KONTAKTE - Fünfundfünfzig

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Urplötzlich stand Kepler 186f in Flammen. Ein grell leuchtendes Netz von Hyperraum-Portalen umspannte den Planeten und funkelte chaotisch, an den Stellen, an denen offenbar Lrrglls Energiestruktur die gleiche Achterbahnfahrt durchmachte, wie seinerzeit die des Zrrgll.
Der Pr'aksische Kapitän stand auf der Brücke des Kreuzers und sah begeistert zu, wie sein Kampfschiff den viele hunderttausend mal größeren Widersacher in Schach hielt.
"Kontaktanfrage von den Teloni", meldete der erste Offizier. P'Koraso nickte nur stumm.
Auf dem Kommunikationsschirm neben dem Gefechtsleitstand erschien der Telonische Befehlshaber.
"Wir müssen die aktuelle Konfiguration verändern", sagte er. "Diese planetare Hülle lässt uns keinen Zugang für den Bohrer."

Der Pr'akso zuckte ein wenig zusammen. Natürlich! Das hatten sie nicht bedacht, als sie der Aussage des zrrgll gefolgt waren, Lrrgll umschließe mit seiner Energiematrix den gesamten Planeten. Hier war schnelles Reagieren angesagt.
"T'Rakisu, berechnen sie sofort eine Alternativ-Konfiguration!", bellte der Kapitän.

Nun brach hektische Betriebsamkeit aus. Die Aufgabe erschien fast unlösbar. Schon allein die Tatsache, dass sie einen bewohnten Planeten in Hyperraum - Portale eingeschlossen hatten, widersprach allen Regeln und bisherigen Verfahren. Doch um das voll entwickelte Energiewesen effizient zu isolieren, müsste man Kepler 186f mit der Sphere ... durchdringen.
Wie sich das auf die Struktur des Planeten auswirken würde, war nicht vorauszusehen.

* * *

zrrgll hatte die Situation mithilfe von Nadines Augen und Ohren verfolgt. Die Sache war kniffelig. Es dehnte sich aus und drang in die Schiffsmaschinen ein. Doch sein Vorhaben, diese zu eigenen Berechnungen zu benutzen, misslang. Zu gering war sein Verständnis von der Telonischen Technologie.
Da hatte es eine Idee.
"Nadine, bitte begib dich in den Hangar, zu eurem Raumschiff! Ich möchte die Rechenmaschinen dort für ein paar Kalkulationen benutzen, die euch helfen können."

Nadine war starr vor Schreck, als sich zrrgll so einfach in ihr Denken einmischte. Das hatte es seit einiger Zeit schon nicht mehr getan. Dennoch befolgte sie die Anweisungen und lief zum Flur, von dem aus sie einen der Antigrav-Lifte benutzte, um zum Hangar zu kommen.
zrrgll sprang auf die Computer der Un-brakeable über, hinterließ nur einen winzigen Bruchteil seines Bewusstseins in Nadine. Mikrosekunden schienen sich zu Ewigkeiten zu dehnen, als das junge Frrmall die irdischen Rechner umprogrammierte.

Für Nadine, die reglos im Zentralraum des irdischen Raumers verharrt hatte, waren keine zwei Minuten vergangen, als zrrgll zurückkehrte und ihr mitteilte: "Ich habe die Lösung in den Maschinen hinterlegt. Die Teloni können sie zu dem Kampfschiff transferieren."

* * *

Die Pr'aksi waren überrascht und auch ziemlich beschämt, als sich die Teloni meldeten und erklärten, sie hätten eine Software, mit deren Hilfe sie das Problem lösen könnten.
Offizier T'Rakisu transferierte die Daten von der Un-brakeable und unterzog sie einer eingehenden Prüfung. Er konnte nicht verstehen, wie die Teloni so wahnsinnig schnell eine derart komplexe Lösung hatten erstellen können.
Als er den Programmcode sah, hielt er die Luft an. Das war ... genial!

Wenige Minuten später war die Software einsatzbereit. Alle standen mit verhaltenem Atem auf der Brücke des Kreuzers und an allen visuell zugeschalteten Orten des Teloni-Schiffes.
Was sich dann ereignete, war von solch unvorstellbarer Schönheit und Perfektion, dass den menschlichen Zuschauern Tränen in die Augen schossen. Der Plasmastrahl des planetaren Bohrers schoss auf die blitzende Sphere zu. In dem Moment, in dem er mit dieser kollidiert wäre, bildete sich eine Art Wurmloch. Die Portale formten einen Trichter, durch den der Bohrstrahl die Planetenoberfläche erreichen konnte.
In dem Augenblick, in dem der Strahl endete, legte sich ein Deckel auf den Tunnel und ein neuer Strahl traf auf eine andere Stelle des Planetenbodens. Das Ganze war so vollständig abgestimmt, dass es keinerlei Lücke gab, an der Lrrgll hätte durchdringen können.
Alles schien perfekt zu sein.

Doch so leicht ließ sich das Energiewesen nicht besiegen. Es hatte schon vor Äonen den höchsten Bildungsstand erreicht. Das bedeutete, dass es nicht nur mit dem Normalraum vertraut war, sondern auch mit dem Hyperraum und seinen Phänomenen.
Der Bohrer hatte etwas mehr als fünfhundert Kanäle geschnitten, als ein unerwarteter Effekt eintrat. Der Strahl näherte sich der Oberfläche, aber bevor er sie erreichen konnte, zerfaserte er, ohne eine Wirkung zu zeigen.

Die Mannschaft des Kreuzers war perplex, die Telonischen Wissenschaftler sprachlos.
Jenny Farnton war die erste, die sich wieder im Griff hatte.
"Was ist da los?", hauchte sie und lehnte sich an die Schulter Nadines, neben der sie stand.
"Lrrgll hat eine Schwachstelle entdeckt", meldete sich zrrgll. "Es konzentriert die transferierten Strukturen im Vielraum und schießt sie an den passenden Stellen zurück in unser Universum. Damit blockiert es den Bohrer."

Das war ein Fiasko. Wie sollte man diesem Verhalten entgegenwirken? Wieder stürzten sich die Pr'aksischen und Telonischen Forscher in die Berechnungen.
Jenny löste sich von der Schulter ihrer Freundin und rannte hinaus, einem der Computerzentren der "Po'kh Enh'kok'Unh Anh 'grak'inh" zu. Sie ließ sich einen der gelungenen Bohrvorgänge schematisch darstellen. Den Kopf auf die Hand gestützt, verharrte sie konzentriert nachdenkend auf ihrem Sitz.
Mit einem Mal sprang sie auf und lief zum Kommunikationsterminal.
"An alle!", rief sie, sobald der Kontakt hergestellt war, "Ich habe die Lösung."
Sie erklärte in aller Kürze, was ihr eingefallen war.

* * *

Es dauerte nur drei Minuten, bis die Außerirdischen den Ansatz der irdischen Frau umgesetzt hatten. Das Bild auf dem Planeten änderte sich drastisch. Wie vorher erreichte der Bohrstrahl den Planeten und schnitt seinen Kanal in dessen Oberfläche, ehe sich der Schild der Portale wieder schloss. Kein Zerfasern, keine Ablenkung fand mehr statt.
Tei'Anh, die auf dem Telonischen Schiff die Koordination übernommen hatte, wandte sich an die junge Frau: "Wie hast du das geschafft? Was ist der Trick?"
Jenny, die von der Aufregung und Spannung ein wenig mitgenommen war, lächelte matt.
"Es ist ganz einfach. Der Trichter hat eine Doppelwand. Sobald Lrrglls Energie aus der äußeren Wand kommt, wird sie von der inneren wieder in den Hyperraum geworfen. Die Wände sind so dünn, dass Lrrgll keine Zeit für eine Rekonfiguration bleibt."
Die Telona vollführte die Gesten größter Verwunderung und Hochachtung.
"Ihr Irdischen seid einfach unglaublich."
"Danke." Jenny versuchte eine leichte Verbeugung, sank aber entkräftet auf einen der Telonischen Sättel.

Tei'Anh hob sie auf und brachte sie zur Krankenstation, wo man sich gut um sie kümmern würde.
 

Aufschreiber

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Für alle, die die Geschichte bis hierher ertragen haben:

Es folgen noch drei Kapitel, bis zum Ende, Ihr habt es also fast geschafft.
Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ich dann möglichst viel möglichst genaues Feedback erhielte.
Es war das erste Mal, dass ich eine Geschichte mit derart vielen Perspektivwechseln geschrieben habe, daher sagt mir bitte, ob das erträglich war oder überanstrengt hat.
Je nach eurem Feedback überlege ich, ob ich die Story verlegen will oder eben nicht.

Vielen Dank im Voraus,
Steffen
 



 
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