kun dalini

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Mimi

Mitglied
– die Schlangenkraft???
manchmal sind einige Asanas unanständig
schmerzvoll bei falscher Atemtechnik...
 

Soljanka

Mitglied
Hallo Hansz,

interessantes Gedicht.

Ich sehe darin zwei Versuchungen für das geistliche Leben (Test Test),
die Sakralisierung verliebter Gefühle (anhimmeln) und die Sexualisierung spiritueller Inhalte (die Selbstbezichtigung des Lyrich lässt darauf schließen).

Oder bin ich völlig auf dem Holzweg?

Gruß von Soljanka
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hallo Mimi!

die Schlangenkraft???
manchmal sind einige Asanas unanständig
schmerzvoll bei falscher Atemtechnik...
Es wäre aufschlußreich, "Asanas" auf erotische Stellungen zu beziehen.
"Kundalini" soll die Energie sein, die sich in der sexuellen Spannkraft aufstaut. Deren Überreizung ist lustvoll und schmerzhaft zugleich.

Deren Sublimation in Verliebtheit und Liebe hat ja auch die paradoxe Identität von unstillbarer Sehnsucht und Ekstase.

Das Hinaufarbeiten der Kundalini durch die Chakren und die Verwandlung der sexuellen Energie in die Selbstbeherrschung des Bewußtseins (gemäß der Definition des Yoga zu Beginn von Patanjalis Yogasutras) geht den Weg der Sublimation.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hallo Soljanka!

Ich sehe darin zwei Versuchungen für das geistliche Leben (Test Test),
die Sakralisierung verliebter Gefühle (anhimmeln) und die Sexualisierung spiritueller Inhalte (die Selbstbezichtigung des Lyrich lässt darauf schließen).
Ja, ineinanderscheinende Metaphern müssen sich in beide Richtungen übersetzen lassen. Sexualisierung spiritueller Inhalte in Spiritualisierung der Sexualität. Im Yoga wird die Kundalini orthodoxerweise durch Spiritualisierung der Sexualität durch die Chakren hochgezogen. Die umgekehrte Richtung liefe darauf hinaus, Hegels Wissenschaft der Logik oder Shankaras Kommentar zu Badarayanas Brahmasutras zu sexualisieren, vielleicht als Satire, oder einfach so, als lukrative Geschäftsidee eines Mephisto.

Du zielst trefflich auf die mittlere Strophe, und dort ist auch das "Experimentelle" dieses Gedichts verankert:
als ob du sie
an himmel test situa zjonen prüf test er
innert es d in ner fest es s e n

fast vergäszest
und zwar im Bruch der Syntax (Anakoluth) und Übereinanderschieben der disparaten Teilsätze, bzw, ihrer Stimmen:
"als ob du sie anhimmeltest, Situationen prüftest, erinnertest"
schiebt sich über: "Himmel-Test, Situationen-Prüf-Test"
und das steht disparat und syntaktisch quer zum "Dinner-Festessen".

Es gibt also noch ein paar Schichtungen mehr als nur die von Sexualitätsbasis und Sublimations-Aufstieg der Kundalini, sondern vor allem eine männlich-weibliche Dialog-Reflexion mit inneren Hypothesen im Potentialis, desweiteren eine Prüfungs-Zwickmühle, und auch: wessen Prüfung und "Vergessen" wird hier im Anakoluth aufgebrochen, und was für (und wie viele eigentlich) Stimmen reden sich "rein"?

"The crack in the biscuit is the apostrophe" sang Frank Zappa.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
und vielleicht ist des Rätsels Nußkern: das innere Dinner, das Festessen, das göttliche Mahl, das wir vergessen haben und das die Geliebten nicht zugeben, sondern wohl schamvoll verschweigen.
Wie Christian Rosencreutz seine Entdeckung des Venus-Kellers im Schloß der "Chymischen Hochzeit".
 

Soljanka

Mitglied
"als Satire oder lukrative Geschäftsidee"

Du glaubst gar nicht, wie viel pseudoreligiosen Bullshit man verzapfen kann.

Das innere Festmahl war mir mehr oder weniger entgangen. Das ist wirklich peinlich...
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, "wirklich peinlich" ist ein trefflicher Scherz, entsprechend dem "gäben sie nicht so gern zu" -
und mit diesem Nachklapp ist das "d in ner fest es s e n" schon dreifach versteckt:

zuerst in der aufgelösten Schreibweise, wo das dinner als innerlich analysiert werden kann, Innensubstanz des Vergessenen, Verdrängten, "Peinlichen";

zum zweiten im zentralen Syntaxbruch, wo "als ob du sie erinnertest" überschichtet wird von "des Dinner-Festessen fast vergäßest" und das Genetivobjekt "des Dinner-Festessens" apo koinou steht (d.h. sowohl nach links zum Prädikat "du erinnertest" als auch nach rechts zum Prädikat "vergäßest"),

zum dritten in der Syntaxverschiebung (d.h. in der überraschenden Hypotaxe) des nachklappenden Hauptsatzes "gäben sie nicht so gern zu":
Dieser Hauptsatz fordert einen Daß-Satz als Inhalt dessen, was die jungen Frauen (eigentlich Venus, vgl. Catulls poetischen Plural "Veneres Cupidinesque" ...) schamvoll verschweigen.
Hier scheint der Daß-Satz knapp verfehlt zu sein (die Verdrängung ists wahrscheinlich schuld, die die unbewußten "rumores" in Träume und freudsche Hysterien und Kunst verwandelt), als ob alle Prädikate ("macht ihnen Freude", "auch wenn sie dich auslachten", "als ob du sie anhimmeltest, Situazionen prüftest, erinnertest", fast vergäßest" diesen erwarteten Daß-Satz verträten.

Oder der nachklappende Modalsatz: "wie es in ihnen empor schieszt", - das scheint mir der passendeste Daß-Satz-Ersatz zu sein.

Puuh, was für ein Knotengeflecht!
 
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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich bin nun, liebe Mimi,
ich bin nun, liebe Soljanka,

selbst nur Leser dieser Verse, springe nach einigen Jahren hinein in den Pool, um schwimmen zu lernen. Wie man Denken nur durch Denken lernt.

Es ist auch wie bei den dionysischen Zungenreden der Pythia, die erst durch die Apollonpriester in hexametrische Sprüche verwandelt worden sind, daß ich heute die Rasereien Mondneins erst aus der geknackten Erinnerungs-Nußschale herausklauben muß, um sie zu interpretieren. Das vergessene Festmahl.

Alles Lernen ist Wiedererinnerung, Sokrates sagts, oder ein inneres Festessen, zur Hochzeit, Jesus sagts. Dieses dinner fast zu vergessen, ist unanständig, wenn es dadurch geschieht, daß das Lyrdu die Veneres Cupidinesque testet, versucht, peinlich prüft. Der angemaßte Prüfer vergißt das hochzeitliche Festessen. Kann sein, man hat ihn rausgeworfen, er hatte nicht das richtige Hochzeitsgewand an, er genoß keinen Nektar, kaute kein Ambrosia, fror nackt im Exoterion. In der wirklichen Welt, der nach außen gewandten. Vergessen des
innert es d in ner
- dessen macht er sich schamlos schuldig. Er ist einfach zu unanständig.

Der muß durch die Analyse, durchs Autorennen der Autoren, der Vergessene. Man kann ihn ja lesen wie ein offenes Buch. Essen, genießen, verdauen, zerdeuten.
Und das wäre: ihn zu prüfen.
Nein, das wäre zu unanständig. Einfach. Schon zweifach.

Fremd, wie der mir ist, seinem Leser,
grusz, hansz
 
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Soljanka

Mitglied
Hallo Hansz!

Ja, mit einmal lesen ist es nicht getan. Ich lese derzeit: Das Lyrich prüft die Damen, die ihn vermeintlich oder tatsächlich auslachen und denen er unanstaendigerweise Unanständiges unterstellt, und vergisst dabei das ursprüngliche Hingerissensein genau so wie das innere Festmahl.

Gruß von Soljanka
 



 
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