Krähen in der schneebedeckten Hallertau

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Wie Skelette sehen die Bäume aus.
Die Äste ähneln abgespreizten Fingerknochen.
Skurrile Skulpturen in schneeweißer Landschaft
leben nur - von den flatternden Krähen in den Kronen.

Wie Notenschrift sehen die Gärten aus.
die Drähte tragen tausend schwarze Punkte.
Dunkle Krähengestalten im winterlichen Hopfenland
bemühen sich - taktsicher von diesem Blatt zu singen.

Wie Sternenkreuzer seh'n die Vögel aus.
Die Krähenschwärme stürzen schwarz vom Himmel.
Trotz ihrer Schönheit und dem Glanz des Federfächers
ähneln sie doch nur - den gefallenen Engeln.
 

L'étranger

Mitglied
Dieses Gedicht zeigt viel mehr Charakter als das gleichzeitig eingestellte. Die erste Strophe ist gut.
Die zweite und dritten Strophe sind nicht konsistent; es stört jeweils das widersprüchliche Bild in der zweiten Hälfte.

Gruß Lé
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Christoph, hallo Lé,

das ist gerade sehr interessant. So unterschiedlich können Gedichte wirken.
Während der "Winteranfang" etwas in mir ausgelöst hat, bekomme ich zu diesem Gedicht keinen Zugang.
Vor allem die gefallenen Engel am Schluss wirken auf mich aufgesetzt. Diesen Knallbonbon hat das Gedicht eigentlich gar nicht nötig und zerstört mir das Bild.

Liebe Grüße
Manfred
 
So ist das mit Texten allgemein, mit Gedichten im Besonderen. Je nachdem auf wen sie treffen, zeigen sie unterschiedliche Wirkung.
Ich freue mich jedenfalls über die Anregungen.
 

Tula

Mitglied
Christoph
Bei diesem möchte ich widersprechen, d.h. Konstruktionen wie in S1Z1 und an weiteren Stellen - dass etwas wie etwas anderes aussieht - solltest du bei Lyrik wenn irgend möglich vermeiden. Lass die Bäume Skelette SEIN, gib ihnen Leben!

LG
Tula
 

L'étranger

Mitglied
Hallo,

auch Tulas Einwand ist sehr bedenkenswert. Vermutlich seit "Gottfried Benn" dieses "wie" als Merkmal schlechter Lyrik gebrandmarkt hat, gehört das zur typischen Rezeption des lyrikgebildeten Lesers, auf dieses "wie" mit leichter Abscheu zu reagieren. So ging es mir auch.

Trotzdem hielte ich es für möglich, ein gutes Gedicht zu schreiben, dass eben genau jede Strophe so beginnt; ich wäre dann allerdings innerhalb der Strophen immer in einem Bild geblieben. Wenn man das tut. muss man allerdings mit abfälligen Reaktionen rechnen und zurecht kommen ;-).

Gruß Lé.
 



 
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