Lamento einer Wüstenrose

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wüstenrose

Mitglied
sieh meine Wüste
sieh mein verdorrtes Land
sieh mein Sandkorn das im Sande zerrinnt
und mein Auge unterm schützenden Fes
und was ich sage sage ich dir
und dem Sand deiner Augen
und dem Sand deiner Stimme
und dem Sand deiner Haut
und dem Sand deiner Erinnerung
deiner versandeten Schuhe Spur
fand ich am Morgen
vom Winde verweht
in die Meere gespült
was ich dir klage
ist der Sand den ich trug
den Gezeiten zu
hinaus
ins offene Maul der Meere
 
Zuletzt bearbeitet:
P

PeterB

Gast
Sehr schön, mystisch und kraftvoll, und zugleich hochsensibel. Was will man mehr?

Gruss

Peter
 

revilo

Mitglied
Hallo, herzlich willkommen in der LL. Schönes Gedicht, aber ein bisken zu sandig! Ich empfehle Kürzung! LG revilo
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo revilo,
danke für Willkommensgruß!
Bin im Allgemeinen durchaus ein Freund der Kürzung. Im Besonderen ist ein Ton, der gebetsmühlenartig daher kommt, von mir gewollt, vielleicht so eine Art "Beschwörung des Sandes".
Soweit das Bestreben. Kommt dies in den Zeilen atmosphärisch rüber?
LG wüstenrose
 

revilo

Mitglied
Hier meine Antwort:

sieh meine Wüste
sieh mein verdorrtes Land
Deine Augen
Deine Stimme
Deine Haut
Deine Spur
wie Gezeiten
im Meer

Spontan von revilo
 

wüstenrose

Mitglied
danke für Antwort.Textvariante lass ich noch auf mich wirken, hat auf jeden Fall was für sich, klingt schön, knapp und eingängig.
Und "Basteln" ist erlaubt, der Trend geht weg vom "stillen Kämmerlein", hin zum Diskurs.
Gruß wü-ro
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe(r) Wüstenrose,

diesem Text kann ich durchaus etwas abgewinnen. Ich stelle mir gerade die Wüste vor, wie sich da gleichförmig ein Sandhügel an den anderen reiht. Was bleibt einem da anderes übrig als ständig vom Sand zu sprechen, wenn man den Leserdorthin mitnehmen will. Auch die vielen "und" so wie die drei "sieh" entfalten ,so gesehen, eine Wirkung.

Interpretieren möchte ich das folgendermaßen: Da waren zwei Menschen und beide fühlten sich einsam und verloren unter allen anderen Menschen. Sie waren sich durch diese Einsamkeit selbst zur Wüste geworden, denn sie hatten ja keinen lebendigen Austausch mehr mit anderen Menschen.

Aber dann ging einer der Beiden fort und der Zurückgebliebene
trug ihm seine Klage zu, wohl wissend, dass auch diese "versanden" wird, dass sie, selbst wenn sie bis zum Meer gelangen sollte, auch dort verschluckt wird.

Das Alles könnte fürchterlich trostlos wirken, tut es aber nicht.

Der viele, viele Sand wirkt hier entschärfend. Man sagt sich: "Nun ja, so schlimm kann es doch eigentlich nicht sein, es ist eben eine Geschichte, die von Anbeginn auf Sand gebaut war. Sand gibt es in Mengen und es wird schon wieder eine neue Geschichte beginnen. Ja, der viele Sand gibt Deinem Text so einen kleinen lockeren witzigen Touch und das ist doch mal etwas Anderes. Also mir gefällt das.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo wüsenrose,
mir gefällt dein gedicht.
ich glaube auch das die wiederholungen
wichtig und richtig sind.

allein ein vorschlag
für den titel:

"LITANEI EINER WÜSTENROS"

denn gerade durch die wiederholungen
und den da durch hervorgerufenen rhythmus,
erinnert der text mehr an ein gebet oder eben
meine vorgeschlagene litanei

lg
ralf
 

wüstenrose

Mitglied
hallo Ralf,
danke für deine Antwort.
Mein Gedicht ist nicht ganz "taufrisch" und ich gestehe, dass ich mir beim Verfasen keine langen Gedanken über den Titel gemacht habe. Beim Lesen deiner Antwort komme ich nun ins Grübeln, was den Titel angeht.
LITANEI gefällt mir gut, und gerade der Aspekt "eintöniges Gerede" ist darin enthalten. Darf darin auch enthalten sein, denn die Eintönigkeit ist gewollt, gerade darum geht es, um den sandigen, gedehnten, kaum schwellenden Ton. Es geht um Monotonie.

wie gesagt: ich gehe noch mal in mich bzgl. des Titels, danke!
 

wüstenrose

Mitglied
Liebe Vera-Lena,
deine Antwort / dein Lesen fand ich sehr scharfsinnig. Am meisten hat mich dabei gefreut / beschäftigt, dass du von einem kleinen, lockeren, witzigen Touch gesprochen hast.
Das hab ich beim Verfassen nicht groß reflektiert, aber ich glaube, du hast Recht: Sterben vor Gram will da keiner! Vielleicht wäre eine mögliche Lesart (sicher nicht zwingend), dass hier nicht nur über Verflossenes Klage geführt wird, sondern das sandige Lamento auch eine Art Einladung der unglückseligen Wüstenkönigin darstellt: Sieh, das ist mein Reich, eine sandige Sache; alles, was ist, ist auf Sand gebaut. Was soll's? Meinst du, aus diesem Boden erwüchse nichts? Ich heiß' übrigens wüstenrosi - und du?
LG wüstenrose
 

wüstenrose

Mitglied
Lamento einer Wüstenrose

sieh meine Wüste
sieh mein verdorrtes Land
sieh mein Sandkorn das im Sande zerrinnt
und mein Auge unterm schützenden Fes
und was ich sage sage ich dir
und dem Sand deiner Augen
und dem Sand deiner Stimme
und dem Sand deiner Haut
und dem Sand deiner Erinnerung
deiner versandeten Schuhe Spur
fand ich am Morgen
vom Winde verweht
in die Meere gespült
was ich dir klage
ist der Sand den ich trug
den Gezeiten zu
hinaus
ins offene Maul der Meere
 
Liebe wüstenrose,
als Chanson gefällt mir dein Text sehr. Sollte er ein Gedicht sein, würden mich natürlich die Wiederholungen stören.
Herzliche Grüße
Karl
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Wüstenrose,

als Einladung kann man den Text durchaus verstehen, das dreimalige "sieh" macht das deutlich.

Aus Deinem Profil habe ich entnommen, dass Du in Wirklichkeit Kurt D. heißt und habe daraus geschlossen, dass Du männlich bist. Wie ich heiße, findest Du in meinem Profil.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Herbert,
danke für Antwort! Hab mich da an meinem Wörterbuch orientiert, das beide Schreibweisen ([blue]Fes[/blue] und [blue]Fez[/blue]) anbietet, die von mir benutzte aber zuerst nennt

LG wüstenrose
 
B

Beba

Gast
Auch mir gefällt der Text. Und die Wiederholungen machen meines Erachtens die Worte sehr intensiv, was gerade die große Stärke dieses Textes ist. Einzige Zeile, über die ich gestolpert bin und die mir nicht gefällt, weil doch allzu abgeschmackt:

vom Winde verweht
An dieser Stelle geht nach meinem Geschmack die Intensität ein wenig verloren, denn plötzlich wird die Aufmerksamkeit auf eben diese bekannte Zeile gelenkt durch: Das kenne ich doch?

Gern gelesen.

Ciao,
Bernd
 



 
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