Küssen

Causemann

Mitglied
(1)

„Was hast du gedacht, als ich gesagt hab’, ‘wir könnten uns ja küssen’? Ich meine, was hast du da eigentlich so ... gedacht?"
„Ich habe es nicht ernst genommen."
„Ja klar ... ich wollte ja auch nur wissen ... war ja auch nur ..."
„Du hast dabei gelacht."
„Ich hab’ ... wann hab ich gelacht?"
„Als du gefragt hast, ob wir uns küssen sollen. Und danach hast du auch gelacht."
„WIR KÖNNTEN UNS JA KÜSSEN, hab’ ich gesagt."
„Meinetwegen. Und dann hast du gelacht."
„Genau."
„Genau."
„Du denkst, ich hab’ das nicht ernst gemeint, oder?"
„Nein."
„Nein? Heißt das jetzt, du denkst, ich hab’ das nicht ernst gemeint oder ..."
„Ja."
„Nur, weil ich gelacht hab’?"
„Und weil du dabei weggeguckt hast."
„Wo hab’ ich denn hingeguckt?"
„Irgendwohin - keine Ahnung."
„Wo muss man denn hin gucken, wenn man vom Küssen redet?"
„Dem anderen in die Augen zum Beispiel."
„Ich bin eben nicht so geübt da drin."
„Schon gut ... HAST du’s denn ernst gemeint?"
„Was, ‘wir könnten uns ja küssen’?"
„Ja."
„Quatsch."
„Ach so."
„Ich meine ... doch ...."
„Was denn jetzt?"
„Ach mann, ... ich find’ dich ... du bist so ... schön."
„Du findest mich schön?"
„Ich finde, du bist das Schönste, das ich mir überhaupt vorstellen kann."
„Danke."
„Bitte."
„Weißt du was?"
„Was?"
„Du hast mir gerade in die Augen geguckt, als du das gesagt hast."
„Hab’ ich?"
„Oh ja, hast du."
„Ja ja, ich dachte man muss dem anderen in die Augen sehen, wenn man über Schönheit redet."
„Ja. Das war schön."
„Find’ ich auch."
„Vielleicht solltest du den Satz mit dem Küssen noch mal sagen ... genau so, wie das gerade."
„Mit In-die-Augen-gucken?"
„Ja."
„Heißt das, du willst ..."
„Halt! Erst sagen."
„Ok ... Also: Wir könnten uns ja küssen."
„Nein! ... Wir sollten uns jetzt auf jeden Fall küssen ..."


(2)

„Guten Morgen."
„Morgen ... sind wir ..."
„... eingeschlafen? Ja."
„Ich hab’ überall Gras ... sogar unterm Hemd."
„Und in den Haaren. Warte, ich mach’s dir raus."
„Bist du schon länger wach?"
„Ich habe uns Frühstück gemacht. Hier."
„Zwei Äpfel?"
„Ja, da drüben ist ein Apfelbaum - wenn du noch einen willst ..."
„Danke."
„Weißt du, dass du sehr süß aussiehst, wenn du schläfst?"
„Nein."
„Tust du aber."
„Hast du mich beobachtet?"
„Ich habe meinen Kopf ganz nah an deinen gelegt und dir beim Schlafen zugesehen. Deine Augen haben sich die ganze Zeit bewegt. Hast du etwas geträumt?"
„Ich hab’ geträumt, wir hätten uns geküsst."
„Wir HABEN uns geküsst."
„Ich weiß. Und dann bist du aufgestanden und weggelaufen, ganz plötzlich. Und ich hab’ dir nachgerufen."
„Wieso bin ich weggelaufen?"
„Das weiß ich nicht."
„Bist du denn hinter mir her?"
„Ich konnte nicht. Ich war festgebunden, mit einem Seil an einem Pflock."
„Komisch. Und dann?"
„Dann bin ich wach geworden."
„Das ist gut. Denn wie du siehst, bin ich noch da."
„Ja. Die Wirklichkeit ist viel schöner als der Traum."
„Auf jeden Fall."
„Ja."
„Ja."
„Willst du jetzt nach Hause?"
„Willst DU jetzt nach Hause?"
„Eigentlich nicht."
„Dann lass’ uns noch ein bisschen hier bleiben."
„Die Luft riecht so gut."
„Ja. Hörst du die Vögel? Ich glaube, die singen nur morgens."
„Wie in Romeo und Julia?"
„Ja, genau wie in Romeo und Julia."
„Ich fand das Küssen sehr schön gestern abend."
„Ich auch."
„Weißt du was? Ich würde gerne mit meiner Hand durch dein Haar fahren."
„Dann tu’s doch."
„Du hast wunderschöne Haare."
„Danke."
„Weißt du, was ich dir nachgerufen hab’ - in dem Traum?"
„Nein, was denn?"
„Ich liebe dich."
 



 
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