KONTAKTE - Sechsundvierzig

Aufschreiber

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zrrgll hatte kaum Erinnerungen an das, was sein Zrrgll erlebt hatte. Das war auch ganz normal, die Ableger der Frrmllo verfügten im Allgemeinen nur über die wichtigsten Fähigkeiten und einige Erfahrungen, die in ihrer aktuellen Umgebung hilfreich sein konnten. Es durchforstete seine Erinnerungen und stellte fest, dass es sehr wohl in der Lage war, in der Sprache des Wesens zu kommunizieren. Das war gut. Es begann, die Reminiszenzen zu analysieren.
Nach und nach tauchten auch weitere Bilder und Wahrnehmungen auf. Vorsichtig erweiterte es seine Präsenz auf die Maschinen in der Umgebung. Zu seinem Erstaunen fand es sich ziemlich gut in der Struktur der Geräte und Anlagen zurecht, wahrscheinlich gab es auch daran einige Erinnerungen.

Es kramte intensiver in den Bruchstücken und erkannte, dass seine Entstehung wohl doch einige Besonderheiten hervorgebracht hatte. Schließlich war es nicht ... willentlich erzeugt, sondern eher "abgesprengt" worden. Da fanden sich einige Bilder und Engramme, die ein "Neugeborenes" Frrmall nicht haben sollte.

Zufrieden zog sich zrrgll wieder in Nadines Bewusstsein zurück. Es begann, seine kommunikativen Fähigkeiten zu testen.

* * *

Nadine erstarrte mitten in der Bewegung. Sie war eben dabei gewesen, sich von ihrem Sitz zu erheben, um für sich und Kren noch einen von diesen leckeren "Pokh'wakh" zu holen, den ihnen Jenny Farnton empfohlen hatte, als in ihrem Kopf plötzlich eine Stimme erklang: "Haa-llo!"

Kren schaute auf. Nadine stand, halb hockend, halb nach vorn gebeugt, vor ihrem Sitz und rührte sich nicht mehr. Er schaute ihr ins Gesicht, ob sie wieder eine von diesen 'Phasen' hätte, doch ihre Augen waren klar. Er lachte. "Sag mal, was wird denn das? Eine neue Yoga - Übung - der abstürzende Adler?"
Nadine schüttelte den Kopf und richtete sich nun vollständig auf. Auch sie kicherte, als ihr klar wurde, wie seltsam ihre Erstarrung ausgesehen haben musste.
"Das zrrgll spricht. In meinem Kopf. Unilingo."
Krens Augen weiteten sich. Einen Moment lang war er sprachlos, dann hatte er sich wieder im Griff. "Und was sagt es?"
Nadines Augen wurden blind. Dann sprach sie mit fremder Stimme: "Hallo!"

Wieder wusste Kren nichts zu sagen. Erst nach einer Viertelminute riss er sich zusammen und erwiderte: "Guten Tag auch. Nett, dich kennenzulernen. Kannst du auch noch mehr sprechen?"
"zrrgll spricht, zrrgll lernt. Großes Zrrgll ... ist ... weg. zrrgll ist in ... Frau." Das war neu. Selbst das 'große Zrrgll' hatte sich nicht gleich so klar auszudrücken vermocht. Doch es störte Kren, dass Nadine immer zur Marionette wurde, wenn diese Wesen etwas mitzuteilen hatten.
"Kannst du auch sprechen, wenn Nadine aktiv ist?", erkundigte er sich. Es dauerte einen Moment, ehe die Antwort kam. "zrrgll kann ... lernen. Mensch ist ... anders. Lernen. Frau und zrrgll aktiv. Gut. Lernen."

Kren hatte eine Idee. "Wir könnten dir helfen, unsere Sprache zu erlernen. Bitte gib Nadine frei, damit ich mich mit ihr beraten kann!"
Wieder schüttelte Nadine ihren Kopf. "Wir müssen dringend einen anderen Weg finden", stöhnte sie. "Das ist ziemlich lästig."
"Genau darüber habe ich eben mit dem zrrgll gesprochen. Ich habe eine Idee, wie wir das in den Griff bekommen können. Wie wäre es, wenn wir den Simultroniker kontaktieren, der unsere Prüfungssimulation gebaut hatte? Vielleicht hat das zrrgll irgendwo auch noch eine Erinnerung an die Situation, in der es sich damals befunden hat?"
Nadine überlegte kurz und nickte dann versonnen. "Das könnte funktionieren. Wir bauen eine zrrgll - Schule. Aber ..." Sie verstummte.
"Ich weiß", antwortete Kren auf ihren Gedanken, "wir müssen die Teloni bitten. Vielleicht können sie unserer Zentrale ja eine Möglichkeit zur Hyperraum - Kommunikation einrichten?"
"Wir werden sehen", schloss Nadine die Überlegung ab. Sie trat an die Wand und betätigte einige Tasten am Terminal, das dort hing. Der Bildschirm erhellte sich und zeigte Tei'Anh. Die beiden Kontakter erklärten ihr die Situation und ihre Idee.
Die Telona nickte und sagte: "Sehr gut. Ich werde das Notwendige veranlassen."
Mehr gab es in diesem Moment nicht zu besprechen. Der Monitor erlosch.
Nadine und Kren sahen sich an, ein bisschen atemlos. Dieses Abenteuer würde sicher noch eine Weile andauern. Sie umarmten sich.

"Körper ... gut", meldete sich zrrgll.

* * *

General Pham war verblüfft. In seiner gesamten Laufbahn war er noch nie zu einem außerirdischen Botschafter gerufen worden. Jetzt war er auf dem Weg zu Tol'Anh, der Telonischen Botschafterin auf der Erde, um die Einrichtung einer Hyperraum - Kommunikationsanlage in seinem Forschungszentrum zu besprechen.
"Was für eine verrückte Zeit", dachte er, "Noch vor wenigen Wochen hätte niemand daran zu denken gewagt, dass die Aliens uns einmal ihre Technologie anbieten könnten." Es war eine Menge passiert, seit der Prüfung der beiden Kontakter.

Die Telonische Botschaft war in einem neu erbauten Gebäudekomplex untergebracht, der in allen Belangen an die Bedürfnisse der Ameisenwesen angepasst war. Er wurde von Tik'Enh, dem persönlichen Assistenten der hochrangigen Repräsentantin, empfangen und sofort zu ihr geleitet.
Die Botschafterin war größer als alle Teloni, denen der General bisher begegnet war. Sie reichte ihm beinahe bis zur Schulter, rechnete man die Fühler nicht mit. Tol'Anh kam ihrem Gast entgegen und reichte ihm die Klaue, die bei diesen Wesen die Funktion einer Voll - Hand erfüllte. Pham ergiff sie und drückte sie zaghaft.
Tol'Anh lachte. "Sie müssen nicht vorsichtig sein, nur weil meine Hand ein bisschen filigraner scheint. Sehen sie her!" Sie lief zu ihrem Schreibtisch und griff nach der Kante der Tischplatte.
Als sie die Klaue schloss, splitterte das massive Holz und die Ecke fiel herab.
Der General stand mit offenem Mund da. Nicht nur die Kraft des Greifwerkzeuges hatte ihn schockiert, sondern vielmehr noch die unerwartete Gewaltbereitschaft der Botschafterin, waren doch die Teloni als extrem friedfertig bekannt.

Der Assistent verließ den Raum und kehrte nach kurzer Zeit mit einem kleinen Gerät in den Händen zurück. Er hob die Holzsplitter und die Tischecke auf und legte alles auf der Platte ab.
Anschließend hielt der sein Gerät über die Reste. Es ertönte ein Summen und die Teile waren verschwunden.
Nun trat der Telono an die zerstörte Stelle und hielt seinen Apparat an den Bruch. Wieder summte es und dann begann Holz auszutreten. Ähnlich einem 3D-Drucker restaurierte das Gerät den Schaden.
"Ein Integrator", erklärte Tol'Anh und führte die Geste leichter Belustigung aus.

Während der Assistent den Apparat wieder wegräumte, bat die Botschafterin den General, Platz zu nehmen.
"Wir haben eine Meldung von unserem Schiff erhalten. Die beiden Menschen Nadine und Kren benötigen die Hilfe des Simultronikers, der für ihre Prüfung verantwortlich gewesen ist. Wenn ich es richtig verstanden habe, befindet sich ein ... Ableger dieses Energiewesens in Nadines Körper und sie brauchen ein Simulat, besser eine Serie, anhand dessen sie und das Wesen, das eigenen Angaben nach zu den 'Frrmllo' gehört, Energiestrukturen, die den Raum zwischen den Sternen bewohnen, lernen kann, mit den Menschen - und vielleicht später auch den anderen Spezies - zu kommunizieren, ohne das Bewusstsein des Wirtes jedesmal komplett zu blockieren."

Yun Pham nickte schweigend.
"Die Daten", fuhr die Telona fort, "werden in diesem Moment in ihr Forschungszentrum übermittelt. Außerdem beginnen unsere Techniker gerade in diesem Augenblick, ihnen einen Hyperraum-Kommunikator zu installieren, damit sie nicht immer unsere Dienste in Anspruch nehmen müssen. Das Gerät ist ein Zugeständnis an die Situation, kein Geschenk. Wir stellen ihnen gern die prinzipiellen Funktionsgrundlagen zur Verfügung, sodass sie selbst in die Lage versetzt werden, die Technologie zu entwickeln."

Wieder nickte der General.
"Aber ich muss von ihnen die Zusicherung haben, dass die Menschen nicht versuchen werden, das bereitgestellte Gerät zu analysieren und einfach nachzubauen. Das verstieße gegen die Regeln, die der Kreis der Raumfahrenden sich gegeben hat."
"In welcher Form brauchen sie das?", fragte Pham.
"Ein Holosheet ist ausreichend. Wir rechnen morgen mit der Übersendung des Dokuments."

Damit war mehr oder weniger alles besprochen. Der Assistent servierte einen Pokh'wakh und Tol'Anh nahm sich noch Zeit für Smalltalk, solange die Kelche nicht geleert waren. Anschließend verabschiedete sie den irdischen General.

Auf dem Rückweg zur Zentrale kontaktierte Pham den Butler des Simultronikers.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Steffen,

Schließlich war es nicht ... willentlich ? Hier fehlt ein Wort z. B. "getrennt", "zertrennt", "zerteilt" oder "geteilt". worden, sondern eher "abgesprengt" worden.
"zrrgll kann ... lernen. Menssch ist ... anders.
"Aber ich muss von ihnen die Zusicherung haben, dass die Menschen nicht versuchen werden, das bereitgestellte Gerät zu analysieren und einfach nachzubauen. Das verstieße gegen die Regeln, die der Kreis der Raumfahrenden sich gegeben hat. Anführungszeichen

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

Aufschreiber

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Hallo Rainer,

wie immer: Vielen Dank für Deine Anmerkungen, ich bessere die Stellen gleich aus.

Beste Grüße,
Steffen
 



 
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