KONTAKTE - Vierzehn

Aufschreiber

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Damian war zufrieden. Alles lief genau so, wie er es sich ausgemalt hatte. Viel besser noch, denn unter der Dusche in seinem luxuriösen Badezimmer stand Jenny, die Frau, die es ihm gleich bei der ersten Begegnung angetan hatte.
Das war vor zwei Monaten gewesen. Seitdem hatte sein Leben aus strahlenden Sonnenaufgängen, wilden gemeinsamen Unternehmungen und heißen Nächten bestanden. Er hatte seine Ernährung umgestellt und fast zwanzig Kilo abgenommen. Es fühlte sich wunderbar an.
Oh ja, alles war perfekt. - Oder?
Er erhob sich von seinem Arbeitstisch und lief hinüber zu dem riesigen Fenster. Im oberen Drittel bewegte sich ein Teil der Scheibe, glitt ein wenig nach unten und ließ einen kühlen Luftstrom ins Zimmer.

"Was machst du?" Jenny trat zu ihm. "Ah!" Sie breitete die Arme aus und ließ sich seitlich in seine Umarmung sinken.
Damian hielt sie umfangen und flüsterte ihr zu: "Ich liebe dich."
Sie löste sich von ihm und schwebte zu seinem Computertisch. Dort ließ sie sich nieder und wandte sich ihm zu.
"Wie läuft es?", fragte sie unvermittelt, "Du weißt, dass Pham langsam ungeduldig wird."
"Jajajaja!" Er schlenderte zu ihr hinüber und küsste sie. "Ich habe euer Material noch einmal analysiert. Pass einmal auf, was ich im Backup gefunden habe!
Er betätigte einige Tasten, klickte hier und da und wedelte mit der linken Hand über den Leaper. Drei Fenster öffneten sich auf dem Display. Die Videos, die dort geladen wurden, schoben sich übereinander und mischten sich.

Jenny hielt die Luft an. Dort, wo sich in der Simulation das Katzenwesen befunden hatte, gab es jetzt zusätzlich eine Art Flirren in der Luft.
"Was ist das?", hauchte sie.
"Nach allem, was ich zu wissen glaube, ist das genau das ... Wesen - wenn man es so nennen will - das im Schiff die Kontrolle übernommen hat."
"Woher weißt du das?" Jenny schaute ihm direkt in die Augen, hielt seinen Blick fest.
"Na gut", grinste Damian, "Ich wusste schon immer mehr, als die Zentrale. Ich hatte die Simulation entwickelt, habe sie, nachdem sie scheinbar aus dem Ruder gelaufen war, intensiv getestet. Und ja, du hattest Recht. Ich hatte den Datentransfer gekapert, obendrein auf genau die Art, die du vermutet hast. Aber ich habe keins der irren Dinge verursacht, deren man mich bezichtigte. Das war alles dieses ... Plasma - Ding."

Jenny wandte sich ab. Als sie ihm ihr Gesicht wieder zuwandte, gab es nichts Verliebtes oder Verträumtes mehr in ihren Augen.
"Ok. Ich habe das natürlich alles aufgezeichnet. Danke, lieber Damian. Das", sie pausierte kurz, "- und nur das - war, was ich von dir wollte."
Damian wurde bleich. Er starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an.
"Nein! Das ist nicht wahr!" Er ergriff ihre Schultern und hielt sie auf Armeslänge von sich weg.
"Sag mir, dass das ein Scherz ist! - Bitte!"
Jenny streifte seine Hände ab und begann, ihre im Raum verstreuten Sachen einzusammeln.
Sie lief auf die Wohnungstür zu. Als sie sie erreicht hatte, drehte sie sich noch einmal um.
"Du bist am Arsch, mein Freund!", zischte sie und war draußen, ehe er seine Starre überwunden hatte und zu der sich schließenden Öffnung gelangt war.

Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und rutschte nach unten, bis er auf dem Boden saß.
"Scheiße!", stöhnte er.

* * *

Barbara weckte ihren Mann mit einem Stirnkuss. "Aufstehn, mein Schatz!"
Er brummelte ein bisschen, streckte sich dann ausgiebig und erhob sich von seiner Luftmatratze. Anschließend drückte er auf einen verbogenen Knopf. Die Liegestatt entlüftete sich zischend und rollte sich mit einem schnappenden Geräusch zusammen. Torve umarmte seine Geliebte. Dann schaute er sich im Raum um. Sie hatten sich ziemlich gut eingerichtet, bedachte man, dass die Un-brakeable kein Passagierschiff im traditionellen Sinne war.
Normalerweise verbrachten die Reisenden die meiste Zeit im Zustand des Kälteschlafes, wurden erst kurz vor der Ankunft geweckt. Das hatte sich als effizienteste Art der Beförderung von Menschen über lange Strecken bewährt.

Die beiden "Schlaflosen", wie Barbara sie manchmal scherzhaft bezeichnete, waren gezwungen gewesen, sich die wichtigsten Annehmlichkeiten mithilfe des Synthesizers zu beschaffen. Dazu hatten sie die Anabioseboxen der beiden toten Astronauten recycled ... und die Leichen.
"Schon verrückt", hatte Torve gemurmelt, als sie sich zum ersten Mal auf den Entspannungssitzen niedergelassen hatten, die der Synth ausgespien hatte. "Wer weiß was das früher einmal war. Ich tippe auf ..."
"Rebeccas Verdauungstrakt?" Stimmte Barbara - völlig pietätlos - ein.
"Schon möglich."

Das Einzige, was ihre Vertrautheit immer wieder störte, waren die "Absenzen", denen Torve mit steigender Frequenz zum Opfer fiel. Barbara hatte begonnen, diese ... Trance - Anfälle ... auf Video aufzuzeichnen.
Vielleicht fanden die Teloni eine Lösung, konnten diese erschreckenden Vorkommnisse zumindest stoppen?
Sie nahmen ein leichtes, aber leckeres Frühstück zu sich. Anschließend stand Torve - extrem enthusiastisch - auf und kündigte an: "Ich werde jetzt den Zentralrechner knacken."
Barbara nickte ernst. "Torves Meistercrack, Folge sieben ... und neunzig ..."
"Heute werde ich es schaffen", beteuerte er und schnappte sich die Gerätschaften, die er zu diesem Zweck entworfen hatte.

Er verschwand hinter einer Ecke des Ganges, der zur Steuerabteilung führte und begann, eine der Wandverkleidungen zu entfernen. Es klimperte, summte, klickte, kratzte, dröhnte und piepte.
"Liebling!", rief er nach einiger Zeit, "Bitte versuche einen Login!"
Barbara zuckte die Schultern und nahm am nächsten Terminal Platz.
"Login: ", grellte ihr, beinahe gleißend, entgegen.
Wieder, wie schon so oft vorher, gab sie Nutzerkennung und Passwort ein.
Im ersten Moment geschah nichts. Und selbst das war ein hoffnungsvolles Zeichen. Die - mehr als hundert - früheren Versuche hatten sofort eine Fehlermeldung produziert.
Plötzlich erhellte sich der Monitor, präsentierte eine grafische Benutzeroberfläche.

"Schatz!", Barbaras Stimme überschlug sich, "Ich bin drin! Wir haben es geschafft!"

* * *

Oove Johansson hatte resigniert. Als es nicht gelungen war, den Simultroniker Kryptowski zu überführen oder ihm zumindest einige Antworten abzuringen, hatte er sich aus dem Geschehen zurückgezogen und wieder seinen eigenen Forschungen zugewandt. Er stieg gerade, völlig verschwitzt, von seinem Laufband, als der Butler sich meldete: "Ihre Anwesenheit ist im Eingangbereich notwendig."
"Was ... ist ... los?", schnaufte der blonde Riese.
"Sie haben Besuch. Miss Farnton ist gekommen."
"Oh!" Johansson entkleidete sich und ging unter die Dusche, deren Kabine direkt neben dem Trainingsraum wartete. "Bitte serviere ihr eine Erfrischung und bitte sie, sich ein paar Minuten zu gedulden!"
"Sehr wohl."

Während das Wasser, zuerst kalt, dann heiß, auf seinen Körper trommelte, grübelte er, was denn die Info-Technikerin, die ja bekanntermaßen mit dem - ihm noch immer suspekten - Damian zusammen war, plötzlich wieder zu ihm führte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Aufschreiber,

die Jenny ist aber echt fies. Hätte ich nicht gedacht ...
Uhh! Na, solange der Synthesizer aus den Verstorbenen nicht eine gehaltvolle Mahlzeit macht ... o_O


Als sie ihm ihr Gesicht wieder zu wandte zuwandte, gab es nichts Verliebtes ...

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo Rainer,

aber genau das tut er, er zerlegt die "Abfälle" in ihre Elemente und setzt sie zu verwertbaren Dingen neu zusammen. Das ist meiner Ansicht nach unabdingbar, denn wo sollte man die Abfälle loswerden, wenn man sie doch "umbauen" kann. Und bei einem Vitamin ist es doch egal, ob seine Bestandteile vorher in unterschiedlichen ... ja, möglicherweise Kadavern ... enthalten waren - oder?

Ja, Jenny war offenbar sehr geduldig, eine richtige "Agentin". Wer weiß, muss ja nicht so bleiben ;o)

Vielen Dank auch für Deinen Hinweis, Korrektur ist schon erfolgt.

Beste Grüße,
Steffen.
 



 
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