La Estancia

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Mimi

Mitglied
Eliza Rodriguez kannte nur das Leben auf der Estancia. Nichts anderes. Die Arbeit war hart und rau, aber beides machte ihr nichts aus. Sie liebte die Pferde und Rinder und noch mehr die ungebändigte Natur und die Abgeschiedenheit, hier vor den Füßen der großen Gebirge im nördlichen Argentinien, nah an der Grenze zu Bolivien und Paraguay.
Dies alles war ihr lieber als die Menschen und deren finstere Triebe mit ihren Niederträchtigkeiten und Geheimnissen.
Sie band sich, während sie in Richtung der Rinderweiden lief, die langen Haare zu einem festen Zopf zusammen, schaute zu den Tieren, erkannte vereinzelt ein paar Kälber, die dicht bei den Muttertieren standen. Am großen Gatter lag die rostige Schubkarre, die sie für ihre Arbeit benötigte.
Sie wollte gerade in die Gesäßtasche nach den Arbeitshandschuhen greifen, als etwas sie am Zopf festhielt und daran zog.
Intuitiv blieb sie stehen. Das Ziehen wurde für einen Moment fester, fast schmerzhaft.
Eliza schluckte, zog die Handschuhe langsam aus der Tasche ihrer Hose. Sie machte einen kurzen Schritt zur Seite, aber das Ziehen ließ nicht nach. Ihre Kopfhaut spannte und die Stirn begann zu pochen. Eliza biss die Zähne zusammen, dann drehte sie sich ruckartig um, schlug mit den Handschuhen auf die breite Brust, die in einem gemusterten Poncho steckte und sich nun direkt vor ihr auftürmte.
Endlich ließ der Angreifer ihren Zopf los.
"Hey, la puta que te parió! Das war doch nur ein Spaß!", rief eine rauchige Stimme.
Vor ihr stand Diego. Sein Grinsen hatte wie immer etwas herrisches, machistisches. Er sah verdreckt aus und auf seiner Stirn war ein dunkler Streifen Ruß, der deutlich unter seinem Sombrero zu sehen war.
Diego war ein mestizo. Er arbeitete als Rinderfarmer und Pferdezüchter auf einer benachbarten Estancia. Seine Tiere waren momentan auf der östlichen Weide untergebracht.
Seine Haut war das ganze Jahr über von der Sonne tief gebräunt. Nun stand er breitbeinig vor ihr, in seinen verschmutzten bombachas und seinen Stiefeln aus Leder mit den Eisensporen. Er hakte lässig die Finger seiner linken Hand in den rasta aus Rindsleder ein, in dem sein altes fasón mit dem verzierten Knochengriff steckte.
"Na, wo ist deine Schwester, chinita?" Diegos Stimme hatte den unverwechselbaren Dialekt aus der Region Salta. Der unterschwellige Ton seiner Worte war nicht zu verkennen.
Sein Blick war durchbohrend, fast feindselig.
Er leckte sich mit der Zunge über die spröden Lippen, fuhr sich mit der anderen Hand über die dicken Stoppel auf seinen Wangen.
"Sie hat es wegmachen lassen, habe ich recht, chucha? Diese alte Hexe hat ihr dabei geholfen, nicht wahr?"
Seine Augen waren funkelnde Schlitze. Sein Grinsen entblößte eine Reihe von grauen Zähnen.
Eliza schloss die Augen und trat einen kleinen Schritt zurück zum Gatter.
Ein Bild blitzte plötzlich in ihrem Kopf auf. Dann das nächste.
Sie ballte die Hände zu Fäusten. Die Handschuhe waren auf den lehmigen Boden gefallen. Erneut blitzte ein Bild hinter ihren geschlossenen Augen.
Magdalena. Ihre Schwester. Das gerötete Gesicht, seitlich auf die schmutzige Holzplatte gedrückt.
Eine große, braune Männerhand. Eine Hose, die zerrissen und von Sägespäne bedeckt auf dem Boden lag.
Das Aufschimmern der Gürtelschnalle, die geöffnet wurde.
Ein Rinnsal Blut zwischen Magdalenas nackten Beinen. Das rhythmische Schaukeln der Werkzeugbank. Werkzeug, das auf den Boden krachte. Eine blutverschmierte Zange.
Immer wieder Magdalenas Gesicht. Ihr lautlos geöffneter Mund. Ihr strähniges Haar, das sich wie ein seidiger Fächer auf die Holzplatte ergoss.
Ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde.
Geh! , hatte sie ihr leise zugerufen.
Eliza öffnete wieder die Augen.
Diego stand nun ganz dicht vor ihr.
"Ihr seid alle gottverdammte putas, weißt du das, mi chinita?" Sein Grinsen machte sie wahnsinnig. Es war unerträglich.
Warum hatte sie ihn nicht gehört, als sie aus dem Schuppen herausgekommen war? Wie leise er sich an sie herangeschlichen hatte.
Wie ein erfahrener Pferdezüchter, der ein erschrockenes Fohlen einfing. Und genau das war Diego doch auch.
War sie wirklich ein erschrockenes Fohlen? Musste sie erst wie ein junges Pferd eingeritten werden?
"Da du mir nicht sagen willst, wo deine verdammte hermanita ist, werde ich mich wohl oder übel mit dir begnügen müssen."
Diego streichelte ihren Zopf. Immer und immer wieder. Dann berührte er den Bund ihrer Jeans, fuhr mit seinem Zeigefinger hinunter zu ihrem Schritt, steigerte langsam den Druck.
Er öffnete den Reißverschluss ihrer Hose, schob seine schwieligen Finger durch den Stoff der Unterwäsche, befühlte ihren Venushügel, glitt tiefer.
Eliza versuchte seinem Blick standzuhalten. Sie schluckte, bohrte ihre Fingernägel in das Fleisch ihrer geballten Fäuste.
"Ich werde lieb zu dir sein, Eliza, wie zu meinen Kälbern. Wenn du nur lieb zu mir bist."
Sein Grinsen schien sein komplettes Gesicht auszufüllen, es drohte ihre ganze Sicht einzunehmen.
Der beißende Geruch seines Schweißes stieg ihr in die Nase, machte sie beinahe schwindelig.
Dann blitzte wieder ein Bild auf.
Magdalena beim Chacarera-Tanz. Sie klatschte in die erhobenen Handflächen während der alte Señor Carloso auf seinem Charango Folkloremusik spielte.
Dann wieder Magdalena im Krankenzimmer des Nebengebäudes der Estancia, blass wie ein Bettlaken.
Das ohrenbetäubende Schreien aus einem angstverzerrten Mund. Die ledrigen Hände der Doña Rosa. Das Vaterunser, das sie aufsagte.
Padre nuestro, que estás en el cielo, santificado sea tu Nombre, venga a nosotros tu reino…
Eliza blickte zu dem facón mit dem verzierten Knochengriff an Diegos Ledergürtel. Es war handgefertigt und diente oft zum Durchtrennen von dicken Seilen, mit denen man die Rinder einfing.
Sie versuchte die Bilderblitze auszuschalten, aber sie flackerten immer wieder in einer Endlosschleife vor ihren Augen auf.
Padre nuestro…
Magdalena und sie beim großen Asado vor dem Grillfeuer.
Das wunderschöne und jugendliche Lächeln ihrer Schwester. Der Anblick von gegrilltem Rinderfleisch. Und zwischen den roten Flammen, das breite Grinsen eines Teufels mit funkelnden Augen, in denen sich das Feuer widerspiegelte.
"Está bien, muñequita, no?"
Diegos Finger waren wie brennende Fremdkörper in ihrem Unterleib.
Eliza öffnete die Hände, riss mit einer geschickten Bewegung das fasón aus der ledernen Scheide.
Für einen kurzen Augenblick blitzte die Klinge silbern im Sonnenlicht auf.
 
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Ji Rina

Mitglied
Hi Mimi,

Interessant, was du hier wieder präsentierst. Eine harte Geschichte…..
Die Szenen warfen mich zurück, zwischen Maryl Streep und Jeremy Irons, in Das Geisterhaus. Mir gefällt, wie du dir immer Szenarien irgendwo aus der Welt aussuchst und heute weiss ich ja warum… :)Ich habe den Text gern gelesen, denn er lief ab, wie ein Film, finde aber, dass man durchaus hier und da noch ein bisschen was kürzen könnte. Dann wäre der Text direkter und hätte mehr Wirkung (impacto).
Aber wie immer, nur eine Meinung….

Liebe Grüsse,

Ji

Eliza Rodriguez kannte nur das Leben auf der Estancia. Nichts anderes. Die Arbeit war hart und rau, aber beides machte ihr überhaupt nichts aus. Sie liebte die Pferde und Rinder und noch mehr die ungebändigte Natur und die Abgeschiedenheit, hier vor den Füßen der großen Gebirge im nördlichen Argentinien, nah an der Grenze zu Bolivien und Paraguay.
Dies alles war ihr unendlich lieber als die Menschen und deren finstere Triebe mit ihren Niederträchtigkeiten und Geheimnissen.
Sie band sich, während sie in Richtung der Rinderweiden lief, die langen Haare zu einem festen Zopf zusammen. Eliza schaute zu den Tieren, erkannte vereinzelt ein paar Kälber, die dicht bei den Muttertieren standen. Am großen Gatter lag die rostige Schubkarre, die sie für ihre Arbeit benötigte.
Sie wollte gerade (in ihre Gesässtasche) nach den Arbeitshandschuhen greifen, die sie sich im Schuppen locker in die Gesäßtasche gesteckt hatte, als etwas sie am Zopf festhielt und daran zog.
Intuitiv blieb sie stehen. Das Ziehen wurde für einen Moment fester, fast schmerzhaft.
Eliza schluckte, zog die Handschuhe langsam aus der Tasche ihrer Hose. Sie machte einen kurzen Schritt zur Seite, aber das Ziehen ließ nicht nach. Ihre Kopfhaut spannte unangenehm und die Stirn begann zu pochen. Eliza biss die Zähne zusammen, dann drehte sie sich ruckartig um, schlug mit den Handschuhen auf die breite Brust, die in einem gemusterten Poncho steckte und sich nun direkt vor ihr auftürmte.(Dieser letzte Satz liesse sich mit dem nächsten verbinden und kürzen).
Endlich ließ der Angreifer von ihr ab, ließ ihren Zopf los.
"Hey, la puta que te parió! Das war doch nur ein Spaß!", rief eine rauchige Stimme.
Vor ihr stand Diego. Sein Grinsen hatte wie immer etwas herrisches, machistisches. Er sah verdreckt aus und auf seiner Stirn war ein dunkler Streifen Ruß, der deutlich unter seinem Sombrero zu sehen war, sich mit seinem Schweiß vermischte und allmählich über den Augenbrauen zerfloss.
Diego war ein mestizo. Er arbeitete als Rinderfarmer und Pferdezüchter auf einer benachbarten Estancia. Seine Tiere waren momentan auf der östlichen Weide untergebracht.

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Immer wieder Magdalenas Gesicht. Ihr lautlos geöffneter Mund. Ihr strähniges Haar, das sich wie ein seidiger Fächer auf die Holzplatte ergoss.
Ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde.
Geh! , hatte sie mit ihrem Mund geformt. Rief/Schrie/ sagte, sie
Eliza öffnete wieder die Augen.
Diego stand nun ganz dicht vor ihr.
"Ihr seid alle gottverdammte putas, weißt du das, mi chinita?" Sein Grinsen machte sie wahnsinnig. Es war fast unerträglich.
Warum hatte sie ihn nicht gehört, als sie aus dem Schuppen herausgekommen war? Wie leise er sich an sie herangeschlichen hatte.
Wie ein erfahrener Pferdezüchter, der ein erschrockenes Fohlen einfing. Und genau das war Diego doch auch.
War sie wirklich ein erschrockenes Fohlen? Musste sie erst wie ein junges Pferd eingeritten werden?
"Da du mir nicht sagen willst, wo deine verdammte hermanita ist, werde ich mich wohl oder übel mit dir begnügen müssen."
Diego streichelte ihren Zopf. Immer und immer wieder. Dann berührte er den Bund ihrer Jeans, fuhr mit seinem Zeigefinger hinunter zu ihrem Schritt, steigerte langsam den Druck.
Er öffnete den Reißverschluss ihrer Hose, schob seine schwieligen Finger durch den Stoff der Unterwäsche, befühlte ihren Venushügel, glitt tiefer.
Eliza versuchte seinem Blick standzuhalten. Sie schluckte abermals, bohrte ihre Fingernägel in das Fleisch ihrer geballten Fäuste.
"Ich werde lieb zu dir sein, Eliza, wie zu meinen Kälbern. Wenn du nur lieb zu mir bist."
Sein Grinsen schien sein komplettes Gesicht auszufüllen, es drohte ihre ganze Sicht einzunehmen.
Der beißende Geruch seines Schweißes stieg ihr in die Nase, machte sie beinahe schwindelig.
Dann blitzte wieder ein Bild auf.
Magdalena beim Chacarera-Tanz. Sie klatschte in die erhobenen Handflächen während der alte Señor Carloso auf seinem Charango Folkloremusik spielte.
Dann wieder Magdalena im Krankenzimmer des Nebengebäudes der Estancia, blass wie ein Bettlaken.
Das ohrenbetäubende Schreien aus einem angstverzerrten Mund. Die ledrigen Hände der Doña Rosa. Das Vaterunser, das sie aufsagte.
Padre nuestro, que estás en la cielo, santificado sea tu Nombre, vega a nosotros tu reino…
Eliza blickte zu dem facón mit dem verzierten Knochengriff an Diegos Ledergürtel. Es war handgefertigt und diente oft zum Durchtrennen von dicken Seilen, mit denen man die Rinder einfing.
Sie versuchte die Bilderblitze auszuschalten, aber sie flackerten immer wieder in einer Endlosschleife vor ihren Augen auf.
Padre nuestro…
Magdalena und sie beim großen Asado vor dem Grillfeuer.
Das wunderschöne und jugendliche Lächeln ihrer Schwester. Der Anblick von gegrilltem Rinderfleisch. Und zwischen den roten Flammen, das breite Grinsen eines Diablo (Teufels) mit funkelnden Augen, in denen sich das Feuer widerspiegelte.
"Está bien, muñequita, no?"
Diegos Finger waren wie brennende Fremdkörper in ihrem Unterleib.
Eliza öffnete die Hände, riss mit einer geschickten Bewegung das fasón aus der ledernen Scheide.
Für einen kurzen Augenblick blitzte die Klinge silbern im Sonnenlicht auf.
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Was dann passierte, hätte ich natürlich gern gewusst. Aber gut, so bleibt die Spannung.
 
Zuletzt bearbeitet:

Mimi

Mitglied
Hallo liebe JiRina,
… ich danke dir für deine Wertung und natürlich für die tollen Tipps zum Verbessern der Story...
du bist eine aufmerksame Leserin... das gefällt mir... die meisten deiner Vorschläge sind so gut, dass ich sie gleich umgesetzt habe...
ich bin ja eher Lyriker... und ja, vielleicht stören sich einige an meinem Schreibstil... aber ich habe manchmal so viele Geschichten und Bilder in meinem Kopf... irgendwann müssen die dann einfach raus...
sea como sea...
Dankeschön fürs Lesen, Ji...

buen fin de semana

Mimi
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Mimi,

ich bin ja eher Lyriker... und ja, vielleicht stören sich einige an meinem Schreibstil... aber ich habe manchmal so viele Geschichten und Bilder in meinem Kopf... irgendwann müssen die dann einfach raus...
Da geht es dir wie mir, wobei ich dabei das Problem habe, dass ich meine Prosa oft zu sehr verdichte und damit vom Leser zuviel verlange.

Das ist hier aber überhaupt nicht der Fall. Du beschreibst dieses Sozialdrama sehr treffend und wirkungsvoll.

Liebe Grüße
Manfred
 



 
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