kuschel tiere (Distichen, gereimt)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]kuschel tiere


hasi inmitten – nach rechts stupsen schäfchen und er sich die nasen
[ 4] meeri beschmust ihn von links – hasi summt in sich hinein
musstet ihr muster symmettern zu kimono ikono stasen?
[ 4] faltet zitronen ihr streng? – schmettert den link da recht rein?

zwei dieser drei sind gefüllt mit schaumgummi watte: dem hasen
[ 4] schenkten designer nen schritt – unschuldig weisz wie die nacht
schäfchen trägt kirschkerne in seinem wanst – tja es hat seine phasen
[ 4] wo es fest glaubt dass es keimt – dass in ihm leben erwacht

hasi der schaut mich so treuherzig lieb an – doof wie die phrasen
[ 4] sagen – es rührt mich so tief traurig mein herzeleid lacht
von solchen reimen seid voll ihr – so rührend wie phrasen auf phrasen
[ 4] watte schäumt blasen gut nacht – schlaft ihr ist schicht nu im schacht
 

Zirkon

Mitglied
schöne, elegische Distichen, die sich zum Gedicht formen. Formal sauber und gekonnt gemacht.
Das Werk verströmt Einsamkeit, wie so viele Menschen sie heute empfinden. Trost suchen sie in Kuscheltieren, die Ersatz sein sollen für Familie, Partner, Erfolg.Eine kaputte Welt, Schicht im Schacht.
Die klassische Form mit den lakonischen Alltagswörtern gemischt, macht das Ganze zum echten Leckerbissen.
Perfekt!
Grüße von Zirkon
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Eines der besten Gedichte, die ich von dir, mondnein, gelesen habe. Nur eines: Die Kirschkerne im Leib eines Kuscheltieres ... Ich seh' den alten und einsamen Menschen mit seiner rheumatischen Hand am Schäfchen, knetend, massierend ... das hat was mit Leben zu tun, in welche Richtung auch immer.

Kuscheltiere als moderne Metapher der Vereinsamung in hexa/pentametrischem Kontext abzubilden, ist von kühner Idee, weil so unendlich zeitüberspannend - und weil es singt und irgendwie tröstet.

Es grüßt
Dyrk
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, und Dir auch Dankeschön, Dyrk.

Die Idee von Dir, Zirkon, und von Dir, Dyrk, ist natürlich völlig richtig, "trefflich", auch wenn ich (und ich bin nach der Veräußerung des Lieds ja auch nur ein Leser) nicht so sehr an Einsamkeit oder Menschenersatz bei den Stofftieren denke.

Für Kinder sind die Kuscheltiere eine Art Götter, phantasiebelebte Projektionsgebilde, kommunikativ wie die für Menschen konstitutiven Selbstgespräche, die ja auch nicht Ersatz für Fremdkommunikation sind, sondern die Grundform des Denkens, Vorstellens, der Bewußtseinsakte usw., in denen wir nun einmal leben. Ohne Selbstgespräche gibt es kein Bewußtsein, und es geht bis in die Kunstrezeption z.B. der Filme, der Literatur, der Zeichnungen, der Plastiken, und ja auch der Kuscheltiergötzen hinein, daß unsere Selbstgespräche da hindurchtauchen, sich spiegeln, sich ästhetisch distanzieren - und was sonst alles noch zu dem Spiel des Menschseins gehört.

So kommt es, daß in der ersten Strophe wortgespielt wird, unscharf zwischen naivem Dadaismus und albernen Kalauern. Da berührt sich die Idolatrie der angestupsten Kunstfellbeutel mit der Verselbständigung der Sprache, sei sie Albernheit, sei sie Dichtung - was bei mir ja bekanntlich nahe beieinander liegt. Meine Version von Hanshan und Shide (Kanzan und Jittoku). Und wie am Ende der blöde Füllschaum mit der Silbenklangfüllung der Verse identifiziert wird, passend zum Gutenachtkuß der Schlafengelegten.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Der weit ausholende Gestus hin zu einer schönen einfachen 'Erzählung' mit allem, was zu sagen ist, zeigt doch die zweite Strophe, in der das Geheimnis des Lebens im Bauch eines Stofftiers angedeutet wird. Aus diesem Bild annonciert sich, wie ich meine, allerdings nicht nur, die Idee des Gedichts. Die Kirschsteine müssen ein Schwerpunkt des Inhalts sein, das hast du nicht so einfach hingeschrieben ... Die Gefahr, dass es schnell überflogen wird, besteht schon.

Schönen Gruß
v.
Dyrk
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Fruchtbare Sicht, sehr wahr, Dyrk,

Du denkst gewiß auch an Morgensterns Lunovis:

Das Mondschaf hatte einen Traum
es sei des Weltalls leerer Raum

Morgenstern kommentierte seine Übersetzung etwas lakonisch damit, das Mondschaf sei ein Kantianer ("Der Raum ist reine Anschauungsform"). Das Mondscharf hält sich für ein allumfassendes Wesen, nämlich den Raum selbst, in dessen Leere die Welt unbegrenzt Platz findet.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ein herzliches Dankeschön dir, lapismont,
und Dir, Walther!
 



 
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