Larissa

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„Natürlich machen Sie sich Sorgen. Das verstehen wir. Aber die meisten jugendlichen Ausreißer sind am nächsten Tag wieder zu Hause." Der Polizist lächelte Judith freundlich an.
„Nein", sagte Judith. „Sie verstehen leider nicht. Morgen könnte es zu spät sein."
Das Gesicht des Polizisten wurde ernst. „Sie meinen, Ihre Tochter ist entführt worden?"
„Sie ist nicht meine Tochter. Larissa ist meine Enkelin."
„Gibt es eine Lösegeldforderung?"
Judith schüttelte den Kopf. „Von einer Entführung war nicht die Rede."
„Denken Sie, sie hatte einen Unfall? Sie könnten die Krankenhäuser in der Umgebung anrufen... "
„Nein", stöhnte Judith. „Ich denke nicht, dass sie einen Unfall hatte."
„Gibt es Anzeichen dafür, dass sie Suizid begehen wollte?"
„Das hat sie nicht erwähnt."
Es war zwecklos, und sie konnte es dem Polizisten nicht mal verdenken. Sie gab die Vermisstenanzeige auf, ohne Hoffnung, dass sie damit etwas würde verhindern können und verließ nach einer halben Stunde die Polizeiwache.
Sie stieg in ihren Wagen ein und starrte frustriert in den Rückspiegel, als ob Larissa jede Minute auf der Straße auftauchen könnte, fröhlich winkend. Wie damals, als sie - damals 13 Jahre alt und noch strafunmündig - in hrer Schule Feuer gelegt hatte.
Und tatsächlich am nächsten Tag wieder zu Hause gewesen war.
 
G

Gelöschtes Mitglied 22239

Gast
Ein sehr guter Text, mit einem Ende das zum Nachdenken anregt! Du hast hier gut die wörtliche Rede benutzt- so soll es sein.
 

Mimi

Mitglied
Ich sehe das anders...
Auf mich wirkt der Text wie ein Schnellschuss, wenig durchdacht und unschlüssig.
Die Prot ist nur sehr skizzenhaften dargestellt, die Dialoge schaffen hier auch keinen Zugang zu irgendwas und auch die eigentliche Vermisstenanzeige wirkt realitätsfern. Jeder der schon einmal eine Vermisstenanzeige bei der Polizeidienststelle aufgeben musste, weiß, dass es eben anders läuft, als in dem Text beschrieben (erst werden Personalien aufgenommen und Status/Verhältnis zur vermissten Person geklärt).

Fazit:
Auch (oder gerade) sehr kurze Texte, sollten so konzipiert sein, dass sie mit wenigen Worten ein maximales Bild von der Gefühlslage des Protagonisten und der "Atmosphäre" der Handlung beim Leser entstehen lassen können. Hier ist das mMn nicht gelungen.


Gruß
Mimi


"Wie damals, als sie - damals 13 Jahre alt und noch strafunmündig - in hrer Schule Feuer gelegt hatte."

PS
Das zweite "damals" empfinde ich als unnötig.
in ihrer Schule...
 
Vielen Dank euch beiden für Bewertung und Kommentare.

Mimi, sie gibt die Vermisstenanzeige ja erst auf, nachdem sie mit dem Polizisten gesprochen hat. Sie zaudert zunächst, aber ich gebe zu, das kommt nicht so rüber, wie ich es wollte.

Auch (oder gerade) sehr kurze Texte, sollten so konzipiert sein, dass sie mit wenigen Worten ein maximales Bild von der Gefühlslage des Protagonisten und der "Atmosphäre" der Handlung beim Leser entstehen lassen können. Hier ist das mMn nicht gelungen.
Okay, mit dem Hinweis kann ich etwas anfangen.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 



 
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