Lachen

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Rudolph

Mitglied
[ 4]
Der Ober, angetrunken, taumelt mit der Torte am Tablett zwischen den Tischen des Speisesaals herum. Ein fein herausgeputzter Herr sitzt am Tisch mit einer viel jüngeren Dame. Es kommt, wie es kommen muss. Der Ober stolpert über seine eigenen Beine und klatscht dem Herren die Torte mitten ins Gesicht. Ha, ha! Das ganze Kino brüllt vor Lachen.

Es regnet in Strömen. Ein elegant gekleideter Herr im Frack steht am Straßenrand und müht sich, trocken zu bleiben, indem er einen Schirm über sich ausgebreitet hat. Schon nähert sich ein Auto und braust mit hoher Geschwindigkeit durch eine Lache. Der Herr wird von oben bis unten mit dem Schmutzwasser der Straße voll gespritzt. Ha, ha! Der Saal tobt.

Max und Moritz im Kino. Die beiden haben den Steg angesägt. Sie rufen: „Schneider, Schneider, meck, meck, meck!“ Alle wissen was kommt. Der Schneider betritt zornig den Steg, das Holz bricht, und er fällt ins Wasser. Ha, ha! Die Kinder im Zuschauerraum schreien vor Vergnügen.

Es ist so viel Böses in der Welt, Krieg, Hunger und Terror, das die Menschen ängstigt. Ich will die Leute zum Lachen bringen, möglichst viele. Brüssel ist ein guter Ort. Der Kommissionspräsident persönlich soll den erfolgreichen Abschluss eines Handelsabkommens mit den USA in einer Pressekonferenz präsentieren. Mehrere Fernsehanstalten haben ihre Teams entsandt. Mit einer Kamera auf der Brust gelingt es mir, mich unter die Zeitungsjournalisten zu mischen. Die Sicherheitskontrollen passiere ich problemlos, denn auf das, was ich bei mir trage, spricht kein Gerät an. Pünktlich betritt der Präsident das Podium. Die Kameras beginnen zu schnurren. Ich habe zwar keinen Platz in der vordersten Reihe ergattert, aber lange trainiert und ein erstaunlich gutes Zielvermögen entwickelt. Ich greife in meine Jackentasche und hole beide Geschoße heraus. Jetzt muss es schnell gehen. Ich hole weit aus und schon fliegt das erste seinem Ziel entgegen. Sicherheitshalber schleudere ich sofort auch das zweite nach. Punktgenau landen beide faulen Eier im Gesicht des Präsidenten. Ha, ha! Ich wundere mich, dass außer mir niemand lacht. Sind die Leute hier so schwer von Begriff? Zwei kräftige Kerle packen mich und zerren mich nach draußen. Sie stoßen mich in ein Polizeifahrzeug und ab geht es mit Blaulicht. Macht nichts. Alles wird im Fernsehen zu sehen sein und in den Tageszeitungen.

Ich bin fest davon überzeugt, tausende Menschen zum Lachen gebracht zu haben. Gibt es etwas Schöneres?
 
A

aligaga

Gast
Wilhelm Busch war bei allem Sprachwitz und bildnerisch-künstlerischer Begabung ein Sadist, dessen fantastische Grausmkeiten zumindest Kinder nie lachen ließen. Die ganz kleinen hatten Angst davor, und bei den älteren waren von "Max und Moritz" nur die angetan, die auch selber gerne alte Menschen oder Tiere quälten.

Der Humor, der sich aus solcher Schadenfreude speist, @Rudolph, ist keiner.

Ein Publikum, das gedankenlos über den "Dummen August" lacht, sich über einen betrunkenen Kellner amüsiert, der unbeteiligte Dritte verletzt, oder das sich freut, wenn ein autofahrender Rüpel einem Passanten den Anzug versaut, lacht nicht, weil ein "Witz" vermittelt wurde, sondern aus Gemeinheit, Überheblichkeit und Freude darüber, dass "es" dem Mitmenschen passiert und nicht einem selbst. Schadenfreude kann nur empfinden und zeigen, wer den Mitmenschen missachtet - andernfalls hätte er nämlich Mitleid.

Ich halte Schadenfreude für eine der niedrigsten menschlichen Gesinnungen, die es überhaupt gibt, und verstehe insoweit den Ansatz deiner Geschichte nicht so recht. Hält sich der Eierwerfer wirklich für einen verkannten Witzbold? Und was brächte ihn wohl dazu? Die im Prolog geschilderten Wieher-Klassiker?

Fakt ist, dass alles, was uns hier "witzig" kommen möchte, mit der Schädigung Dritter verbunden ist. Wäre zu diskutieren, ab wann eine Körperverletzung vorläge und wo noch nicht und ob man nur bei schweren Körperverletzungen nicht mehr lachen sollte (z. B. bei Verbrennungen dritten Grades), bei "einfachen" Schlägen ins Gesicht aber schon?

Ich glaube nicht. Körperliche Angriffe auf Dritte, mögen sie auch nicht lebensbedrohlich sein, sind nie lustig. Sie setzen den Mitmenschen in seiner Würde herab, die wir ihm auch dann noch zubilligen sollten, wenn er anders denkt als wir, sich anders kleidet oder eine andere Religion hat. Ich bin sicher, dass es eine ganze Reihe von Deppen gibt, die es "lustig" finden, wie die IS-Idioten in Mossul den steinernen Zeitzeugen zeigen, wo der Hammer hängt. Haha! Die hat's vielleicht zerbröselt! Hihi!

Sorry, Rudolph - auch Eierschmeißen auf ungeliebte Politiker ist per se nicht lustig, sondern Gewalt. Lass doch dein lyrisches Ich mal darüber nachdenken, warum man über Miss Sophies betrunkenen Butler wirklich lachen kann, über Bombenwerfer aber eher nicht.

Gruß

aligaga
 

herziblatti

Mitglied
Hallo Rudolph, astreine Satire, sitzt punktgenau! Anfangs dachte ich auch wie a..., doch am Schluss habe ich die Absurdität kapiert :) LG - das herziblatti
 
A

aligaga

Gast
Wirklich? Ich würd mal unter "Heimtücke" googlen, @hb.

Wäre man schadenfroh, könnte man sich wünschen, auch dir flögen mal Eier oder Sahnetorten ins Gesicht, würde das Kleid versaut oder das Gesicht verbrannt, ohne dass du die Täter hättest kommen sehen können. Und ein "Publikum" lachte dazu: Har, har! Geschieht ihr doch recht! Was muss sie auch Politik machen, als LehrerIn Pfeife rauchen oder auf der Straße sein, wenn's stark regnet. Selber schuld, hihi!

Ach so - hier käme es auf die Unterschied in der Sichtweise und der Person an? Auf Putin darf man Eier werfen, das wäre dann

a) lustig und

b) politisch korrekt?

Was für ein banaler Irrtum. "Satire"? Dass ich nicht lache ...

Kopfschüttelnd

aligaga
 

Rudolph

Mitglied
@ali:
Natürlich ist keine der geschilderten Szenen wirklich zum Lachen. Denk bitte nächstes Mal erst darüber nach, was eine Geschichte aussagen will, ehe du etwas kritisierst. Wie so oft dürftest du nichts begriffen haben.

@herziblatti:
Freut mich, dass du meine Absicht erkannt hast. Danke für die Rückmeldung.

LG Rudolph
 

ENachtigall

Mitglied
Leider erschließt sich auch mir - nach zweimaligem Lesen - der satirisch gedachte Hintersinn des Stückes nicht.

Dies sei, liebe Leute, zunächst ein kurzes Feedback ohne jedwedes Urteil.

LG

Elke
 
A

aligaga

Gast
Leider erschließt sich auch mir - nach zweimaligem Lesen - der satirisch gedachte Hintersinn des Stückes nicht.
Es steht unter "Humor und Satire". Es muss also irgendwie lustig oder satirisch gemeint sein.

Joschka Fischer hat während seiner Dienstzeit mal einen Farbbeutel auf's Ohr bekommen und sich dabei einen Riss im Trommelfell zugezogen. [red]Haha, war das lustig![/red]

"Satire" vom Allerfeinsten, nicht wahr?!

Gruß

aligaga
 

herziblatti

Mitglied
Hallo Elke, die Trennung des Ich-Erzählers vom Erzähler der Geschichte. Der Prot. wird vom Erzähler bloßgestellt als der dumme August, der er ist.
LG vom herziblatti
 

Rudolph

Mitglied
Eigentlich sollte ein Autor seinen eigenen Text nicht interpretieren. Da dies aber ein Arbeitsforum ist, will ich davon absehen.

Es geht nicht darum, ob etwas lustig ist, sondern worüber die Menschen lachen.
Der Protagonist hat erfahren, über welche Szenen in Filmen die Leute lachen. Seine lautere Absicht ist, möglichst viele Menschen zum Lachen zu bringen. Er stellt jedoch fest, dass paradoxerweise niemand über eine derartige Szene lacht, sobald sie in der realen Welt stattfindet. Er glaubt aber immer noch fest daran, dass die Leute doch noch lachen werden, wenn die Szene in den Medien gezeigt wird. Vielleicht hat er damit gar nicht so unrecht?

LG Rudolph
 

ENachtigall

Mitglied
Elke, die Trennung des Ich-Erzählers vom Erzähler der Geschichte. Der Prot. wird vom Erzähler bloßgestellt als der dumme August, der er ist.
Hallo Herzi,

danke für Dein wohlwollendes Vermitteln! Ich verstehe, was Du meinst. Vermisse aber dennoch den Aha-Effekt.
 

ENachtigall

Mitglied
Danke für die "Erleuchtung", Rudolph. Jetzt verstehe ich, warum es nicht satirisch/humorig bei mir ankommt.

Seine lautere Absicht ist, möglichst viele Menschen zum Lachen zu bringen.
M.E. kommt dieser soziologische Aspekt nicht grotesk genug rüber, um humorisch/satirisch zu wirken. Mag sein, dass es an der Form der literarischen Konzeption liegt (die drei eingangs "zitierten" Lachnummern vor der Eigeninszenierung des Protagonisten).

Bei mir bewirkt eine gute Satire, dass mir das Lachen im Halse stecken bleibt. Soweit komme ich aber bei diesem Stück nicht, obwohl es theoretisch denkbar wäre.

Wobei mein Humor nicht unbedingt repräsentativ ist ...

Er glaubt aber immer noch fest daran, dass die Leute doch noch lachen werden, wenn die Szene in den Medien gezeigt wird. Vielleicht hat er damit gar nicht so unrecht?
Ich denke nicht, denn der "Zeitgenosse im Allgemeinen" reagiert vorwiegend [strike](festkochend)[/strike] wie gewohnt - und gewohnt ist er, mehr in die Medien zu schauen als ins real existente Umfeld.

Ein verhinderter Chaplin?

LG

Elke
 
A

aligaga

Gast
Seine lautere Absicht ist, möglichst viele Menschen zum Lachen zu bringen. Er stellt jedoch fest, dass paradoxerweise niemand über eine derartige Szene lacht, sobald sie in der realen Welt stattfindet. Er glaubt aber immer noch fest daran, dass die Leute doch noch lachen werden, wenn die Szene in den Medien gezeigt wird. Vielleicht hat er damit gar nicht so unrecht?
Was soll daran paradox sein, dass niemand wirklich lacht, wenn jemand anderer Pech hat? Und warum soll ein tätlicher Angriff auf einen Mitmenschen dadurch "lustig" werden, dass man ihn "nur" als Aufzeichnung gezeigt bekommt?

Es gab mal eine Kommerz-TV-Serie, die hieß "Pleiten, Pech und Pannen". Da konnte "man" sich ergötzen, wie Handwerker von Leitern herunterfielen, Stühle unter dem Gewicht Dritter zusammenbrachen und Kinder vom Dreirad stürzten; über ihre Schmerzensschreie und das Stöhnen spielte man Lachschleifen vom Band. Das war vielleicht lustig! So richtig tolle Satire!

Wir gucken immer Tagesschau zum Abendbrot. Die Ukraine-Krise und die neueste Köpfung zum Schinkenbrötchen. Yummy! Is ja alles bloß Film, nä?

Kopfschüttelnd

aligaga
 

Rudolph

Mitglied
Hallo aligaga!

Was soll daran paradox sein, dass niemand wirklich lacht, wenn jemand anderer Pech hat?
Aus der Sicht des Protagonisten ist es paradox. Er ist doch der Ansicht, dass sich im wirklichen Leben alles genau so abspielt wie im Kino. Für ihn ist es paradox, dass die Leute zwar über Torte, Schmutzwasser und angesägten Steg gelacht haben, nicht aber über die faulen Eier.

Und warum soll ein tätlicher Angriff auf einen Mitmenschen dadurch "lustig" werden, dass man ihn "nur" als Aufzeichnung gezeigt bekommt?
Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen zumindest schmunzeln würden, wenn das wirklich geschieht. Es ist ja niemand verletzt oder getötet worden sondern nur ein bisschen dreckig.

Ich kritisiere die Tatsache, dass der Protagonist Kino und Realität nicht unterscheiden kann. In dieser Geschichte sind die Auswirkungen relativ harmlos. Was, wenn der Protagonist Gewalt verherrlichende Filme angesehen hätte ... ?

LG Rudolph
 
A

aligaga

Gast
@Rudolph, ich glaube, wir reden komplett aneinander vorbei.

Ich habe ein anderes Verständnis von "Humor"; es unterscheidet sich von der reinen Schadenfreude, die du bemühst. Ich erkenne in deinem Stück nach wie vor weder Satire noch Witz, sondern nur den sonderbaren Ansatz, die Fotografie oder der Clip einer Missetat wandle dieselbe in etwas anderes, über das man sich bequem amüsieren könnte.

Das tun reine Abbildungen aber nicht. Sie sind Dokumente oder Beweismittel. Du verwechselst sie wohl mit Spielfilmen.

Gruß

aligaga
 

herziblatti

Mitglied
Hallo Rudolph, ich lese Elkes Einwände als Hinweis, dass eine Hilfestellung zur Lesart des Textes ganz gut wäre - vielleicht in der Art, dass der Prot. die vorangestellten Filmszenen ansieht und Fiktion + Realität in seiner Wahrnehmung ineinander verschwimmen. Es würde dem Text nichts schaden und dem Leser helfen. Nur so eine Idee - LG vom herziblatti
P.S. bitte entschuldige, dass ich im Folgenden eine Klarstellung treffen muss, die mit Deinem Text nichts zu tun hat, aber leider notwendig ist.

@aligaga, dass Du viele Texte einfach nicht verstehst, legst Du ja immer wieder sehr umfang- und wortreich dar, das ist Deine Sache. Aber: ich verbitte mir Deine hysterischen Anwürfe nachdrücklich. Ein gewisses Maß an Höflichkeit und Niveau ist hier in der Leselupe Usus.
 
A

aligaga

Gast
Kritikerschelte hat einen wackeligen Text noch nie besser gemacht, @hb. Sie pflegt, wenn sie so weit am Ziel vorbeigeschossen wird wie hier, stets auf den Urheber zurück.

So what?

aligaga
 

Rudolph

Mitglied
Ich versuche sachlich zu bleiben.

Zum angesprochenen Thema Schadenfreude:

Schadenfreude ist nicht allein die Freude über das Unglück eines anderen. Sie kommt nur dann auf, wenn man der Meinung ist, dass derjenige das Unglück auch verdient hat. Gelacht wird dann nicht über das, was passiert, sondern weil es gerade demjenigen passiert. Fehlt diese Komponente, kommt keine Schadenfreude auf.

Die erste geschilderte Szene:
Der Herr hat sich fein herausgeputzt, um seiner jungen Begleitung zu imponieren. Er bekommt die Torte ins Gesicht. Recht geschieht dem Gockel. Die Leute lachen aus Schadenfreude. Ohne Begleiterin wäre es nur halb so lustig.

Die zweite geschilderte Szene:
Der Herr am Straßenrand bemüht sich redlich, nicht nass zu werden. Darum hat er ja den Schirm, der ihn vom Wasser von oben schützt. Gerade er wird von unten vollgespritzt. Der Schirm nutzt ihm gar nichts. Die Leute lachen aus Schadenfreude. Ohne Schirm wäre es nur halb so lustig.

Die dritte geschilderte Szene:
Der Schneider will sich voll Wut auf die Kinder stürzen. Vor lauter Zorn achtet er nicht auf den Zustand des Stegs und fällt ins Wasser. Recht geschieht ihm, wenn er nicht aufpasst. Die Leute lachen aus Schadenfreude. Wäre das nicht dem wütenden Schneider sondern einer anderen, zufällig vorbei kommenden Person passiert, wäre es nur halb so lustig.

Die Inszenierung des Protagonisten:
Der Präsident möchte das aus seiner Sicht positive Verhandlungsergebnis verkünden und damit die hervorragende Arbeit der EU demonstrieren. Er wird mit faulen Eiern beworfen. Die Voraussetzungen für das Aufkommen von Schadenfreude sind erfüllt. Der Protagonist rechnet damit, dass die Leute darüber lachen werden.

Zum Text:

Wenn ich einen Text schreibe, in dem die Schadenfreude eine gewisse Rolle spielt, dann heißt das noch lange nicht, dass ich Schadenfreude gut heiße. Und wenn ich die Begebenheit in Ich-Form verfasse, heißt das keinesfalls, dass ich mich mit dem Protagonisten identifiziere.

Ich habe die drei klassischen Fälle vorangestellt. Sie stellen die nachvollziehbare Erfahrung des Protagonisten dar. Ich muss nicht erst schreiben, dass der Prot. ins Kino geht und dass er plant, etwas Ähnliches in der Realität zu inszenieren. Der fortgeschrittene Leser erkennt das ohnehin, sobald er weiter liest. Ich schwinge nicht gerne den Holzhammer und fordere lieber den Leser dazu auf, gerade bei kurzen Texten, selbst logische Verbindungen herzustellen, auch wenn manches nur angedeutet wird. .

So, wie ich es geschrieben habe, biete ich zwei mögliche Betrachtungsweisen an:

Man kann über die Naivität des Prot. lachen, der nicht erkannt hat, dass das Verhalten der Menschen in der Wirklichkeit anders ist. Der Prot. ist natürlich zunächst enttäuscht, dass niemand lacht. Einmal polemisch gefragt: Wer über die Einfalt oder die Enttäuschung des Prot. lacht, tut er das aus Schadenfreude? Oder denkt er einfach nur: 'Gott sei Dank, ich bin nicht so!' (frei nach W.Busch)

Liest man aber bis ans Ende, entdeckt man einen weiteren Aspekt, der vom Humor zur Satire leitet. Der Prot. hat seinen Glauben nicht eingebüßt. Er hat gemerkt, dass zunächst niemand gelacht hat. Wahrscheinlich hat sich niemand getraut, seine Schadenfreude in der Öffentlichkeit zu zeigen. Er rechnet aber damit, dass die Medien den Vorfall groß herausbringen werden und dass dann die Leute doch noch daheim mit vorgehaltener Hand lachen, weil es einen (von vielen ungeliebten) Politiker erwischt hat. Ob er damit recht hat, möge jeder für sich beantworten.

Für mich ist gute Literatur eine solche, die dem Leser gewisse Zusammenhänge selbst entdecken lässt und ihm einen Interpretationsspielraum einräumt. Nachdem ich einen guten Text schreiben wollte, - Wer will das nicht? - habe ich auf langatmige Beschreibungen und Erklärungen verzichtet. Manche Kritiker sehen das anders. Damit kann ich leben.

LG Rudolph
 
A

aligaga

Gast
Schadenfreude ist nicht allein die Freude über das Unglück eines anderen. Sie kommt nur dann auf, wenn man der Meinung ist, dass derjenige das Unglück auch verdient hat. Gelacht wird dann nicht über das, was passiert, sondern weil es gerade demjenigen passiert. Fehlt diese Komponente, kommt keine Schadenfreude auf.
Es gibt ein paar Millionen Judenwitze, Irrenwitze, Krüppelwitze, Blondinenwitze, Ausländerwitze, die allesamt auf Kosten Dritter gehen und ein Opfer haben, das anonym ist.

Offensichtlich, Rudolph, liest du nicht so gern, was man dir antwortet. Es war vom "Dummen" August die Rede, über den sich das Publikum ausschüttet vor Lachen, wenn er sich weh tut, und es war die Rede von der unsäglichen "Pleiten, Pech und Pannen"-Serie, in der man sich am Unglück "vergnügt", das völlig Fremden widerfährt.

Ich wünsch dir sehr, dass dir niemand die Bratensoße über den Kopf schüttet, wenn du dich für deine Freundin hübsch gemacht hast, dass dich niemand ins Wasser wirft, wenn du nicht schwimmen möchtest, und dass dir niemand aus dem Hinterhalt etwas an den Kopf schmeißt.

Gottlob ist @ali nicht der einzige auf der Welt, der Heimtücke nicht lustig findet und Schadenfreude für eine niedere Gesinnung hält, ganz egal, ob sie offen gezeigt oder nur heimlich empfunden wird. Es gibt noch eine ganze Menge anderer, die nicht lachend vor einem Opfer stehen bleiben und mit dem Finger zeigen, wenns passiert ist, sondern ihm wenigstens ein Taschentuch reichen. Den Link, wo Joschka Fischer verletzt wurde, hab ich dir ja geschickt. Findest du das wirklich lustig?

Zusammenhängend erkenne ich in deinem Stückerl nichts "Literarisches", sondern allenfalls ein gutes Quantum Menschenverachtung, das sich in allen Sequenzen findet. Von Satire oder gar Humor erkenne ich jedenfalls kein Spürchen.

Gruß

aligaga
 

Rudolph

Mitglied
@ali:
Zusammenhängend erkenne ich in deinem Stückerl nichts "Literarisches", sondern allenfalls ein gutes Quantum Menschenverachtung, das sich in allen Sequenzen findet. Von Satire oder gar Humor erkenne ich jedenfalls kein Spürchen.
Es ist eben nicht jedem gegeben. Ich geb's auf.

Rudolph
 



 
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