KONTAKTE - Zwanzig

Aufschreiber

Mitglied
Jenny verschlief den gesamten Gesundheits - Checkup, der zum Standardprogramm vor der Anabiose gehörte. Doch das war nicht schlimm, senkte nur die Dosis des Mittels, das man ihr ohnehin verabreichen würde.
Anh brauchte noch etwas mehr Zeit, ehe sie sich zur Untersuchung melden konnte, denn sie hatte noch eine Vernehmung durch die Secs zu absolvieren. Man teilte ihr mit, dass man bereits seit längerer Zeit eine ganze Bande von Menschenschmugglern verfolge und ihr Eingreifen einen großen Fortschritt der Ermittlungen bedeute, weil der Pr'akso, den sie überwältigt hatte, zur Zusammenarbeit bereit sei.

Endlich war es so weit, die beiden Frauen lagen in ihren Anabioseboxen. Anh verspürte das leichte Kribbeln, das die Infusion immer bei ihr hervorrief.
"Was ... ", hob sie an, doch da setzte auch schon die Wirkung des Schlafmittels ein. Sie versank in der Bewusstlosigkeit.
Jenny war nicht noch einmal zu sich gekommen. Für sie würde das Erwachen bei der Ankunft am Mars eine ziemliche Überraschung werden.

* * *

Tek'Enh, der Kapitän des Gleiters, war zufrieden. Schon seit langem hatte seine Einheit keine so simple und entspannte Mission mehr bekommen gehabt. Er dachte nur mit Schaudern an ihren vorletzten Auftrag, bei dem sie den Yemn'In zwei der seltenen Chr'fzaw - Würmer hatten liefern müssen. Keiner der Teloni hatte bis zu dem Moment, als die Behälter an Bord gebracht worden waren, die leiseste Ahnung gehabt, was das für Kreaturen sein könnten. Und man hatte ihnen nicht mitgeteilt, dass die Insassen der Bio - Container keinen Kontakt mit intelligenten Lebewesen haben durften, denn sie waren Cerebrophagen, die ihre Aktionsfähigkeit durch die Hirnströme der in der Umgebung existierenden Individuen erlangten.

Tei'Anh, die Kontakterin - und Leiterin dieser Mission - trat zu ihm.
"Quälst du dich wieder wegen der Würmer?"
Er machte eine Geste der Trauer.
"Ich habe versagt."
"Nein, das hast du nicht", widersprach Tei'Anh, "Die Yemn'In haben uns absichtlich nicht vollständig informiert. Sie brauchten nur einen dieser Würmer, haben also den zweiten bewusst dem Tod überlassen. Es muss ihnen klar gewesen sein, dass uns keine Wahl blieb."
Tek'Enh gestikulierte Zustimmung und Erleichterung. Sicher hatte die Kontakterin Recht. Die schlangenartigen Yemn'In ähnelten nicht nur äußerlich den irdischen Kriechtieren, sondern waren auch hinterhältige, stets auf Maximierung ihrer eigenen Vorteile bedachte Händler, die den Schlangen in den uralten Legenden der Humaniden weitgehend entsprachen.
Die Humaniden, was für ein interessantes Volk. So unterschiedlich, so individuell und dennoch fähig zu einheitlichem Handeln. Ein Konglomerat aus Rassen und Kulturen in unglaublicher Vielfalt. Er freute sich sehr, wieder einmal Vertretern der Menschheit zu begegnen. Sicher, die Spezies hatte noch einen recht langen Weg vor sich, ehe sie vollständig in die Allianz der raumfahrenden Wesen aufgenommen werden konnte, aber die Ansätze waren gut.

Tek'Enh würde ihre Entwicklung verfolgen und mit ihnen feiern, wenn sie erst die Ny'Sap - Schwelle zum Hyperraum überwinden lernten.

* * *

Im Appartement des Simultonikers Kryptowski sah es aus, als hätte ein Überfall stattgefunden. Holosheets lagen umher, teilweise verdeckt von verschwitzten Klamotten, die ihrerseits von jeder Menge unrecycleter Teller, Schüsseln, Besteckteilen belagert wurden.
Auf der Couch in der Ecke lag ein riesiger Kerl und schnarchte. Sein Gastgeber war einfach am Arbeitsplatz vornüber gesunken und schlief, mit dem zur Seite gedrehten Kopf neben der Tastatur.

"Es ist jetzt zehn Uhr", ertönte plötzlich die Stimme des Butlers, "Guten Morgen. Sie wollten gern geweckt werden ..."
Damian hob seinen Kopf, griff aber sofort mit der linken Hand nach seinem schmerzenden Nacken und stöhnte laut. Das brachte Oove in Bewegung. Er schmatzte ein paarmal, wischte sich den Speichel aus dem mächtig sprießenden Bart und setzte sich auf.
"... Morgen!", sagte er, lauter als beabsichtigt.
"Ich glaube, ich muss mich erst einmal massieren lassen." Damian wand sich, noch immer stöhnend, von seinem Sitz hoch.
"Butler!"
"Zu Diensten!"
"Besorg mir eine Masseuse! Aber bitte nicht wieder so eine Metzgerin, wie die letzte!"
"Waren ihre Leistungen unbefriedigend?", erkundigte sich der Butler in unschuldigem Ton.
"Nein, aber ich hatte den Eindruck, sie wäre vorher Catcherin gewesen. Sie war ... ", er suchte nach einem passenden Wort, "... brutal."
"Sehr wohl." Der elektronische Hausdiener verstummte.

Oove war inzwischen ganz aufgestanden und machte sich auf den Weg zur Hygienezelle.
"Ich denke, wir sollten vor dem Eintreffen der Masseuse dringend ..."
"Jajaja, ich weiß. Geh nur duschen, ich fange inzwischen schon mal an."

Der lange Johansson verschwand und Damian erhob sich ächzend. "So eine blöde Idee, wieder am Tisch zu pennen!", schalt er sich selbst. Dann drückte er ein paar Tasten am Terminal. Ein kleiner, kastenförmiger Roboter kam herein geschwebt und begann, die Hinterlassenschaft der Menschen zu ordnen und zu recyclen.
Mir schmerzverzerrtem Gesicht schaute der Wohnungsinhaber zu.
Plötzlich sprang er auf die kleine Maschine los und schnappte ihr gerade noch Johanssons Schuhe weg, auf die sie gerade zu gesteuert hatte.
"Pass ein bisschen auf!", schrie er den Roboter an.
Der verharrte und quietschte: "Bitte Gegenstände klassifizieren!" Auf einem der Monitore am Arbeitsplatz erschien eine Auswahl der gefundenen Dinge. Damian hinkte hinüber und tippte mit dem Finger auf diejenigen Exponate, die er vor dem Recycling zu retten gedachte. Das Bild wechselte und er bekam eine Reihe von Lagermöglichkeiten für die Gegenstände angeboten. Auch hier wählte er aus.
Der kleine Roboter setzte seine Arbeit fort und sein Besitzer ließ sich wieder auf seinen Arbeitssitz sinken.
Die Reinigungsmaschine verschwand genau in dem Moment, als Johansson, in ein riesiges Badetuch gehüllt, wieder in den Raum trat. Der blieb kurz stehen und staunte.
"Du hast aber auch alles an Spielereien, was der Markt so hergibt - oder?"
Damian grinste. "Nur das Wichtigste."

Der Butler ließ sich wieder vernehmen: "Die Masseuse ist am Eingang. Wollen sie sie selbst empfangen oder reicht es, wenn ich sie einweise?"
"Schick sie rein!"
"Sehr wohl."
Keine fünfzehn Sekunden später betrat die Masseuse den Raum. Es war ein Android.
Kryptowski stutzte kurz und murmelte dann: "Ähm, ... nichts für ungut ..., aber ich hatte eigentlich einen Menschen erwartet."
"Ihr Hausdiener hat explizit mich angefordert, weil, wie er sagte, die letzte menschliche Kraft leider nicht ihren Vorstellungen entsprach. Ich verfüge über siebenundfünfzig Massageprogramme, in jeweils zweiunddreißig Intensitätsstufen. Kein Mensch kann ihnen diese Vielfalt bieten. Außerdem stehe ich, sollten sie das wünschen, auch als Sexual ..."
"Ist ja gut, das reicht!", unterbrach Damian die Droidin, als er Johanssons süffisantes Grinsen sah. "Folge mir zum Hygieneraum!"

* * *

General Yun Pham war verunsichert. Hatte nicht Johansson den verschlagenen Kryptowski zutiefst verabscheut? Was veranlasste ihn nun, ausgerechnet bei dem den Roomie zu geben?
Er betätigte die Ruftaste. Seine Assistentin Annie van Dynen trat beinah sofort in den Raum. Pham betrachtete die schlanke Mittdreißigerin freundlich und ließ sie an ihrem Arbeitstisch Platz nehmen. Nur die Führungskräfte von Regierungseinheiten hatten das Privileg menschlicher Assistenten - und auch von denen nicht alle.
"Schreiben sie!", begann der General ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Steffen,

... haben durften, denn sie waren Cerebrophagen, die ihre Aktionsfähigkeit ...

Du lieferst wieder ein paar neue Informationen. Ich schätze, all diese Fäden laufen irgendwann zusammen und erklären das große Ganze. Bin schon sehr gespannt.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

Aufschreiber

Mitglied
Hallo Rainer,

vielen Dank, das "N" ist wirklich ein dummer Fehler ;o)

Und ja, es wächst langsam zusammen. Das merkt man schon ein bisschen, nicht wahr?

Beste Grüße,
Steffen.
 



 
Oben Unten