Kurz vor Hamburg

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Kurz vor Hamburg

Er war ein Kapitän der Landstraße und das mit Leib und Seele. Er liebte seinen tonnenschweren Diesel, war immer bereit, Tag für Tag, Stunde um Stunde. An einem verregneten Novembertag, um vier Uhr in der Früh, startete er seinen riesigen Lastzug und fuhr in Richtung Hamburg davon.

Der Regen hämmerte gegen die Frontscheibe des Lasters. Es war bereits sieben Uhr am Morgen und die Wischer kamen nicht zur Ruhe. Er blinzelte verkrampft durch die regennasse Scheibe in die Dunkelheit. Er war müde, gähnte, seine Hände klammerten sich ans Steuer. Monoton tuckerte der schwere Diesel und trieb den 30-Tonner über die nasse Autobahn. Einhundertsechsundsiebzig Kilometer bis Hamburg hatte er noch vor der Brust und er war schon wieder viel zu spät. Zu gerne hätte er eine Raststätte angefahren und einen Kaffee getrunken, oder noch besser, ein kleines Nickerchen gemacht, doch der Disponent sorgte stets dafür, dass er nicht einmal Zeit zum Pinkeln hatte.

Lichter kamen entgegen, vermehrten sich, flossen ineinander, huschten vorbei. Er griff nach der Zigarettenpackung, zündete eine Kippe an. Die wievielte heute schon? Er wusste es nicht. Verbissen kämpfte er gegen die Müdigkeit an. Pause - daran war nicht zu denken. Er hatte Terminware geladen und der Alte würde ihn rausschmeißen, wenn er das wagen würde. Das mit der Verspätung war schon schlimm, würde noch genug Ärger bringen.

So machte er Kilometer um Kilometer. Städte, hell erleuchtet, strichen vorbei, dann wieder große Fabriken, dunkle Wälder, Flüsse und Brücken. Er fuhr und fuhr, wusste zeitweise überhaupt nicht mehr, wo er sich gerade befand. Aus dem Radio ertönte ein Schlager nach dem anderen, und wenn die Müdigkeit ihn zu übermannen drohte, sang er die Texte lauthals mit.

Noch sechsundachzig Kilometer bis Hamburg. Immer häufiger sackte das Kinn für Bruchteile von Sekunden gegen seine Brust, um ihn im selben Augenblick erschreckt zusammen fahren zu lassen. Er hatte trotz des starken Regens das Seitenfenster geöffnet, in der Hoffnung, dass die Novemberkälte ihn ein wenig aufmuntern würde. Er drehte das Radio lauter, dachte an zu Hause, seine Frau und die beiden Kinder, die in ihren Betten lagen und friedlich schliefen. Ein Lächeln glitt über sein müdes Gesicht

Wieder zuckte er zusammen, umklammerte das Lenkrad. Eine Baustelle, vernahm sein Unterbewußtsein. Er brauchte einige Augenblicke, um sich zu orientieren. Dann trat er auf die Bremse, stärker und stärker. Gerade noch vor der Einfahrt in die Baustelle schaffte er es, die Geschwindigkeit des Lasters soweit zu drosseln, dass er die Fahrspur halten konnte.

"Verdammte Scheiße!" fluchte er, holte tief Luft, griff nach der Zigarettenpackung und klemmte sich eine zwischen seine trockenen Lippen.

Monoton tuckerte der schwere Diesel weiter. Er nahm ein paar tiefe Züge und starrte noch angestrengter als zuvor durch die Frontscheibe auf die verregnete Bahn.

Das gleichmäßige Motorengeräusch fing ihn wieder ein. Ein Gefühl der Leichtigkeit überkam ihn, gab die langersehnte Ruhe. Die Zigarette entglitt seinen Fingern und fiel zu Boden. Er nahm es nicht mehr wahr, ebenso wie alles andere, was mit ihm geschah.

Er wunderte sich nur für den Bruchteil eines Augenblickes, dass urplötzlich, an einem regnerischen Novembertag, kurz vor Hamburg die Sonne explodierte.
 
S

Sandra

Gast
Hallo Walter,

jetzt kann ich dir endlich die 8 geben, die du verdient hast für diese Geschichte. Mich hat sie wirklich sehr berührt, zudem war es ein guter und nachvollziehbarer Plott.
In vielen Einstellungen finde ich mich wieder, das Gefühl kurz vor dem Sekundenschlaf kennt eigentlich jeder. Bei den immer wiederkehrenden Beschreibungen seines Gemütszustandes wird es nicht langweilig, ganz im Gegenteil, einerseits wird man in diese monotone Atmosphäre, in der der Fahrer sich befindet mit hineingezogen, anderseits liegt man ein wenig auf der Lauer, in der Ahnung, dass etwas passiert.
Sehr gelungen und sehr gern gelesen.
LG
Sandra
 
R

Rose

Gast
Hallo Walter,

Deine Geschichte gefällt mir sehr gut, denn ich kann mich gut in die Lage des Fahrers versetzen, nicht nur der Erzählung wegen.
Deine Geschichte plazierte mich auf den Beifahrersitz meines Mannes und so manches Mal bange ich um sein Leben.

Danke sehr schön ... Träne weg wisch ...


Liebe Grüsse

Rose
 
Hallo Rose,

danke für deine netten Worte. Ich kenne das auch oder besser gesagt, kannte es. Habe selber mal ein halbes Jahr LKW gefahren, früher. Ich weiß noch zu gut, wie wir getrieben wurden! Aber das Fahren war einfach toll.

LG Walter
 
R

Rose

Gast
Hallo Walter,

dann kann ich verstehen, das Du so detailgetreu den Ablauf eines Kraftfahrers widergeben kannst.
Es hat sich nichts geändert, die Fahrer stehen mehr denn je im Druck und ich bewundere diese Truckerfahrer, denn für mich wäre es kein Job.

Liebe Grüsse

Rose
 

Hannah Rieth

Mitglied
Lieber Walter,

eine großartiger Plot und ein großartiger Schluss! Die explodierende Sonne ist klasse!
An ein paar Stellen hab ich was zu kritteln, natürlich total subjektiv. Manches ist mir einfach zu "deutlich", als könne der Leser nicht selbst drauf kommen und müsse mit der Nase darauf gestoßen werden. Das hat der Text nicht nötig. Ich finde auf diese Stellen kannst du verzichten, der Rest gibt es absolut her.
Vielleicht kannst du mit der einen oder anderen Anmerkung etwas anfangen. Sieht schlimmer aus, als es ist. ;)


Kurz vor Hamburg

Er war ein Kapitän der Landstraße und das mit Leib und Seele. Er liebte seinen tonnenschweren Diesel, war immer bereit, Tag für Tag, Stunde um Stunde. [strike]Er brauchte das verdiente Geld für seine Familie. Ihr sollte es an nichts fehlen.[/strike] [blue]Reicht es nicht, dass er mit Leib und Seele Kapitän der Landstraße ist? So scheint es eher, als ob er fahren müsse.[/blue] An einem verregneten Novembertag, um sechs Uhr in der Früh, startete er seinen riesigen Lastzug zur letzten Fahrt. [blue]Hier nimmst du mir die Spannung, weil ich davon ausgehe, dass etwas passieren wird.[/blue]
Der Regen hämmerte [strike]unaufhörlich[/strike] [blue]Meine momentane Abneigung gegen Adjektive ;)[/blue] gegen die Frontscheibe des Lasters. [strike]Die Scheibenwischer waren kaum noch in der Lage, Herr dieser Wassermassen zu werden. [/strike] [blue]Der Regen hämmert doch schon, ich finde, das reicht. [/blue]
Er blinzelte verkrampft durch die regennasse Scheibe in die Dunkelheit. Er war müde, gähnte, seine Hände klammerten sich ans Steuer. Monoton tuckerte der schwere Diesel und trieb den 30tonner über die nasse Autobahn. Einhundertsechsundsiebzig Kilometer bis Hamburg hatte er noch vor der Brust und er war schon über eine Stunde [red]in Zeitverzug[/red] [blue]zu spät?[/blue] [blue]Ich finde, "in Zeitverzug" klingt ein wenig dicke.[/blue] Zu gerne hätte er eine Raststätte angefahren und einen Kaffee getrunken, oder noch besser, ein kleines Nickerchen gemacht, [blue]Er ist doch gerade erst losgefahren, oder? Ich finde, der Grund für seine bleierne Müdigkeit kommt irgendwie nicht so richtig raus.[/blue] doch der Disponent sorgte stets dafür, dass er nicht einmal Zeit zum Pinkeln hatte.

Lichter kamen entgegen, vermehrten sich, flossen ineinander [strike]über[/strike], huschten vorbei. Er griff nach der Zigarettenpackung, zündete [red]eine[/red] [blue]Packung? ;)[/blue] an. Die wievielte heute schon? Er wusste es nicht. [strike]Verbissen kämpfte er gegen die Müdigkeit an. Pause - daran war nicht zu denken. Er hatte Terminware geladen und der Alte würde ihn rausschmeißen, wenn er das wagen würde. Das mit der Verspätung war schon schlimm, würde noch genug Ärger bringen.[/strike] [blue]Ich finde, der Text hat es nicht nötig, die Ursachen zu erklären. Er bringt die Stimmung rüber und die meisten wissen sicher, was es heißt LKW-Fahrer zu sein ...[/blue]
So machte er Kilometer um Kilometer. Städte, hell erleuchtet, strichen vorbei, dann wieder große Fabriken, dunkle Wälder, Flüsse und Brücken. [red]Er fuhr und fuhr, wusste zeitweise überhaupt nicht mehr, wo er sich gerade befand. [/red] [blue]Er fuhr, fuhr, fuhr.[/blue] Aus dem Radio ertönte ein Schlager nach dem anderen, [strike]und wenn die Müdigkeit ihn zu übermannen drohte, sang er die Texte lauthals mit.[/strike] [blue] und er sang lauthals mit. [/blue]
Noch sechsundachzig Kilometer bis Hamburg. Immer häufiger sackte das Kinn für Bruchteile von Sekunden gegen seine Brust, um ihn im selben Augenblick erschreckt zusammen fahren zu lassen. Er hatte trotz des starken Regens das Seitenfenster geöffnet, in der Hoffnung, dass die Novemberkälte ihn [red]ein wenig aufmuntern würde[/red]. [blue]Das wäre ein bisschen zu wenig, oder?[/blue] Er drehte das Radio lauter, dachte an zu Hause, seine Frau und die beiden Kinder, die in ihren Betten lagen und friedlich schliefen. Ein Lächeln glitt über sein müdes Gesicht

Wieder zuckte er zusammen, umklammerte das Lenkrad. Eine Baustelle, vernahm sein Unterbewußtsein. Er brauchte einige Augenblicke, um sich zu orientieren. Dann trat er auf die Bremse, stärker und stärker. Gerade noch vor der Einfahrt in die Baustelle schaffte er es, die Geschwindigkeit des Lasters soweit zu drosseln, dass er die Fahrspur halten konnte.

"Verdammte Scheisse!" fluchte er, holte tief Luft, griff nach der Zigarettenpackung und klemmte sich [red]eine[/red] [blue]s.o.[/blue] zwischen seine trockenen Lippen.

Monoton tuckerte der schwere Diesel weiter. [strike]Er nahm ein paar tiefe Züge und starrte [red]noch angestrengter als zuvor [/red] [blue][/strike]Geht das überhaupt? Ich finde, auch das wird klar.[/blue][strike]durch die Frontscheibe auf die verregnete Bahn. [/strike]

Das gleichmäßige Geräusch fing ihn wieder ein. Ein Gefühl der Leichtigkeit überkam ihn, gab die langersehnte Ruhe, [blue]Hier würde ich einen Punkt setzen, um den Spannungsbogen zu erhöhen. Den Anschluss würde ich genau so stehen lassen[/blue] nahm die schwere Last der Anspannung. Die Zigarette [red]glitt zwischen seinen Fingern fort [/red] [blue]ein bisschen gestelzt?[/blue] und fiel zu Boden. [strike]Er nahm es nicht mehr wahr, ebenso wie alles andere, was mit ihm geschah.[/strike]

Er wunderte sich nur für den Bruchteil eines Augenblickes, dass urplötzlich, an einem regnerischen Novembertag, kurz vor Hamburg die Sonne explodierte.

Viele Grüße von
Hannah
 
Guten Morgen liebe Hannah,

bin jetzt von der Arbeit gekommen. Ich danke dir für die Mühe und Anregungen. Aber da muss ich erst mal `ne Runde drüber schlafen und dann noch mal in Ruhe alles ansehen. Einiges kann ich wohl übernehmen, wie ich es beim Lesen gesehen habe, anderes hat aber auch eine Bedeutung für mich. Ich schau morgen mal, ne heute :)

LG Walter
 
S

Sandra

Gast
Walter - mal ganz unter uns. (ins Ohr geflüstert) Das macht die Hannah immer so. Wühlt sich in einen guten Text hinein und hinterlässt dem Schreiber eine Menge Arbeit. Meistens auch mit dem Gefühl, dass sie Recht hat, was ich persönlich ganz besonders gemein finde. Ich würde mich immer gerne über ihre Vorschläge hinwegsetzen, einfach der Arbeit wegen und weil man sich doch so viele Gedanken gemacht hat - aber - spitzfindig, wie sie ist, rechnet sie damit und schreibt so gute Kommentare, dass man oftmals auf sie hören muss. Ziemlich durchtrieben, was?
Aber die Krönung ist noch, wenn du an den Dingen, die dir wichtig sind, festhältst und ihre richtig guten Vorschläge beherzt, hast du zum Schluss einen Text, mit dem man dann auch noch selbst als Autor richtig zufrieden sein kann. Das man so etwas in der Leselupe überhaupt erlaubt, ist mir ein Rätsel!!
:D
Lieben Gruß
Sandra
 

Frieda

Mitglied
Hallo Walter,

klasse Text, etwas ähnliches habe ich auch schon erlebt. Ich fahre zwar keinen 30-Tonner, aber auch einen übermüdeten PKW-Fahrer kann der Sekundenschlaf überraschen. Damals bei mir ist zum Glück nichts passiert, ich war aber ganz schön geschockt, daß so etwas überhaupt möglich ist. Man denkt ja immer, so etwas passiert nur den anderen.
Ich habe den Text jetzt nicht so sorgfältig analysiert wie Hannah, es ist ja auch kaum noch etwas dran zu meckern. Nur ein paar kleine Holperstellen, die du noch einmal nachbessern solltest.
30tonner --> 30-Tonner
Scheisse --> Scheiße (schreibt sich tatsächlich noch mit Eszet)
Die Zigarette entglitt [strike][red]zwischen[/red][/strike] seinen Fingern ...
Und zum Schluss: Wäre der Text nicht besser in der Rubrik Kurzgeschichten aufgehoben? Für eine Erzählung scheint er mir ein bisschen kurz.
Aber ansonsten - volle Zustimmung.

Liebe Grüße
von Frieda
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
aha,

sekundenschlaf. wenn ich nicht auch alle diskussionsbeiträge gelesen hätte, wüßte ich jetzt noch nicht, warum ihm die zigarette aus den fingern glitt . . .
verdammte unsitte, dieses rauchen!!! tabak ist ein genussmittel. man kann nicht gleichzeitig arbeiten und sich einem genuss hingeben!!!!!
nehmt mich nur nicht zu ernst, ihr lieben.
lg
 

F Fuller

Mitglied
also, bis auf ein kleines versehentlich doppeltes "und" habe ich nichts zu beanstanden:

"Es war bereits sieben Uhr am Morgen und und die Wischer kamen nicht zur Ruhe."

Super Story, die einen in seinen Bann zieht und zugleich auch traurig stimmt.

Gruss
Fuller
 
Hallo F Fuller,

ich danke dir für den Hinweis. Ist mir doch glatt durchgegangen. Habe es sofort verbessert. Freue mich, dass dir die Geschichte gefällt.

LG Walter
 
Kurz vor Hamburg

Er war ein Kapitän der Landstraße und das mit Leib und Seele. Er liebte seinen tonnenschweren Diesel, war immer bereit, Tag für Tag, Stunde um Stunde. An einem verregneten Novembertag, um vier Uhr in der Früh, startete er seinen riesigen Lastzug und fuhr in Richtung Hamburg davon.

Der Regen hämmerte gegen die Frontscheibe des Lasters. Es war bereits sieben Uhr am Morgen und die Wischer kamen nicht zur Ruhe. Er blinzelte verkrampft durch die regennasse Scheibe in die Dunkelheit. Er war müde, gähnte, seine Hände klammerten sich ans Steuer. Monoton tuckerte der schwere Diesel und trieb den 30-Tonner über die nasse Autobahn. Einhundertsechsundsiebzig Kilometer bis Hamburg hatte er noch vor der Brust und er war schon wieder viel zu spät. Zu gerne hätte er eine Raststätte angefahren und einen Kaffee getrunken, oder noch besser, ein kleines Nickerchen gemacht, doch der Disponent sorgte stets dafür, dass er nicht einmal Zeit zum Pinkeln hatte.

Lichter kamen entgegen, vermehrten sich, flossen ineinander, huschten vorbei. Er griff nach der Zigarettenpackung, zündete eine Kippe an. Die wievielte heute schon? Er wusste es nicht. Verbissen kämpfte er gegen die Müdigkeit an. Pause - daran war nicht zu denken. Er hatte Terminware geladen und der Alte würde ihn rausschmeißen, wenn er das wagen würde. Das mit der Verspätung war schon schlimm, würde noch genug Ärger bringen.

So machte er Kilometer um Kilometer. Städte, hell erleuchtet, strichen vorbei, dann wieder große Fabriken, dunkle Wälder, Flüsse und Brücken. Er fuhr und fuhr, wusste zeitweise überhaupt nicht mehr, wo er sich gerade befand. Aus dem Radio ertönte ein Schlager nach dem anderen, und wenn die Müdigkeit ihn zu übermannen drohte, sang er die Texte lauthals mit.

Noch sechsundachtzig Kilometer bis Hamburg. Immer häufiger sackte das Kinn für Bruchteile von Sekunden gegen seine Brust, um ihn im selben Augenblick erschreckt zusammen fahren zu lassen. Er hatte trotz des starken Regens das Seitenfenster geöffnet, in der Hoffnung, dass die Novemberkälte ihn ein wenig aufmuntern würde. Er drehte das Radio lauter, dachte an zu Hause, seine Frau und die beiden Kinder, die in ihren Betten lagen und friedlich schliefen. Ein Lächeln glitt über sein müdes Gesicht

Wieder zuckte er zusammen, umklammerte das Lenkrad. Eine Baustelle, vernahm sein Unterbewusstsein. Er brauchte einige Augenblicke, um sich zu orientieren. Dann trat er auf die Bremse, stärker und stärker. Gerade noch vor der Einfahrt in die Baustelle schaffte er es, die Geschwindigkeit des Lasters soweit zu drosseln, dass er die Fahrspur halten konnte.

"Verdammte Scheiße!" fluchte er, holte tief Luft, griff nach der Zigarettenpackung und klemmte sich eine zwischen seine trockenen Lippen.

Monoton tuckerte der schwere Diesel weiter. Er nahm ein paar tiefe Züge und starrte noch angestrengter als zuvor durch die Frontscheibe auf die verregnete Bahn.

Das gleichmäßige Motorengeräusch fing ihn wieder ein. Ein Gefühl der Leichtigkeit überkam ihn, gab die langersehnte Ruhe. Die Zigarette entglitt seinen Fingern und fiel zu Boden. Er nahm es nicht mehr wahr, ebenso wie alles andere, was mit ihm geschah.

Er wunderte sich nur für den Bruchteil eines Augenblickes, dass urplötzlich, an einem regnerischen Novembertag, kurz vor Hamburg die Sonne explodierte.
 



 
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