedener Energiefelder ...?
Marika hatte hervorragende Arbeit geleistet. Sie hatte die Fluktuationen der Raumzeitstruktur während aller aufgezeichneten Situationen ermittelt, in denen sie davon ausgegangen waren, dass dabei das ... Ding gegenwärtig gewesen sein müsste. Was sie postulierte, war ... gespenstisch. Diese Existenz bestand aus reiner Energie. Sie hatte nichts Materielles an sich.

Damian untersuchte die Dokumente, die der Computer aus ihren Arbeiten zusammengestellt hatte sehr eingehend. Irgendetwas schien zu fehlen. Er begann, alles Videomaterial zu betrachten, das vorlag. Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Es war nicht immer nur Energie gewesen, sondern es hatte sich mit einem Wirtskörper - halt - mit zwei Körpern, mindestens, verschmolzen. Es hatte ...
Er sprang auf, schnappte sich die Sheets und sprintete hinunter, zur Tiefgarage. Dort sprang er in seinen Wagen und raste davon. Keine Viertelstunde später rief er den Butler von Marikas Unterkunft.
"Einen Moment bitte!", bat der, öffnete aber nach wenigen Sekunden den Hauseingang.
"Raum 217a. Sie werden erwartet."
Damian wartete nicht auf den Lift, sondern hastete mit riesigen Schritten die Treppe hinauf. Er trat in den Flur und sah einige Meter entfernt eine weibliche Person stehen. Marika!

"Komm rein!", forderte sie ihn auf, "Ich habe verrückte Sachen entdeckt."
 



 
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