KONTAKTE - Fünf

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Aufschreiber

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Der eigentliche Landevorgang war reine Routine. Roboter wuselten, Ameisen gleich, durch den riesigen Hangar. Das war der zentrale Hub der irdischen Raumfahrt. Jeden Tag starteten und landeten hier mehr als Tausend Raumschiffe, Fähren, Transporter und private Gleiter.

Die beiden Passagiere verließen den Kopter, der nun keinerlei Ähnlichkeit mehr mit einem inneratmosphärischen Flugzeug hatte. Die Hub- und Schubdüsen waren verschwunden und hatten einem Fusor Platz gemacht. Das kleine Vehikel sah eher aus, als sei es der Kurzstreckengleiter eines der versnobbten Milliardärssöhne, die immer wieder Aufruhr im Raumhafen hervorriefen, indem sie einfach an Docks landeten, die für bereits anfliegende Raumer reserviert waren. Die Zahl der anhängigen Prozesse war beträchtlich. Doch all das interessierte die beiden frisch gebackenen Kontakter nicht. Sie würden in zwei Stunden unterwegs sein, dem roten Zwerg Proxima Centauri entgegen. Dort sollten sie die Teloni begleiten, eine insektoide Rasse, deren Schiffe bereits im Hyperraum reisen konnten.
Unbehelligt vom Gewusel der Maschinen spazierten sie dem Hauptterminal zu.

Die Teloni ... Nadine erinnerte sich noch gut des ersten Kontaktes zu diesen außerirdischen Lebewesen. Sie war damals gerade einmal fünf Jahre alt gewesen. Was für ein Aufschrei, als die Telonischen Schiffe aus dem Hyperspace auftauchten, wie aus dem Nichts. Die Masse der Xenophoben hatte sofort einen Angriff gefordert. Als ob die Menschen auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätten, wären die "Raumameisen", wie sie von den Hetzern genannt wurden, an einer Auseinandersetzung interessiert gewesen.
"Ha!" Sie schlug die Hand vor den Mund. Eigentlich hatte das nur ein Gedanke bleiben sollen.
"Was ist?" erkundigte sich Kren.
Nadine kicherte. "Das war nur laut gedacht. Ich habe mich gerade der Geschehnisse beim Erstkontakt mit den Teloni erinnert und dem Aufstand der Xenophoben. Diese Sache hat mich schon mit fünf Jahren davon überzeugt, dass ich Kontakterin werden möchte."
Kren nahm ihre Hand. "Bei mir war es ähnlich. Aber schon beim allerersten Kontakt, mit den Pr'aksi. Damals wäre es beinahe wirklich zu einem Angriff gekommen. Seit Jahrhunderten hatten die Autoren und Filmemacher den Menschen vermittelt, dass Außerirdische mit Sicherheit nur eines im Schilde führen konnten, nämlich, die Erde zu annektieren und uns zu versklaven."

"Entschuldigt, dass ich eure nostalgischen Anwandlungen unterbrechen muss!", ertönte ein Bass in den Headsets der beiden Bummelanten. "Wenn ihr wenigstens eure Anrufe beantworten würdet ..."
Beide schauten auf ihre Handgelenke. Tatsächlich, dort blinkte das rote Licht des Kommunikationsalarms.
"Wie dem auch sei, ich habe mir die Freiheit genommen, den Kontakt einseitig herzustellen. Sicher kein uninteressantes Thema, was ihr da habt, aber das Schiff wird nicht warten."
"Wer ist da?", Nadines Stimme klang ein wenig genervt.
"Bitte keine Ausbrüche, junge Dame! Hier ist Generalleutnant Phuy, der Leiter eurer Mission. Und ihr habt noch dreiundvierzig Minuten, bis ihr in euren Kühlboxen liegen müsst. Schwingt die Beine, Kinder!"


Das war deutlich gewesen. Sie verfielen in einen leichten Trab und erreichten nach etwa vier Minuten das Terminal. Dort wurden sie von einem geradezu winzigen Asiaten empfangen, auf dessen Schulterklappen die Sterne des Generalleutnants noch viel beeindruckender wirkten, als sie es bei einem normal gewachsenen Menschen getan hätten.
"Das wurde Zeit!", schnaubte der Zwerg.
Die Ankömmlinge, beide über 1.85 m groß, hüteten sich, ihr Amüsement über die Erscheinung des Vorgesetzten erkennen zu lassen.
Kren erklärte: "Wir hatten die Information, dass der Start nicht vor morgen früh stattfinden würde."
"Das ist richtig. Aber denkt ihr, dass wir das so in einem Rutsch machen? Ankommen, einfrieren, starten?"
"N ... nein. Natürlich nicht."
"Bevor ihr los fliegt, muss sicher sein, dass eure Anabiose perfekt ist und wir nicht auf Khoros zwei Mumien auftauen. Deshalb kann der Start erst erfolgen, wenn alle Systeme noch einmal kontrolliert sind ... in voller Funktion." Die unerwartet voluminöse Bassstimme Phuys ließ seine Kleinheit verblassen, nötigte ihnen Respekt ab.
"Wo sollen wir uns melden?" Kren hatte unwillkürlich Haltung angenommen. Der Vorgesetzte ließ ihn gewähren und betrachtete ihn amüsiert.
"Gar nicht so ohne, der Zwerg, nicht wahr?", fragte er unvermittelt.
"Jawohl, Sir!" Auch Nadine zeigte sich beeindruckt.
"Nun entspannen sie sich mal wieder! Solche Spielchen lassen wir die Army machen. Hier kommt es auf Teamgeist an. Und nun sehen sie zu, dass sie zum Hangar DT-14A kommen!"

Kren entspannte sich und sagte: "Entschuldigen sie, Herr Gene ..."
"Abmarsch!", bellte der kleine Asiate.
"Jawohl!" Diesmal konnte man Nadine die Belustigung anmerken.
Die beiden Astronauten fassten sich an den Händen und eilten davon.
Weitere fünf Minuten später trafen sie, vom schnellen Laufen ziemlich atemlos, bei ihrem Schiff ein. Es war ein kleiner Cruizer, der Adjutant - Klasse, die im Linienverkehr zwischen den äußeren Kolonien zum Einsatz kam.
"Un-brakeable?" Nadine grinste. "Soll das der Name sein?"
"Das Schwesterschiff der 'Un -stoppable', der 'Un-launchable' und der 'Un-landable'", ein Mann lief auf sie zu, der in allem das Gegenteil des Generalleutnants war. Ein muskelbepackter Riese, dessen eher leise Tenorstimme die äußere Erscheinung Lügen strafte.
"Wer kommt denn auf solche Ideen?", fragte Kren.
"Die Kapitäne. Die Schiffe wurden von der UN in Dienst gestellt. Da lagen solche Namen nahe."
Jetzt erst schien dem Giganten klar zu werden, dass er sich ja noch gar nicht vorgestellt hatte.
"Ich bin Colonel O'Hannahan", erklärte er, "Ich bin verantwortlich für das Gefrierfleisch."

Er führte sie in das Schiff hinein und zeigte ihnen ihre Kabine. Diese Bezeichnung war ein Euphemismus, denn in der Nische, zu der er sie führte, befanden sich nur die beiden Anabioseboxen, in denen sie die gesamte Reise verbringen würden. Das einzige Mobiliar, wenn man das so nennen wollte, bestand in zwei Spinden, in denen ihre Garderobe und Ausrüstung untergebracht werden würden. Eine Milchscheiben verglaste Schiebetür würde den kleinen Raum vom Gang trennen.
"So", erhob der Colonel seine Piepsstimme wieder, "Nun wird es ernst. Ausziehen, hinlegen, roten Knopf drücken! Und dann ... gute Nacht!"
"Ziemlich knapp." Nadine war ein bisschen enttäuscht. "Keine kleine Verabschiedung?"
"Nein. Eure Reise ist keine internationale Angelegenheit. Vielmehr ... gewissermaßen ... geheim. Wir haben Kunde von einer neuen extraterrestrischen Intelligenz erhalten, die von den Teloni bei Kepler - 186f, im Sternbild Cygnus entdeckt worden ist. Aber ihr werdet alles genau erfahren, wenn ihr an Bord des telonischen Schiffes geht. Unsere Aufgabe ist es, die Information so gut es geht ... aus den Medien heraus zu halten."
"Alles klar." Der lockere Ton O'Hanahans färbte auch auf Kren ab.
"Wir sind so weit", bestätigte Nadine. Sie trat an den Spind und öffnete ihn. Der Colonel nickte kurz und trat zurück.
"Angenehme Ruhe!"
"Danke."

Kren stellte sich zu Nadine. Die Glastür schloss sich.
"Das war's also. Gib mir noch einen ...", er küsste sie, "Noch einen!"
Nadine schenkte ihm einen letzten Kuss und begann, sich zu entkleiden. Kren tat es ihr gleich.
Sie legten sich in ihre Boxen.
"Schlaf gut!", sagte Kren, bevor sich der Deckel zu schließen begann.
"Du auch!" Nadine war es ein wenig klamm ums Herz. "Ich liebe dich."
Doch das konnte ihr Mann schon nicht mehr hören. Die Manipulatoren hatten ihm bereits das Schlafmittel injiziert und die notwendigen Leitungssysteme angebracht. Nun begannen sie mit der eigentlichen Vorbereitung des erschlafften Körpers.
Nadine spürte zwei kleine Stiche. Der erste fand im Herzen statt, als ihr klar war, dass sie fast sechs Jahre ohne die Gesellschaft Krens, als Eisblock verbringen würde. Der andere kam von der Injektion, die sie binnen Sekunden einschläferte.
Wenige Minuten später betraten drei Menschen die Kabine. Sie checkten die Boxen. Alles schien perfekt zu sein. Die Wissenschaftler betätigten einige Buttons an den kastenförmigen Maschinen. Nun stülpten sich Hauben aus Sensoren und Leitungen über die Köpfe der Schlafenden. Weißer Nebel umwallte die Körper.

Die Reise konnte beginnen.

* * *

Zrrgll erwachte. Es analysierte die Situation. Erst nach einer ganzen Weile wurde ihm klar, wo es sich befand. Der 'Dormant Status' hinterließ es immer wieder in einem leicht desorientierten Zustand. Es ließ sein Bewustsein schweifen.
Das hier war keine Simulation. Alles fühlte sich real an. Aber was stellte es dar? Eine Art archaisches Ritual? Zrrgll bedauerte, dass es nicht noch mehr in Erfahrung gebracht hatte.

Möglicherweise war es ein Fehler gewesen, sich in die Autostasis zu versenken.
 
Hallo Steffen,

das wird eine sehr mysteriöse Reise. Bei den Teloni muss ich an die nicht gerade freundlich gesinnten Insektoiden aus 'Enterprise' (NX01) denken. Darum frage ich mich, ob das zuvor nicht doch die Henkersmahlzeit war.
Bin schon sehr gespannt, welche Rolle Zrrgll bei dieser Reise spielen wird.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

Aufschreiber

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Hallo Rainer,

ja, das wird sie wohl, mysteriös. Und Zrrgll ist da immer mit dabei, bis sich alles auflöst ;o)

Beste Grüße,

Steffen
 



 
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