KONTAKTE - Achtzehn

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Aufschreiber

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Die Un-brakeable schoss durch den Raum, als sei keins der unglaublichen Dinge, die sich auf dem Schiff abgespielt hatten, je passiert. Die sechs verbleibenden Passagiere ruhten in ihren Kühlbehältern, die Computer und Maschinen taten ihren Dienst. Zrrgll war inaktiv und hinterließ keinerlei Anzeichen seiner Existenz.

Vier Lichtjahre entfernt entwickelte sich eine hektische Geschäftigkeit. Raumschiffe trafen ein und flogen wieder ab, Mittlere und kleine Gleiter witschten hin und her, wie Blitze an einer Induktionsstation.
Eins der schnellen Fahrzeuge hatte sich eben vom Hub der Zentralstation gelöst und flog in langem Bogen dem Nullpunkt zu, der Stelle, an der es in den Hyperraum eintreten würde. Die drei Teloni, die in dem Raumer saßen, legten sich bequem in ihren Sätteln zurück. Für sie war der Vorgang Teil des Alltags. Ein heller Lichtblitz erschien und verging in Sekundenbruchteilen. Dann war das kleine Raumgefährt verschwunden, als sei es in ein schwarzes Loch gezogen worden.

* * *

Jenny und Anh erwachten zeitig, an diesem Tag. Sie waren sofort hellwach und begannen ihre Morgenroutine. Ihnen standen Dinge bevor, die noch kein menschliches Wesen erlebt hatte. Noch niemals waren die Teloni mit einem ihrer Schiffe innerhalb des irdischen Sonnensystems aus dem Hyperraum aufgetaucht.
Nur die Dringlichkeit der Mission hatte sie, nach langen, zähen Verhandlungen, bewogen, dieses Wagnis zu unternehmen. Natürlich würde ihr Gleiter nicht in der Umgebung der bewohnten Planeten "droppen", wie die Rückkehr in den Normalraum genannt wurde.
Der Übergang zwischen den Raumstrukturen war weitgehend unerforscht, was daran lag, dass es in der Vergangenheit schwere Katastrophen gegeben hatte, als die intergalaktischen Reisenden in Planetennähe den nichteuklidischen Raum verlassen hatten. Es hatte unvorhersehbare Wechselwirkungen gegeben, die - so berichteten die Legenden der Teloni - zur Vernichtung der Zivilisation der Khor geführt hatten.
Die Teloni würden am äußeren Rand des Sonnensystems erscheinen und ihre menschlichen Passagiere beim Mars in Empfang nehmen. Deren Reise zum Treffpunkt würde eine Woche dauern, was Jenny, wie sie - leicht verschämt - zugab, ein wenig neidisch machte, auf die Errungenschaften der Aliens.

Anh trat, in ihr Badetuch gehüllt, aus der Hygienezelle des Raumhotels. "Du bist dran", sagte sie lächelnd.
"Gleich", erwiderte Jenny, die sich in dieser Umgebung erst einmal zurecht finden musste. Sie hatte in ihrem Leben nur eine einzige größere Raumreise unternommen. Damals war sie vier Jahre alt gewesen und mit ihren Eltern zum Mars gereist, wo die Beisetzung ihres Großvaters stattfinden sollte.
Sie verschwand in der Zelle und kurz darauf konnte man die Turbinen der Wassersprüher heulen hören. Anschließend kam die junge Frau nackt und am ganzen Körper knallrot wieder zurück.
"Du bist wohl auch so eine pathologische Wassersparerin?", kicherte Anh.
"Stimmt. Ich kann meine Erziehung einfach nicht überwinden. Meine Eltern haben mich förmlich ... indoktriniert, was Ressourceneffizienz angeht."

Die beiden Frauen bestellten sich ihr Frühstück und nahmen auf den bequemen Sitzen am Speisetresen Platz. Beide hingen ihren Gedanken nach, kauten schweigend und nahmen ab und an einen Schluck von ihren Getränken. Anh war zuerst fertig und beobachtete die Nahrungsaufnahme der Jüngeren amüsiert.
"Was ist?", wollte diese wissen.
"Es erinnert mich an eine ... asketische Meditationsübung, dich essen zu sehen. So konzentriert und bedächtig."
"Findest du das schlimm?"
"Nein, nur ungewohnt. Ich könnte das nicht. In meiner Familie galt immer die Eile als Kriterium höchster Effizienz."

Als sie beide ihr Mahl beendet hatten, erhob sich Anh und recyclete die Reste und das Geschirr. Jede von ihnen zog sich in ihr Zimmer zurück und packte ihre Koffer und Taschen.
Sie traten gleichzeitig in den Flur und mussten lachen.
"Hast du dich extra beeilt?", fragte die Asiatin.
"Ja. Ich möchte dir ja nicht schon vor dem Abflug zur Last fallen."
"Das tust du nicht. Außerdem habe ich mir besonders viel Zeit gelassen, um dich nicht zu drängen."

Wieder schallten der kräftige Alt und der helle Sopran der Beiden, die gemeinsam kicherten.

* * *

Damian erwachte und schüttelte seinen Kopf. Die Whiskeyflasche, die er in der letzten Nacht geleert hatte, in Erwartung der Sicherheitsleute, die ihn festnehmen würden, hatte die Neige über den weichen Teppich vergossen.
Mit einem Stöhnen erhob sich der junge Mann und wankte ins Bad. Sein ganzes Bewusstsein vibrierte, während er sich wieder in eine akzeptable Facon stylte. Würde er Gelegenheit haben, seine Vorbereitungen abzuschließen, bevor sie ihn holen kamen?
Die Minuten schlichen dahin, ohne dass sich ein Häscher zeigte. Sie wollten ihn wohl schmoren lassen. Als sich nichts tat, zuckte er die Schultern und setzte sich an seinen Arbeitstisch. Seine Finger rasten über die Tasten. Im globalen Netz sprangen Programme an, die von versteckten Partitionen und Shares Daten luden und sie auf seinem Server wieder zusammensetzten.
Das Vibrieren hielt an. Kämen die Sicherheitsleute jetzt dazu, wäre sein Schicksal besiegelt. '97% ... 99% ... 100%', konnte man auf dem kleineren der Monitore lesen, 'Wiederherstellung erfolgreich.'
Damian rutschte zur Mitte des Tisches und begann, Analyseprogramme zu starten. Je mehr Fenster die Anzeigen füllten, umso ruhiger wurde er. Es dauerte keine Stunde, da hatte er seine Besorgnis komplett abgelegt, ja, scheinbar sogar völlig vergessen.

Der Butler meldete sich: "Ihre Anwesenheit im Eingangsbereich ist notwendig."
Damian schrak hoch. Waren sie doch da?
"Wer ... wer ist es?", fragte er, seine Stimme zu normalem Ton zwingend.
"Oove Johansson. Er ist allein."

Als Damian im Eingangsbereich anlangte, öffnete sich eben die Tür. Der riesige Skandinavier trat ein und blieb stehen.
"Was gibt's?", schnarrte der Wohnungsbesitzer.
"Hallo erstmal. Ich habe dich überwacht und gemerkt, dass du irgendwelche verrückten Datensammlungen veranstaltest. Da dachte ich, dass ich - wo ich schon nicht mitfliegen kann - dir vielleicht ein bisschen ...", er stockte, "behilflich sein kann."
"Hältst du mich für blöd?" Damian kochte. "Jeden Moment können die Secs hier rein schneien. Willst du dich auch noch des Hochverrats ..."
"Langsam, langsam!" Johansson lachte. "So wichtig bist du nicht ... nicht mehr."
Der gegen den blonden Riesen fast winzig wirkende Hacker giftete:
"Ach? Und das heißt was genau?"
"Dass man dich nicht mehr verfolgt. Dein Fall ist eingestellt worden. Es ist viel bedeutender, mit den Aliens zusammen zu erforschen, was das nun für ein ... Ding ... ist, dem du auf die Schliche gekommen bist."
Johansson lief zum Synthesizer und orderte zwei Portionen Frühstück. Er servierte alles an dem kleinen Küchentisch und ließ sich nieder.
"Lass uns erstmal was essen!", grinste er, "Und dann legen wir gemeinsam los."

Damian war platt. Man hatte also ... das Interesse an ihm verloren? Das war einfach unglaublich, so wunderbar, dass es - redete er sich ein - stimmen musste.
 
Hallo Aufschreiber,

na, tappt Damian da in die nächste Falle?
Außerdem bin ich mal gespannt, ob Zrrgll rechtzeitig mitbekommt, dass ihm da jemand auf den Pelz rücken will. Und wie er sich davor zu schützen gedenkt.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

Aufschreiber

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Hallo Rainer,
danke für Dein Feedback!

Die Geschichte entwickelt sich noch weiter. Zrrgll ist, meine ich, sehr von seiner Überlegenheit überzeugt, ist es nicht gewohnt, etwas anderes als "Supremacy" zu empfinden. Schauen wir, was weiter geschieht.

Off topic:
Ich finde es interessant, dass auch Du in Deiner Geschichte Bezeichnungen mit Konsonantenhäufungen verwendest. Habe mich schon gefragt, wo diese Idee herkommt, bei Dir ebenso, wie bei mir. - Bei mir weiß ich es tatsächlich nicht.

Beste Grüße, Steffen
 
Hallo Steffen,

ich habe da noch andere lustige Ideen. Konsonantendoppelung ist die eine, Anagramme (z. B. Anayana) eine andere ... :cool:

Dein Zrrgll ist wirklich ein lustiges Wesen.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

Aufschreiber

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Hallo Rainer,

gleich 2x danke!
Einmal für Deine Anmerkung zur Namensgebung und einmal, weil Du Zrrgll lustig findest. Ich hoffe, die Story wird Dich noch weiter begleiten.

Beste Grüße,
Steffen
 
Hallo Steffen,

auf jeden Fall will ich wissen, wie es mit Zrrgll weitergeht.
In Science Fiction Geschichten verwendet man doch gerne ausgefallene Namen, die es im hiesigen Sprachgebrauch eher nicht gibt. Aber wissen wir, ob die Aliens, die es vielleicht irgendwo gibt, nicht doch einfach Anna, Tina, Hans oder Fritz heißen? ;)

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 



 
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