Kurzgeschichten

Der Edelmann und der Narr

Der Edelmann und der Narr

Zur Zeit des zunehmenden Mondes, trafen sich einst ein Edelmann von Großem Reichtum und ein Narr, der von seinem Herren verstoßen wurde, am Dorfbrunnen. Die Nacht hatte ihren dunklen Schleier bereits um die Welt gehüllt. Der Narr mit einem Strick um den Hals, stand am Rande des Brunnens und blickte in die Tiefen. Der Edelmann näherte sich von der Ferne. Als er den Narr erblickte, der trübselig in den Brunnen Starrte, sprach er:
" Was hat er, der Narr dem das Lachen vergangen?"
Der Narr starrte weiter.
" Sollte ein Narr nicht das Volk zum Lachen bringen?"
Der Narr hob seinen Kopf.
" Welchen Sinn hat ein Narr, dem das Lachen vergangen", fragte der Narr.
" Das Lachen neu zu erlernen und es mit anderen zu teilen."
" Hab kein Weib, hab kein Heim, hab kein Freund. Hab nichts wofür es zu Leben lohnt. Und das Lachen hab ich auch verlernt. Nennt mir einen Grund mein Leben nicht unnötig zu verlängern?"
" Ihr habt das Leben, ihr habt eure Freiheit. Es reicht die Luft zu Atmen und die Beine zum Gehen um Glücklich zu sein."
Der Narr schwieg. Er blickte in den Brunnen, dann hoch zu den Sternen.
" Wäre ich doch ein Vogel, und könnte fliegen mit dem Wind, so wär ich glücklich."
Er nahm den Strick von seinem Hals und verschwand in der Nacht.
Der Edelmann blickte ihm nach. Er stieg auf den Brunnenrand nahm den Strick und legte ihn um seinen Hals. Er schloß die Augen, gab ein Stoßgebet zum Himmel und sprang.
 



 
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